Italiens Oberstes Gericht hat den Einspruch der Staatsanwaltschaft gegen die im Juli 2019 erfolgte Freilassung der deutschen Kapitänin des Rettungsschiffs Sea-Watch 3, Carola Rackete, abgewiesen. Die ehemalige Seenotretterin, die mit ihrem Einsatz für Flüchtlinge im Mittelmeer weltweit Aufsehen erregte, hat damit in ihrem Kampf gegen die italienischen Behörden einen entscheidenden Erfolg errungen. Rackete sprach von einem "wichtigen Urteil für alle Seenotretter".

"Niemand sollte strafrechtlich dafür verfolgt werden, Menschen in Not geholfen zu haben", twitterte Rackete. Ihr Anwalt Alessandro Gamberini zeigte sich "sehr zufrieden". Die genaue Begründung für seine Entscheidung will das Kassationsgericht in Rom innerhalb von 30 Tagen veröffentlichen.

Rackete hatte im Juli vergangenen Jahres für Schlagzeilen gesorgt, als sie entgegen eines ausdrücklichen Verbots der italienischen Regierung das Rettungsschiff Sea-Watch 3 mit 40 Flüchtlingen an Bord in den Hafen von Lampedusa in Italien steuerte und daraufhin festgenommen wurde. Bei der Aktion stieß das Schiff gegen ein Schnellboot der italienischen Küstenwache, welches das Schiff am Anlegen hindern wollte.

Rackete begründete ihr Vorgehen mit der verzweifelten Lage der Menschen an Bord, nachdem sich über zwei Wochen lang kein Hafen zur Aufnahme des Schiffes und der Flüchtlinge bereit erklärt hatte. Der damalige fremdenfeindliche Innenminister Matteo Salvini warf ihr vor, die nationale Sicherheit Italiens zu bedrohen.

Salvini spricht von "Schande"

Wenige Tage nach der Aktion hatte ein italienisches Gericht die Festnahme der deutschen Kapitänin für unzulässig erklärt. Eine Richterin entschied, Rackete habe lediglich Menschenleben retten wollen. Diese Freilassung wurde nun vom Berufungsgericht bestätigt. Bereits im Dezember war die im Juli erfolgte Beschlagnahmung der Sea-Watch 3 von der italienischen Justiz wieder aufgehoben worden.

Salvini bezeichnete die Entscheidung des Gerichts am Freitag als "Schande". Für einige Richter habe eine Deutsche, die in Kauf genommen habe, fünf Menschen durch Rammen eines Bootes zu töten, keine Gefängnisstrafe verdient, schrieb er auf Twitter. "Aber ein Minister, der das Anlegen und den Menschenhandel verhindert hat, schon."

Salvini droht selbst ein Prozess, weil er im vergangenen Juli anordnete, Flüchtlinge auf einem Boot der Küstenwache festzuhalten. Nach italienischem Recht können Ex-Minister für Taten, die sie während ihrer Amtszeit begingen, jedoch nur vor Gericht gestellt werden, wenn ein parlamentarischer Ausschuss zustimmt. Sollte dies geschehen, drohen Salvini im Falle eines Schuldspruchs bis zu 15 Jahre Haft.