Der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad hat einem Pressebericht zufolge im Jahr 2012 der Einschätzung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu widersprochen, wonach der Iran nur noch ein Jahr zur Entwicklung von Atomwaffen benötige. Die britische Zeitung Guardian und der katarische Fernsehsender Al Jazeera berichteten unter Berufung auf geheime Korrespondenzen, der Mossad habe wenige Wochen nach der Rede Netanjahus vor der UN-Vollversammlung in einem Bericht dessen Einschätzung widersprochen und erklärt, der Iran habe "nicht die notwendige Aktivität" zur Herstellung einer Atombombe.

Netanjahu hatte in der dramatischen Rede im September 2012 mit einer cartoonartigen Zeichnung einer Bombe kurz vor der Explosion gewarnt, dass Teheran "spätestens" im Sommer 2013 in der Lage sein werde, "in wenigen Monaten oder gar wenigen Wochen ausreichend angereichertes Uran für seine erste Bombe zu erhalten". Netanjahu wollte damals den UN und den USA klarmachen, dass im Atomstreit mit dem Iran eine rote Linie überschritten sei. Der Mossad kam jedoch in einem Bericht, der Ende Oktober 2012 an den südafrikanischen Geheimdienst geschickt wurde, zu dem Schluss, dass der Iran "nicht bereit scheint, Uran auf ein ausreichendes Niveau anzureichern, um Atombomben zu bauen".

Der Bericht des Guardian kommt wenige Tage vor Netanjahus Auftritt vor dem US-Kongress, wo er zu der Bedrohung durch das iranische Atomprogramm sprechen will. Die oppositionellen US-Republikaner hatten Netanjahu zum Ärger von US-Präsident Barack Obama zu der Rede am 3. März vor beiden Kammern des Kongresses eingeladen. Der israelische Ministerpräsident warnt seit Langem davor, dass die Gruppe der fünf UN-Vetomächte und Deutschland, die seit Monaten mit dem Iran über ein dauerhaftes Abkommen zur Beilegung des Atomkonflikts verhandeln, Teheran zu weit entgegenkommen.