Video-Liveshopping

Wie der Black Friday auch die digitalen Verkaufsshows verändert hat

Zum Black Friday ist auch Media-Markt ins Liveshopping eingestiegen
Media-Markt
Zum Black Friday ist auch Media-Markt ins Liveshopping eingestiegen
Der Black Friday hat in diesem Jahr polarisiert wie selten zuvor. Während einige Marken sich mit Aktionen gegen den kollektiven Kaufrausch stellten, verfeinerten andere ihre Promotion-Tools. Davon profitierte speziell das Live-Videoshopping, sagt Alexander von Harsdorf, Geschäftsführer der Produktionsfirma Livebuy. Er sieht, dass der Black Friday den Trend zu eigenen Verkaufsshows auch außerhalb der Mode- und Beauty-Branche befeuert hat. Im HORIZONT-Interview verrät er, warum Influencer in Zukunft wichtiger für das junge Format werden dürften.
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Keine Frage – Live Shopping Shows gehören zu den Phänomenen der Corona-Krise, die sich dauerhaft im Instrumentarium des modernen Marketings etablieren werden. Otto hat gerade bekanntgegeben, eine eigene Verkaufsshow zu starten. Und während des Black Friday haben Unternehmen wie Media-Markt oder der Möbelhändler Höffner gezeigt, dass das Format grundsätzlich auf jede Wirtschaftsbranche übertragbar ist.

Dabei steht das Einkaufen via Live Stream im Internet in Deutschland noch ganz am Anfang. Welches Potenzial hier schlummert, zeigt vor allem der chinesische Markt, wo vor Kurzem die chinesischen Live-Shopping Superstars Viya und Austin Li in einer 10-stündigen Verkaufsshow auf TaoBao live in nur einem Tag Waren im Wert von über 3 Milliarden US-Dollar verkauften. Zum Vergleich: Der Jahresumsatz von Zalando lag 2020 bei rund 8 Milliarden Euro.

Alexander von Harsdorf gehört zu den Live-Shopping-Pionieren in Deutschland, der den Trend europaweit noch befeuern will. Seine 2020 in der Corona-Krise gegründete Firma Livebuy hat schon Formate für Kunden wie Tchibo, Douglas, Media-Markt, Lidl, Tamaris, Höffner und Hage Baumarkt aufgesetzt.

Alexander von Harsdorf, Livebuy
Livebuy
Alexander von Harsdorf, Livebuy
Shopping im Videostream hat sich von einer Notlösung der Corona-Pandemie zu einer validen Option für die Markenpräsentation entwickelt. Was ist jetzt der nächste Schritt?
Live Shopping hat Anfang des Jahres noch einmal an Tempo zugelegt und das war natürlich stark durch Corona getrieben. Aber erfreulicherweise haben wir den Sommer über gesehen, dass Live Shopping auch nach der Öffnung des stationären Handels sein Publikum weiter fesseln konnte. Und immer mehr Branchen interessieren sich für diesen Kanal. Wir haben mittlerweile Kunden aus dem Baumarkt-Segment, aus dem Sport-Segment und aus dem Konsumelektronik-Segment. Das sind große Namen wie Media-Markt und Lidl. Und bei den Formaten sehen wir als nächste Evolutionsstufe, dass künftig Creator eine deutlich größere Rolle spielen dürften.

Was können Creator denn zusätzlich zu diesem Format beisteuern?
In der ersten Entwicklungsstufe sind in der Regel die Markenvertreter selbst vor die Kamera getreten. Aber das hat auch seine Grenzen: Denn wie oft lassen sich auf diese Weise wirklich fesselnde Geschichten erzählen? Deshalb zeichnet es sich ähnlich wie im chinesischen Markt ab, dass zunehmend Creator vor die Kamera gehen und sich eine Live-Shopping-Präsenz aufbauen. Das wird aus unserer Sicht der große Trend 2022 werden. Denn wer immer seine Mitarbeiter vor die Kamera treten lässt, blockiert ja letztlich in seinem Unternehmen auch Kapazitäten. Das war anders in der Startphase, als Live Shopping nur ein kleines Experimentierfeld der Marketingabteilungen war. Aber jetzt werden feste Teams dafür aufgebaut und da ist es auch logisch, dass man auch die Moderation weiterentwickeln will.

Einige Creator werden den Sprung von Youtube ins Live Video Shopping schaffen und andere werden jetzt erst gerade entdeckt
Alexander von Harsdorf
Ändert sich damit nicht auch die Logik dieser Formate? Ein Teil der Authentizität kam doch gerade aus der Wahrnehmung, dass hier der Händler persönlich mit seinen Kunden spricht.
Der Händler steht zwar nicht mehr selbst vor der Kamera, aber er bietet die Plattform, die Reichweite und die Produkte. Diese Basis nutzen dann andere, um ein dazu passendes Publikum aufzubauen.

Das klingt nach einem Nullsummenspiel: Denn die Influencer sind vielleicht die unterhaltsameren Präsentatoren und können dadurch ein größeres Publikum erreichen. Aber haben sie auch eine ähnlich authentische Produktkompetenz wie der Händler, wenn es dann tatsächlich ums Verkaufen geht?
Das ist keine Frage von Entweder Oder. Es zeigt sich nämlich, dass genau die Kombination von diesen beiden Personas sehr gut funktioniert. Eine Person im Live Stream hat die Rolle des Entertainers. Sie weiß, wie man Reichweite aufbaut und wie man die Spannung in einer Show über eine halbe Stunde auch aufrecht hält. Und dann holt man Experten von der Marke oder vom Händler dazu, die ihr Produkt erklären können. So wird dann der Monolog zum Dialog, was das gesamte Show-Erlebnis auch deutlich unterhaltsamer für die Zuschauer macht.

Wo finden Sie die Creator, die diese Rolle übernehmen könnten? Reicht es da, einfach zu schauen, welche Reichweite die Kandidaten auf den klassischen Social-Media-Plattformen haben oder braucht es da neue Fähigkeiten?
Absolut. Es braucht definitiv andere Skills. Es ist ein sehr spezieller Code der Kommunikation, den man beherrschen muss, um zum Beispiel eine Reichweite auf Instagram aufzubauen. Die Produktionsbedingungen für ein Live-Shopping-Format unterscheiden sich deutlich davon: Hier kann man seinen Content nicht noch einmal nachträglich editieren und man muss auch fähig sein, spontan in der Show zu reagieren und sich aktiv mit den Zuschauern auseinanderzusetzen. Und da werden wir den Aufstieg neuer Persönlichkeiten erleben. Denn bis jetzt hat noch jedes Social-Media-Format seine eigenen Stars und Talente hervorgebracht. Einige Creator werden den Sprung von Youtube ins Live Video Shopping schaffen und andere werden jetzt erst gerade entdeckt.

Mit dem Black Friday haben wir gerade einen großen Promotion-Termin erlebt, der ja eigentlich für eine Verkaufssendung ideal wäre. Aber Live Shopping scheint hier schwierig, weil der Mehrwert des Formats – mehr Erklärung und Emotion zu liefern – in der Rabattschlacht des Black Fridays wahrscheinlich verpufft. Gibt es für die Programmmacher trotzdem eine Chance, solche Promotion-Highlights zum Thema ihrer Show zu machen?
Da muss ich Ihnen widersprechen: In Video-Streams geht es eben nicht immer nur um Produkterklärungen oder Emotionalisierung der Marke. Auch da hat sich in China gezeigt, dass bei solchen Rabatt-Terminen im Live Shopping am meisten verkauft wird. Wir haben gerade den Singles Day hinter uns und das war für die Produktionen von Live-Formaten für uns bisher ein Rekordtag mit über 40 Livestreams. Die aktuell laufende Black Week inklusive dem heutigen Black Friday werden wir aller Voraussicht nach sogar mit über 150 Live Streams abschließen. So ein Anlass gibt einem die Möglichkeit, die Emotionalisierung der Live-Präsentation mit einem Don’t-miss-out-Faktor zu kombinieren – nämlich dem sehr guten Preis.

Welches Live-Video-Format könnten Sie denn unseren Zuschauern als Inspiration für ihr eigenes Marketing empfehlen?
Wenn es um ein inspirierendes Format geht, dann kann ich absolut die Kollegen von Douglas empfehlen, die bei diesem Thema wirklich vorbildlich unterwegs sind. Hier kann man sehr schön beobachten, wie eine Marke den Sprung schafft von "wir senden" zu "wir lassen senden". Weitere Highlights erwarten wir zum Beispiel bei Media-Markt, Sheego und Höffner. cam

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