Farc-Guerilla schliesst sich Kampf gegen Drogen an

Kolumbiens Regierung und die Farc-Rebellen haben sich auf die Bekämpfung des Drogenhandels geeinigt. Für Präsident Santos kommt der Durchbruch zum bestmöglichen Zeitpunkt.

Tjerk Brühwiller, São Paulo
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Vertreter der Farc und der kolumbianischen Regierung geben einen weiteren Durchbruch bei den Friedensverhandlungen bekannt. (Bild: Reuters)

Vertreter der Farc und der kolumbianischen Regierung geben einen weiteren Durchbruch bei den Friedensverhandlungen bekannt. (Bild: Reuters)

Die Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (Farc) haben sich bereit erklärt, bei der Bekämpfung des Drogenhandels mit der Regierung am gleichen Strick zu ziehen. Illegale Kokapflanzungen sollen demnach ersetzt oder – falls die Bauern sich weigern – zerstört werden. Die Regierung ist dabei auf die Forderung der Farc eingegangen, dass künftig keine chemischen Vernichtungsmittel mehr eingesetzt werden. Auch haben sich die beiden Parteien auf eine neue Strategie gegen die Geldwäsche im Rahmen des Drogenhandels geeinigt.

Kein Zurück mehr

Die Freitagnacht bekanntgewordene Einigung stellt einen weiteren Durchbruch in den seit Ende 2012 laufenden Friedensverhandlungen zwischen der Guerilla und der kolumbianischen Regierung dar. Bisher konnten sich die beiden Parteien bereits über eine Landreform sowie über die künftige politische Beteiligung der Rebellen einigen. Die Verhandlungen sind an einem Punkt angelangt, an dem es eigentlich kein Zurück mehr geben dürfte. Das entstehende Mosaik wird immer vollständiger und komplexer. Viele der Verhandlungspunkte hängen zusammen. Ohne die zu Beginn ausgearbeitete Landreform wäre ein Durchbruch in der Drogenfrage kaum denkbar gewesen. Die grössten Zerreissproben stehen allerdings noch bevor. In den kommenden Verhandlungsrunden stehen die Entwaffnung der 8000 Kämpfer zählenden Farc-Guerilla sowie die Fragen der Entschädigung der Opfer und der Übergangsjustiz auf der Traktandenliste.

Der Optimismus ist gross, besonders jener des kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos. Der Abschluss des dritten Verhandlungspunktes sei eine grossartige Nachricht für Kolumbien und die ganze Welt, sagte Santos. Man sei heute näher denn je am Frieden. Santos' Euphorie erklärt sich auch durch den Zeitpunkt des Durchbruchs: Am kommenden Sonntag tritt der Präsident zur Wiederwahl an. Er gilt als Favorit, allerdings ist eine Wahl im ersten Durchgang alles andere als garantiert. Santos' Erfolg hängt massgeblich von den Friedensverhandlungen mit den Farc ab, die zum zentralen Thema geworden sind im Wahlkampf. Nicht alle Kolumbianer sind mit der Strategie von Santos einverstanden. Gerade die Vorstellung, dass den Guerilleros Straffreiheit und politische Rechte garantiert werden könnten, löst bei vielen Widerstände aus. Zum härtesten Widersacher Santos' hat sich der frühere Präsident ?lvaro Uribe entwickelt. Uribe hat an den Parlamentswahlen im März mit der neugegründeten Partei Centro Democratico einen Achtungserfolg erzielt. Uribes Präsidentschaftskandidat, Oscar Iván Zuluaga, liess denn mit seiner Kritik an der neusten Einigung mit den Farc nicht lange auf sich warten. Er sei dagegen, dass die Regierung ihre Drogenpolitik mit dem grössten Drogenkartell der Welt bespreche.

Ende des Drogenhandels?

Ohne die Friedensverhandlungen infrage zu stellen, bezweifeln auch Fachleute, dass sich der Drogenhandel dank der Einigung zwischen den Farc und der Regierung unterbinden lässt. Die Farc kontrollieren zwar weite Gebiete des Landes, in denen Koka angebaut wird, und sie schützen – gegen Bezahlung – die Pflanzer. Ohne die Schutzfunktion der Farc dürfte es Kolumbien leichter fallen, die Produktion im eigenen Land zu kontrollieren. Doch weder die Regierung noch die Farc haben Einfluss auf das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Die Kokapflanzungen werden sich in andere Gebiete verlagern, möglicherweise auch in andere Länder wie Venezuela, Ecuador oder Peru, Letzteres produziert bereits heute mit jährlich 300 Tonnen dieselbe Menge wie Kolumbien. Solange den Bauern, die vom Kokaanbau leben, keine Alternativen geboten werden, lassen sich die Kokafelder nicht ausrotten – weder in Kolumbien noch anderswo.