Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

Der Klä­ger, Chef­re­por­ter ei­ner gro­ßen Ta­ges­zei­tung, be­gehrt Aus­kunft zu der Fra­ge, ob in ei­nem sog. Swin­ger-Club in Nord­rhein-West­fa­len ein Ein­satz von Po­li­zei und Steu­er­fahn­dung statt­ge­fun­den hat. Wei­te­re Fra­gen des Klä­gers be­zie­hen sich auf nä­he­re Um­stän­de des Ein­sat­zes.


Das nord­rhein-west­fä­li­sche Fi­nanz­mi­nis­te­ri­um lehn­te die Er­tei­lung der er­be­te­nen Aus­künf­te un­ter Hin­weis auf das Steu­er­ge­heim­nis ab. Das Ver­wal­tungs­ge­richt Düs­sel­dorf wies die dar­auf­hin er­ho­be­ne Kla­ge ab. Die hier­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung des Klä­gers hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für das Land Nord­rhein-West­fa­len zu­rück­ge­wie­sen.


Mit der vom Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Klä­ger sein Aus­kunfts­be­geh­ren wei­ter. Der Klä­ger ha­be als Pres­se­ver­tre­ter ei­nen An­spruch auf die be­gehr­ten Aus­künf­te. Es lie­ge schon kei­ne Steu­er­an­ge­le­gen­heit vor. Zu­dem ver­ken­ne das Be­ru­fungs­ge­richt den Zweck des Steu­er­ge­heim­nis­ses und wür­di­ge die ver­fas­sungs­recht­lich ga­ran­tier­te Pres­se­frei­heit nicht aus­rei­chend. Schutz­wür­di­ge pri­va­te In­ter­es­sen sei­en nicht be­droht.


Pres­se­mit­tei­lung Nr. 59/2019 vom 29.08.2019

Kein pres­se­recht­li­cher An­spruch auf Aus­kunft zu steu­er­li­chen Da­ten

Die Of­fen­ba­rung von Da­ten, die dem Steu­er­ge­heim­nis un­ter­lie­gen, ist auch bei pres­se­recht­li­chen Aus­kunfts­an­sprü­chen nur zu­läs­sig, so­weit hier­für ein zwin­gen­des öf­fent­li­ches In­ter­es­se be­steht. Dies hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig heu­te ent­schie­den.


Der Klä­ger ist Jour­na­list. Er be­gehrt vom Fi­nanz­mi­nis­te­ri­um des be­klag­ten Lan­des nä­he­re Aus­künf­te zu ei­nem Ein­satz von Po­li­zei und Steu­er­fahn­dung in ei­nem Swin­ger-Club im Sep­tem­ber 2011, über den er sei­ner­zeit in ei­ner über­re­gio­na­len Ta­ges­zei­tung be­rich­tet hat. Sein Aus­kunfts­be­geh­ren rich­tet sich u.a. dar­auf, wie lan­ge der Ein­satz ge­dau­ert hat, wer bei dem Ein­satz fe­der­füh­rend war und ihn ver­an­lasst hat, ob Be­weis­ma­te­ri­al ge­si­chert wor­den ist und ob es Fest­nah­men ge­ge­ben hat oder Haft­be­feh­le er­las­sen wor­den sind.


Das Fi­nanz­amt ver­wei­ger­te die er­be­te­nen Aus­künf­te un­ter Hin­weis auf das Steu­er­ge­heim­nis; Kla­ge und Be­ru­fung des Klä­gers blie­ben er­folg­los. 


Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Re­vi­si­on des Klä­gers zu­rück­ge­wie­sen. Die Aus­le­gung der Vor­schrift zum Steu­er­ge­heim­nis - § 30 der Ab­ga­ben­ord­nung (AO) - durch das Be­ru­fungs­ge­richt ist mit re­vi­si­blem Recht ver­ein­bar. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zu Recht an­ge­nom­men, dass die ver­fas­sungs­recht­lich ge­währ­leis­te­te Pres­se­frei­heit nicht ge­bie­tet, § 30 AO ein­schrän­kend da­hin aus­zu­le­gen, dass bei pres­se­recht­li­chen Aus­kunfts­an­sprü­chen stets ei­ne „of­fe­ne“ Ein­zel­fall­ab­wä­gung vor­zu­neh­men bzw. ei­ne Er­mes­sens­ent­schei­dung zu tref­fen ist. Der un­be­stimm­te Rechts­be­griff  des „zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­ses“ in § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO bie­tet aus­rei­chend Raum, um der Pres­se­frei­heit Rech­nung zu tra­gen und die spe­zi­fi­schen Ein­zel­fall­um­stän­de ab­zu­wä­gen. Die vom Be­ru­fungs­ge­richt vor­ge­nom­me­ne Ab­wä­gung be­geg­net kei­nen Be­den­ken.


 


BVer­wG 7 C 33.17 - Ur­teil vom 29. Au­gust 2019

Vor­in­stan­zen:

OVG Müns­ter, 15 A 651/14 - Ur­teil vom 18. Ok­to­ber 2017 -

VG Düs­sel­dorf, 26 K 5622/12 - Ur­teil vom 21. Fe­bru­ar 2014 -


Ur­teil vom 29.08.2019 -
BVer­wG 7 C 33.17ECLI:DE:BVer­wG:2019:290819U7C33.17.0

Pres­se­recht­li­cher Aus­kunfts­an­spruch und Steu­er­ge­heim­nis

Leit­satz:

Beim Zu­sam­men­tref­fen von pres­se­recht­li­chem Aus­kunfts­an­spruch und Steu­er­ge­heim­nis ist im We­ge der Aus­le­gung des un­be­stimm­ten Rechts­be­grif­fes des zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­ses nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO ein ver­hält­nis­mä­ßi­ger Aus­gleich zwi­schen dem In­ter­es­se an der Ver­trau­lich­keit vom Steu­er­ge­heim­nis ge­schütz­ter Da­ten und ge­gen­läu­fi­gen öf­fent­li­chen In­ter­es­sen her­zu­stel­len. Bei die­ser vom Ge­setz­ge­ber vor­ge­präg­ten Ab­wä­gung fin­det auch das nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ge­schütz­te In­for­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Pres­se Be­rück­sich­ti­gung.

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  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 7 C 33.17

  • VG Düs­sel­dorf - 21.02.2014 - AZ: VG 26 K 5622/12
  • OVG Müns­ter - 18.10.2017 - AZ: OVG 15 A 651/14

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 7. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 29. Au­gust 2019
durch
den Vi­ze­prä­si­den­ten des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts Prof. Dr. Korb­ma­cher,
die Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Schip­per und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Schem­mer, Dr. Gün­ther und Dr. Löf­fel­bein
für Recht er­kannt:

  1. Die Re­vi­si­on des Klä­gers ge­gen das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 18. Ok­to­ber 2017 wird zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Der Klä­ger trägt die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens.

Grün­de

I

1 Der Klä­ger ist Jour­na­list bei ei­ner über­re­gio­na­len Ta­ges­zei­tung. Er be­gehrt vom Be­klag­ten Aus­künf­te zu ei­nem Ein­satz von Po­li­zei und Steu­er­fahn­dung am 10. Sep­tem­ber 2011 in ei­nem Swin­ger-Club in W.

2 Am 11. Sep­tem­ber 2011 ver­öf­fent­lich­te der Klä­ger ei­nen Ar­ti­kel, in dem er über ei­nen Po­li­zei­ein­satz in W. be­rich­te­te, bei dem "150 Po­li­zei­be­am­te und 30 Steu­er­fahn­der mit Schutz­hun­den" das Ge­län­de, auf dem ein Swin­ger-Club be­trie­ben wer­de, ge­stürmt hät­ten. Bei dem Ein­satz sei auch ein Pan­zer­wa­gen ein­ge­setzt wor­den. Die Fahn­der hät­ten Be­wei­se für Steu­er­be­trug ge­sucht und hier­bei den Ei­gen­tü­mer des Ge­bäu­des, der An­hän­ger der Ro­cker-Grup­pe "H." sei, im Vi­sier ge­habt. Auch des­sen Woh­nung in K. sei durch­sucht wor­den. Nach Aus­kunft der Po­li­zei V. ha­be es sich um ei­ne Ak­ti­on der Steu­er­fahn­dung D. ge­han­delt, bei der al­le an­we­sen­den Per­so­nen über­prüft wor­den sei­en. Un­ter der Über­schrift "Rie­si­ge Swin­ger-Raz­zia we­gen 70 000 Eu­ro - War's das wirk­lich wert?" be­rich­te­te der Klä­ger zu­dem am 13. Sep­tem­ber 2011, dass die Raz­zia durch ei­ne an­ony­me An­zei­ge aus­ge­löst wor­den sei. Nach An­sicht der Steu­er­fahn­dung wür­den in dem Club re­gel­mä­ßig Par­tys "mit sat­ten Ein­tritts­gel­dern" ver­an­stal­tet, die nicht ver­steu­ert wor­den sei­en. Wer die Par­tys ver­an­stal­te, sei un­klar.

3 Am 12. Sep­tem­ber 2011 be­an­trag­te der Klä­ger un­ter Be­zug­nah­me auf § 4 Pres­seG NW beim Fi­nanz­mi­nis­te­ri­um des Be­klag­ten die Er­tei­lung von Aus­künf­ten zu fünf - nach­fol­gend im Re­vi­si­ons­an­trag ein­zeln auf­ge­führ­ten - den Ein­satz be­tref­fen­den Fra­gen. Der Be­klag­te lehn­te den An­trag un­ter Be­ru­fung auf das Steu­er­ge­heim­nis ab.

4 Das Ver­wal­tungs­ge­richt wies die Kla­ge ab. Die Be­ru­fung des Klä­gers hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt mit Ur­teil vom 18. Ok­to­ber 2017 zu­rück­ge­wie­sen und zur Be­grün­dung aus­ge­führt: Die Aus­kunfts­er­tei­lung sei zum Schutz des Steu­er­ge­heim­nis­ses aus­ge­schlos­sen. Die er­be­te­nen Aus­künf­te be­zö­gen sich sämt­lich auf die steu­er­li­chen Ver­hält­nis­se ei­nes in­di­vi­dua­li­sier­ba­ren Drit­ten. Trotz der Be­richt­erstat­tung durch den Klä­ger kön­ne auch die mit der ers­ten Fra­ge be­gehr­te Aus­kunft, ob am 10. Sep­tem­ber 2011 ein be­hörd­li­cher Ein­satz der Po­li­zei und Steu­er­fahn­dung D. im Swin­ger-Club "..." in W. statt­ge­fun­den ha­be, noch un­be­fugt of­fen­bart wer­den. In­so­weit ge­he es dem Klä­ger um ei­ne of­fi­zi­el­le Be­stä­ti­gung sei­ner nach ei­ge­nen An­ga­ben noch un­ge­si­cher­ten Er­kennt­nis­se durch die Fi­nanz­ver­wal­tung. Die Of­fen­ba­rung der be­gehr­ten In­for­ma­tio­nen sei nicht aus­nahms­wei­se zu­läs­sig. Es feh­le an dem da­für er­for­der­li­chen zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­se. Der un­be­stimm­te Rechts­be­griff des "zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­ses" bie­te aus­rei­chend Raum, um der Pres­se­frei­heit Rech­nung zu tra­gen. Es sei da­her ver­fas­sungs­recht­lich un­be­denk­lich, dass der Ge­setz­ge­ber dem Steu­er­ge­heim­nis grund­sätz­lich Vor­rang ein­ge­räumt und kei­ne um­fas­sen­de Ein­zel­fall­ab­wä­gung vor­ge­se­hen ha­be. Ei­ne Aus­kunft da­zu, wer den Ein­satz ver­an­lasst hat und wem die Fe­der­füh­rung ob­lag, sei zu­dem nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 Pres­seG NW aus­ge­schlos­sen. Die im Rah­men die­ser Vor­schrift er­for­der­li­che Ab­wä­gung der wi­der­strei­ten­den In­ter­es­sen füh­re zu ei­nem Über­wie­gen der Ge­heim­hal­tungs­in­ter­es­sen. Im Fal­le ei­ner Ver­öf­fent­li­chung die­ser In­for­ma­tio­nen droh­ten er­heb­li­che Ge­fah­ren für die be­trof­fe­nen Per­so­nen.

5 Ge­gen die­ses Ur­teil rich­tet sich die vom Ober­ver­wal­tungs­ge­richt we­gen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on des Klä­gers, zu de­ren Be­grün­dung er im We­sent­li­chen aus­führt:

6 Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ha­be den Schutz­be­reich des Steu­er­ge­heim­nis­ses so weit ge­fasst, dass kein Raum mehr für die ver­fas­sungs­recht­lich ge­schütz­te Pres­se blei­be. Mit Hil­fe der be­gehr­ten In­for­ma­tio­nen sei we­der ein si­che­rer Rück­schluss auf ein­zel­ne Per­so­nen mög­lich noch ha­be der Be­klag­te dar­ge­tan, dass der Ein­satz ei­nen Be­zug zu ei­nem Steu­er­ver­hält­nis ha­be. Ge­schützt sei­en zu­dem nur sol­che Da­ten, die der Steu­er­pflich­ti­ge selbst preis­ge­ge­ben ha­be. In Wahr­heit miss­brau­che der Be­klag­te das Steu­er­ge­heim­nis für ei­ge­ne, sach­frem­de Zwe­cke. Von der Ant­wort auf die ers­te Fra­ge er­war­te er kei­ne neu­en Er­kennt­nis­se, son­dern ei­ne amt­li­che Be­stä­ti­gung des Ein­sat­zes, der ge­stei­ger­te Be­weis­kraft zu­kom­me. Die An­nah­me des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, es sei ver­fas­sungs­recht­lich un­be­denk­lich, dass § 30 AO kei­ne Ein­zel­fall­ab­wä­gung vor­se­he, weil die Pres­se­frei­heit bei der Aus­le­gung des un­be­stimm­ten Rechts­be­griffs des "zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­ses" im Sin­ne von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO an­ge­mes­sen be­rück­sich­tigt wer­den kön­ne, sei un­zu­tref­fend. Beim Zu­sam­men­tref­fen von pres­se­recht­li­chen Aus­kunfts­an­sprü­chen und dem Steu­er­ge­heim­nis ste­he dem Ge­setz­ge­ber kei­ne Pau­scha­lie­rungs- und Ty­pi­sie­rungs­be­fug­nis zu. Das ge­setz­lich vor­ge­se­he­ne Tat­be­stands­merk­mal des "un­be­fug­ten Of­fen­ba­rens" ver­lan­ge viel­mehr ei­ne of­fe­ne Ab­wä­gung der wi­der­strei­ten­den In­ter­es­sen. Die­se müs­se, wenn es - wie hier - um den Be­reich Steu­er- und or­ga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät so­wie ei­ne mög­li­che Ver­schwen­dung von Steu­er­gel­dern für un­ver­hält­nis­mä­ßi­ge Ein­sät­ze ge­he, re­gel­mä­ßig zu­guns­ten der Pres­se aus­fal­len. Die be­gehr­ten In­for­ma­tio­nen be­trä­fen nur die So­zi­alsphä­re der Be­trof­fe­nen und hät­ten nur staat­li­ches Han­deln zum Ge­gen­stand. Un­ge­ach­tet des­sen sei die Aus­kunfts­er­tei­lung nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO im zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­se zu­läs­sig, weil Kern­fra­gen des de­mo­kra­ti­schen Rechts­staats be­trof­fen sei­en.

7 Der Klä­ger be­an­tragt,
das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 18. Ok­to­ber 2017 und das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Düs­sel­dorf vom 21. Fe­bru­ar 2014 auf­zu­he­ben und den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, Aus­kunft auf fol­gen­de Fra­gen zu er­tei­len:
1. Hat am Sams­tag­abend, den 10. Sep­tem­ber 2011, ein be­hörd­li­cher Ein­satz der Po­li­zei und Steu­er­fahn­dung D. im Swin­ger-Club "..." in W. statt­ge­fun­den?
2. Wie lan­ge dau­er­te der Ein­satz?
3. Wer war bei die­sem Ein­satz fe­der­füh­rend und wer hat ihn ver­an­lasst?
4. Wur­de bei die­sem Ein­satz Be­weis­ma­te­ri­al ge­si­chert?
5. Hat es Fest­nah­men ge­ge­ben oder wur­den Haft­be­feh­le er­las­sen?

8 Der Be­klag­te be­an­tragt,
die Re­vi­si­on zu­rück­zu­wei­sen.

9 Er ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil.

II

10 Die zu­läs­si­ge Re­vi­si­on ist nicht be­grün­det und des­halb zu­rück­zu­wei­sen (§ 144 Abs. 2 Vw­GO). Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil ver­stö­ßt nicht ge­gen re­vi­si­bles Recht (§ 137 Abs. 1 Vw­GO) bzw. stellt sich, so­weit es um die Aus­füh­run­gen zum Of­fen­ba­ren der mit Fra­ge 1 be­gehr­ten Aus­kunft geht, je­den­falls aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar (§ 144 Abs. 4 Vw­GO).

11 1. Die re­vi­si­ons­rich­ter­li­cher Nach­prü­fung un­ter­lie­gen­de Aus­le­gung des - wäh­rend des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens ge­än­der­ten (sie­he da­zu nach­fol­gend un­ter 2.a)) - § 30 AO, der die Gren­zen des lan­des­pres­se­recht­li­chen Aus­kunfts­an­spruchs im Hin­blick auf steu­er­li­che Da­ten be­stimmt, durch das Be­ru­fungs­ge­richt be­geg­net kei­nen ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­den­ken.

12 Nach Auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts ist es auch im Hin­blick auf die ver­fas­sungs­recht­lich ge­währ­leis­te­te Pres­se­frei­heit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) nicht zu be­an­stan­den, dass der Ge­setz­ge­ber der Wah­rung des Steu­er­ge­heim­nis­ses in § 30 AO grund­sätz­lich Vor­rang ein­ge­räumt und kei­ne "of­fe­ne" Ab­wä­gung im Ein­zel­fall vor­ge­se­hen hat. Der Ge­setz­ge­ber sei zwar ver­pflich­tet, dem Pos­tu­lat der Pres­se­frei­heit über­all dort Rech­nung zu tra­gen, wo der Gel­tungs­be­reich ei­ner Norm die Pres­se be­rüh­re. Hier­für bie­te der un­be­stimm­te Rechts­be­griff des zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­ses in § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO aber aus­rei­chend Raum. Hier­ge­gen ist von Ver­fas­sungs we­gen nichts zu er­in­nern.

13 a) Die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ver­bürg­te Pres­se­frei­heit dient der frei­en in­di­vi­du­el­len und öf­fent­li­chen Mei­nungs­bil­dung (BVerfG, Ur­teil vom 15. De­zem­ber 1999 - 1 BvR 653/96 - BVerf­GE 101, 361 <389>). Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ent­hält nicht nur ein sub­jek­ti­ves Ab­wehr­recht ge­gen staat­li­che Ein­grif­fe, son­dern ga­ran­tiert nach sei­nem ob­jek­tiv-recht­li­chen Ge­halt auch die in­sti­tu­tio­nel­le Ei­gen­stän­dig­keit der Pres­se (vgl. BVerfG, Be­schluss vom 6. Ju­ni 1989 - 1 BvR 727/84 - BVerf­GE 80, 124 <133>; BVer­wG, Ur­teil vom 20. Fe­bru­ar 2013 - 6 A 2.12 - BVer­w­GE 146, 56 Rn. 27). Ne­ben der Frei­heit der Ver­brei­tung von Nach­rich­ten und Mei­nun­gen schützt die Pres­se­frei­heit auch den ge­sam­ten Be­reich pu­bli­zis­ti­scher Vor­be­rei­tungs­tä­tig­keit, zu der ins­be­son­de­re die Be­schaf­fung von In­for­ma­tio­nen ge­hört. Erst der prin­zi­pi­ell un­ge­hin­der­te Zu­gang zu In­for­ma­tio­nen ver­setzt die Pres­se in den Stand, die ihr in der frei­heit­li­chen De­mo­kra­tie er­öff­ne­te Rol­le bei der de­mo­kra­ti­schen Mei­nungs- und Wil­lens­bil­dung wirk­sam wahr­zu­neh­men (vgl. BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 28. Au­gust 2000 - 1 BvR 1307/91 - AfP 2000, 559 <260>, Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2001 - 1 BvR 2623/95, 1 BvR 622/99 - BVerf­GE 103, 44 <59> und Kam­mer­be­schluss vom 14. Sep­tem­ber 2015 - 1 BvR 857/15 - NJW 2015, 3708 Rn. 16). Der Ge­setz­ge­ber ist da­her ver­pflich­tet, die Rechts­ord­nung in ei­ner Wei­se aus­zu­ge­stal­ten, die der be­son­de­ren ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­deu­tung der Pres­se ge­recht wird und ihr ei­ne funk­ti­ons­ge­mä­ße Be­tä­ti­gung er­laubt. Da­zu ge­hört auch die Schaf­fung be­hörd­li­cher Aus­kunfts­pflich­ten, die es der Pres­se er­mög­li­chen oder er­leich­tern, um­fas­send und wahr­heits­ge­treu In­for­ma­tio­nen über Ge­scheh­nis­se von öf­fent­li­chem In­ter­es­se im staat­li­chen Be­reich zu er­hal­ten, und da­durch in die La­ge ver­setzt zu wer­den, die Öf­fent­lich­keit ent­spre­chend zu un­ter­rich­ten. Auf die­se Wei­se kön­nen die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger zu­tref­fen­de und um­fas­sen­de In­for­ma­tio­nen über tat­säch­li­che Vor­gän­ge und Ver­hält­nis­se, Miss­stän­de, Mei­nun­gen und Ge­fah­ren er­hal­ten, die ih­nen sonst ver­bor­gen blei­ben wür­den, aber Be­deu­tung für ei­ne ab­ge­wo­ge­ne Be­ur­tei­lung der für die Mei­nungs­bil­dung es­sen­zi­el­len Fra­gen ha­ben könn­ten. Erst die­se für ei­ne mög­lichst un­ver­fälsch­te Er­kennt­nis not­wen­di­ge Über­sicht über Tat­sa­chen und Mei­nun­gen, Ab­sich­ten und Er­klä­run­gen er­mög­licht ei­ne ei­ge­ne Wil­lens­bil­dung und da­mit die Teil­nah­me am de­mo­kra­ti­schen Ent­schei­dungs­pro­zess über­haupt (vgl. BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 27. Ju­li 2015 - 1 BvR 1452/13 - NVwZ 2016, 50 Rn. 14; BGH, Ur­teil vom 10. Fe­bru­ar 2005 - III ZR 294/04 - DVBl. 2005, 980 <981> m.w.N.; BVer­wG, Ur­teil vom 21. März 2019 - 7 C 26.17 - NVwZ 2019, 1283 Rn. 22 m.w.N.).

14 b) Nach der stän­di­gen - auch vom Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­grun­de ge­leg­ten - Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts steht dem Ge­setz­ge­ber bei der Nor­mie­rung pres­se­recht­li­cher Aus­kunfts­re­geln ein wei­ter Aus­ge­stal­tungs­spiel­raum hin­sicht­lich der Ge­wich­tung und des Aus­ta­rie­rens der wi­der­strei­ten­den In­ter­es­sen bei der For­mu­lie­rung von Ver­sa­gungs­grün­den zu. Da­bei ist er grund­sätz­lich nicht ge­hin­dert, auf der Grund­la­ge ty­pi­sie­ren­der bzw. pau­scha­lie­ren­der In­ter­es­sen­ge­wich­tun­gen und -ab­wä­gun­gen be­stimm­te be­hörd­li­che Funk­ti­ons­be­rei­che von der Pflicht zur Aus­kunfts­er­tei­lung ganz aus­zu­neh­men; ent­schei­dend ist, dass die Aus­kunfts­re­geln ins­ge­samt hin­rei­chend ef­fek­tiv sind, d.h. der Pres­se im prak­ti­schen Ge­samt­er­geb­nis ei­ne funk­ti­ons­ge­mä­ße Be­tä­ti­gung si­chern (vgl. Ur­tei­le vom 20. Fe­bru­ar 2013 - 6 A 2.12 - BVer­w­GE 146, 56 Rn. 27 und vom 21. März 2019 - 7 C 26.17 - NVwZ 2019, 1283 Rn. 23 m.w.N.). Die dem Aus­kunfts­an­spruch ent­ge­gen­ste­hen­den Aus­schluss­grün­de müs­sen ei­nen punk­tu­el­len Zu­schnitt auf­wei­sen, mit dem kon­kret um­ris­se­nen ge­gen­läu­fi­gen Schutz­gü­tern Rech­nung ge­tra­gen wird, und zwar be­schränkt auf das Maß, in dem bei ma­te­ri­el­ler Be­trach­tung tat­säch­lich ein Schutz­be­darf er­kenn­bar ist. Un­ge­ach­tet sei­ner recht­li­chen Ver­or­tung darf ein ge­ne­rel­ler, ab­wä­gungs­fes­ter Vor­rang ei­nes pri­va­ten oder öf­fent­li­chen Ver­trau­lich­keits­in­ter­es­ses vor dem In­for­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Pres­se nur dann nor­miert wer­den, wenn dies dem­je­ni­gen Ab­wä­gungs­er­geb­nis ent­spricht, das in al­ler Re­gel in Ein­zel­fäl­len tat­säch­lich er­zielt wür­de (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 - BVer­w­GE 151, 348 Rn. 31 m.w.N. und vom 27. Sep­tem­ber 2018 - 7 C 5.17 - NVwZ 2019, 473 Rn. 18).

15 c) Die­se Grund­sät­ze sind auf die bun­des­recht­li­che Re­ge­lung des § 30 AO, die nicht in ei­nem spe­zi­ell pres­se­recht­li­chen Kon­text er­las­sen wor­den ist, son­dern die Gren­zen des Zu­gangs zu steu­er­li­chen Da­ten all­ge­mein be­stimmt, in An­se­hung pres­se­recht­li­cher Aus­kunfts­an­sprü­che ent­spre­chend an­zu­wen­den. Ge­mes­sen dar­an hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu Recht an­ge­nom­men, dass die Pres­se­frei­heit im Rah­men von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO aus­rei­chend be­rück­sich­tigt wer­den kann. Der ver­fas­sungs­recht­lich ge­währ­leis­te­te Ver­mitt­lungs- und Kon­troll­auf­trag der Pres­se ge­bie­tet es ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klä­gers ins­be­son­de­re nicht, den Be­griff des un­be­fug­ten Of­fen­ba­rens im Sin­ne von § 30 Abs. 2 AO weit aus­zu­le­gen und dort ei­ne nor­ma­tiv nicht vor­ge­präg­te Ein­zel­fall­ab­wä­gung zu ver­or­ten.

16 § 30 AO räumt dem Steu­er­ge­heim­nis kei­nen ge­ne­rel­len, un­über­wind­ba­ren Vor­rang ein, son­dern lässt im zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­se Aus­nah­men vom Ver­bot der Of­fen­ba­rung zu. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO er­mög­licht so ei­ne im Ein­zel­fall ver­hält­nis­mä­ßi­ge An­wen­dung. Die dar­in ent­hal­te­ne Auf­zäh­lung von An­wen­dungs­fäl­len ei­nes zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­ses ist nicht ab­schlie­ßend und lässt Raum für un­be­nann­te Kon­stel­la­tio­nen (vgl. BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 336/07 - ju­ris Rn. 15 und 18 f.). Da­mit ist den An­for­de­run­gen von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ge­nügt, weil kei­ne ge­ne­ra­li­sie­ren­de Prü­fung er­folgt, son­dern die spe­zi­fi­schen Ein­zel­fall­um­stän­de in ei­ne Ab­wä­gung ein­ge­stellt wer­den kön­nen (vgl. BVerfG a.a.O. Rn. 19). Die Re­gel­bei­spie­le en­gen den Spiel­raum für die be­hörd­li­che Ent­schei­dung zwar in­so­weit ein, als für ei­ne freie Ab­wä­gung im Ein­zel­fall kein Raum mehr bleibt, weil der Ge­setz­ge­ber da­mit den Maß­stab für das zwin­gen­de öf­fent­li­che In­ter­es­se vor­ge­ge­ben und die Be­hör­de sich hier­an auch für die An­wen­dung auf un­be­nann­te Fäl­le zu ori­en­tie­ren hat (BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 336/07 - ju­ris Rn. 15). Das be­geg­net aber kei­nen Be­den­ken. Die Re­gel­bei­spie­le sind das Er­geb­nis ei­ner wer­ten­den Be­trach­tung der nor­ma­ti­ven Ei­gen­ar­ten des hier be­trof­fe­nen Ver­wal­tungs­be­reichs durch den Ge­setz­ge­ber. Ei­ne sol­che be­reichs­spe­zi­fi­sche Vor­struk­tu­rie­rung und Vor­prä­gung der Ab­wä­gung ist dem Ge­setz­ge­ber auch in An­se­hung der Pres­se­frei­heit nicht ver­sagt. Im Ge­gen­teil war ge­ra­de der (Steu­er)Ge­setz­ge­ber da­zu be­ru­fen, sach­spe­zi­fisch die hier ge­re­gel­te Pro­blem­la­ge in den Blick zu neh­men und den Sach- und Rechts­struk­tu­ren der be­trof­fe­nen Sach­ma­te­rie Rech­nung zu tra­gen (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 - BVer­w­GE 151, 348 Rn. 31 ff. und vom 29. Ju­ni 2017 - 7 C 24.15 - BVer­w­GE 159, 194 Rn. 66). Die­se Auf­ga­be hat er wahr­ge­nom­men und selbst ab­ge­wo­gen (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 24. Sep­tem­ber 2009 - 7 C 2.09 - BVer­w­GE 135, 34 Rn. 45).

17 d) Wenn § 30 AO für die Of­fen­ba­rung von Steu­er­da­ten ho­he Hür­den er­rich­tet, kommt dar­in zum Aus­druck, dass der Ge­setz­ge­ber das pri­va­te und öf­fent­li­che In­ter­es­se an der Ver­trau­lich­keit steu­er­li­cher Da­ten als ge­wich­tig ein­schätzt. Die be­son­de­re Schutz­be­dürf­tig­keit steu­er­li­cher Da­ten ist auch in der Recht­spre­chung an­er­kannt. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts schützt § 30 AO das Steu­er­ge­heim­nis als Ge­gen­stück zu den weit­ge­hen­den Of­fen­ba­rungs­pflich­ten des Steu­er­rechts. Die Vor­schrift dient zum ei­nen dem pri­va­ten Ge­heim­hal­tungs­in­ter­es­se des Steu­er­pflich­ti­gen und der an­de­ren zur Aus­kunfts­er­tei­lung ver­pflich­te­ten Per­so­nen. Zu­gleich wird mit ihr der Zweck ver­folgt, durch be­son­de­ren Schutz des Ver­trau­ens in die Amts­ver­schwie­gen­heit die Be­reit­schaft zur Of­fen­le­gung der steu­er­lich re­le­van­ten Sach­ver­hal­te zu för­dern, um so das Steu­er­ver­fah­ren zu er­leich­tern, die Steu­er­quel­len voll­stän­dig zu er­fas­sen und ei­ne ge­setz­mä­ßi­ge, d.h. ins­be­son­de­re auch gleich­mä­ßi­ge Be­steue­rung si­cher­zu­stel­len. Die­se im Rechts­staats­prin­zip und im Gleich­be­hand­lungs­ge­bot ver­an­ker­ten öf­fent­li­chen In­ter­es­sen ha­ben ei­nen ho­hen Rang, der über das nur fis­ka­li­sche In­ter­es­se an der Si­che­rung des Steu­er­auf­kom­mens hin­aus­geht (BVerfG, Ur­teil vom 17. Ju­li 1984 - 2 BvE 11/83 - BVerf­GE 67, 100 <139 f.>). Das Recht auf Wah­rung des Steu­er­ge­heim­nis­ses ist als sol­ches zwar kein Grund­recht, je­doch ei­ne auf ver­fas­sungs­recht­li­chen Ver­bür­gun­gen be­ru­hen­de "Ab­wehr­an­spruchs­norm", die da­zu dient, Grund­rech­te des Steu­er­bür­gers zu schüt­zen und zu rea­li­sie­ren (vgl. Al­ber, in: Hüb­sch­mann/Hepp/Spi­ta­ler, AO/FGO, Stand Ok­to­ber 2002, § 30 AO Rn. 12). Die Ge­heim­hal­tung be­stimm­ter steu­er­li­cher An­ga­ben und Ver­hält­nis­se kann durch das grund­recht­lich ver­bürg­te Recht auf in­for­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ge­bo­ten sein (BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 336/07 - NJW 2008, 3489). Vor die­sem Hin­ter­grund war der Ge­setz­ge­ber nicht ge­hal­ten, den Zu­gang zu steu­er­li­chen Da­ten bei pres­se­recht­li­chen Aus­kunfts­an­sprü­chen ei­ner frei­en Ein­zel­fall­ab­wä­gung durch die zu­stän­di­gen Be­hör­den zu über­ant­wor­ten. Der Ein­wand des Klä­gers, die Aus­nah­me­re­ge­lung des § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO kom­me nur für Ver­wal­tungs­be­hör­den zum Tra­gen, greift nicht durch. Das Tat­be­stands­merk­mal des zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­ses er­fasst auch die Be­lan­ge der Pres­se, die ih­re Rol­le bei der de­mo­kra­ti­schen Mei­nungs- und Wil­lens­bil­dung im öf­fent­li­chen In­ter­es­se wahr­nimmt.

18 Aus dem Kam­mer­be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 27. Ju­li 2015 - 1 BvR 1452/13 - (NVwZ 2016, 50 Rn. 12) er­gibt sich nichts An­de­res. So­weit dort aus­ge­führt wird, "die un­ter­ein­an­der im we­sent­li­chen in­halts­glei­chen Aus­kunfts­an­sprü­che in den Lan­des­pres­se­ge­set­zen ziel­ten auf ei­ne Ab­wä­gung", folgt dar­aus nicht, dass für pres­se­recht­li­che Aus­kunfts­an­sprü­che stets ei­ne freie Ein­zel­fall­ab­wä­gung vor­zu­se­hen ist. Dass ge­ra­de Ge­heim­hal­tungs­vor­schrif­ten im Sin­ne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Lan­des­pres­se­ge­set­ze re­gel­mä­ßig nicht auf ei­ne freie Ein­zel­fall­ab­wä­gung aus­ge­rich­tet sind und es über­dies spe­zi­el­le Funk­ti­ons­be­rei­che ge­ben mag, bei de­nen die Ver­trau­lich­keits­in­ter­es­sen so gro­ßes Ge­wicht ha­ben, dass selbst die Pres­se­frei­heit sie nicht über­win­den kann, wird durch die­se For­mu­lie­rung eben­so we­nig in Fra­ge ge­stellt wie die ge­ne­rel­le Pau­scha­lie­rungs- und Ty­pi­sie­rungs­be­fug­nis des Ge­setz­ge­bers. In wel­cher Wei­se er von die­ser Be­fug­nis Ge­brauch macht, ist aber be­reichs­spe­zi­fisch zwangs­läu­fig ver­schie­den.

19 Die Pres­se kann ih­re In­for­ma­ti­ons- und Kon­troll­funk­ti­on im Steu­er­be­reich auch dann noch ef­fek­tiv wahr­neh­men, wenn das Steu­er­ge­heim­nis nur zu­guns­ten ei­nes zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­ses durch­bro­chen wer­den darf. Ei­ne auf an­de­re Quel­len ge­stütz­te Pres­se­be­richt­erstat­tung über Steu­er­fäl­le, an de­nen kein sol­cher­ma­ßen qua­li­fi­zier­tes In­ter­es­se be­steht, wird da­mit nicht aus­ge­schlos­sen. Dies be­le­gen nicht zu­letzt die vom Klä­ger ver­fass­ten Ar­ti­kel vom 11. und 13. Sep­tem­ber 2011 über den hier streit­ge­gen­ständ­li­chen Ein­satz.

20 2. Auch die An­wen­dung des § 30 AO durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ver­stö­ßt - so­weit es um die mit den Fra­gen Nr. 2 bis 5 be­gehr­ten Aus­künf­te geht - nicht ge­gen re­vi­si­bles Recht. Ob dies auch hin­sicht­lich der Aus­füh­run­gen zum Of­fen­ba­ren der mit der Fra­ge Nr. 1 be­gehr­ten Aus­kunft gilt, kann da­hin­ste­hen. Das Ur­teil ist in­so­weit je­den­falls im Er­geb­nis rich­tig.

21 a) Die an­ge­grif­fe­ne Ent­schei­dung ist nicht in ei­nen Bun­des­rechts­ver­stoß "hin­ein­ge­wach­sen", weil § 30 AO wäh­rend des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens durch Art. 17 Nr. 8 des Ge­set­zes vom 17. Ju­li 2017 (BGBl. I S. 2541) ge­än­dert wor­den ist. Zwar müss­te das Be­ru­fungs­ge­richt sei­nem Ur­teil, wenn es heu­te zu ent­schei­den hät­te, die mit Wir­kung vom 25. Mai 2018 in Kraft ge­tre­te­ne Fas­sung des § 30 AO zu­grun­de le­gen. Die hier re­le­van­ten (Teil)Re­ge­lun­gen von § 30 AO ha­ben aber durch die mit der No­vel­lie­rung vor­ge­nom­me­ne An­pas­sung die­ser Vor­schrift an die Ver­ord­nung (EU) 2016/679 des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 27. April 2016 zum Schutz na­tür­li­cher Per­so­nen bei der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten, zum frei­en Da­ten­ver­kehr und zur Auf­he­bung der Richt­li­nie 95/46/EG (Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung - DS-GVO - ABl. L 119 S. 1) kei­ne ma­te­ri­el­le Än­de­rung er­fah­ren.

22 Mit der Er­set­zung des Be­grif­fes der "Ver­hält­nis­se ei­nes an­de­ren" in § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO a.F. durch den Be­griff der "per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten ei­nes an­de­ren" in § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO ist kei­ne sach­li­che Än­de­rung ver­bun­den; hier­von ist auch der Ge­setz­ge­ber aus­ge­gan­gen (BT-Drs. 18/12611, S. 81). Glei­ches gilt für die Er­gän­zung des § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. a AO um wei­te­re Re­gel­bei­spie­le ei­nes zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­ses, in de­nen - in An­leh­nung an die Neu­fas­sung des § 23 Abs. 1 Nr. 4 BDSG (vgl. BT-Drs. 18/12611, S. 82) nach Art ei­nes all­ge­mei­nen Auf­fang­tat­be­stan­des (vgl. Al­bers/Veit, in: Be­ck­OK Da­ten­schutz­recht, 28. Edi­ti­on, Stand 1. Mai 2018, § 23 BDSG Rn. 24) - die Of­fen­ba­rung zur Ab­wehr er­heb­li­cher Nach­tei­le für das Ge­mein­wohl er­for­der­lich ist (vgl. Tor­möh­len, in: Gosch, AO/FGO, Stand Ju­ni 2018, § 30 Rn. 137.7; in die­sem Sin­ne wohl auch Rüs­ken, in: Klein, AO, 14. Aufl. 2018, § 30 Rn. 183). Be­reits zu der bis zum 24. Mai 2018 gel­ten­den Fas­sung von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO ist die Recht­spre­chung der obers­ten Bun­des­ge­rich­te über­ein­stim­mend da­von aus­ge­gan­gen, dass ein zwin­gen­des öf­fent­li­ches In­ter­es­se an der Of­fen­ba­rung vom Steu­er­ge­heim­nis ge­schütz­ter Da­ten in sol­chen Fäl­len, die nicht den Re­gel­bei­spie­len des § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO un­ter­fal­len, nur dann an­zu­neh­men ist, wenn oh­ne ei­ne Of­fen­ba­rung der Da­ten die Ge­fahr be­stün­de, dass schwe­re Nach­tei­le für das all­ge­mei­ne Wohl ein­tre­ten (BVer­wG, Ur­teil vom 2. Fe­bru­ar 1982 - 1 C 146.80 - BVer­w­GE 65, 1 <6> m.w.N.; BFH, Ur­teil vom 10. Fe­bru­ar 1987 - VII R 77.84 - BFHE 149, 387 Rn. 19 m.w.N.; BAG, Ur­teil vom 21. Ju­ni 2001 - 2 AZR 325.00 - NZA 2002, 1030 <1032> m.w.N.; BGH, Be­schluss vom 10. Au­gust 2001 - RiSt (R) 1.00 - ju­ris Rn. 28 <in­so­weit in NJW 2002, 834 nicht ab­ge­druckt>). An­halts­punk­te da­für, dass der Ge­setz­ge­ber hier­von durch die Er­gän­zung von § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. a AO ab­rü­cken woll­te, sind nicht er­sicht­lich.

23 b) Die vom Klä­ger be­gehr­ten In­for­ma­tio­nen zu dem Ein­satz am 10. Sep­tem­ber 2011 be­tref­fen sämt­lich die "Ver­hält­nis­se ei­nes an­de­ren" bzw. "per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten ei­nes an­de­ren" im Sin­ne von § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO a.F./n.F.

24 Nach der da­ten­schutz­recht­li­chen Be­griffs­be­stim­mung in Art. 4 Nr. 1 DS­G­VO sind "per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten" al­le In­for­ma­tio­nen, die sich auf ei­ne iden­ti­fi­zier­te oder iden­ti­fi­zier­ba­re na­tür­li­che Per­son be­zie­hen. Dar­auf, ob die Da­ten vom Be­trof­fe­nen selbst in Er­fül­lung steu­er­recht­li­cher Pflich­ten preis­ge­ge­ben wor­den sind, kommt es ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klä­gers nicht an. Das­sel­be gilt für den Ein­wand des Klä­gers, vor­lie­gend ge­he es man­gels kon­kre­ter Dar­le­gun­gen des Be­klag­ten nur um ein "hy­po­the­ti­sches Steu­er­ver­hält­nis". Dem Schutz des § 30 AO un­ter­lie­gen auch In­for­ma­tio­nen, die den Schluss auf ein Steu­er­ver­fah­ren zu­las­sen, so et­wa In­for­ma­tio­nen dar­über, ob ei­ne Au­ßen­prü­fung oder Steu­er­fahn­dungs­prü­fung statt­ge­fun­den hat oder ob sich steu­er­straf­recht­li­che Er­mitt­lun­gen ge­gen je­man­den rich­ten. Be­reits die Tat­sa­che der steu­er­li­chen Er­fas­sung oder der Be­tei­li­gung an ei­nem an­hän­gi­gen oder an­hän­gig ge­we­se­nen Ver­wal­tungs­ver­fah­ren wird vom Steu­er­ge­heim­nis um­fasst (vgl. nur Rüs­ken, in: Klein, a.a.O., § 30 Rn. 43; vgl. auch Bay­Verf­GH, Ent­schei­dung vom 11. Sep­tem­ber 2014 - Vf. 67-IVa-13 - NVwZ-RR 2015, 81 Rn. 44).

25 Für die Per­so­nen­be­zieh­bar­keit ei­ner In­for­ma­ti­on ge­nügt es, wenn die An­ga­ben vom In­for­ma­ti­ons­emp­fän­ger auf­grund von die­sem zu­gäng­li­chen Zu­satz­wis­sen mit der be­tref­fen­den Per­son ver­knüpft wer­den kön­nen (vgl. Go­la, DS­G­VO, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 18; sie­he auch BVer­wG, Ur­teil vom 27. No­vem­ber 2014 - 7 C 20.12 - BVer­w­GE 151, 1 Rn. 41). Von die­sem Maß­stab ist das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt aus­ge­gan­gen und hat fest­ge­stellt, dass die vom Ein­satz be­trof­fe­ne Per­son für den Klä­ger und für Per­so­nen aus dem nä­he­ren Um­feld des Clubs iden­ti­fi­zier­bar wä­ren, weil der Klä­ger aus­weis­lich sei­ner Pres­se­be­rich­te über den streit­ge­gen­ständ­li­chen Ein­satz am 10. Sep­tem­ber 2011 of­fen­bar über zu­sätz­li­che Teil­in­for­ma­tio­nen ver­fü­ge, die zur Iden­ti­fi­zie­rung des Be­trof­fe­nen füh­ren kön­nen.

26 Die­se Fest­stel­lun­gen sind für den Se­nat man­gels zu­läs­si­ger und be­grün­de­ter Ver­fah­rens­rü­gen bin­dend (§ 137 Abs. 2 Vw­GO). So­weit der Klä­ger im Zu­sam­men­hang mit der In­di­vi­dua­li­sier­bar­keit per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten Ver­stö­ße ge­gen den Amts­er­mitt­lungs­grund­satz (§ 86 Abs. 1 Vw­GO) und die rich­ter­li­che Hin­weis­pflicht (§ 86 Abs. 3 Vw­GO) rügt, ge­nü­gen die Aus­füh­run­gen in der Re­vi­si­ons­be­grün­dung schon nicht den An­for­de­run­gen an die ord­nungs­ge­mä­ße Dar­le­gung sol­cher Ver­fah­rens­feh­ler. Der Sa­che nach wen­det sich der Klä­ger auch in­so­weit ge­gen die Wür­di­gung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, die be­gehr­ten In­for­ma­tio­nen stell­ten per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten dar. Sein Ein­wand, es han­de­le sich aus­nahms­los um Sach­da­ten oh­ne er­kenn­ba­ren Zu­sam­men­hang zu ir­gend­wel­chen Per­so­nen geht in­des fehl. Sach­da­ten sind nur sol­che, die sich aus­schlie­ß­lich auf ei­ne Sa­che be­zie­hen. Das ist hier nicht der Fall. Im Hin­blick auf die Fra­ge Nr. 1, ob am 10. Sep­tem­ber 2011 ein be­hörd­li­cher Ein­satz der Po­li­zei und Steu­er­fahn­dung D. im Swin­ger-Club "..." in W. statt­ge­fun­den hat, er­gibt sich die er­for­der­li­che Per­so­nen­be­zieh­bar­keit schon aus der Be­zeich­nung der Ört­lich­keit. Den mit den Fra­gen 2 bis 5 er­be­te­nen In­for­ma­tio­nen zu den nä­he­ren Um­stän­den des Ein­sat­zes (Dau­er, Ver­an­las­ser, Fe­der­füh­rung, Si­che­rung von Be­weis­ma­te­ri­al, Fest­nah­men, Er­lass von Haft­be­feh­len) wird der Per­so­nen­be­zug da­durch ver­mit­telt, dass sie in ei­nem un­trenn­ba­ren Zu­sam­men­hang mit der Fra­ge Nr. 1 ste­hen. Das Vor­brin­gen des Klä­gers, es dür­fe der Pres­se nicht zum Nach­teil ge­rei­chen, dass sie mehr Kennt­nis­se ha­be als an­de­re, liegt ne­ben der Sa­che. Für ein spe­zi­ell pres­se­recht­li­ches Ver­ständ­nis des Be­griffs "per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten" be­steht kein An­lass.

27 c) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat an­ge­nom­men, die be­gehr­ten In­for­ma­tio­nen könn­ten sämt­lich noch im Sin­ne von § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO of­fen­bart wer­den. Ob die­se An­nah­me auch be­züg­lich der Fra­ge Nr. 1 mit Bun­des­recht ver­ein­bar ist, ist zwei­fel­haft, kann aber of­fen­blei­ben.

28 Ei­ne Of­fen­ba­rung ist je­de Hand­lung, die be­wirkt, dass ge­heim zu hal­ten­de Tat­sa­chen ei­nem Drit­ten be­kannt wer­den, der das Ge­heim­nis noch nicht oder noch nicht si­cher oder nicht voll­stän­dig kennt. Ein "Of­fen­ba­ren" schei­det da­her aus, wenn die Da­ten schon öf­fent­lich be­kannt sind. Die Be­stä­ti­gung oder das De­men­ti ei­ner Be­haup­tung oder ei­nes Ge­rüchts stellt ein Of­fen­ba­ren dar, wenn de­ren Wahr­heit oder Un­wahr­heit noch nicht für je­der­mann bzw. für den je­wei­li­gen Adres­sa­ten of­fen­kun­dig bzw. zwei­fels­frei ist (vgl. Rüs­ken, in Klein, a.a.O., § 30 Rn. 59 f.; In­te­mann, in: Ko­enig, AO, 3. Aufl. 2014, § 30 Rn. 96).

29 Nach Auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts kann das Tat­be­stands­merk­mal des Of­fen­ba­rens auch be­züg­lich Fra­ge Nr. 1 noch ver­wirk­licht wer­den, weil der Klä­ger zum ei­nen da­von aus­ge­he, dass er durch die Aus­kunft noch et­was in Er­fah­rung brin­gen kön­ne, was er nicht si­cher wis­se, und zum an­de­ren ei­ne of­fi­zi­el­le Be­stä­ti­gung sei­ner Ver­mu­tun­gen durch die Fi­nanz­ver­wal­tung be­geh­re. Da­mit knüpft das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für sei­ne recht­li­che Wür­di­gung ma­ß­geb­lich an Er­klä­run­gen und sub­jek­ti­ve Ein­schät­zun­gen des Klä­gers an. Es spricht al­ler­dings vie­les da­für, dass die Fra­ge, ob ei­ne In­for­ma­ti­on be­reits öf­fent­lich be­kannt ist oder bis­her nur Ge­rüchts- oder Ver­dachts­cha­rak­ter hat und da­her noch of­fen­bart wer­den kann, an­hand ob­jek­ti­ver Um­stän­de zu be­ur­tei­len ist.

30 Dies zu­grun­de ge­legt be­geg­net die An­nah­me des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, die mit Fra­ge Nr. 1 be­gehr­te In­for­ma­ti­on kön­ne noch of­fen­bart wer­den, Zwei­feln. In den im Tat­be­stand des an­ge­grif­fe­nen Ur­teils wie­der­ge­ge­be­nen - in der Print- und der Di­gi­tal­aus­ga­be ei­ner über­re­gio­na­len Zei­tung ver­öf­fent­lich­ten - Pres­se­ar­ti­keln des Klä­gers wird über den Ein­satz im Swin­ger-Club "..." in W. am 10. Sep­tem­ber 2011 nicht im Sin­ne ei­ner Ver­dachts­be­richt­erstat­tung be­rich­tet. Ins­be­son­de­re die Be­zug­nah­me im Ar­ti­kel vom 11. Sep­tem­ber 2011 auf die Aus­kunft der na­ment­lich ge­nann­ten Spre­che­rin der Po­li­zei V., bei der Raz­zia han­de­le es sich um ei­ne Ak­ti­on der Steu­er­fahn­dung D., trans­por­tiert den - von der Po­li­zei be­glei­te­ten - Ein­satz der Steu­er­fahn­dung nicht als Ge­rücht, son­dern als Tat­sa­che. Dem ent­spricht, dass der Klä­ger in der Re­vi­si­ons­be­grün­dung be­tont hat, er er­hof­fe sich von der Ant­wort auf die­se Fra­ge kei­ne wei­te­re (neue) Er­kennt­nis, son­dern ei­ne be­hörd­li­che Be­stä­ti­gung von (be­weis­bar) tat­säch­lich er­folg­ten Ge­scheh­nis­sen, für die er im Üb­ri­gen schon in den Vor­in­stan­zen um­fang­rei­ches Bild­ma­te­ri­al vor­ge­legt hat.

31 Selbst wenn das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt da­nach be­zo­gen auf Fra­ge Nr. 1 ge­gen Bun­des­recht ver­sto­ßen ha­ben soll­te, führt dies gleich­wohl nicht zum Er­folg der Re­vi­si­on. Für den Fall, dass in­so­weit kei­ne per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten mehr of­fen­bart wer­den kön­nen, weil die­se be­reits öf­fent­lich be­kannt sind, stellt sich das Ur­teil im Er­geb­nis man­gels Sach­be­schei­dungs­in­ter­es­se des Klä­gers je­den­falls aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar (§ 144 Abs. 4 Vw­GO).

32 Ein Sach­be­schei­dungs­in­ter­es­se be­steht nur dann, wenn der Be­trof­fe­ne ein schutz­wür­di­ges In­ter­es­se an der be­gehr­ten Hand­lung der Be­hör­de hat (vgl. et­wa BVer­wG, Ur­teil vom 23. März 1973 - 4 C 49.71 - BVer­w­GE 42, 115 <117>; En­gel/Pfau, in: Mann/Sen­ne­kamp/Uech­tritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 22 Rn. 52 m.w.N.). Dar­an fehlt es hier. Das Lan­des­pres­se­ge­setz ver­mit­telt der Pres­se ei­nen An­spruch auf Er­tei­lung von Aus­künf­ten, die ihr die Wahr­neh­mung ih­rer öf­fent­li­chen Auf­ga­be bei der de­mo­kra­ti­schen Mei­nungs- und Wil­lens­bil­dung er­mög­li­chen. Der Aus­kunfts­an­spruch dient aber nicht da­zu, sich nach­träg­lich ei­ne In­for­ma­ti­on noch­mals amt­lich von der zu­stän­di­gen Be­hör­de be­stä­ti­gen zu las­sen, die zu­vor be­reits ei­ne an­de­re, eben­falls mit dem Sach­ver­halt be­fass­te bzw. dar­an be­tei­lig­te amt­li­che Stel­le be­stä­tigt und auf de­ren Aus­kunft sich der An­trag­stel­ler im Rah­men sei­ner ver­öf­fent­lich­ten Be­richt­erstat­tung über die­sen Sach­ver­halt ge­stützt hat. Aus dem Hin­weis des Klä­gers auf die Recht­spre­chung zur be­hörd­li­chen Be­stä­ti­gung bzw. dem be­hörd­li­chen De­men­ti ei­nes Ge­rüchts folgt nichts an­de­res. Ei­ne sol­che Fall­ge­stal­tung liegt hier of­fen­kun­dig nicht vor.

33 d) Oh­ne Ver­stoß ge­gen Bun­des­recht hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ein zwin­gen­des öf­fent­li­ches In­ter­es­se im Sin­ne von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO an der Of­fen­ba­rung der be­gehr­ten Da­ten ver­neint.

34 Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ist zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass vor­lie­gend kei­nes der in § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. a bis c AO auf­ge­führ­ten Re­gel­bei­spie­le er­füllt ist; dar­an än­dert auch die vor­ste­hend un­ter 2.a) be­han­del­te Er­gän­zung des Re­gel­bei­spiels in Buch­sta­be a nichts. Die Auf­fas­sung des Klä­gers, sein Aus­kunfts­be­geh­ren un­ter­fal­le den Re­gel­bei­spie­len der Buch­sta­ben b und c liegt ne­ben der Sa­che. Es ist we­der dar­ge­tan noch sonst er­sicht­lich, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Sach­ver­halt von Buch­sta­be b er­fasst wird. Der Klä­ger ist auch nicht da­zu be­ru­fen und es ist zu­dem nicht sein An­lie­gen, die Fi­nanz­be­hör­de ge­gen die Ver­brei­tung un­wah­rer Tat­sa­chen zu schüt­zen oder die­se zu "re­ha­bi­li­tie­ren". Sein Vor­brin­gen, die Be­richt­erstat­tung über Steu­er­straf­ta­ten lie­ge stets im zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­se, wird schon durch § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. b AO wi­der­legt.

35 Zu Recht hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt auch ein sons­ti­ges, den Re­gel­bei­spie­len in ih­rer Be­deu­tung ver­gleich­ba­res zwin­gen­des öf­fent­li­ches In­ter­es­se an der Of­fen­ba­rung der In­for­ma­tio­nen ver­neint. Vor­aus­set­zung da­für ist nach der stän­di­gen Recht­spre­chung der obers­ten Bun­des­ge­rich­te, dass im Fal­le des Un­ter­blei­bens der Of­fen­ba­rung die Ge­fahr be­stün­de, dass schwe­re Nach­tei­le für das all­ge­mei­ne Wohl ein­tre­ten (BVer­wG, Ur­teil vom 2. Fe­bru­ar 1982 - 1 C 146.80 - BVer­w­GE 65, 1 <6> m.w.N.; BFH, Ur­teil vom 10. Fe­bru­ar 1987 - VII R 77.84 - BFHE 149, 387 Rn. 19 m.w.N.; BAG, Ur­teil vom 21. Ju­ni 2001 - 2 AZR 325.00 - NZA 2002, 1030 <1032> m.w.N.; BGH, Be­schluss vom 10. Au­gust 2001 - RiSt (R) 1.00 - ju­ris Rn. 28 <in­so­weit in NJW 2002, 834 nicht ab­ge­druckt>).

36 Schwe­re Nach­tei­le für das all­ge­mei­ne Wohl kön­nen sich im Lich­te des durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ver­fas­sungs­recht­lich ge­währ­leis­te­ten Ver­mitt­lungs- und Kon­troll­auf­tra­ges der Pres­se mit Blick auf ei­nen pres­se­recht­li­chen Aus­kunfts­an­spruch im Ein­zel­fall dann er­ge­ben, wenn es um ei­nen Sach­ver­halt geht, an dem ein er­heb­li­ches In­for­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Öf­fent­lich­keit be­steht. Die­se Fest­stel­lung er­for­dert ei­ne Be­wer­tung von des­sen Ge­wicht und Be­deu­tung. Ei­ne un­zu­läs­si­ge jour­na­lis­ti­sche Re­le­vanz­prü­fung im Sin­ne ei­ner staat­li­chen In­halts­be­wer­tung des In­for­ma­ti­ons­an­lie­gens der Pres­se geht da­mit nicht ein­her. Zwar ist die Ent­schei­dung dar­über, was sie des öf­fent­li­chen In­ter­es­ses für Wert hält und was nicht und wel­che In­for­ma­tio­nen für sie von­nö­ten sind, der Pres­se vor­be­hal­ten (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 16. März 2016 - 6 C 65.14 - BVer­w­GE 154, 222 Rn. 19 m.w.N.). Die­se Ent­schei­dung ist der norm­spe­zi­fisch vor­ge­präg­ten Ge­wich­tung des In­for­ma­ti­ons­in­ter­es­ses aber vor­ge­la­gert und da­von zu un­ter­schei­den.

37 Die Sub­sum­ti­on des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts un­ter die zu­tref­fend er­kann­ten Rechts­maß­stä­be ist re­vi­si­ons­recht­lich eben­falls nicht zu be­an­stan­den. Auf der Grund­la­ge sei­ner nicht mit zu­läs­si­gen und be­grün­de­ten Ver­fah­rens­rü­gen an­ge­grif­fe­nen und da­her bin­den­den Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen ist das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt un­ter Ori­en­tie­rung an der Recht­spre­chung der In­stanz­ge­rich­te zum so­ge­nann­ten "Schwa­bin­ger Kunst­fund" und zur Par­tei­spen­den­af­fä­re mit nach­voll­zieh­ba­ren Er­wä­gun­gen zu dem Er­geb­nis ge­langt, dass die vom Klä­ger gel­tend ge­mach­ten Ge­sichts­punk­te der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit des Ein­sat­zes ei­ner­seits so­wie der Per­son ei­nes der Gäs­te an­de­rer­seits die An­nah­me ei­nes zwin­gen­den öf­fent­li­chen In­ter­es­ses an der Of­fen­ba­rung der In­for­ma­tio­nen nicht recht­fer­ti­gen. Der Ein­satz sei we­der Ge­gen­stand ei­ner in­ten­si­ven öf­fent­li­chen Dis­kus­si­on ge­we­sen noch ge­he es um Grund­fra­gen des de­mo­kra­ti­schen Rechts­staats oder an­nä­hernd ver­gleich­ba­re Kon­troll- und Über­wa­chungs­in­ter­es­sen der Bür­ger. Zu­dem sei der Klä­ger auf die Of­fen­ba­rung der ge­wünsch­ten In­for­ma­tio­nen nicht zwin­gend an­ge­wie­sen. Der vom Klä­ger in die­sem Zu­sam­men­hang ge­rüg­te Ge­hörs­ver­stoß, den er da­mit be­grün­det, dass das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die Mit­glied­schaft des Be­trof­fe­nen in der in­ter­na­tio­nal agie­ren­den Grup­pie­rung der "H." nicht ge­wür­digt hat, ist schon nicht ord­nungs­ge­mäß dar­ge­tan.

38 e) An­ders als der Klä­ger meint, kommt es bei der An­wen­dung des § 30 AO im Rah­men der Gel­tend­ma­chung ei­nes pres­se­recht­li­chen Aus­kunfts­an­spru­ches auf ei­ne Un­ter­schei­dung zwi­schen Aus­kunfts- und Be­richts­stu­fe nicht an. Lie­gen die in § 30 Abs. 4 AO be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne aus­nahms­wei­se zu­läs­si­ge Of­fen­ba­rung ge­schütz­ter Da­ten nicht vor, darf die Be­hör­de die Aus­kunft un­ab­hän­gig von der be­ab­sich­tig­ten Ver­wen­dung nicht er­tei­len. Das Steu­er­ge­heim­nis wür­de nicht erst mit der Ver­öf­fent­li­chung der Da­ten durch die Pres­se, son­dern be­reits mit der Aus­kunfts­er­tei­lung ge­gen­über dem An­trag­stel­ler durch­bro­chen wer­den.

39 3. Ist nach dem Vor­ste­hen­den auch die mit der Fra­ge Nr. 3 be­gehr­te Aus­kunft vom Steu­er­ge­heim­nis er­fasst und die Of­fen­ba­rung der Da­ten nicht aus­nahms­wei­se nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO zu­läs­sig, kommt es dar­auf, ob in­so­weit - wie das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt an­ge­nom­men hat - auch der ir­re­vi­si­ble Aus­schluss­tat­be­stand des § 4 Abs. 2 Nr. 3 Pres­seG NW vor­liegt, nicht mehr an. Es kann da­her da­hin­ste­hen, ob die Aus­le­gung und An­wen­dung die­ser Norm durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt mit re­vi­si­blem Recht, ins­be­son­de­re Art. 5 Abs. 2 Satz 1 GG, in Ein­klang steht.

40 4. Aus Art. 10 EM­RK er­gibt sich eben­falls kein Aus­kunfts­an­spruch. Zwar wer­den Aus­kunfts­be­geh­ren der Pres­se als "pu­blic watch­dog" von der Ga­ran­tie des Art. 10 Abs. 1 EM­RK grund­sätz­lich er­fasst. Auf der Grund­la­ge der stän­di­gen Recht­spre­chung des Se­nats ist aber nichts da­für er­sicht­lich, dass die nach in­ner­staat­li­chem Recht be­stehen­den Ein­schrän­kun­gen des Aus­kunfts­rechts bei Be­ach­tung des den Kon­ven­ti­ons­staa­ten zu­zu­bil­li­gen­den Be­ur­tei­lungs­spiel­rau­mes den An­for­de­run­gen des Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­grund­sat­zes ge­mäß Art. 10 Abs. 2 EM­RK nicht ge­nü­gen (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 25. Ok­to­ber 2018 - 7 C 6.17 - NVwZ 2019, 479 Rn. 18 und vom 28. Fe­bru­ar 2019 - 7 C 23.17 - NVwZ 2019, 978 Rn. 22 je­weils m.w.N.).

41 5. Der vom Klä­ger noch be­nann­te Art. 42 GRCh be­zieht sich auf den Zu­gang zu Do­ku­men­ten der Or­ga­ne, Ein­rich­tun­gen und sons­ti­gen Stel­len der Eu­ro­päi­schen Uni­on und ist für Aus­künf­te durch den Be­klag­ten nicht ein­schlä­gig.

42 Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 154 Abs. 2 Vw­GO.