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Aus für Atomkredite Bundesregierung kippt Bürgschaften für AKW im Ausland

Atomausstieg paradox: Im Inland werden AKW abgeschaltet, im Ausland mit deutschen Steuergeldern gefördert. Darüber gibt es seit Jahren Streit. SPIEGEL-ONLINE-Informationen zufolge wird diese Praxis nun abgeschafft.
Deutsches AKW Grafenrheinfeld: Langsamer Abschied von der Kernkraft

Deutsches AKW Grafenrheinfeld: Langsamer Abschied von der Kernkraft

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David Ebener/ dpa

Berlin - Diese Förderpolitik kratzt seit Jahren an der Glaubwürdigkeit der Energiewende: Im Inland wird ein Atommeiler nach dem anderen stillgelegt, im Ausland aber unterstützt die Bundesregierung den Bau von Atomkraftwerken durch millionenschwere Bürgschaften.

Nun kippt die Große Koalition die umstrittene Förderpraxis. Die schwarz-rote Bundesregierung hat entschieden, künftig keine Exportkreditgarantien mehr zu vergeben, wenn deutsche Firmen an Atomkraftwerken im Ausland mitbauen. Das erfuhr SPIEGEL ONLINE am Donnerstag aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Die staatliche Förderung von Nukleartechnik im Ausland über Bürgschaften - sogenannte Hermes-Deckungen - wird damit stark eingeschränkt.

"Deutschland hat sich von der Nuklearenergie verabschiedet, weil sie mit erheblichen, nicht beherrschbaren Risiken verbunden ist. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, den Bau neuer Kernkraftwerke im Ausland nicht mehr durch Hermes-Deckungen zu fördern", teilte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) mit.

Die Entscheidung fiel einstimmig im für Exportgeschäfte zuständigen Interministeriellen Ausschuss (IMA), wie mehrere beteiligte Ministerien bestätigten. Dem IMA gehören neben dem Bundeswirtschaftsministerium (SPD) auch Vertreter des Auswärtigen Amtes (SPD), des Entwicklungshilfeministeriums (CSU) und des Finanzministeriums (CDU) an.

Ein Schlupfloch bleibt

Bislang konnten deutsche Exporteure und Banken, die in ein Nuklearprojekt im Ausland investieren, einen möglichen Zahlungsausfall mit Bürgschaften aus ihrem Heimatland absichern. Solche Exportkreditgarantien wurden spätestens seit dem Reaktorunglück von Fukushima scharf kritisiert . Im Fokus standen etwa Beteiligungen an einem AKW in Indien oder Brasilien. Unter der schwarz-gelben Regierung bewegte sich die Höhe der Bürgschaften für Atomkraftwerke im Ausland im zweistelligen Millionenbereich.

Bereits bewilligte Bürgschaften verlieren den Angaben zufolge nicht ihre Gültigkeit, die Neuregelung greift nur für künftig gestellte Anträge. Die Deckungen werden zudem nicht ganz abgeschafft: Bürgschaften soll es weiterhin geben für nukleare Forschungsprojekte, etwa für den geplanten französischen Kernfusionsreaktor ITER. Auch für Firmen, die sich an Rückbau, Stilllegung oder Sicherheitsmaßnahmen ausländischer AKW beteiligen, kann weiter gebürgt werden.

"Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit nuklearer Anlagen im Ausland oder ihrer Stilllegung und Entsorgung können selbstverständlich weiter gedeckt werden", hieß es dazu aus dem Ministerium.

Die Kehrtwende zeichnete sich seit einiger Zeit ab. Noch unter Schwarz-Gelb plädierte der sogenannte Parlamentarische Beirat dafür , keine Hermes-Bürgschaften für Kernkraftwerkprojekte im Ausland mehr zu vergeben. Dann passierte lange nichts. Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union kam das Thema dann wieder auf den Tisch - einigen konnte man sich nicht. Der Koalitionsvertrag blieb in dieser Frage schwammig, ein Aus für die bisherige Förderpolitik ist darin nicht verankert. Auch läuft ein umstrittener Nuklearvertrag mit Brasilien vorerst weiter.

Die Bundesregierung hatte 2011 nach der Katastrophe von Fukushima den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Acht ältere Atommeiler wurden sofort stillgelegt. Spätestens 2022 soll der letzte deutsche Meiler vom Netz gehen.