Linus Merkel

Fußball-Bezirksliga: – Einen besonderen Gast durfte der SV Jestetten dieser Tage bei seinem „Trainerstammtisch“ begrüßen. Murat Yakin, Schweizer Ex-Nationalspieler und aktuell Trainer beim FC Schaffhausen in der Challenge League (2. Liga), gab sein Wissen weiter – und plauderte auch aus dem Nähkästchen des Profifußballs.

Seit fast 30 Jahren ist Murat Yakin (45) im Profifußball unterwegs. Bereits mit 15 feierte er sein Profi-Debüt bei Concordia Basel. Mit 17 Jahren schloss er sich dem Schweizer Rekordmeister Grasshoppers Zürich. Nach Stationen beim VfB Stuttgart, Fenerbahce Istanbul, FC Basel, 1. FC Kaiserslautern und 49 Länderspielen übernahm der Schweiz-Türke schließlich 2006 seine erste Trainerstation bei Concordia Basel.

Gruppenbild mit dem Profi: Murat Yakin (hinten, Mitte) nahm sich beim Trainerstammtisch des SV Jestetten viel Zeit für seine Gäste.
Gruppenbild mit dem Profi: Murat Yakin (hinten, Mitte) nahm sich beim Trainerstammtisch des SV Jestetten viel Zeit für seine Gäste. | Bild: Linus Merkel

„Als Spieler hatte ich das eigentlich nicht im Kopf. Ich wollte lieber so lange wie möglich aktiv spielen. Wären die Verletzungen nicht gekommen, würde ich wohl heute noch kicken“, sagt Yakin mit einem Lächeln. Sein Tipp an die zahlreichen Nachwuchstrainer des SV Jestetten, die ihm mit besonderer Aufmerksamkeit lauschten: „Kickt solange ihr könnt. Das ist das Schönste.“

In seiner eindrücklichen Bilanz als Spieler stehen fünf Schweizer Meisterschaften und drei Pokalsiege. Zudem wurde der EM-Teilnehmer von 2004 im jahr 2002 zum eidgenössischen Fußballer des Jahres gewählt. Auch als Trainer hat Yakin schon einiges „gerissen“. Mit dem FC Thun schaffte er den Aufstieg in die Super League, die höchste Spielklasse. Zwei Mal wurde er Meister mit dem FC Basel und erlebte dort tolle Champions-League-Abende. Zudem wagte Yakin einen Abstecher zu Spartak Moskau. Im Herbst 2018 kehrte er zu seinem „Herzensclub“ GC Zürich zurück – und wurde aber schon nach ein paar Monaten wieder freigestellt. „So ist das im Profibusiness, das kommt vor“, sagt der 45-Jährige heute lapidar.

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Aktuell ist Yakin zum zweiten Mal beim FC Schaffhausen als Trainer tätig. Es sei kein einfacher Posten, gesteht der Ex-Nationalspieler den Jestetter Trainern. Das Budget sei klein, der Druck mit dem neuen Stadion im Rücken dafür groß: „Wir müssen aus wenig viel machen. Ich muss Spieler finden, die fast nichts kosten und diese schnell entwickeln, damit sie in der Challenge League mithalten können.“ In manchen Spielen lag der Altersdurchschnitt seines Teams bei nur 20,7 Jahren.

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Den Blick auf den Breitenfußball hat der Profi Yakin nie verloren. Für ihn gehe es darum, die Basis in der Region zu stärken, sagt der gebürtige Basler. So sei es ihm ein besonderes Anliegen, die zahlreichen ehrenamtlichen Trainer zu unterstützen. „Ihr macht alle einen tollen Job, mein Respekt“, lobt Yakin die Trainercrew des SV Jestetten – und hat den ein oder anderen Tipp parat.

Maulende Eltern am Spielfeldrand. „Erst mal ignorieren“, sagt der Profitrainer. „In einer ruhigen Minute musst du die zur Seite nehmen und ihnen klar sagen: Entweder hilfst du mit, dann kannst du etwas sagen. Oder sie müssen komplett ruhig sein, wenn sie schon nicht mitarbeiten.“ Wenn man das klar definiere, könne man die Unruhe eindämmen, spricht Yakin aus Erfahrung.

Beim Trainerstammtisch wurde auch eifrig über fußballspezifische Fragen diskutiert. Trainer Lars Müller bekam von Yakin spannende Hinweise zu Spielphilosophien und Taktiken. Dazu erläuterte Yakin sein Vorgehen und seine Trainingsgewohnheiten bei Standardsituationen. Und er offenbarte, wie er sein Team auf gegnerische Eckbälle einstellt. „Ich lasse am liebsten eine Mischung aus Raum- und Manndeckung spielen“, sagt der 45-Jährige. Doch: „Egal, ob Raum- oder Manndeckung. Zuallererst müssen die Spieler gierig sein, den Ball zu verteidigen. Das ist das Wichtigste.“

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Dabei sprach Yakin auch seine Trainingsinhalte an. Mit fünf bis sechs Einheiten in der Woche hat der Profitrainer natürlich weitaus mehr Kapazitäten, spezifische Trainings durchzuführen. In einer Trainerweiterbildung kam aber auch er schon mal ins Schlucken. „Ich hatte plötzlich das Thema Kopfball. Ich sollte 90 Minuten lang nur Kopfbälle trainieren lassen. Das war eine Herausforderung“, gesteht Yakin mit einem Lächeln.

Nach zwei Stunden Rede und Antwort gab Yakin dem Trainer der A-Junioren, Andreas Schaaf, ein Versprechen: „Wenn der Kunstrasenplatz fertig ist, komme ich zu einer Trainingseinheit für die A- und B-Jugend vorbei.“