"Fridays for Future" "Wir haben nichts zu verbergen"

Je länger die Schülerstreiks für den Klimaschutz anhalten, desto heftiger werden die Angriffe auf die "Fridays for Future"-Bewegung. Einer der deutschen Aktivisten weist die Kritik rechter Blogger im Interview zurück.

Jakob Blasel (r.) am 29. März 2019 bei der Schülerdemonstration in Berlin neben Greta Thunberg
Sean Gallup/ Getty Images

Jakob Blasel (r.) am 29. März 2019 bei der Schülerdemonstration in Berlin neben Greta Thunberg

Ein Interview von


Intransparenz, Fremdsteuerung, geklaute Idee: Den streikenden Schülern der "Fridays for Future"-Bewegung schlägt insbesondere im Netz heftige Kritik bis hin zu Verschwörungstheorien und Hass entgegen. Das hat schon die schwedische Schülerin Greta Thunberg, Initiatorin der Proteste, erfahren.

Nun wirft die AfD-Politikerin Beatrix von Storch den deutschen "Fridays for Future"-Aktivisten "Etikettenschwindel" vor. "Wo #FridaysForFurture [sic!] drauf steht, ist die Plant-for-the-Planet-Stiftung drin", twitterte sie am Mittwoch. "Vorne stehen Kinder mit Plakaten, dahinter sammelt die organisierte #Klimalobby die Spendengelder ein."

Die AfD-Frau bezieht sich auf Vorwürfe, die ein rechtes Blog erhoben hat. Dieses hat Verbindungen zwischen "Fridays for Future" und "Plant for the Planet" untersucht: einer in Deutschland ansässigen Stiftung des Unternehmers und "Club of Rome"-Vizepräsidenten Frithjof Finkbeiner. Unter anderem behauptet der Blogautor, Spendengelder für "Fridays for Future" gingen an die "Plant for the Planet"-Stiftung.

Jakob Blasel, Schüler aus Schleswig-Holstein und einer der Initiatoren des Schülerstreiks in Norddeutschland, antwortet im SPIEGEL-Interview auf die Vorwürfe - und wundert sich, dass der Urheber sich nicht die Mühe gemacht hat, bei den Schülern nachzufragen.

Zur Person
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    Jakob Blasel, Jahrgang 2000, ist Abiturient in Kronshagen bei Kiel und einer der bekanntesten Köpfe von "Fridays for Future".

SPIEGEL ONLINE: Ein rechtes Blog wirft "Fridays for Future" vor, eng an "Plant for the Planet" angebunden zu sein: Unter anderem heißt es, Spendengelder gingen in Wahrheit an "Plant for the Planet".

Jakob Blasel: Unsinn. Die Kollegen von "Plant for the Planet" haben für uns bei ihrer Bank ein Unterkonto für die Spenden eingerichtet. Aber auf das Geld auf diesem Konto greift "Plant for the Planet" nicht zu. Wir erstatten denen nicht einmal ihre Bankgebühren. Alles Geld, was Menschen an "Fridays for Future" spenden, kommt auch "Fridays for Future" zugute. Und wir zahlen Geld nur gegen ordnungsgemäße Abrechnung aus.

SPIEGEL ONLINE: Der Autor des Blogbeitrags behauptet, "Plant for the Planet" müsse als gemeinnützige Organisation alle vereinnahmten Spenden selbst für ihre satzungsmäßigen Zwecke verwenden - oder an andere gemeinnützige Organisationen weiterleiten. Sie dürften also kein Geld an Privatleute oder lose Personenzusammenschlüsse weiterleiten, selbst wenn diese Projekte durchführen, die dem Zweck der gemeinnützigen Organisationen entsprechen.

Blasel: Alle Spendengelder, die an uns gehen, werden zweckgebunden für "Fridays for Future" verwendet. Und diese Verwendung entspricht dem satzungsgemäßen Zweck von "Plant for the Planet": den Naturschutz zu fördern.

SPIEGEL ONLINE: Warum hat "Fridays for Future" denn kein eigenes Konto?

Blasel: "Fridays for Future" ist eine gemeinschaftliche Bewegung von jungen Menschen, die gegen die Klimakrise kämpfen. Wir wollen nicht so riesige, bürokratische Strukturen aufbauen mit Vereinsgründung, Vorstandswahlen, Hierarchien und zu viel Papierkram. Wir wollen keine Organisation sein, aber natürlich wollen wir handlungsfähig sein. "Plant for the Planet" war so nett, uns ihre Strukturen zur Verfügung zu stellen. Die verlieren Geld mit uns.

SPIEGEL ONLINE: Der Autor des Blogbeitrags kritisiert, dass im Impressum der "Fridays for Future"-Website eine gewisse "Ronja Thein" als Verantwortliche genannt wird - die gar nicht unter der dort angegebenen Adresse wohnt.

VATICAN MEDIA/AFP

Blasel: Ronja engagiert sich seit Monaten bei "Fridays for Future" in Kiel. Ihre Privatadresse können wir aber nicht auf der Website veröffentlichen. Zehntausende Menschen rufen die Seite auf, nicht alle sind uns wohlgesonnen. Wir müssen Ronja schützen. Doch Ronja ist regelmäßig unter der angegebenen Adresse anzutreffen. Denn "Fridays for Future" hat in dem Gebäude einen eigenen Raum. Das ist ein Veranstaltungszentrum: Da trifft sich die "Fridays for Future"-Ortsgruppe Kiel. Wissen Sie: Wir haben nichts zu verbergen. Und wir hätten das alles dem Autor des Blogbeitrags gerne erklärt. Aber er hat nie bei uns angerufen. Vielleicht wollte er es gar nicht so genau wissen.

SPIEGEL ONLINE: In dem rechten Blog heißt es, die Idee mit dem Schulstreik stamme in Wahrheit auch von "Plant for the Planet".

Blasel: Klar hat es früher schon mal Schulstreiks von einzelnen Leuten für den Klimaschutz gegeben. Ein Bekannter von uns hat 2015 auch mal gestreikt. Aber damals hat es nicht viel gebracht. Unsere großen Schulstreiks von heute mit Zehntausenden Teilnehmern sind nicht inspiriert von "Plant for the Planet", sondern von Greta Thunberg.

insgesamt 162 Beiträge
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Seite 1
mucschwabe 17.04.2019
1.
Hat Frau von Storch eben verwechselt. Das mit den Ungereimtheiten bei Spendengeldern, das ist Ihre Partei, Frau von Storch. Dort wo alles transparent und ordentlich läuft, das sind die Klimaaktivisten.
ms_sche 17.04.2019
2. Rechtfertigen vor Nationalradikalen???
Lieber Spiegel, Wäre es nicht besser, den rechten Müll weniger durch Wiederholung von deren Irrsinn zu verbreiten? Wen außer dem rechten Sumpf interessiert die integranten Gedanken von Frau von Storch? Sie kann sich warscheinlich gar nicht vorstellen, dass Menschen außer aus egoistischen Motiven handeln. Vor deren Verschwörungstheorien muss sich niemand rechtfertigen. Auch nicht die Jugendlichen von Fridays for Future. Diese Hassbande ist hoffentlich bald wieder Geschichte...
mr.strahlemann 17.04.2019
3. Rechte Schlaumeier?
Auf welchem Planeten wollen die rechten denn Ausländer jagen, wenn wir ihn komplett vernichtet haben? Aber stimmt schon: da engagieren sich junge Leute. Diese sollten unbedingt diffamiert werden.
Thorkoch 17.04.2019
4. Frau von Storch und das Recht
Soweit bekannt, ist Frau von Storch früher als Rechtsanwältin tätig gewesen. Im Grunde müsste man daher ein Minimum an rechtlicher Differenzierungsfähigkeit erwarten können. Angesichts derartiger Verlautbarungen stellt sich daher die Frage, ob sie es nicht besser weiss (und wie sie auf dieser Grundlage zwei Staatsexamina bewältigen konnte) oder nicht besser wissen will: Dass der Inhaber und (Verfügungsberechtigte) eines Bankkontos nicht zugleich derjenige sein muss, dem eine durch das Konto vermittelte Forderung gegen die Bank auch im Innenverhältnis zu einem Dritten zusteht, er zB nur Treuhänder sein kann, gehört nun eher zu den juristischen Banalitäten.
fkfkalle3 17.04.2019
5. Die Lobbyisten...
werfen die ihnen ureignete Bestechungsmentalität nunmehr den Kids vor. Möge sich ein jeder darauf seinen eigenen Reim machen. An die Kids selbst, wenn man die Bewegung diffamiert, dann habt ihr so Einiges richtig gemacht. Grundsätzlich gilt von jeher, wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren. Am Ende, die Bewegung muss breiter werden, um gewissen Interessenverbänden in die Hacken zu treten, das zum Nutzen insbeondere der jungen Menschen.
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