Nicht den Sprachgebrauch der Rechtsextremen übernehmen

03Sep2018

Nicht den Sprachgebrauch der Rechtsextremen übernehmen

STELLUNGNAHME

Berichten über Rechtsextremismus und Chemnitz

Nicht den Sprachgebrauch der Rechtsextremen übernehmen

Hetzjagden auf „Migranten“, „Ausländerfeindlichkeit“, „Bürger der Mitte“ – bei der Berichterstattung über die rechtsextremen Ausschreitungen in Sachsen übernehmen Journalist*innen immer wieder die Perspektive der Rechtsradikalen.

Angesichts der Vorfälle in Chemnitz und der Debatte über Rechtsextremismus erklären die „Neuen deutschen Medienmacher“, eine Initiative für mehr Vielfalt in den Medien und Qualität in der Berichterstattung:

Es ist eine große Herausforderung, den Überblick über die Vorfälle in Chemnitz zu behalten und faktenbasiert darüber zu berichten. Viele Medien leisten hier eine herausragende Arbeit. Doch sie tun das unter schwersten Bedingungen, wie körperlichen Attacken, Hassreaktionen in den sozialen Medien und gezielt gestreuten Fake-News und rechtsradikalen „Frames”. Umso wichtiger ist es, dass sie sich davon nicht beeindrucken und verunsichern lassen. Wir müssen die Vorgänge beim Namen nennen:

  • Es waren keine „Trauerzüge“ oder „Schweigemärsche“, bei denen sich lediglich ein paar Rechtsextreme untergemischt haben. Die Veranstaltungen wurden von und mit Rechtsextremen organisiert.
  • Es ist kein bürgerlicher Protest: Wer hier mitläuft, unterstützt Neo-Nazis, Rechtsextreme oder Faschisten und wird nicht “in die Rechte Ecke gestellt“, sondern stellt sich selbst dort hin. Nicht nur Neo-Nazis sind ein Problem, sondern auch die Mitläufer. Das sollten Journalist*innen nicht verharmlosen.
  • Rechtsextreme und AfD streuen gezielte Mythen über sämtliche Medien, wie das Mantra: „Wir sind keine Rechten, wir sind nur politisch besorgte Bürger.“ Oder wahlweise auch: Islamkritiker, Migrationskritiker, abgehängte und vernachlässigte Bürger. Solche Statements ohne Einordnung stehen zu lassen, ist fahrlässig.
  • Wenn Menschen vor laufender Kamera Aussagen machen, die an die 1930er erinnern, sollte das entsprechend aufbereitet und problematisiert werden. Nur „zuhören und reden lassen” ist hier das falsche Format.
  • Es fanden keine Hetzjagden und Attacken auf „Migranten“ oder “Ausländer“ statt, sondern auf Menschen, die für solche gehalten wurden. Darunter waren mit Sicherheit auch Deutsche. „Rassistisch motivierte Hetzjagden“ wäre eine Alternative, um in der Berichterstattung nicht die Täterperspektive einzunehmen.
  • Die Medien sollten auch die Angegriffenen stärker berücksichtigen: Einwanderer*innen, Geflüchtete, Deutsche of Color, von denen es auch in Sachsen zahlreiche gibt, kommen bisher wenig zu Wort.
  • Das Thema ist nicht: Wut auf die Asylpolitik oder „Ausländerfeindlichkeit”. Bei den Aufmärschen wird die Pressefreiheit, die Vielfalt in der Bevölkerung, die bloße Existenz von Muslimen in Deutschland und unsere Rechtsstaatlichkeit angegriffen. All das soll abgeschafft werden. Es geht hier nicht nur um Geflüchtete.
  • Mit Demonstrationen werden zwar demokratische Mittel genutzt. Die Ziele der Gruppen sind jedoch verfassungsfeindlich („Deutschland den Deutschen“, “Ausländer raus“, “Deutsche zuerst“).
  • Die AfD ist nicht „rechtskonservativ“, „rechtsnational“ oder „rechtsaußen“. Die AfD ist mindestens rechtsradikal (nachzulesen in der Definition des Verfassungsschutzes). Zahlreiche Vertreter, wie Björn Höcke, sind eindeutig rechtsextrem.

Alternative Begriffe für die Berichterstattung in der Einwanderungsgesellschaft können auch im Glossar der Neuen deutschen Medienmacher nachgeschlagen werden. Es ist hier online und für Medienschaffende kostenfrei als gedruckte Broschüre erhältlich.

Neue deutsche Medienmacher e.V.
Vorstand

Berlin, den 4. September 2018

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