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In den ersten sechs Monaten seit dem ersten Covid-19-Fall in Deutschland hatten sich nachweislich mehr als 190.000 Menschen infiziert. Das RKI hat die Daten dieser ersten Welle nun ausgewertet.

Vor allem Männer ab 60 Jahren mit mindestens einem Risikofaktor wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, einer Lungenerkrankung oder einer neurologischen Störung erlitten einen schweren Verlauf von Covid-19.

Die 40 bis 59-Jährigen kamen oft recht spät auf die Intensivstation, blieben dort aber von allen am längsten. Womöglich steige das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf früher als bisher angenommen, so die Forscher.

Mit Beginn des Jahres 2020 gab es erstmals Berichte über seltsame Fälle von Lungenentzündungen, die gehäuft in China auftraten. Ende Januar dann — längst hatte sich das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 auch in mehreren Ländern blicken lassen — sahen Ärzte hier in Deutschland die ersten Fälle. Dann ging alles sehr schnell. Innerhalb von knapp sechs Monaten, bis Mitte Juni, hatten sich nachweislich mehr als 190.000 Menschen hierzulande mit Covid-19 infiziert. Erst dann ließ das Infektionsgeschehen vorübergehend nach. Die erste Welle war vorbei.

Das Robert Koch-Institut hat nun die Fälle aus diesen sechs Monaten detailliert ausgewertet, mit Blick vor allem auf die Krankheitsschwere. Wer erkrankte nur mild, wer musste auf die Intensivstation? Welche Risikofaktoren für einen schweren Verlauf gibt es? Das Forscherteam um Julia Schilling hofft, so für den Fall eines erneuten massiven Anstiegs der zahlen, wie wir ihn gerade erleben, Hilfestellung zu leisten. Wenn Mediziner wissen, wer besonders anfällig und gefährdet für einen schweren Verlauf ist, können sie schneller und effizienter reagieren.

Ein schwerer Verlauf traf vor allem Männer ab 60 mit mindestens einem Risikofaktor

In den ersten sechs Monaten der Pandemie waren demnach in zwei Drittel aller registrierten Fälle die Betroffenen jünger als 60 Jahre. Die erste Welle sei, so die Autoren, „vor allem durch einen hohen Anteil an Fällen im Alter von 20 bis 59 Jahren geprägt.“ Zwei Drittel aller Covid-19-Patienten fielen in diese Altersgruppen.

Die Mehrheit der Betroffenen erkrankte über alle Altersgruppen betrachtet mit 80 Prozent nur milde, 20 Prozent aber erlitten einen schweren Verlauf. Darunter waren vor allem Männer ab 60 Jahren mit mindestens einem Risikofaktor wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, einer Lungenerkrankung oder einer neurologischen Störung, schreiben die Epidemiologen.

Den Effekt sieht man, wenn man schwere und leichte Fälle in den verschiedenen Altersgruppen gegenüberstellt. Bei den 60 bis 79-Jährigen verlief die Erkrankung noch in 62 Prozent milde und in 38 Prozent schwer, bei über 80-Jährigen war es dagegen genau andersherum. Fast jeder zweite Fall unter den ab 80-Jährigen musste im Krankenhaus behandelt werden, berichten die Forscher — und in jedem dritten Fall starb der Patient.

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Die 40 bis 59-Jährigen lagen am längsten auf der Intensivstation

Insgesamt kamen 18 Prozent der Patienten ins Krankenhaus: Bei den Frauen waren es 15 Prozent, bei den Männern dagegen 21 Prozent. Von all jenen, die in einer Klinik behandelt wurden, starben in der ersten Welle 23 Prozent — mehr als jeder fünfte also. Eingeliefert wurden vor allem Menschen, die einen bekannten Risikofaktor hatten, bei 70 Prozent der Patienten war das der Fall. Das heißt allerdings auch, dass ein Drittel im Krankenhaus landete, ohne einen Risikofaktor zu haben. Vor allem bei den bis 39-Jährigen war das der Fall.

Auf die Intensivstation verlegt werden mussten dabei 14 Prozent, 70 Prozent von ihnen waren Männer. Für diese Patienten wurde es sehr kritisch: Fast die Hälfte von ihnen, 47 Prozent, verstarb.

Die Forscher sahen sich auch an, wie lange es dauerte, bis jemand nach Beginn der Erkrankung in die Klinik kam. Am schnellsten ging das bei Kleinkindern bis vier Jahren und über 80-Jährigen: Sie kamen meist am ersten Tag ins Krankenhaus, während 50 Prozent aller Patienten nach vier Tagen stationär aufgenommen wurden. Am längsten bis zur Klinikaufnahme dauerte es bei Patienten im Alter von 40 bis 59 Jahren. Sie kamen meist er nach sechs Tagen. Mussten sie auf die Intensivstation, dann blieben sie dort allerdings länger als anderen Altersgruppen, etwa elf Tage.

In ihrem Fazit schreiben die Wissenschaftler, dass der hohe Anteil an schweren Fällen bei Patienten ab 60 Jahren die ersten Einschätzungen bestätige, nach denen es einen Zusammenhang der Erkrankungsschwere mit einem steigenden Lebensalter gebe. Überrascht scheinen die Forscher jedoch davon gewesen zu sein, ab welchem Alter genau das Risiko stiegt. Sie schreiben: „Die Rolle der 40- bis 59-Jährigen, insbesondere unter den kritischen Fällen, könnte darauf hinweisen, dass das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf früher ansteigt als bisher angenommen und sollte weiter untersucht werden.“

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