Hawaiianer protestieren gegen Syngenta

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PestizideHawaiianer protestieren gegen Syngenta

Ein Politiker aus Hawaii im weiss-blauen Hemd sprach an der Generalversammlung von Syngenta. Er brachte happige Vorwürfe gegen den Agrarchemie-Konzern vor.

Isabel Strassheim
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Isabel Strassheim

«Aloha»: Der Gruss an die fast 1000 Syngenta-Investoren tönte am Dienstag durch die Basler St.-Jakobs-Halle. Gary Hooser, Bezirkspolitiker der Hawaii-Insel Kaua'i appellierte in einem Statement an der Generalversammlung des Agrarchemie-Konzerns, die Einwohner des Inselparadieses zu respektieren und zu schützen wie Schweizer. «Stellen Sie sich vor, dass Schüler in ihrer Gemeinde krank werden, weil Syngenta täglich Pflanzengifte versprüht», sagte Hooser.

Grund für Hoosers Auftritt in Basel sind Syngentas Forschungsanlagen auf Hawaii. Für Syngenta ist Kaua' i kein Ferienparadies, sondern das ideale Testgebiet für genveränderte Pflanzen. Denn das Klima der Pazifikinsel lässt pro Jahr gleich mehrere Fruchtfolgen zu und beschleunigt so die Forschung. Auf seinen Testfeldern für die pesitzid-resistent gemachten Mais- oder Sojasorten verspritzt der Konzern eine Menge von Pflanzengiften, und das auch in der Nähe von Schulen, Häusern oder Spitälern. Hoosers Vorwurf: Die von Ärzten belegte auffallend hohe Rate an gravierenden Missbildungen bei Neugeborenen sowie Krebs- und andere Erkrankungen gehen auf die Giftmittel respektive auf die Versuche mit Gensaatgut zurück.

Mittel sind in den USA erlaubt, aber in Europa verboten

Syngenta weist die Kritik zurück. «Unser Pestizid-Einsatz entspricht den gesetzlichen Vorschriften», war die Antwort von Verwaltungsratspräsident Michel Demaré auf den Protest aus Hawaii. Allerdings: Die in den USA zugelassenen Mittel wie Atrazin oder Paraquat sind in Europa inzwischen verboten. Atrazin etwa konnte im Trinkwasser nachgewiesen werden, und Paraquat gilt als Mittel, das in hoher Dosis zu Nierenversagen führen kann.

Die Vorwürfe aus Hawaii gegen Syngenta, die nun in Basel eine neue Stufe erreichten, sind nicht neu. 2013 erliess der Bezirksrat, dem Gary Hooser angehört, ein Gesetz, wonach Syngenta das Versprühen von in der Schweiz nicht bewilligten Pestiziden neben Schulen, Spitälern und Siedlungen verboten werden soll und welches die detaillierte Offenlegung der ausgebrachten Pflanzenschutzmittel verlangt. Syngenta jedoch bestreitet die Rechtmässigkeit des Gesetzes und klagte dagegen.

Mehr als nur ein Rechtsstreit

«Die Auseinandersetzung dürfte jahrelang dauern», meinte Demaré zu der verfahrenen Situation auf Hawaii. Für den Schweizer Reputations-Berater Bernhard Bauhofer von Sparring Partners ist allerdings klar, dass es um mehr geht als den rechtlichen Ausgang des Streits. «Konzerne müssen heute sämtliche Interessen berücksichtigen und sich offen zeigen», so Bauhofer. Er sieht darin einen klassischen Corporate-Responsibility-Fall: Eine gute Unternehmensführung müsse sich nicht nur nach dem eigenen Geschäftsmodell ausrichten, sondern um einen Ausgleich bemüht sein.

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