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Deal mit Syrien: Deutschland lieferte Material für Assads Giftgas-Fabriken

Nach Informationen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen haben deutsche Firmen eine größere Rolle beim Aufbau des syrischen Giftgas-Programms gespielt als bisher bekannt. Insgesamt gingen von 1982 bis 1993 mehr als 50 Lieferungen an das syrische Regime.

Dem Dokument zufolge wurden über ein Jahrzehnt lang Steuerungsanlagen, Pumpen, Kontrollventile, Gas-Detektoren, eine Chemiewaschanlage und 2400 Tonnen einer Schwefelsäure, die zur Produktion des Giftgases Sarin genutzt werden kann, nach Syrien verkauft, berichteten die Süddeutsche Zeitung und der NDR. Auch seien deutsche Projektskizzen für den Bau von zwei Anlagen für die Produktion von Vorstoffen für den Nervenkampfstoff Sarin aus den Jahren 1983 und 1984 gefunden worden. Neben deutschen Unternehmen waren auch Firmen aus vielen anderen Staaten wie Russland, Frankreich und China am Aufbau des syrischen Giftgasprogramms beteiligt.

Zunächst sollen die beteiligten Firmen nicht genannt werden

Seit Herbst 2013 informiert die Regierung in Damaskus die Ermittler über das frühere Chemiewaffenprogramm. Die Details der Berichte wurden von der UN-Organisation über die zweithöchste Sicherheitsstufe geschützt und so der Öffentlichkeit unzugänglich gemacht. Vor allem die betroffenen Unternehmen sollen so geschützt werden, teilte die Bundesregierung laut SZ in einer Antwort auf Anfrage der Linken mit.

Der Rüstungsexperte und Bundestagsabgeordnete der Linken, Jan van Aken, machte im Interview mit der Süddeutschen Zeitung klar, dass er eine "vollständige Aufklärung", sprich eine Veröffentlichung aller beteiligten Akteure, für unabdingbar halte.

Sarin: Deutschlands tödliches Traditionsprodukt

Chemische Waffen oder chemische Kampfstoffe seien „zu keinem Zeitpunkt“ an Syrien geliefert worden. Gleichzeitig räumte man ein, dass die meisten der Lieferungen nicht verboten gewesen sein. Die Aussage ist faktisch zwar korrekt, bleibt aber schwammig. Deutschland lieferte nach jetzigen Wissensstand lediglich Pläne für den Bau von zwei Anlagen, die für die Produktion von Vorstoffen des Nervenkampfstoff Sarins genutzt werden.

Der bei den syrischen Giftgasangriffen eingesetzte Stoff Sarin hat eine lange deutsche Tradition. Ursprünglich wurde es im Jahr 1938 vom ehemaligen Chemiekonzern I. G. Farben entwickelt. Ob diese Anlagen gebaut wurden, ist offiziell nicht bekannt

Jetzt prüft der Generalbundesanwalt die strafrechtliche Relevanz der OPCW-Liste

Das Auswärtige Amt übermittelte die deutsche OPCW-Liste an den Generalbundesanwalt, der nun prüfe, ob strafrechtliche Ermittlungen gegen Verantwortliche von Firmen eingeleitet werden könnten, schrieb die „SZ“ weiter. Allerdings gilt bei Verstößen gegen das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen eine Verjährungsfrist von zehn Jahren. Zudem sind nach Auffassung der Bundesregierung viele Lieferungen zu einem Zeitpunkt erfolgt, als es für diese Güter noch keine Genehmigungspflichten oder sonstigen ausfuhrrechtlichen Kontrollen gab.

Wie glaubwürdig ist es, dass chemiewaffen-"taugliches" Material zivile Verwendung findet?

Verdächtige Geschäfte deutscher Firmen mit Syrien waren bereits im vergangenen Sommer ein wichtiges Thema. Damals war bekannt geworden, dass noch im Jahr 2011 chemiewaffen-"taugliches“ Material an das Land geliefert wurde. Das Wirtschaftsministerium gab an, in allen Fällen sei die geplante „zivile“ Verwendung der Stoffe „plausibel“ dargestellt worden. Bei einem Giftgasangriff bei Damaskus waren im vergangenen August mehrere hundert Menschen getötet worden. Die USA drohten Machthaber Baschar al-Assad daraufhin mit einem Militäreinsatz. Assad wandte diesen ab, indem er der Vernichtung seines Chemiewaffenarsenals bis zum Sommer 2014 zustimmte.

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