Essen. Das Drama „Gefangen – Der Fall K.“ ist ein sehenswerter Film über Justizirrtum. Und zeigt Jan Josef Liefers von einer neuen Seite.

„Mein Name ist Sebastian Kronach, und ich bin in eine unglaubliche Geschichte geraten.“ In der düsteren Zelle einer von Nato-Draht umsäumten Hochsicherheitseinrichtung erzählt ein frühzeitig ergrauter Insasse einem Medienvertreter seine Leidensgeschichte. Jan Josef Liefers ist Sebastian „Wastl“ Kronach. Und allein die packende Charakterstudie, die dieser gern auf den Gerichtsmediziner Prof. Börne aus dem Münsteraner „Tatort“ reduzierte Schauspieler in den folgenden 90 Minuten abliefert, macht den Arte-Fernsehfilm „Gefangen – Der Fall K.“ sehenswert.

Rückblende. Sebastian und Elke (Julia Koschitz) führen eine Traumehe. Er ist gefragter Restaurator von Oldtimern, sie erfolgreiche Vermögensberaterin einer bayerischen Bank. Die Entfremdung kommt schleichend. Elke erledigt für die Bank krumme Geschäfte in der Schweiz; schließlich organisiert sie für zwielichtige Kunden sogar Schwarzgeld-Transaktionen an ihrer Bank vorbei.

Sebastian landet in der forensischen Psychiatrie

Während sie das Leben auf der Überholspur genießt, möchte er seine Frau vor Illegalität und drohender Strafe schützen. In seiner Ratlosigkeit und Naivität informiert er die Strafverfolgungsbehörden, liefert detailliertes Beweismaterial. Doch Elke wendet sich endgültig gegen ihn. Im Scheidungsprozess wirft sie ihm häusliche Gewaltexzesse vor, ein Psychiater (einer ihrer Bankkunden) konstatiert bereitwillig Gemeingefährlichkeit, Schreibtisch-Expertisen weiterer Gutachter stützen die Diagnose – Sebastian landet in der forensischen Psychiatrie. Die strafrechtlich relevanten Unterlagen können fortan als Hirngespinste eines böswilligen Irren abgetan werden. Siebeneinhalb Jahre lang kämpft Kronach um Rehabilitierung und Entlassung.

© © Jürgen Olczyk | ZDF/Jürgen Olczyk

Regisseur Hans Steinbichler hat ein Händchen für schwierige Stoffe. Seit seinem Spielfilmdebüt mit „Hierankl“ (2003) ist er mehrfach ausgezeichnet worden. In „Gefangen – Der Fall K.“ hat Steinbichler die Tragödie eines Mannes wie einen Krimi und fast im Stil des Film noir inszeniert, in düsteren Bildern, überzeugend im Spannungsaufbau.

Film verschweigt den Freispruch „zweiter Klasse“

Es ist schwer verständlich, aber nichts auf der Homepage des Senders und kaum ein Hinweis in einer Programmzeitschrift deuten darauf hin, dass der Fernsehfilm die Geschichte eines realen, von großem öffentlichen Interesse begleiteten Falles erzählt. 2006 wurde Gustl Mollath, der Ehefrau und Geldinstitut angezeigt hatte, wegen einer gravierenden psychischen Erkrankung in die forensische Psychiatrie Straubing eingewiesen. Erst 2014 erzielte er in einem Wiederaufnahmeverfahren einen Freispruch, allerdings einen „zweiter Klasse“, was der Film leider verschweigt. Wie überhaupt Drehbuchautorin Henriette Piper, indem sie ausschließlich der Sicht des Betroffenen folgt, viel Wasser auf die Mühlen von Verschwörungstheoretikern gibt.

Fazit: Liefers gelingt aufs Meisterhafte die packende Charakterstudie eines Mannes, der eine Straftat aufdecken möchte und stattdessen in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen wird.

• Freitag, 23. Feburar, 20.15 Uhr, Arte