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Sprechstunde – die Sprachkolumne
Servus und Salam

Illustration: Person, die Hand zum Gruß erhoben
Mit welchen Worten man grüßt, verrät einiges über den Grüßenden | © Goethe-Institut e. V./Illustration: Tobias Schrank

Lieber einmal zu viel als zu wenig grüßen, meint unser neuer Kolumnist Hasnain Kazim, Journalist und Autor. Zwar unterscheiden sich Grußformeln landauf, landab. Aber immer signalisieren sie Respekt und Freundlichkeit – wovon es nie genug geben kann.

Von Hasnain Kazim

Ein herzliches Gott zum Gruße, liebe Leserinnen und Leser! Man soll Menschen bei einer Begegnung oder zu Beginn einer Konversation begrüßen. Das jedenfalls hat man uns beigebracht, als wir Kinder waren. „Sag ‚Guten Tag‘!“, war eine oft nervige, aber doch angebrachte Aufforderung. Diese Kolumne ist ja auch eine Art von Begegnung zwischen mir und Ihnen. Ein Gruß ist eine Respektsbekundung, ein Zeichen, dass man jemanden als sein Gegenüber wahrnimmt und als ebenbürtig anerkennt.

Bedeutungsreich 

Da, wo ich herkomme, nämlich aus Norddeutschland, sagt man „Moin“. Das ist ein bisschen lustig, weil in Pakistan und Indien, also da, wo meine Eltern herkommen, Moin ein Vorname ist. In Friesland heißt es gelegentlich: „Moin Moin!“ Es gibt diesen alten Witz über die wortkargen Norddeutschen:
 
Sagt einer: „Moin!“
Antwortet der andere: „Moin Moin!“
Sagt der erste: „Schwätzer!“
 
Moin-Moin, ebenfalls lustig, heißt auch ein Gericht in Nigeria, zubereitet aus Bohnen, Zwiebeln und Chili - Mahlzeit! Wobei „Mahlzeit!“ ein bemerkenswerter Gruß ist, entboten meist zur Mittagszeit auf Baustellen und in Beamtenkantinen. Bemerkenswert deshalb, weil zum Beispiel „Schlafenszeit!“, „Aufstehenszeit!“, „Zähneputzenszeit!“ oder „Verdauungszeit!“ sich nicht als Gruß haben etablieren können.
 
„Moin“ hingegen ist ein Gruß, den man in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und im nördlichen Teil Niedersachsens zu jeder Tages- und Nachtzeit verwendet. Es ist ein Irrtum, dem auch ich jahrelang unterlegen war, dass das eine Abkürzung oder gar Verniedlichung von „Morgen“, also „Guten Morgen“ sei. Mitnichten! Moin, so schreibt der Duden, kommt vom mittelniederdeutschen moi(e) und bedeutet: schön, angenehm, gut.
 
Mit welchen Worten man grüßt, verrät einiges über den Grüßenden. Wer „Moin!“ sagt, ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Fischkopp. Mittlerweile ist dieser Gruß aber auch weit über die Küstenregion hinaus geläufig. Wer hingegen „Grüß Gott!“ sagt, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verbindung zu Süddeutschland oder zu Österreich.

Religion? Spielt keine Rolle 

In Süddeutschland, habe ich gelernt, sagen selbst jene „Grüß Gott“, die nichts mit Gott am Hut haben. In Österreich hingegen outet man sich mit „Grüß Gott“ als Konservativer - ein Sozialdemokrat oder ein Linker sage nicht „Grüß Gott“, sondern „Guten Tag“, beschied mich einmal eine eher politisch linke Nachbarin, nachdem ich sie jahrelang fröhlich und ahnungslos mit „Grüß Gott!“ gegrüßt hatte. Mit Religiosität hat dieser Gruß allerdings genauso wenig zu tun wie „Asalam Aleikum“ in islamisch geprägten Gesellschaften – das bedeutet lediglich „Friede sei mit dir“, woraufhin man mit „Waleikum Asalam“ zurückgrüßt – „Auch mit dir sei Friede“. In Pakistan zum Beispiel grüßt jeder so, auch Leute, denen Religion gleichgültig ist oder die einer anderen Religion angehören. Oft wird es einfach hingenuschelt: „Slaam“ – „Waslaam“.
 
Grüßt man hingegen in Deutschland oder Österreich mit „Asalam Aleikum“, gilt man unweigerlich als Muslim, manchen sogar als „Islamist“. Nun ja, Letzteres ist vermutlich in den meisten Fällen eine Fehlinterpretation. Dass jemand eine wie auch immer geartete islamische Prägung hat, wenn er hier so grüßt, dürfte gleichwohl wahrscheinlich sein. Aber welche Rolle spielt das? Keine.

Aus dem Herzen

Auch wenn ich jetzt klinge wie ein pensionierter Oberstudienrat, wünsche ich mir: Wir sollten einander wieder viel häufiger grüßen! Es ist ein Akt der Freundlichkeit, und Freundlichkeit kann unsere Welt gerade gut gebrauchen. Dazu bedarf es gar keiner Grußpflicht, schon gar nicht einer gesetzlichen, wie es sie beispielsweise in der Bundeswehr gibt, wo penibel geregelt ist, wer wen wann wie wo zu grüßen hat – und wo nicht: „Die Grußpflicht entfällt, wenn dies nach den gegebenen Umständen mit einer Gefährdung verbunden wäre oder unangebracht erscheint, insbesondere beim Lenken von Fahrzeugen, im Gefechtsdienst oder in Sanitär- und Freizeiträumen.“ Ein Gruß, also der Wunsch, jemandem einen guten Tag zu wünschen, sollte vielmehr aus dem Herzen kommen. Mit welchen Worten auch immer.
 
In diesem Sinne: ein herzliches Namaste und Shalom!
 

Sprechstunde – die Sprachkolumne

In unserer Kolumne „Sprechstunde“ widmen wir uns alle zwei Wochen der Sprache – als kulturelles und gesellschaftliches Phänomen. Wie entwickelt sich Sprache, welche Haltung haben Autor*innen zu „ihrer“ Sprache, wie prägt Sprache eine Gesellschaft? – Wechselnde Kolumnist*innen, Menschen mit beruflichem oder anderweitigem Bezug zur Sprache, verfolgen jeweils für sechs aufeinanderfolgende Ausgaben ihr persönliches Thema.

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