Der Vater des ertrunkenen Flüchtlingskindes Ailan Kurdi aus Syrien, dessen Foto weltweit für Bestürzung sorgt, hat über die Umstände des Todes seiner Familie gesprochen. Das Boot sei auf der Fahrt vom türkischen Bodrum zur griechischen Insel Kos bei hohem Wellengang im Mittelmeer gekentert, sagte Abdullah Kurdi dem oppositionellen syrischen Radiosender Rosana FM. Das tote Kind wurde am Strand von Bodrum angeschwemmt.

"Ich half meinen beiden Söhnen und meiner Frau und versuchte mehr als eine Stunde lang, mich am gekenterten Boot festzuhalten. Meine Söhne lebten da noch. Mein erster Sohn starb in den Wellen, ich musste ihn loslassen, um den anderen zu retten." Weinend fügte Kurdi in dem Telefoninterview hinzu, dass trotz seiner Bemühungen auch der andere Sohn gestorben sei.  

Als er sich dann um seine Ehefrau habe kümmern wollen, habe er sie tot vorgefunden. "Danach war ich drei Stunden im Wasser, bis die Küstenwache kam und mich rettete." Jetzt wolle er zurück in seine Heimatstadt Kobane, um seine Familie zu begraben. 

Die kurdische Familie war aus dem bei Kämpfen fast vollständig zerstörten Ort an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien geflohen. Mit Unterstützung einer privaten Initiative wollte sie weiter nach Kanada. Das allerdings gestaltete sich schwierig, denn die Vereinten Nationen hätten die kurdischen Syrer nicht als Flüchtlinge anerkannt und die Türkei ihnen keine Ausreisegenehmigung erteilt, berichtet eine Verwandte in Kanada. Sie unterstützte die Familie finanziell, um ihr die Ausreise zu ermöglichen. Weil eine legale Ausreise nicht möglich war, wählte die Familie den Weg über das Mittelmeer. Die Verwandte habe versucht, die Familie nach Kanada zu holen und Flüchtlingsstatus für sie zu bekommen. Ihre Anfrage sei allerdings von den kanadischen Einwanderungsbeamten abgewiesen worden.

Kurdi habe den Schleusern 4.000 Euro für die Überfahrt seiner Familie bezahlt. Der Fahrer an Bord sei jedoch ins Wasser gesprungen, als die Wellen höher schlugen. Er habe sich in Sicherheit gebracht und die Flüchtlinge alleine gelassen, sagte Kurdi.   

Einem Medienbericht zufolge wurden inzwischen vier mutmaßliche Schleuser festgenommen. Die türkische Polizei habe vier aus Syrien stammende Verdächtige in Bodrum gefasst, meldete die Nachrichtenagentur Dogan.    

Human Rights Watch: "Diese Eltern sind Helden"

Die kanadische Zeitung Ottawa Citizen berichtete unter Berufung auf die Tante des Jungen, dessen Vater habe nur noch einen Wunsch: Mit den Leichen seiner Kinder und seiner Ehefrau nach Kobane zurückzukehren – und dann neben ihnen beerdigt zu werden.

Der Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Peter Bouckaert, sagte unterdessen dass es sei falsch sei, Eltern dafür zu verurteilen, dass sie ihre Kinder auf der Flucht so einer großen Gefahr aussetzten. Schließlich hätten viele dieser Menschen in Syrien Gräueltaten mitansehen müssen. Es sei daher nur verständlich, wenn die Eltern versuchten, ihre Kinder an einen sicheren Ort zu bringen, wo sie auf ein besseres Leben hoffen könnten. "Diese Eltern sind Helden", stellte Bouckaert fest.