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Ulrich Goldschmidt

Homeoffice Zwangsbeglückung durch den Gesetzgeber

Ulrich Goldschmidt
Ein Gastbeitrag von Ulrich Goldschmidt
Homeoffice ist wunderbar. Doch ein Recht darauf würde nur zu Bürokratie, Misstrauen und juristischen Auseinandersetzungen führen.
Nie mehr gefrustet im Stau dank des Rechts auf Homeoffice?

Nie mehr gefrustet im Stau dank des Rechts auf Homeoffice?

Foto: Zero Creatives/ Cultura/ Getty Images

Nach den Corona-bedingten Erfahrungen mit der Arbeit im Homeoffice schlägt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil Pflöcke ein: Er verkündet, dass sein Ministerium derzeit an dem Entwurf eines Gesetzes arbeite, das Beschäftigten einen Rechtsanspruch auf Homeoffice geben soll. Im Herbst soll der Gesetzentwurf vorliegen. Das Ganze ist nicht völlig neu und geht zurück auf das SPD-Strategiepapier "Arbeit - Solidarität - Menschlichkeit". Gut gemeint. Aber auch gut gemacht?

Tatsächlich ist es regelrecht töricht von einigen Unternehmen, sich den Vorteilen des Arbeitens von zu Hause aus oder besser noch von beliebig verschiedenen Orten zu verschließen.

Und trotzdem muss man fragen: Kann es Aufgabe des Gesetzgebers sein, jede unkluge Unternehmerentscheidung mithilfe eines neuen Gesetzes zu korrigieren? Da hätte der Gesetzgeber doch reichlich zu tun. Derartige erzieherische Maßnahmen klingen eher nach Klassenkampf als nach New Work und Arbeit 4.0. Setzt man mit der Zwangsbeglückung durch den Gesetzgeber nicht viel eher ein völlig falsches Signal?

Vorrang für betriebliche und individuelle Lösungen

Die Politik traut offenbar Arbeitgebern und Mitarbeitern nicht viel zu. Dabei schaffen es diese durchaus, auch ohne gesetzliche Begleitung und Zwang zu passenden Lösungen zu kommen. Mehr Vertrauen wäre daher gerechtfertigt. Beispiele, die dieses Vertrauen rechtfertigen, gibt es nämlich. Betriebliche Vereinbarungen sind naturgemäß viel eher in der Lage, den konkreten Anforderungen und Wünschen in Unternehmen Rechnung zu tragen, als ein Gesetz dies jemals könnte. Bei dem Versuch, all diese Spezialitäten und Sonderkonstellationen abzubilden, würde sich ein Gesetzgeber schlicht und ergreifend verheben. Der Grundsatz der Subsidiarität hat seine Begründung auch darin, den Gesetzgeber vor Selbstüberschätzung und Selbstüberforderung zu schützen.

Vor Ort in den Betrieben kann immer noch am besten entschieden werden, ob ein Homeoffice oder andere Formen des flexiblen Arbeitens praktikabel und sinnvoll sind. Bei gesetzgeberischen Maßnahmen droht dagegen Bürokratismus anstelle von Flexibilität. Bürokratismus, gepaart mit Zwangsmaßnahmen, würde jedoch die gerade vorsichtig steigende Akzeptanz für Homeoffice und Co. beschädigen. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit, dieses zarte Pflänzchen wachsen zu lassen und es nicht gleich unter Unmengen von gesetzgeberischem Dünger zu begraben.

Sicherlich haben zahlreiche Arbeitgeber noch Vorurteile gegen Arbeitsformen, die ihnen die ständige Kontrolle der Arbeitnehmer ein Stück weit entziehen. Und vielfach besteht noch die falsche Vorstellung, dass Mitarbeiter nicht eigenständig und effektiv außerhalb ihres betrieblichen Arbeitsplatzes arbeiten können. Und dass gerade von Führungskräften eine nahezu ständige Präsenz im Unternehmen zu verlangen sei. Es ist aber nicht Aufgabe des Gesetzgebers, diese Klischees zu bekämpfen. Die Praxis selbst und die positiven Erfahrungen mit flexiblen Arbeitsformen werden diese Klischees viel wirksamer bekämpfen.

Bei einer gesetzlichen Verankerung des Rechts auf Homeoffice sehe ich die handgreifliche Gefahr, dass passgenaue betriebliche Lösungen zukünftig unterbleiben und Arbeitgeber sich mit Händen und Füßen gegen Homeoffice-Forderungen wehren werden. Streitigkeiten, die ohne Not das Arbeitsverhältnis belasten und womöglich noch vor den Arbeitsgerichten ausgetragen werden, sind damit vorgezeichnet.

Sinnvollere Aufgaben für den Gesetzgeber

Neben irrationalen Vorurteilen gibt es bei vielen Arbeitgebern aber eben auch Ängste und Unsicherheiten in Sachen Homeoffice. Und einige davon kann der Gesetzgeber beseitigen. Sinnvoll wäre daher eine Überprüfung, ob die bestehenden Gesetze, zum Beispiel das Arbeitszeitgesetz, noch zu unserer heutigen Arbeitswelt passen oder vielleicht Aktualisierungen vorzunehmen sind. Außerdem müssen im Rahmen von Homeoffice Fragen, wie etwa des Arbeitsschutzes, des Datenschutzes und insbesondere des Versicherungsschutzes, geklärt und gegebenenfalls neu bewertet werden.

Wenn der Bundesarbeitsminister Homeoffice und Remote Working wirksam unterstützen will, geht es nur so: Er muss Hürden abbauen und Unsicherheiten beseitigen, sollte aber nicht neue Unsicherheiten und neuen Bürokratismus schaffen.