Language of document : ECLI:EU:C:2023:302

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

20. April 2023(*)

„Nichtigkeitsklage – Durchführungsbeschluss C(2020) 8797 – Zulassung bestimmter Verwendungen von Chromtrioxid – Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 – Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe – Art. 60 – Zulassungserteilung – Verpflichtung, nachzuweisen, dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben, und dass es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt – Art. 62 – Zulassungsanträge – Art. 64 – Verfahren für Zulassungsentscheidungen“

In der Rechtssache C‑144/21

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV, eingereicht am 5. März 2021,

Europäisches Parlament, vertreten durch C. Ionescu Dima, M. Menegatti und L. Visaggio als Bevollmächtigte,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch R. Lindenthal und K. Mifsud-Bonnici als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Europäische Chemikalienagentur (ECHA), vertreten durch W. Broere, M. Heikkilä und T. Zbihlej als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richterin L. S. Rossi, der Richter J.‑C. Bonichot (Berichterstatter) und S. Rodin sowie der Richterin O. Spineanu-Matei,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Oktober 2022

folgendes

Urteil

1        Mit seiner Klage begehrt das Europäische Parlament die Nichtigerklärung des Art. 1 Abs. 1 und 5 und der Art. 2 bis 5, 7, 9 und 10 des Durchführungsbeschlusses C(2020) 8797 der Kommission vom 18. Dezember 2020, mit dem gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates für bestimmte Verwendungen von Chromtrioxid eine teilweise Zulassung erteilt wurde (Chemservice GmbH u. a.) (im Folgenden: angefochtener Beschluss), soweit sie die Zulassung der Verwendungen 2, 4 und 5 und der Verwendung 1, was die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 angeht, betreffen.

 Rechtlicher Rahmen

2        In der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. 2006, L 396, S. 1, berichtigt in ABl. 2007, L 136, S. 3) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 (ABl. 2008, L 353, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: REACH-Verordnung) heißt es in den Erwägungsgründen 1, 8, 12, 22, 69, 70, 72, 73, 77, 82 und 119:

„(1)      Diese Verordnung sollte ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherstellen sowie den freien Verkehr von Stoffen als solchen, in Gemischen oder in Erzeugnissen gewährleisten und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit und Innovation verbessern. Diese Verordnung sollte auch die Entwicklung alternativer Beurteilungsmethoden für von Stoffen ausgehende Gefahren fördern.

(8)      Die möglichen Auswirkungen dieser Verordnung auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und die Notwendigkeit, jegliche Diskriminierung dieser Unternehmen zu vermeiden, sollten besondere Berücksichtigung finden.

(12)      Ein wichtiges Ziel des durch diese Verordnung einzurichtenden neuen Systems besteht darin, darauf hinzuwirken und in bestimmten Fällen sicherzustellen, dass besorgniserregende Stoffe letztendlich durch weniger gefährliche Stoffe oder Technologien ersetzt werden, soweit geeignete, wirtschaftlich und technisch tragfähige Alternativen zur Verfügung stehen. …

(22)      Mit den Zulassungsvorschriften sollte sichergestellt werden, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert und die von besonders besorgniserregenden Stoffen ausgehenden Risiken ausreichend beherrscht werden. Zulassungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung sollten von der Kommission nur dann erteilt werden, wenn sich die Risiken bei der Verwendung angemessen beherrschen lassen – sofern dies möglich ist – oder die Verwendung aus sozioökonomischen Gründen gerechtfertigt ist und keine geeigneten Alternativen zur Verfügung stehen, die wirtschaftlich und technisch tragfähig sind.

(69)      Um ein hinreichend hohes Maß an Schutz der menschlichen Gesundheit, auch im Hinblick auf betroffene Bevölkerungsgruppen und gegebenenfalls auf bestimmte schutzbedürftige Untergruppen, sowie der Umwelt sicherzustellen, sollte bei besonders besorgniserregenden Stoffen entsprechend dem Vorsorgeprinzip mit großer Umsicht vorgegangen werden. Weisen die natürlichen oder juristischen Personen, die einen Zulassungsantrag stellen, gegenüber der Bewilligungsbehörde nach, dass die mit der Verwendung des Stoffes einhergehenden Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt angemessen beherrscht werden, so sollte die Zulassung erteilt werden. Anderenfalls kann eine Verwendung dennoch zugelassen werden, wenn nachgewiesen wird, dass der sozioökonomische Nutzen, der sich aus der Verwendung des Stoffes ergibt, die mit seiner Verwendung verbundenen Risiken überwiegt und es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt, die wirtschaftlich und technisch tragfähig wären. Im Interesse eines reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts ist es zweckmäßig, dass die Kommission die Rolle der Bewilligungsbehörde übernimmt.

(70)      Schädliche Auswirkungen von besonders besorgniserregenden Stoffen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt sollten durch die Anwendung geeigneter Risikomanagementmaßnahmen verhindert werden, um sicherzustellen, dass alle Gefahren im Zusammenhang mit den Verwendungen eines Stoffes angemessen beherrscht werden, wobei die allmähliche Substitution dieser Stoffe durch geeignete, weniger bedenkliche Alternativstoffe anzustreben ist. Durch Risikomanagementmaßnahmen sollte gewährleistet werden, dass die Exposition gegenüber gefährlichen Stoffen bei ihrer Herstellung, ihrem Inverkehrbringen und ihrer Verwendung einschließlich Einleitungen, Emissionen und Verlusten während ihres gesamten Lebenszyklus unter dem Schwellenwert liegt, ab dem schädliche Auswirkungen auftreten können. Für alle Stoffe, für die eine Zulassung erteilt wurde, und für alle anderen Stoffe, für die kein sicherer Schwellenwert festgelegt werden kann, sind stets Maßnahmen zu treffen, um die Exposition und Emissionen so weit wie technisch und praktisch möglich zu reduzieren, um die Wahrscheinlichkeit schädlicher Auswirkungen möglichst gering zu halten. Maßnahmen zur Gewährleistung angemessener Kontrollen sind in jedem Stoffsicherheitsbericht anzugeben. Diese Maßnahmen sollten umgesetzt und erforderlichenfalls auch den anderen Akteuren entlang der Lieferkette empfohlen werden.

(72)      Damit besonders besorgniserregende Stoffe gegebenenfalls durch geeignete alternative Stoffe oder Technologien ersetzt werden können, sollten alle Zulassungsantragsteller eine Analyse der Alternativen unter Berücksichtigung ihrer Risiken und der technischen und wirtschaftlichen Durchführbarkeit der Substitution vorlegen, einschließlich Informationen über alle Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten und ‑vorhaben des Antragstellers. Außerdem sollten die Zulassungen einer befristeten Überprüfung unterliegen, deren Dauer für jeden Einzelfall festgelegt wird, und in der Regel an Auflagen, einschließlich einer Überwachung, geknüpft sein.

(73)      Bringt die Herstellung, Verwendung oder das Inverkehrbringen eines Stoffes als solchem, in einem Gemisch oder in einem Erzeugnis ein unannehmbares Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt mit sich, so sollte die Substitution des Stoffes vorgeschrieben werden, wobei zu berücksichtigen ist, ob weniger bedenkliche Alternativstoffe oder ‑verfahren verfügbar sind und mit welchem wirtschaftlichen und sozialen Nutzen die Verwendung des Stoffes, der ein unannehmbares Risiko darstellt, verbunden ist.

(77)      Im Hinblick auf Erwägungen der Durchführbarkeit und Praktikabilität zum einen bei natürlichen oder juristischen Personen, die Antragsdossiers vorzubereiten und angemessene Risikomanagementmaßnahmen zu treffen haben, und zum anderen bei Behörden, die die Zulassungsanträge zu bearbeiten haben, sollten lediglich eine begrenzte Zahl von Stoffen zur gleichen Zeit das Zulassungsverfahren durchlaufen, realistische Antragsfristen gesetzt werden und bestimmte Verwendungen ausgenommen werden können. Stoffe, die die Kriterien für die Zulassung erfüllen, sollten in ein Verzeichnis der für eine Einbeziehung in das Zulassungsverfahren in Frage kommenden Stoffe aufgenommen werden. In diesem Verzeichnis sollten Stoffe, die vom Arbeitsprogramm der Agentur erfasst werden, eindeutig gekennzeichnet sein.

(82)      Damit eine effektive Überwachung und Durchsetzung des Zulassungserfordernisses möglich ist, sollten nachgeschaltete Anwender, denen eine ihrem Lieferanten erteilte Zulassung zugute kommt, der Agentur ihre Verwendung des Stoffes mitteilen.

(119)      Neben ihrer Beteiligung an der Durchführung des Gemeinschaftsrechts sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten aufgrund ihrer Nähe zu den Interessengruppen in den Mitgliedstaaten an dem Austausch von Informationen über Risiken von Stoffen und über die Pflichten der natürlichen und juristischen Personen aufgrund des Chemikalienrechts mitwirken. Gleichzeitig ist eine enge Zusammenarbeit zwischen der Agentur, der Kommission und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erforderlich, um die Kohärenz und Effizienz des gesamten Kommunikationsprozesses sicherzustellen.“

3        Art. 1 („Ziel und Geltungsbereich“) der REACH-Verordnung bestimmt in den Abs. 1 bis 3:

„(1)      Zweck dieser Verordnung ist es, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherzustellen, einschließlich der Förderung alternativer Beurteilungsmethoden für von Stoffen ausgehende Gefahren, sowie den freien Verkehr von Stoffen im Binnenmarkt zu gewährleisten und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit und Innovation zu verbessern.

(2)      Diese Verordnung enthält Bestimmungen über Stoffe und Gemische im Sinne des Artikels 3. Diese Bestimmungen gelten für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung derartiger Stoffe als solcher, in Gemischen oder in Erzeugnissen sowie für das Inverkehrbringen von Gemischen.

(3)      Diese Verordnung beruht auf dem Grundsatz, dass Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender sicherstellen müssen, dass sie Stoffe herstellen, in Verkehr bringen und verwenden, die die menschliche Gesundheit oder die Umwelt nicht nachteilig beeinflussen. Ihren Bestimmungen liegt das Vorsorgeprinzip zugrunde.“

4        Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der REACH-Verordnung bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.      Stoff: chemisches Element und seine Verbindungen in natürlicher Form oder gewonnen durch ein Herstellungsverfahren, einschließlich der zur Wahrung seiner Stabilität notwendigen Zusatzstoffe und der durch das angewandte Verfahren bedingten Verunreinigungen, aber mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können;

2.      Gemisch: Gemenge, Gemische oder Lösungen, die aus zwei oder mehr Stoffen bestehen;

3.      Erzeugnis: Gegenstand, der bei der Herstellung eine spezifische Form, Oberfläche oder Gestalt erhält, die in größerem Maße als die chemische Zusammensetzung seine Funktion bestimmt;

13.      Nachgeschalteter Anwender: natürliche oder juristische Person mit Sitz in der Gemeinschaft, die im Rahmen ihrer industriellen oder gewerblichen Tätigkeit einen Stoff als solchen oder in einem Gemisch verwendet, mit Ausnahme des Herstellers oder Importeurs. Händler oder Verbraucher sind keine nachgeschalteten Anwender. Ein aufgrund des Artikels 2 Absatz 7 Buchstabe c ausgenommener Reimporteur gilt als nachgeschalteter Anwender;

18.      Agentur: die mit dieser Verordnung errichtete Europäische Chemikalienagentur;

24.      Verwendung: Verarbeiten, Formulieren, Verbrauchen, Lagern, Bereithalten, Behandeln, Abfüllen in Behältnisse, Umfüllen von einem Behältnis in ein anderes, Mischen, Herstellen eines Erzeugnisses oder jeder andere Gebrauch;

37.      Expositionsszenarium: Zusammenstellung von Bedingungen einschließlich der Verwendungsbedingungen und Risikomanagementmaßnahmen, mit denen dargestellt wird, wie der Stoff hergestellt oder während seines Lebenszyklus verwendet wird und wie der Hersteller oder Importeur die Exposition von Mensch und Umwelt beherrscht oder den nachgeschalteten Anwendern zu beherrschen empfiehlt. Diese Expositionsszenarien können ein spezifisches Verfahren oder eine spezifische Verwendung oder gegebenenfalls verschiedene Verfahren oder Verwendungen abdecken;

38.      Verwendungs- und Expositionskategorie: Expositionsszenarium, das ein breites Spektrum von Verfahren oder Verwendungen abdeckt, wobei die Verfahren oder Verwendungen zumindest in Form der kurzen, allgemeinen Angaben zur Verwendung bekannt gegeben werden;

…“

5        Titel VII der REACH-Verordnung mit den Art. 55 bis 66 betrifft die Zulassung von Stoffen, die wegen ihrer schädlichen und oft irreversiblen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt „besonders besorgniserregend“ sind.

6        Art. 55 („Zweck der Zulassung und Überlegungen zur Substitution“) der REACH-Verordnung bestimmt:

„Zweck dieses Titels ist es, sicherzustellen, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert und gleichzeitig die von besonders besorgniserregenden Stoffen ausgehenden Risiken ausreichend beherrscht werden und dass diese Stoffe schrittweise durch geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien ersetzt werden, sofern diese wirtschaftlich und technisch tragfähig sind. Zu diesem Zweck prüfen alle Hersteller, Importeure und nachgeschalteten Anwender, die einen Antrag auf Zulassung stellen, die Verfügbarkeit von Alternativen und deren Risiken sowie die technische und wirtschaftliche Durchführbarkeit der Substitution.“

7        Art. 56 („Allgemeine Bestimmungen“) der REACH-Verordnung bestimmt in Abs. 1:

„Ein Hersteller, Importeur oder nachgeschalteter Anwender darf einen Stoff, der in Anhang XIV aufgenommen wurde, nicht zur Verwendung in Verkehr bringen und nicht selbst verwenden, es sei denn,

a)      die Verwendung(en) dieses Stoffes als solchem oder in einem Gemisch oder die Aufnahme des Stoffes in ein Erzeugnis, für die der Stoff in Verkehr gebracht wird oder für die er den Stoff selbst verwendet, wurde gemäß den Artikeln 60 bis 64 zugelassen oder

d)      der Zeitpunkt nach Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i wurde erreicht und der Hersteller, Importeur oder nachgeschaltete Anwender hat 18 Monate vor diesem Zeitpunkt einen Zulassungsantrag gestellt, über den bislang noch nicht entschieden wurde, oder

…“

8        Art. 57 („In Anhang XIV aufzunehmende Stoffe“) der REACH-Verordnung bestimmt:

„Folgende Stoffe können nach dem Verfahren des Artikels 58 in Anhang XIV aufgenommen werden:

a)      Stoffe, die die Kriterien für die Einstufung in die Gefahrenklasse Karzinogenität der Kategorie 1A oder 1B gemäß Anhang I Abschnitt 3.6 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. 2008, L 353, S. 1)] erfüllen;

b)      Stoffe, die die Kriterien für die Einstufung in die Gefahrenklasse Keimzellmutagenität der Kategorie 1A oder 1B gemäß Anhang I Abschnitt 3.5 der Verordnung … Nr. 1272/2008 erfüllen;

…“

9        Art. 58 („Aufnahme von Stoffen in Anhang XIV“) der REACH-Verordnung bestimmt:

„(1) Entscheidungen über die Aufnahme von Stoffen nach Artikel 57 in Anhang XIV sind nach dem in Artikel 133 Absatz 4 genannten Verfahren zu erlassen. In den Entscheidungen wird für jeden Stoff Folgendes angegeben:

a)      Identität des Stoffes gemäß Anhang VI Abschnitt 2;

b)      inhärente Eigenschaft(en) des Stoffes nach Artikel 57;

c)      Übergangsregelungen:

i)      der Zeitpunkt/die Zeitpunkte, ab dem/denen das Inverkehrbringen und die Verwendung des Stoffes verboten sind, es sei denn, es wurde eine Zulassung erteilt (nachstehend ‚Ablauftermin‘ genannt); dabei sollte gegebenenfalls der für diese Verwendung angegebene Produktionszyklus berücksichtigt werden;

ii)      ein Zeitpunkt oder Zeitpunkte von mindestens 18 Monaten vor dem Ablauftermin/den Ablaufterminen, bis zu dem/denen Anträge eingegangen sein müssen, wenn der Antragsteller den Stoff nach dem Ablauftermin/den Ablaufterminen weiterhin verwenden oder für bestimmte Verwendungen in Verkehr bringen will; diese fortgesetzten Verwendungen sind nach dem Ablauftermin erlaubt, bis über den Zulassungsantrag entschieden wird;

(3)      …

Bei der Zahl der in Anhang XIV aufgenommenen Stoffe und den unter Absatz 1 angegebenen Zeitpunkten wird auch die Kapazität der Agentur zur fristgerechten Bearbeitung von Anträgen berücksichtigt. Die Agentur gibt ihre erste Empfehlung für in Anhang XIV aufzunehmende prioritäre Stoffe bis zum 1. Juni 2009 ab. Die Agentur gibt mindestens jedes zweite Jahr weitere Empfehlungen zur Aufnahme weiterer Stoffe in Anhang XIV ab.

…“

10      Mit der Verordnung (EU) Nr. 348/2013 der Kommission vom 17. April 2013 zur Änderung von Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) (ABl. 2013, L 108, S. 1) wurde Chromtrioxid aufgrund seiner inhärenten Eigenschaften als krebserzeugender (Kategorie 1A) und erbgutverändernder (Kategorie 1B) Stoff in Anhang XIV der REACH-Verordnung aufgenommen.

11      Art. 60 („Zulassungserteilung“) der REACH-Verordnung bestimmt:

„(1)      Entscheidungen über Zulassungsanträge nach diesem Titel trifft die Kommission.

(2)      Unbeschadet des Absatzes 3 wird eine Zulassung erteilt, wenn das Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, das sich aus der Verwendung des Stoffes aufgrund der in Anhang XIV aufgeführten inhärenten Eigenschaften ergibt, nach Anhang I Abschnitt 6.4 und wie im Stoffsicherheitsbericht des Antragstellers dokumentiert, unter Berücksichtigung der Stellungnahme des in Artikel 64 Absatz 4 Buchstabe a genannten Ausschusses für Risikobeurteilung angemessen beherrscht wird. Bei der Erteilung der Zulassung und bei den jeweiligen dort festgelegten Bedingungen berücksichtigt die Kommission alle zum Zeitpunkt der Entscheidung bekannten Einleitungen, Emissionen und Freisetzungen einschließlich der Risiken im Zusammenhang mit einer diffusen oder weit verbreiteten Verwendung.

(4)      In Fällen, in denen die Zulassung nach Absatz 2 nicht erteilt werden kann, oder für die in Absatz 3 aufgeführten Stoffe kann eine Zulassung nur erteilt werden, wenn nachgewiesen wird, dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben, und wenn es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt. Diese Entscheidung ist nach Berücksichtigung aller folgenden Aspekte und unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der in Artikel 64 Absatz 4 Buchstaben a und b genannten Ausschüsse für Risikobeurteilung und für sozioökonomische Analyse zu treffen:

a)      Risiko, das aus den Verwendungen des Stoffes entsteht, einschließlich der Angemessenheit und Wirksamkeit der vorgeschlagenen Risikomanagementmaßnahmen;

b)      sozioökonomischer Nutzen seiner Verwendung und die vom Antragsteller oder anderen interessierten Kreisen dargelegten sozioökonomischen Auswirkungen einer Zulassungsversagung;

c)      Analyse der vom Antragsteller nach Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe e vorgelegten Alternativen oder eines vom Antragsteller nach Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe f vorgelegten Substitutionsplans und der von interessierten Kreisen nach Artikel 64 Absatz 2 übermittelten Beiträge;

d)      verfügbare Informationen über die Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt von Alternativstoffen oder ‑technologien.

(5)      Bei der Beurteilung, ob geeignete alternative Stoffe oder Technologien verfügbar sind, berücksichtigt die Kommission alle maßgeblichen Aspekte einschließlich der folgenden:

a)      die Frage, ob der Übergang zu Alternativen zu einem geringeren Gesamtrisiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt führen würde, wobei der Angemessenheit und Wirksamkeit von Risikomanagementmaßnahmen Rechnung zu tragen ist;

b)      die technische und wirtschaftliche Durchführbarkeit der Alternativen für den Antragsteller.

(7)      Eine Zulassung wird nur erteilt, wenn der Antrag den Anforderungen des Artikels 62 genügt.

…“

12      Art. 62 („Zulassungsanträge“) der REACH-Verordnung bestimmt in Abs. 4:

„Ein Antrag auf Zulassung umfasst folgende Informationen:

a)      die Identität des Stoffes/der Stoffe nach Anhang VI Abschnitt 2;

b)      Name und Kontaktangaben der Person/Personen, die den Antrag stellt/stellen;

c)      das Ersuchen um Zulassung mit der Angabe, für welche Verwendung(en) die Zulassung beantragt wird; dazu gehören gegebenenfalls die Verwendung des Stoffes in Gemischen und/oder die Aufnahme des Stoffes in Erzeugnissen;

d)      falls noch nicht als Teil des Registrierungsdossiers vorgelegt, einen Stoffsicherheitsbericht nach Anhang I, der die Risiken für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt behandelt, die sich aufgrund der in Anhang XIV aufgeführten inhärenten Eigenschaften aus der Verwendung des Stoffes/der Stoffe ergeben;

e)      eine Analyse der Alternativen unter Berücksichtigung ihrer Risiken und der technischen und wirtschaftlichen Durchführbarkeit der Substitution, gegebenenfalls einschließlich Informationen über einschlägige Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten des Antragstellers;

f)      sofern die unter Buchstabe e genannte Analyse erweist, dass unter Berücksichtigung der in Artikel 60 Absatz 5 genannten Aspekte geeignete Alternativen verfügbar sind, einen Substitutionsplan einschließlich eines Zeitplans für die vom Antragsteller vorgeschlagenen Maßnahmen.“

13      Art. 64 („Verfahren für Zulassungsentscheidungen“) der REACH-Verordnung bestimmt:

„(1)      Die Agentur bestätigt den Zeitpunkt des Antragseingangs. Die Ausschüsse der Agentur für Risikobeurteilung und für sozioökonomische Analyse geben innerhalb von zehn Monaten nach Antragseingang einen Entwurf ihrer Stellungnahmen ab.

(2)      Auf ihrer Website macht die Agentur unter Berücksichtigung der Artikel 118 und 119 über den Zugang zu Informationen umfangreiche Informationen über die Verwendungen zugänglich, für die Anträge eingegangen sind, sowie für die Überprüfung von Zulassungen; sie setzt eine Frist, bis zu der interessierte Kreise Informationen über Alternativstoffe oder ‑technologien übermitteln können.

(3)      Bei der Ausarbeitung ihrer Stellungnahme prüfen die in Absatz 1 genannten Ausschüsse zunächst, ob der Antrag alle in Artikel 62 aufgeführten Informationen enthält, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgabe benötigen. Falls erforderlich, fordern die Ausschüsse in gegenseitigem Benehmen gemeinsam vom Antragsteller zusätzliche Informationen an, damit der Antrag den Anforderungen des Artikels 62 entspricht. Der Ausschuss für sozioökonomische Analyse kann, wenn er dies für erforderlich hält, den Antragsteller oder Dritte auffordern, in einer bestimmten Frist zusätzliche Informationen über mögliche Alternativstoffe oder ‑technologien zu übermitteln. Die Ausschüsse berücksichtigen außerdem Informationen, die ihnen von Dritten übermittelt wurden.

(4)      Die Entwürfe der Stellungnahmen umfassen Folgendes:

a)      beim Ausschuss für Risikobeurteilung eine Beurteilung des Risikos für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt, das sich aus der/den im Antrag beschriebenen Verwendung/Verwendungen des Stoffes ergibt, einschließlich der Angemessenheit und Wirksamkeit der vorgeschlagenen Risikomanagementmaßnahmen, und gegebenenfalls eine Beurteilung der Risiken, die sich aus etwaigen Alternativen ergeben;

b)      beim Ausschuss für sozioökonomische Analyse eine Beurteilung der sozioökonomischen Faktoren und der Verfügbarkeit, Eignung und technischen Durchführbarkeit von Alternativen, die mit der/den im Antrag beschriebenen Verwendung/Verwendungen des Stoffes in Verbindung stehen, wenn der Antrag nach Artikel 62 gestellt wurde, sowie eine Beurteilung der gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels vorgebrachten Beiträge interessierter Kreise.

(8)      Die Kommission erstellt den Entwurf einer Zulassungsentscheidung innerhalb von drei Monaten nach Erhalt der Stellungnahmen der Agentur. Eine endgültige Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Zulassung wird nach dem in Artikel 133 Absatz 3 genannten Verfahren erlassen.

…“

14      Anhang I („Allgemeine Bestimmungen für die Stoffsicherheitsbeurteilung und die Erstellung von Stoffsicherheitsberichten“) der REACH-Verordnung enthält einen Abschnitt 5 („Ermittlung der Exposition“), in dem es heißt, dass die Ermittlung der Exposition in zwei Schritten erfolgt. Zum zweiten Schritt („Expositionsabschätzung“) heißt es in Abschnitt 5.2.4:

„Eine Abschätzung der Expositionshöhe wird für alle Bevölkerungsgruppen (Arbeitnehmer, Verbraucher und Menschen, bei denen es indirekt über die Umwelt zu einer Exposition kommen könnte) … durchgeführt … Insbesondere wird bei einer Expositionsabschätzung Folgendes berücksichtigt:

–        auf geeignete Weise gewonnene, repräsentative Expositionsdaten,

…“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

15      Chromtrioxid gehört wegen seiner krebserzeugenden und toxischen Eigenschaften zu den in Anhang XIV der REACH-Verordnung aufgenommenen Stoffen, die als „besonders besorgniserregend“ eingestuft sind. Seine Verwendungen sind gemäß Art. 56 Abs. 1 Buchst. a der REACH-Verordnung zulassungspflichtig.

16      2015 stellten die Lanxess Deutschland GmbH und weitere Wirtschaftsteilnehmer (im Folgenden: Antragsteller) für sechs Kategorien der Verwendung von Chromtrioxid einen Zulassungsantrag.

17      Die Zulassung wurde für folgende Verwendungskategorien beantragt: Verwendungen bei der Formulierung von Gemischen (Kategorie 1), Verwendungen bei der funktionalen Verchromung (Kategorie 2), Verwendungen bei der funktionalen Verchromung mit dekorativem Charakter (Kategorie 3), Verwendungen bei der Oberflächenbehandlung bei Anwendungen in der Luft- und Raumfahrtindustrie (die nicht im Zusammenhang mit einer funktionalen Verchromung mit dekorativem Charakter stehen) (Kategorie 4), Verwendungen bei der Oberflächenbehandlung (außer der Passivierung von verzinntem Stahl, elektrolytisches Verzinnen – ETP) für Anwendungen in den Industriezweigen Bautechnik, Automobilbau, Metallherstellung und ‑veredelung sowie im allgemeinen Maschinenbau (die in keinem Zusammenhang mit einer funktionalen oder dekorativen Verchromung stehen) (Kategorie 5) und Verwendungen bei der Passivierung von verzinntem Stahl (ETP) (Kategorie 6).

18      Im September 2016 wurden die vom Ausschuss für Risikobeurteilung und vom Ausschuss für sozioökonomische Analyse gemäß Art. 64 der REACH-Verordnung abgegebenen Stellungnahmen öffentlich zugänglich gemacht.

19      Das Parlament nahm am 27. März 2019 eine Entschließung an, mit der es einen ersten Beschlussentwurf ablehnte. Es begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Informationen, die die Antragsteller übermittelt hätten, große Lücken aufwiesen und dass deshalb nicht richtig habe beurteilt werden können, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung, insbesondere die Verfügbarkeit sicherer Alternativen, erfüllt seien. Dies gelte umso mehr, als die Beschreibung der vorgesehenen Verwendungen des betreffenden Stoffes derart allgemein gehalten sei, dass dies zu einem äußerst weiten Geltungsbereich der Zulassung führe. Der Ansatz der Kommission, die Lücken des Zulassungsantrags dadurch zu schließen, dass sie vom Antragsteller verlangt habe, die fehlenden Angaben im Überprüfungsbericht zu machen, sei nicht mit dem Urteil des Gerichts von 7. März 2019, Schweden/Kommission (T‑837/16, EU:T:2019:144), zu vereinbaren.

20      Auf die Entschließung des Parlaments hin nahm die Kommission die Kategorie 3 (Verwendungen bei der funktionalen Verchromung mit dekorativem Charakter) vom Geltungsbereich ihres Beschlussentwurfs aus. Im Übrigen hielt sie an ihrem ursprünglichen Ansatz, die Zulassung mit bestimmten Auflagen und Beschränkungen zu erteilen, fest.

21      Am 18. Dezember 2020 erließ sie dann den angefochtenen Beschluss.

 Angefochtener Beschluss

22      Im achten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stellt die Kommission fest, dass für Chromtrioxid eine Zulassung nur gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung erteilt werden könne.

23      In den Erwägungsgründen 9 bis 15 geht die Kommission auf die erste der beiden dort genannten Voraussetzungen ein, nämlich, dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegen muss, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben.

24      In den Erwägungsgründen 10 bis 12 und 15 heißt es:

„(10)      Bei den Verwendungen 1, 2, 4 und 5 hat der Ausschuss für Risikobeurteilung auch erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Exposition der Arbeitnehmer festgestellt, die damit zusammenhingen, dass nur in begrenztem Umfang gemessene Expositionswerte verfügbar seien. Der Ausschuss für Risikobeurteilung hat ferner festgestellt, dass weitgehend Kontextinformationen fehlten, weshalb es für ihn schwer sei, einen Zusammenhang zwischen den im Zulassungsantrag dargestellten Verwendungsbedingungen und Risikomanagementmaßnahmen und den für spezifische Aufgaben und Betriebe behaupteten Expositionshöhen herzustellen. Er sehe sich dadurch an der weiteren Durchführung seiner Risikobeurteilung gehindert. Die Unsicherheiten betreffen die Zuverlässigkeit und die Repräsentativität der Expositionswerte und ihren Zusammenhang mit den getroffenen Risikomanagementmaßnahmen, insbesondere bei der Verwendung 4, bei der Gegenstand des Zulassungsantrags neben dem Tauchbad mehrere Tätigkeiten sind, u. a. die Vorgänge der Pulverbeschichtung, der Beschichtung, des Bürstens und des Fräsens. Die Antragsteller waren nicht in der Lage, die kombinierte Exposition durch diese Vorgänge insgesamt in vollem Umfang zu bewerten. Die Kommission stellt jedoch fest, dass diese Unsicherheiten den Ausschuss für sozioökonomische Analyse nicht daran gehindert haben, den Antrag weiter zu prüfen.

(11)      Bei den Verwendungen 1, 2, 4 und 5 hat der Ausschuss für Risikobeurteilung im Übrigen festgestellt, dass auch bei der Beurteilung der lokalen Exposition der allgemeinen Bevölkerung über die Umwelt Unsicherheiten bestünden, insbesondere im Hinblick auf die Emissionen von Chrom (VI) über das Abwasser. Dies ist bei der oralen Exposition über das Trinkwasser von besonderer Bedeutung. Der Ausschuss für Risikobeurteilung hat aber angenommen, dass die vorgelegte Beurteilung des Risikos für die allgemeine Bevölkerung über die Umwelt für die anschließende Prüfung durch den Ausschuss für sozioökonomische Analyse ausreiche, zumal die Antragsteller bei ihrem Ansatz von Annahmen ausgegangen seien, bei denen das Risiko für die allgemeine Bevölkerung wohl zu hoch bewertet werde. Die regionale Exposition hat der Ausschuss für Risikobeurteilung, obwohl sie von den Antragstellern beurteilt worden ist, für nicht relevant erachtet, da sich Chrom (VI) unter den meisten Umweltbedingungen rasch in das nicht krebserzeugende Chrom (III) umwandle.

(12)      In seinen Stellungnahmen zu den Verwendungen 1, 2, 4 und 5 hat sich der Ausschuss für Risikobeurteilung wegen der bei der Beurteilung des Risikos für die Arbeitnehmer und die allgemeine Bevölkerung über die Umwelt bestehenden Unsicherheiten für weitere Auflagen und Überwachungsmaßnahmen ausgesprochen. Die Kommission macht sich die Feststellung des Ausschusses für Risikobeurteilung nach Prüfung von dessen Ausführungen zu eigen.

(15)      In seinen Stellungnahmen zu den im Zulassungsantrag beschriebenen Verwendungen 1, 2, 4, 5 und 6 von Chromtrioxid hat der Ausschuss für sozioökonomische Analyse festgestellt, dass der sozioökonomische Gesamtnutzen bei diesen Verwendungen jeweils die Risiken überwiege, die sich aus ihnen für die menschliche Gesundheit ergäben. … Zu den Verwendungen 2, 4, 5 und 6 hat der Ausschuss für sozioökonomische Analyse festgestellt, dass der mittels einer Schätzung der allein durch den Verlust von Arbeitsplätzen entstehenden Verluste und sozialen Kosten bestimmte sozioökonomische Nutzen der Verwendung des Stoffes die in Geldwert ausgedrückten Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, bei deren Berechnung das ungünstigste Expositionsszenarium zugrunde gelegt worden sei, ganz klar überwiege. …“

25      In den Erwägungsgründen 16 bis 24 des angefochtenen Beschlusses geht die Kommission auf die zweite Voraussetzung ein, die gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung für die Erteilung einer Zulassung erfüllt sein muss, nämlich, dass es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien geben darf.

26      In den Erwägungsgründen 18 bis 20 und 22 heißt es hierzu:

„(18)      In seinen Stellungnahmen zu den Verwendungen 2, 4 und 5 hat der Ausschuss für sozioökonomische Analyse festgestellt, dass es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gebe. Wegen der großen Vielfalt der im Zulassungsantrag angegebenen Verwendungen konnte der Ausschuss für sozioökonomische Analyse bei einer begrenzten Zahl spezieller Verwendungen, die unter die Beschreibung der im Zulassungsantrag angegebenen Verwendungen fallen, eine mögliche Unsicherheit hinsichtlich der technischen Durchführbarkeit von Alternativen aber nicht ausschließen. Die Kommission macht sich die Feststellung des Ausschusses für sozioökonomische Analyse zu eigen.

(19)      Um sicherzustellen, dass die Zulassung nur die Verwendungen erfasst, für die es keine geeigneten Alternativen gibt, ist die Beschreibung der Verwendungen 2, 4 und 5 genauer zu fassen. Sie ist an die Ergebnisse der im Zulassungsantrag dargestellten und vom Ausschuss für sozioökonomische Analyse beurteilten Prüfung der Alternativen anzupassen. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Antragsteller, indem sie dargetan haben, dass es für die Verwendungen 2, 4 und 5 – und zwar nur für die auf diese Weise eingegrenzten Verwendungen – keine geeigneten Alternativen gibt, ihrer Nachweispflicht nachgekommen sind.

(20)      Die Beschreibung der Verwendungen 2, 4 und 5 muss daher noch genauer gefasst werden, indem die Verwendungen genannt werden, bei denen für die vorgesehene Verwendung folgende wesentlichen Funktionen erforderlich sind: …

(22)      Im Übrigen ist sich die Kommission durchaus bewusst, dass die von den Verwendungen, für die ein Zulassungsantrag gestellt worden ist, betroffenen Lieferketten komplex sind, dass die Einführung einer etwaigen Alternative Zeit und Investitionen erfordert und dass die industrielle Umsetzung und die Konformitätsbewertung der entsprechenden Erzeugnisse in den Lieferketten Zeit erfordert. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen macht sich die Kommission nach Prüfung der Beurteilung des Ausschusses für sozioökonomische Analyse dessen Feststellung zu eigen, dass es für die Verwendungen 2, 4 und 5 keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt.“

27      Weiter heißt es in den Erwägungsgründen 26 und 27:

„(26)      Die Kommission hat bei ihrer Bewertung sämtliche relevanten wissenschaftlichen Daten zugrunde gelegt, die derzeit verfügbar sind, und zwar so, wie sie vom Ausschuss für Risikobeurteilung beurteilt worden sind, und hat ihre Feststellungen im Hinblick auf die insoweit ausreichende Beweiskraft dieser Daten getroffen. Weitere wissenschaftliche Daten würden es der Kommission aber ermöglichen, ihre Beurteilung in Zukunft auf einer solideren oder breiteren Beweisgrundlage vorzunehmen. Es ist daher die Vorlage zusätzlicher Informationen über die Exposition und die Emissionen zu verlangen.

(27)      Im Übrigen ist es, um die Durchführung des vorliegenden Beschlusses zu erleichtern, erforderlich, bei den Verwendungen 2, 4 und 5 von den nachgeschalteten Anwendern von Stoffen, die von den Zulassungsinhabern geliefert werden, zu verlangen, in der Mitteilung an [die ECHA] gemäß Art. 66 Abs. 1 der [REACH-Verordnung] zu erläutern, welche der in Art. 1 Abs. 1 des vorliegenden Beschlusses genannten wesentlichen Funktionen für ihre Verwendung erforderlich sind und inwieweit sie hierfür erforderlich sind.“

28      Mit Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses werden die fünf Kategorien von Verwendungen von Chromtrioxid, für die die Zulassung beantragt wurde, in den dort genannten Grenzen zugelassen:

–        Verwendungskategorie 1: Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4, 5 und 6;

–        Verwendungskategorie 2: Funktionale Verchromung, wenn eine der folgenden wesentlichen Funktionen für die vorgesehene Verwendung erforderlich ist: Verschleißfestigkeit, Härte, Schichtdicke, Korrosionsbeständigkeit, Reibungskoeffizient oder Wirkung auf Oberflächenmorphologie;

–        Verwendungskategorie 4: Oberflächenbehandlung bei Anwendungen in der Luft- und Raumfahrtindustrie, die nicht in Zusammenhang mit der funktionalen oder dekorativen Verchromung steht, wobei eine der folgenden wesentlichen Funktionen für die vorgesehene Verwendung erforderlich ist: Korrosionsbeständigkeit, aktiver Korrosionsschutz, Chemikalienbeständigkeit, Härte, Haftungsverbesserung (Haftung auf später aufgetragener Beschichtung oder Farbe), Temperaturbeständigkeit, Beständigkeit gegen Versprödung, Verschleißbeständigkeit, Oberflächeneigenschaften, die die Ablagerung von Organismen verhindern, Schichtdicke, Elastizität und Resistivität;

–        Verwendungskategorie 5: Oberflächenbehandlung außer für die Passivierung von verzinntem Stahl (elektrolytisches Verzinnen – ETP) für Anwendungen in Industriesektoren wie Bautechnik, Automobilbau, Metallherstellung und ‑veredelung sowie im allgemeinen Maschinenbau, die nicht mit der funktionalen oder dekorativen Verchromung in Zusammenhang stehen, wenn eine der folgenden wesentlichen Funktionen für die vorgesehene Verwendung erforderlich ist: Korrosionsbeständigkeit, aktiver Korrosionsschutz, Schichtdicke, Feuchtigkeitsbeständigkeit, Haftungsverbesserung (Haftung auf später aufgetragener Beschichtung oder Farbe), Resistivität, Chemikalienbeständigkeit, Verschleißbeständigkeit, elektrische Leitfähigkeit, Verträglichkeit mit dem Substrat, (thermo‑)optische Eigenschaften (Aussehen), Hitzebeständigkeit, Lebensmittelsicherheit, Beschichtungsspannung, elektrische Isolierung oder Geschwindigkeit der Ablage;

–        Verwendungskategorie 6: Passivierung von verzinntem Stahl (ETP).

29      Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses bestimmt:

„Die Zulassungsinhaber arbeiten für Verfahren, Vorgänge und besondere Aufgaben (einschließlich der automatischen/manuellen und der offenen/geschlossenen Systeme und der Kombinationen solcher Systeme) spezifische Expositionsszenarien aus und beschreiben darin jeweils die für alle Betriebe, in denen die Verwendungen stattfinden, repräsentativen Risikomanagementmaßnahmen und Verwendungsbedingungen zur Beherrschung der Exposition der Arbeitnehmer mit Chrom (VI) und der Emissionen dieses Stoffes in die Umwelt. Die Expositionsszenarien enthalten Informationen über die Expositionshöhen, die sich aus der Durchführung dieser Risikomanagementmaßnahmen und Verwendungsbedingungen ergeben.

Die Zulassungsinhaber wählen die in den spezifischen Expositionsszenarien beschriebenen Risikomanagementmaßnahmen gemäß Art. 5 der Richtlinie 2004/37/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Exposition gegenüber Karzinogenen, Mutagenen oder reproduktionstoxischen Stoffen bei der Arbeit (Sechste Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates) (ABl. 2004, L 158, S. 50)] aus. Die Zulassungsinhaber dokumentieren und begründen die Auswahl der Risikomanagementmaßnahmen und stellen den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Verwendung stattgefunden hat, die relevanten Dokumente auf Anforderung zur Verfügung.“

30      Art. 5 des angefochtenen Beschlusses bestimmt, dass, was die Verwendungskategorien 2, 4 und 5 angeht, „die nachgeschalteten Anwender in der Mitteilung an die [ECHA] gemäß Art. 66 Abs. 1 der [REACH-Verordnung] erläutern, welche der in Art. 1 Abs. 1 des vorliegenden Beschlusses genannten wesentlichen Funktionen von Chromtrioxid für ihre Verwendung erforderlich sind und inwieweit sie für die Verwendung erforderlich sind.“

 Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

31      Das Parlament beantragt,

–        Art. 1 Abs. 1 und 5 und die Art. 2 bis 5, 7, 9 und 10 des angefochtenen Beschlusses, sofern sie die Zulassung der Verwendungen 2, 4 und 5 und der Verwendung 1, was die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 angeht, betreffen, für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

32      Die Kommission beantragt,

–        den Antrag auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen;

–        hilfsweise, den Antrag auf vollständige Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen;

–        für den Fall, dass der Gerichtshof den angefochtenen Beschluss für nichtig erklären sollte, die Aufrechterhaltung seiner Wirkungen anzuordnen;

–        dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

33      Mit Schriftsatz, der am 27. Mai 2021 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) gemäß Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 130 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Der Präsident des Gerichtshofs hat diesem Antrag mit Beschluss vom 17. September 2021 stattgegeben.

34      Die ECHA hat einen Streithilfeschriftsatz eingereicht, mit dem sie die Anträge der Kommission unterstützt.

 Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses

 Zur Zulässigkeit des Antrags auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses

35      Das Parlament beantragt in erster Linie, Art. 1 Abs. 1 und 5 und die Art. 2 bis 5, 7, 9 und 10 des angefochtenen Beschlusses, sofern sie die Zulassung der Verwendungen 2, 4 und 5 und der Verwendung 1, was die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 angeht, betreffen, für nichtig zu erklären.

36      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die teilweise Nichtigerklärung eines Unionsrechtsakts nur möglich, soweit sich die Teile, deren Nichtigerklärung beantragt wird, vom Rest des Rechtsakts trennen lassen. Insoweit hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass dieses Erfordernis nicht erfüllt ist, wenn die teilweise Nichtigerklärung eines Rechtsakts zur Folge hätte, dass der Wesensgehalt des nicht für nichtig erklärten Teils des Rechtsakts verändert würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. November 2017, SolarWorld/Rat, C‑205/16 P, EU:C:2017:840, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Im vorliegenden Fall besteht der angefochtene Beschluss aus einer ganzen Reihe von Zulassungen verschiedener Verwendungen von Chromtrioxid, und das Parlament beantragt in erster Linie, den angefochtenen Beschluss nur insoweit für nichtig zu erklären, als er sich auf die Zulassung der Verwendungen 2, 4 und 5 und der Verwendung 1, was die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 angeht, bezieht.

38      Eine Nichtigerklärung der Zulassung, die mit dem angefochtenen Beschluss für diese Verwendungen erteilt wurde, würde deshalb nicht die Zulassung berühren, die für die übrigen Verwendungen erteilt wurde, und somit den Wesensgehalt des nicht für nichtig erklärten Teils des angefochtenen Beschlusses nicht verändern.

39      Der Antrag auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, den das Parlament in erster Linie gestellt hat, betrifft also Teile, die sich vom Rest des angefochtenen Beschlusses trennen lassen, und ist daher zulässig.

 Zur Begründetheit

 Vorbemerkungen

40      Die Zulassung eines in Anhang XIV der REACH-Verordnung aufgenommenen Stoffes wie Chromtrioxid kann in zwei Fällen erteilt werden, nämlich:

–        gemäß Art. 60 Abs. 2 der REACH-Verordnung, wenn das Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, das sich aus seiner Verwendung ergibt, angemessen beherrscht wird;

–        oder andernfalls gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung, wenn nachgewiesen wird, dass der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben, und es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gibt.

41      Im vorliegenden Fall hat die Kommission angenommen, dass das Risiko für die menschliche Gesundheit, das sich aus den geplanten Verwendungen von Chromtrioxid ergebe, nicht angemessen beherrscht werde. Sie hat sich daher auf Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung gestützt, um mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte Verwendungen dieses Stoffes zuzulassen.

42      Das Parlament macht als einzigen Klagegrund geltend, dass die Kommission nicht hinreichend geprüft habe, ob die Voraussetzungen gemäß Art. 60 Abs. 4 und 7 der REACH-Verordnung erfüllt seien.

43      Insoweit hat der Gerichtshof als Erstes entschieden, dass nach Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung in Verbindung mit dem 69. Erwägungsgrund dieser Verordnung der Antragsteller nachzuweisen hat, dass die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Februar 2021, Kommission/Schweden, C‑389/19 P, Rn. 33).

44      In Art. 62 Abs. 4 der REACH-Verordnung ist geregelt, welche Angaben der Antragsteller bei der Stellung seines Antrags auf Zulassung zu machen hat. So ist dem Antrag nach Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der REACH-Verordnung ein Stoffsicherheitsbericht nach Anhang I der REACH-Verordnung beizufügen, der die Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt behandelt, die sich aufgrund der in Anhang XIV der REACH-Verordnung aufgeführten inhärenten Eigenschaften aus der Verwendung des Stoffes ergeben.

45      Nach Abschnitt 5.2.4 des Anhangs I der REACH-Verordnung sind bei der Abschätzung der Expositionshöhe für alle Bevölkerungsgruppen (Arbeitnehmer, Verbraucher und Menschen, bei denen es indirekt über die Umwelt zu einer Exposition kommen könnte), die im Stoffsicherheitsbericht vorgenommen wird, insbesondere „auf geeignete Weise gewonnene, repräsentative Expositionsdaten“ zu berücksichtigen.

46      Als Zweites hat der Gerichtshof entschieden, dass die Kommission nach Art. 60 Abs. 4 und 5 der REACH-Verordnung zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen gemäß Art. 60 Abs. 4 tatsächlich erfüllt sind. Ist die Kommission nach Abschluss ihrer Prüfung in Anbetracht der vom Antragsteller und von anderen Personen insgesamt beigebrachten oder von ihr zusammengetragenen Beweise der Ansicht, dass der Antragsteller den von ihm zu führenden Nachweis nicht erbracht hat, hat sie die beantragte Zulassung zu verweigern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Februar 2021, Kommission/Schweden, C‑389/19 P, Rn. 33).

47      Die Kommission wird dabei von der ECHA unterstützt. Nach Art. 64 der REACH-Verordnung geben zwei Ausschüsse – der Ausschuss für Risikobeurteilung und der Ausschuss für sozioökonomische Analyse – jeweils eine Stellungnahme zum Zulassungsantrag ab.

48      Der Ausschuss für Risikobeurteilung beurteilt das „Risik[o] für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt, das sich aus der/den im Antrag beschriebenen Verwendung/Verwendungen des Stoffes ergibt, einschließlich der Angemessenheit und Wirksamkeit der vorgeschlagenen Risikomanagementmaßnahmen, und gegebenenfalls eine Beurteilung der Risiken, die sich aus etwaigen Alternativen ergeben“ (Art. 64 Abs. 4 Buchst. a der REACH-Verordnung). Der Ausschuss für sozioökonomische Analyse hat „eine Beurteilung der sozioökonomischen Faktoren und der Verfügbarkeit, Eignung und technischen Durchführbarkeit von Alternativen, die mit der/den im Antrag beschriebenen Verwendung/Verwendungen des Stoffes in Verbindung stehen, wenn der Antrag nach Artikel 62 gestellt wurde, sowie eine Beurteilung der gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels vorgebrachten Beiträge interessierter Kreise“ (Art. 64 Abs. 4 Buchst. b der REACH-Verordnung) vorzunehmen.

 Zum ersten Teil des einzigen Klagegrundes

–       Vorbringen der Parteien

49      Mit dem ersten Teil seines einzigen Klagegrundes macht das Parlament geltend, dass die Kommission dadurch gegen Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung verstoßen habe, dass sie für Verwendungen des besonders besorgniserregenden Stoffes Chromtrioxid Zulassungen erteilt habe, ohne vorher das Risiko, das sich aus diesen Verwendungen für die menschliche Gesundheit ergebe, abschließend beurteilt zu haben. Die Kommission sei daher überhaupt nicht in der Lage gewesen, sich zu vergewissern, dass „der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben“, wie Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung verlange.

50      Nach Art. 62 Abs. 4 Buchst. d der REACH-Verordnung müsse ein Zulassungsantrag „einen Stoffsicherheitsbericht nach Anhang I, der die Risiken für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt behandelt, die sich … aus der Verwendung des Stoffes/der Stoffe ergeben“, umfassen. Und nach Abschnitt 5.2.4 des Anhangs I der REACH-Verordnung seien bei der Expositionsabschätzung insbesondere „auf geeignete Weise gewonnene, repräsentative Expositionsdaten“ zu berücksichtigen.

51      Aus den Stellungnahmen des Ausschusses für Risikobeurteilung, deren Ergebnisse in den Erwägungsgründen 10 und 11 des angefochtenen Beschlusses wiedergegeben seien, gehe aber hervor, dass die Angaben, die die Antragsteller zu den Verwendungen 1, 2, 4 und 5 gemacht hätten, wenig repräsentativ seien. Es seien nämlich nur in begrenztem Umfang Expositionswerte gemessen worden, und es sei nicht sicher, ob die erhobenen Daten zuverlässig seien, insbesondere was die Exposition der Arbeitnehmer angehe. Denn es fehlten hinreichende Angaben zu den Verwendungsbedingungen, den Risikomanagementmaßnahmen und den Expositionswerten für spezifische Aufgaben und Betriebe.

52      Wie sich aus dem zwölften Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergebe, habe sich die Kommission auf ausdrückliches Anraten des Ausschusses für Risikobeurteilung dafür entschieden, zusätzliche Auflagen und Überwachungsmaßnahmen vorzuschreiben. So sei die Erteilung der Zulassungen durch Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses mit der Auflage verbunden worden, dass die Zulassungsinhaber im Überprüfungsbericht wesentliche Daten wie etwa die Expositionsszenarien und die entsprechenden Risikomanagementmaßnahmen lieferten, die in der Risikobeurteilung nicht enthalten gewesen seien. Dies zeige, dass die Kommission nicht in der Lage gewesen sei, zuverlässig und abschließend festzustellen, ob „der sozioökonomische Nutzen die Risiken überwiegt, die sich aus der Verwendung des Stoffes für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ergeben“.

53      Die Kommission erwidert, dass wissenschaftliche Beurteilungen stets mit Unsicherheiten behaftet seien. Das liege in der Natur der Sache. Trotz der von der Klägerin aufgezeigten Unsicherheiten, wie sie bereits in der Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung festgestellt worden sind und in den Erwägungsgründen des angefochtenen Beschlusses voll und ganz eingeräumt werden, vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Antragsteller die von ihnen zu erbringenden Nachweise erbracht hätten. Sie sei in der Lage gewesen, zu beurteilen, ob der sozioökonomische Nutzen die Risiken für die menschliche Gesundheit überwiege.

54      Zu den hinsichtlich der Exposition der Arbeitnehmer bestehenden Unsicherheiten macht die Kommission als Erstes geltend, dass der Ausschuss für Risikobeurteilung, obwohl im Stoffsicherheitsbericht nur in begrenztem Umfang gemessene Expositionswerte enthalten gewesen seien, angenommen habe, dass die vorgelegten Daten ausreichend seien, um die Beurteilung vornehmen zu können und es dem Ausschuss für sozioökonomische Analyse zu ermöglichen, die Abwägung der Vorteile gegenüber den Risiken vorzunehmen, wie im zehnten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt werde.

55      Als Zweites habe von den Antragstellern nicht erwartet werden können, dass sie für mehr als 1 500 Betriebe nachgeschalteter Anwender gemessene Expositionswerte vorlegten, zumal man zum Zeitpunkt der Erteilung der Zulassung nicht habe wissen können, wie viele nachgeschaltete Anwender es gebe.

56      Als Drittes machten die relevanten Expositionsgrenzwerte von 2 μg/m3 bei den Verwendungskategorien 2, 4 und 5 und von 0,5 μg/m3 bei der Verwendungskategorie 1 ein Fünftel bzw. ein Zwanzigstel der verbindlichen Grenzwerte berufsbedingter Exposition der Europäischen Union für Chrom(VI)-Verbindungen gemäß der Richtlinie (EU) 2017/2398 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit (ABl. 2017, L 345, S. 87) aus. Dies zeige, dass der angefochtene Beschluss durch die Verbesserung des Schutzes der Arbeitnehmer zur Senkung der Exposition beitrage und damit dem Zweck der Zulassung entspreche.

57      Als Viertes sei festzustellen, dass sich der Ausschuss für Risikobeurteilung auch für zusätzliche Auflagen und Überwachungsmaßnahmen ausgesprochen habe, die im angefochtenen Beschluss übernommen worden seien und deren Ziel es sei, die Exposition am Arbeitsplatz weiter zu senken.

58      Wie im 15. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt werde, sei der Ausschuss für sozioökonomische Analyse bei der Prüfung der Angemessenheit des Nutzen-Risiko-Verhältnisses in Anbetracht der vom Ausschuss für Risikobeurteilung festgestellten Unsicherheiten vom ungünstigsten Expositionsszenarium ausgegangen. Er sei zu dem Schluss gelangt, dass der Nutzen der weiteren Verwendung von Chromtrioxid die Risiken für die menschliche Gesundheit überwiege.

59      Sie sei nach eingehender Prüfung der Stellungnahmen des Ausschusses für Risikobeurteilung und des Ausschusses für sozioökonomische Analyse zu dem Schluss gelangt, dass diese vollständig, kohärent und aussagekräftig seien. Anders als das Parlament behaupte, dienten die in Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses genannten Anforderungen an die Überwachung nicht dazu, „Lücken des Zulassungsantrags“ zu schließen, sondern dazu, gemäß den Empfehlungen, die die ECHA in ihren Stellungnahmen abgegeben habe, weitere Informationen über die Exposition und die Emissionen zu erlangen. Diese Anforderung stehe in Einklang mit der allgemeinen Logik der REACH-Verordnung, die auf dem Grundsatz der fortlaufenden Verbesserung beruhe und speziell darauf abziele, die Qualität der Vorschriften über chemische Erzeugnisse durch die ständige Vorlage und Verbesserung der Daten über Stoffe zum Zwecke der Regelung nach und nach zu verbessern.

60      In ihrem Streithilfeschriftsatz, mit dem sie die Anträge der Kommission unterstützt, macht die ECHA geltend, dass der Ausschuss für sozioökonomische Analyse den hinsichtlich der Exposition der Arbeitnehmer nach wie vor bestehenden Unsicherheiten Rechnung getragen habe, indem er vom ungünstigsten Expositionsszenarium ausgegangen sei. Das Ergebnis, zu dem der Ausschuss für sozioökonomische Analyse gelangt sei, nämlich, dass der sozioökonomische Nutzen der zugelassenen Verwendungen die Risiken für die menschliche Gesundheit überwiege, werde durch diese Unsicherheiten daher nicht in Frage gestellt.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

61      Mit dem ersten Teil seines einzigen Klagegrundes rügt das Parlament, dass die Kommission angenommen habe, dass der sozioökonomische Nutzen der von ihr zugelassenen Kategorien von Verwendungen von Chromtrioxid 1, 2, 4 und 5 die Risiken überwiege, die sich aus diesen Verwendungen für die menschliche Gesundheit ergäben, obwohl sie vor ihrer Beurteilung nicht über eine hinreichend vollständige und zuverlässige Beurteilung dieser Risiken verfügt habe.

62      Als Erstes ist festzustellen, dass der Ausschuss für Risikobeurteilung in seinen Stellungnahmen, wie sich aus dem zehnten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, darauf hingewiesen hat, dass bei sämtlichen Verwendungen, um die es gehe, die Daten über die Exposition der Arbeitnehmer nicht zuverlässig seien, weil „weitgehend Kontextinformationen fehlten“, nämlich Informationen über die Bedingungen, unter denen die Daten erhoben worden seien.

63      In seiner Stellungnahme zur Verwendungskategorie 2 (funktionale Verchromung) hat der Ausschuss für Risikobeurteilung diese Schwierigkeit wie folgt beschrieben: „Eine große Unsicherheit hängt damit zusammen, dass ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den Verwendungsbedingungen, den Risikomanagementmaßnahmen und den Expositionshöhen für die spezifischen Aufgaben und Betriebe, die den Antrag in nachvollziehbarer Weise repräsentieren könnten, fehlt. Nach Auffassung des Ausschusses für Risikobeurteilung stellt dies eine erhebliche Schwachstelle des Zulassungsantrags dar, da es zwischen den Verchromungsbetrieben zum Beispiel hinsichtlich der Ausstattung des Gebäudes, des Umfangs und der Häufigkeit von Verchromungen, des Grades der Automatisierung des Verfahrens, des Einsatzes der Elektrolyse, der Größe der behandelten Werkstücke und der Verfügbarkeit von lokalen Absaugvorrichtungen große Unterschiede gibt, die sich auf die Expositionen und die zu deren Begrenzung erforderlichen Risikomanagementmaßnahmen auswirken.“

64      Als Zweites ist festzustellen, dass der Ausschuss für Risikobeurteilung in seinen Stellungnahmen hinsichtlich der Exposition der Arbeitnehmer – wie die Kommission im zehnten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses selbst einräumt – erhebliche Unsicherheiten festgestellt hat, die darauf zurückzuführen sind, dass nur in begrenztem Umfang erhobene Expositionsdaten verfügbar sind.

65      So haben die Antragsteller die Zahl der Betriebe, in denen in der Union potenziell eine funktionale Verchromung (Verwendungskategorie 2) vorgenommen wird, auf 1 590 geschätzt, die Bewertung der Exposition der Arbeitnehmer aber auf Daten gestützt, die von 23 Unternehmen, die in 7 verschiedenen Staaten ansässig sind, erhoben worden sind, was 2 % der Unternehmen entspricht, die eine solche Verwendung vornehmen. Weiter haben die Antragsteller die Zahl der Betriebe, in denen in der Union potenziell Oberflächenbehandlungen (Verwendungskategorien 4 und 5) durchgeführt werden, auf 374 bzw. 515 geschätzt, die Bewertung der Exposition der Arbeitnehmer aber auf Daten gestützt, die von 11 Unternehmen – was weniger als 3 % der Unternehmen entspricht, die solche Verwendungen vornehmen – erhoben worden sind und aus Studien stammen, die hauptsächlich in westeuropäischen Ländern durchgeführt worden sind.

66      Wegen der großen Unterschiede, die zwischen den Verchromungsbetrieben hinsichtlich mehrerer entscheidender Gesichtspunkte bestehen (siehe oben, Rn. 63), der geringen Zahl der Verchromungsbetriebe, aus denen die Daten stammen, auf die die Antragsteller ihre Beurteilung gestützt haben, und des Fehlens von Kontextinformationen über die in diesen Betrieben vorherrschenden Bedingungen sind die von den Antragstellern vorgelegten Daten über die Exposition der Arbeitnehmer daher nicht repräsentativ.

67      Als Drittes ist festzustellen, dass der Ausschuss für Risikobeurteilung zu der Beurteilung der Risiken, die sich aus der Exposition der Allgemeinbevölkerung durch Einleitungen des Stoffes in die Umwelt ergeben, festgestellt hat, dass die Antragsteller leider keine Beurteilung betreffend die Einleitungen des Stoffes in Abwässer vorgelegt hätten. Wie aus dem elften Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, hat der Ausschuss für Risikobeurteilung diese Lücke aber aus zwei Gründen für nicht entscheidend erachtet: Zum einen seien in den Hypothesen, von denen die Antragsteller ausgegangen seien, die Risiken für die Allgemeinbevölkerung wohl zu hoch bewertet worden, zum anderen wandle Chrom (VI) sich unter den meisten Umweltbedingungen rasch in das nicht krebserzeugende Chrom (III) um.

68      Die Daten, die die Antragsteller zur Exposition der Arbeitnehmer und der Allgemeinbevölkerung mit Chromtrioxid vorgelegt haben, waren im Hinblick auf die Verwendungen, für die eine Zulassung beantragt wurde, also nicht repräsentativ, nicht zuverlässig und nicht vollständig. Im Übrigen hat die Kommission in den Erwägungsgründen 10 bis 12 des angefochtenen Beschlusses selbst eingeräumt, dass die Beurteilung der Exposition der Arbeitnehmer und der Allgemeinbevölkerung mit Chromtrioxid mit Unsicherheiten behaftet sei.

69      Zwar sind wissenschaftliche Beurteilungen, wie die Kommission zu Recht geltend macht, stets mit Unsicherheiten behaftet, was in der Natur der Sache liegt. Eine wissenschaftliche Beurteilung kann deshalb nicht nur dann Geltung beanspruchen, wenn es der Kommission gelungen ist, solche Unsicherheiten vollständig zu beseitigen.

70      Die Kommission kann eine gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung beantragte Zulassung aber nur erteilen, wenn die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind und sie nach eingehender Prüfung und Überprüfung einer ausreichenden Zahl aussagekräftiger und verlässlicher Informationen zu dem Schluss gelangt ist, dass die Unsicherheiten, die insoweit nach wie vor bestehen, unerheblich sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Februar 2021, Kommission/Schweden, C‑389/19 P, EU:C:2021:131, Rn. 33 und 35).

71      Im vorliegenden Fall wurden die sowohl hinsichtlich der Exposition der Arbeitnehmer als auch hinsichtlich der indirekten Exposition der Bevölkerung durch die Einleitungen von Chromtrioxid in die Umwelt bestehenden Unsicherheiten aber weder im angefochtenen Beschluss noch in den Stellungnahmen des Ausschusses für Risikobeurteilung als „unerheblich“ eingestuft, wie der Generalanwalt in Nr. 124 seiner Schlussanträge ausgeführt hat. Vielmehr nimmt die Kommission im zehnten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses selbst an, dass hinsichtlich der Exposition der Arbeitnehmer „erhebliche“ Unsicherheiten bestünden. Wie der Generalanwalt in Nr. 119 seiner Schlussanträge weiter ausgeführt hat, hat der Ausschuss für Risikobeurteilung das Fehlen eines eindeutigen Zusammenhangs zwischen den je nach Aufgabe und Betrieb variierenden Verwendungsbedingungen, den Risikomanagementmaßnahmen und den festgestellten Expositionswerten sogar als „schwerwiegende Unsicherheit“ angesehen, wegen deren der Zulassungsantrag, was die betreffenden vier Verwendungskategorien angehe, unter einer „substanziellen Schwäche“ leide.

72      Im Übrigen gehört Chromtrioxid zu den „besonders besorgniserregenden Stoffen“, bei denen nach dem 69. Erwägungsgrund der REACH-Verordnung entsprechend dem Vorsorgeprinzip mit großer Umsicht vorgegangen werde sollte. Wie der Generalanwalt in Nr. 133 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wäre ein Ansatz, der es erlaubt, Verwendungen von Chromtrioxid auf der Grundlage einer sehr begrenzten Zahl von Daten zu den betreffenden Verwendungen zuzulassen, ganz offensichtlich nicht mit dem Ziel zu vereinbaren, bei diesem Stoff mit großer Umsicht vorzugehen.

73      Die Kommission versucht allerdings die Bedeutung der Unsicherheiten, mit denen die Risikobeurteilung behaftet ist, zu relativieren. Sie macht insoweit als Erstes geltend, dass von den Antragstellern nicht verlangt werden könne, dass sie für alle Betriebe, die von dem Zulassungsantrag betroffen seien, Expositionsdaten vorlegten. Es seien nämlich sehr viele Betriebe betroffen. Bei der Verwendungskategorie 2 (funktionales Verchromen) etwa handele es sich um mehr als 1 500 Betriebe.

74      Dass die vorgeschalteten Wirtschaftsteilnehmer – in der Regel Hersteller oder Importeure – einen Antrag für die gesamte Lieferkette stellen können, hat, wie die Kommission geltend macht, den Vorteil einer Rationalisierung des Zulassungssystems. Dieser Vorteil ginge möglicherweise verloren, wenn von den Antragstellern verlangt würde, dass sie Daten zu sämtlichen Betrieben der nachgeschalteten Anwender vorlegen.

75      Nach Anhang I Abschnitt 5.2.4 der REACH-Verordnung haben die Antragsteller aber „auf geeignete Weise gewonnene, repräsentative Expositionsdaten“ vorzulegen.

76      Insoweit ist zu dem Vorbringen der Kommission, dass die geringe Zahl der beurteilten Betriebe durch die hohe Zahl der Betriebe, für die die Zulassung beantragt worden sei, gerechtfertigt sei, festzustellen, dass die Nachweisobliegenheiten des Antragstellers, wie der Generalanwalt in Nr. 134 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, weder von der Zahl der Verwendungen, für die die Zulassung beantragt wird, noch von der Zahl der potenziell betroffenen Betriebe und Unternehmen abhängen können. Sonst wären die Anforderungen an die Risikobeurteilung umso niedriger, je höher die Tragweite des Antrags wäre. Dies wäre weder mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Antragsteller noch mit dem Ziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit und der Umwelt zu vereinbaren.

77      Als Zweites macht die Kommission geltend, dass der angefochtene Beschluss aber jedenfalls einen Beitrag dazu leiste, dass die die Exposition mit Chromtrioxid durch die Verbesserung des Schutzes der Arbeitnehmer gesenkt werde. Die relevanten Werte der Exposition der Anwender betrügen für die Kategorien 2, 4 und 5 nämlich 2 μg/m3und für die Kategorie 1 0,5 μg/m3, was einem Fünftel bzw. einem Zwanzigstel der verbindlichen Grenzwerte berufsbedingter Exposition der Union für Chrom(VI)-Verbindungen, die nach den geltenden Rechtsvorschriften derzeit angewandt würden, entspreche.

78      Der Ausschuss für Risikobeurteilung hat in seinen Stellungnahmen aber darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Expositionswert von 2 μg/m3 lediglich um eine Schätzung der Antragsteller handele, dass aus den verfügbaren Daten ersichtlich sei, dass die Exposition variiere, und zwar auch in einer Größenordnung von mehr als 2 μg/m3, und dass er „mit den von den Antragstellern als gesichert vorgeschlagen Expositionen von 2 μg/m3 Cr(VI) ganz klar nicht einverstanden [ist]“.

79      Jedenfalls wäre der Umstand, dass die Werte der Exposition der Arbeitnehmer unter den Grenzwerten für die Exposition mit Chrom (VI) liegen, unterstellt, dem sei so, nicht geeignet gewesen, die Antragsteller von ihrer Verpflichtung zu entheben, auf der Grundlage zuverlässiger und repräsentativer Daten eine Risikobeurteilung vorzunehmen, die den Anforderungen von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung in Verbindung mit Abschnitt 5.2.4 des Anhangs I dieser Verordnung entspricht.

80      Als Drittes macht die Kommission geltend, dass sie die hinsichtlich der Risikobeurteilung bestehenden Unsicherheiten berücksichtigt habe, indem sie, wie vom Ausschuss für Risikobeurteilung empfohlen, zusätzliche Auflagen und Überwachungsmaßnahmen vorgeschrieben habe, um die Exposition der Arbeitnehmer mit Chromtrioxid noch weiter zu senken.

81      Hierzu ist festzustellen, dass den Zulassungsinhabern und den nachgeschalteten Anwendern mit Art. 2 des angefochtenen Beschlusses in der Tat eine ganze Reihe von Verpflichtungen auferlegt werden. So haben die Zulassungsinhaber für Verfahren, Vorgänge und besondere Aufgaben jeweils spezifische Expositionsszenarien auszuarbeiten (Abs. 2), die sie den nachgeschalteten Anwendern zur Verfügung zu stellen haben, die die darin vorgesehenen Risikomanagementmaßnahmen und Verwendungsbedingungen ihrerseits ohne schuldhaftes Zögern umzusetzen haben (Abs. 3). Sie haben die spezifischen Expositionsszenarien mittels einer Analyse der Aufgaben, bei der sie die Expositionsdaten und die von den nachgeschalteten Anwendern gemessenen Emissionen zugrunde zu legen haben, zu prüfen und zu validieren (Abs. 4). Die Zulassungsinhaber und die nachgeschalteten Anwender haben Überwachungsprogramme durchzuführen, die den Verwendungsbedingungen und den Risikomanagementmaßnahmen Rechnung tragen (Abs. 6). Die Informationen, die sie mit diesen Überwachungsprogrammen zusammentragen, haben die nachgeschalteten Anwender der ECHA zur Verfügung zu stellen, damit diese sie zum Zwecke der Überprüfung und Validierung der Expositionsszenarien an die Zulassungsinhaber weiterleiten kann (Abs. 9).

82      Nach der oben in Rn. 70 dargestellten Rechtsprechung hat die Kommission aber zu prüfen, ob die Voraussetzungen gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung tatsächlich erfüllt sind, bevor sie eine Zulassung gemäß dieser Bestimmung erteilt.

83      Die zusätzlichen Auflagen und die Überwachungsmaßnahmen, die die Kommission mit Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses vorgeschrieben hat, können zwar gegebenenfalls die Exposition der Anwender von Chromtrioxid senken, vermögen jedoch die unzureichende Risikobeurteilung zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses nicht zu heilen.

84      Somit ist festzustellen, dass die Kommission mit dem angefochtenen Beschluss Verwendungen von Chromtrioxid auf der Grundlage einer Beurteilung ihrer Risiken für die menschliche Gesundheit zugelassen hat, die zu lückenhaft ist, um den Anforderungen gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung zu genügen.

85      Demnach macht das Parlament zu Recht geltend, dass die Kommission nicht in der Lage war, festzustellen, dass der sozioökonomische Nutzen dieser Verwendungen die Risiken überwiege, die sich aus ihnen für die menschliche Gesundheit ergäben.

86      Dem ersten Teil des Klagegrundes ist daher stattzugeben.

 Zum zweiten Teil des einzigen Klagegrundes

–       Vorbringen der Parteien

87      Mit dem zweiten Teil des einzigen Klagegrundes macht das Parlament geltend, dass die Kommission pflichtwidrig nicht gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung geprüft habe, ob es für die zugelassenen Verwendungskategorien 2, 4 und 5 keine geeigneten Alternativen gebe.

88      Wie sich aus dem 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergebe, habe sich die Kommission die Feststellung des Ausschusses für sozioökonomische Analyse zu den Verwendungskategorien 2, 4 und 5 zu eigen gemacht, dass er wegen des sehr großen Umfangs der im Zulassungsantrag angegebenen Verwendungen bei einer beschränkten Zahl spezifischer Anwendungen eine mögliche Unsicherheit hinsichtlich der technischen Durchführbarkeit von Alternativen nicht ausschließen könne.

89      Zwar habe sich die Kommission, um zu gewährleisten, dass die Zulassung nur Verwendungen erfasse, für die es keine geeigneten Alternativen gebe, dafür entschieden, den Umfang der Zulassung für die Kategorien 2, 4 und 5 mit dem Ausdruck „wesentliche Funktionen, die für die vorgesehene Verwendung erforderlich sind“ einzuschränken, wie sich aus den Erwägungsgründen 19 und 20 des angefochtenen Beschlusses ergebe. So werde im angefochtenen Beschluss für jede dieser drei Verwendungskategorien eine Liste mit den wesentlichen Funktionen aufgestellt und die Verwendung des Stoffes nur zugelassen, wenn und soweit für die betreffende Verwendung zumindest eine davon erforderlich sei.

90      Die Kommission habe mithin angenommen, dass die Antragsteller ihrer Nachweispflicht nachgekommen seien, indem sie dargetan hätten, dass es für die Verwendungskategorien 2, 4 und 5 keine geeigneten Alternativen gebe.

91      Der Ausdruck „wesentliche Funktionen, die für die vorgesehene Verwendung erforderlich sind“ sei aber nicht geeignet, die Unsicherheit, die die Kommission selbst festgestellt habe, zu beseitigen. Im Übrigen habe das Gericht ausdrücklich entschieden, dass die Möglichkeit, eine Zulassung unter Auflagen zu erteilen, wie sie etwa in Art. 60 Abs. 8 und 9 Buchst. d der Verordnung Nr. 1907/2006 vorgesehen seien, es der Kommission nicht ermögliche, die Mängel der von den Antragstellern vorgelegten Analyse der Alternativen oder die Mängel oder Lücken der Beurteilung der Kommission zu beheben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2019, Schweden/Kommission, T‑837/16, EU:T:2019:144, Rn. 81 bis 83).

92      Zudem habe die Kommission, wie der 27. Erwägungsgrund und Art. 5 des angefochtenen Beschlusses bestätigten, nicht selbst geprüft, ob es keine geeigneten Alternativen gebe. Nach Art. 5 des angefochtenen Beschlusses hätten die nachgeschalteten Anwender in der Mitteilung an die ECHA gemäß Art. 66 Abs. 1 der REACH-Verordnung zu erläutern, welche der in Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses genannten wesentlichen Funktionen für ihre Verwendung erforderlich seien und inwieweit sie hierfür erforderlich seien.

93      Dieses Erfordernis der Mitteilung zeige, dass auch in den Grenzen der durch das Erfordernis „wesentlicher Funktionen, die für die vorgesehene Verwendung erforderlich sind“ angeblich eingegrenzten Zulassung hinsichtlich der Frage, ob es für die Verwendungskategorien 2, 4 und 5 geeignete Alternativen gebe, nach wie vor Unsicherheit bestehe. Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses in Verbindung mit Art. 5 dieses Beschlusses betraue die nachgeschalteten Anwender mit der Aufgabe, die im angefochtenen Beschluss genannten wesentlichen Funktionen zu erläutern und nachträglich zu rechtfertigen, dass für die vorgesehenen Verwendungen eine dieser Funktionen tatsächlich erforderlich ist.

94      Abgesehen davon stelle der Ausdruck „wesentliche Funktionen“ keine echte Eingrenzung des Anwendungsbereichs der Zulassung dar. Denn, da die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht festgestellt habe, wann und unter welchen Voraussetzungen diese „wesentlichen Funktionen“ für die betreffenden Verwendungen erforderlich seien, werde mit diesem Ausdruck lediglich eines der allgemeinen Erfordernisse von Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung wiederholt, nämlich, dass der Stoff nur zugelassen werden könne, wenn er für die vorgesehene Verwendung erforderlich sei. Die Tragweite dieser Beschränkung sei umso geringer, als die in Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses genannten „wesentlichen Funktionen“ in Wirklichkeit allesamt Funktionen von Chromtrioxid für die Verwendungskategorien 2, 4 und 5 seien.

95      Die Kommission meint hingegen, dass sie ihrer Verpflichtung, gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung zu prüfen, ob es für die zugelassenen Verwendungen keine geeignete Alternative gebe, nachgekommen sei.

96      Sie sei zwar in der Lage gewesen, zuverlässig festzustellen, dass es für sämtliche Verwendungen der Kategorien 2, 4 und 5, wie sie im Zulassungsantrag definiert seien, keine geeignete Alternative gebe. Dies könne aber nicht für jede nachgeschaltete Verwendung gelten, auf die sich der Zulassungsantrag beziehe. Deshalb habe sie die „wesentlichen Funktionen“ des Stoffes aufgezählt, die keine Alternative erfüllen könne, und habe nur die Verwendungen zugelassen, bei denen diese „wesentlichen Funktionen“ erforderlich seien.

97      Auf diese Weise sei der Anwendungsbereich des angefochtenen Beschlusses durch objektive Kriterien wie die Korrosionsbeständigkeit, die Haftung oder die Lebensmittelsicherheit, anhand deren der Anwendungsbereich der Zulassung bestimmt werden könne, begrenzt. Die nachgeschalteten Anwender und die zuständigen Behörden müssten in keinem Fall eine neue Beurteilung des Stoffes oder der Alternativen vornehmen oder irgendeinen Vergleich zwischen ihnen vornehmen. Die Erforderlichkeit des Stoffes für alle Kategorien der nachgeschalteten Verwendung sei im angefochtenen Beschluss festgestellt.

98      Mit dem angefochtenen Beschluss seien die Verwendungen von Chromtrioxid, auf die sich der Zulassungsantrag beziehe, daher nur teilweise zugelassen worden, wie sich eindeutig aus Art. 1 Abs. 2 bis 4 des angefochtenen Beschlusses ergebe. Alle nachgeschalteten Anwender, die den Stoff, der Gegenstand der Zulassung sei, verwenden wollten, müssten der ECHA die Verwendungen mitteilen, die sie gemäß der Zulassung machten, und angeben, welche wesentliche Funktion oder welche wesentlichen Funktionen des Stoffes für ihre Tätigkeiten technisch erforderlich seien und inwieweit sie hierfür erforderlich seien. Die zuständigen Behörden, die Zugang zum Verzeichnis der nachgeschalteten Anwender der ECHA hätten, hätten nach der REACH-Verordnung darauf zu achten, dass dieses Verzeichnis auf geeignete Weise durchgeführt und angewandt werde.

99      Sie habe nicht bei jedem einzelnen nachgeschalteten Anwender oder Erzeugnis eine gesonderte Beurteilung der Alternativen vorgenommen. Je nach dem Grad der Aufgliederung wären hierfür Tausende, wenn nicht Millionen gesonderter Beurteilungen erforderlich gewesen, was die REACH-Verordnung nicht verlange, auch nicht implizit.

100    Sollte der Gerichtshof eine detailliertere und spezifischere Bewertung der nachgeschalteten Verwendungen, die unter einen Zulassungsantrag fielen, verlangen als die aktuelle, würde der gesamte Prozess des Antrags und der Bewertung noch komplexer werden, als er es bereits sei. Dies würde dem Ziel der REACH-Verordnung zuwiderlaufen, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in der Union zu stärken, und zwar unter besonderer Berücksichtigung der möglichen Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen, worauf im achten Erwägungsgrund der REACH-Verordnung hingewiesen werde. Außerdem würde dabei nicht beachtet, dass Zweck der Verordnung, wie es in deren Art. 55 heiße, auch sei, dass besonders besorgniserregende Stoffe schrittweise durch Alternativstoffe ersetzt würden, dass in das System der Zulassung ständig neue Stoffe eingeführt würden und dass die Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Lauf der Zeit insbesondere durch regelmäßige Überprüfungen der gewährten Zulassungen verfeinert würden.

101    Abgesehen davon würden höhere Anforderungen an die Beurteilung der Alternativen auch die Verwaltungskapazitäten der ECHA übersteigen und sie zwingen, die Zahl der zulassungspflichtigen Stoffe zu begrenzen. Art. 58 Abs. 3 der REACH-Verordnung sehe ausdrücklich vor, dass „[b]ei der Zahl der in Anhang XIV aufgenommenen Stoffe und den unter Absatz 1 angegebenen Zeitpunkten … auch die Kapazität der Agentur zur fristgerechten Bearbeitung von Anträgen berücksichtigt [wird]“. Eine Vervielfachung der Beurteilungen der Alternativen würde dazu führen, dass die Ermittlung neuer besonders besorgniserregender Stoffe blockiert würde, was zu einer Überregulierung einer geringen Zahl von Stoffen führen würde. Dies wiederum würde dazu führen, dass bestimmte Stoffe durch andere Stoffe ersetzt würden, für die es weniger Rechtsvorschriften gebe, die weniger bekannt seien und für die weniger Daten verfügbar seien, und würde lediglich die Ersetzung der besonders besorgniserregenden Stoffe, die in Anhang XIV der REACH-Verordnung aufgenommen seien, beschleunigen.

102    Die REACH-Verordnung sei nicht statisch auszulegen. Nach dem Grundsatz der schrittweisen Weiterentwicklung müsse ihre Beurteilung, bei der sie über ein Ermessen verfüge, im Lauf der Zeit immer anspruchsvoller werden. Der Ansatz, den sie und die ECHA bei der Beurteilung der Zulassungsanträge verfolgten, sei das Ergebnis von vielen Jahren Erfahrung mit der Verwaltung des Systems der Zulassung. Er beruhe auf einem sehr delikaten Gleichgewicht zwischen wissenschaftlichen und sozioökonomischen Erwägungen und auf vielen Zielen, die mit der REACH-Verordnung verfolgt würden, wobei das Ziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit und der Umwelt immer Vorrang habe.

103    In ihrem Streithilfeschriftsatz macht die ECHA geltend, dass sich die Kommission, was das Fehlen einer geeigneten Alternative angehe, nicht auf subjektive Beurteilungen der nachgeschalteten Anwender verlassen hätte. Diese hätten den Überwachungsbehörden lediglich Informationen zu übermitteln, aus denen hervorgehe, dass die Verwendung von Chromtrioxid aus objektiven technischen Gründen oder wegen Rechtsvorschriften erforderlich sei.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

104    Mit dem zweiten Teil seines einzigen Klagegrundes macht das Parlament geltend, dass die Kommission bei den zugelassenen Verwendungskategorien 2, 4 und 5 pflichtwidrig nicht geprüft habe, ob die zweite Voraussetzung gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung erfüllt sei, nämlich, dass es für diese Verwendungen keine geeignete Alternative gebe.

105    Hierzu ist festzustellen, dass mit dieser Voraussetzung nach dem zwölften Erwägungsgrund der REACH-Verordnung einem wichtigen Ziel des mit der Verordnung eingerichteten Systems Rechnung getragen wird, nämlich darauf hinzuwirken und in bestimmten Fällen sicherzustellen, dass besorgniserregende Stoffe letztendlich durch weniger gefährliche Stoffe oder Technologien ersetzt werden, soweit geeignete, wirtschaftlich und technisch tragfähige Alternativen zur Verfügung stehen.

106    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 46), hat die Kommission nach Art. 60 Abs. 4 und 5 der REACH-Verordnung zu prüfen, ob diese zweite Voraussetzung – ebenso wie die erste Voraussetzung gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung – tatsächlich erfüllt ist.

107    Die Kommission wird dabei von der ECHA, insbesondere dem Ausschuss für sozioökonomische Analyse, unterstützt, der eine Stellungnahme über die Verfügbarkeit, die Eignung und die technische Durchführbarkeit von Alternativen abzugeben hat.

108    Im vorliegenden Fall hat der Ausschuss für sozioökonomische Analyse für die Verwendungskategorie 2 und – mit nahezu identischem Wortlaut – für die Verwendungskategorien 4 und 5 folgende Beurteilung abgegeben:

„Die Antragsteller haben eine umfangreiche Bewertung der Alternativen durchgeführt, insbesondere was die technische Durchführbarkeit betrifft.

Angesichts des äußerst weiten Umfangs der Verwendung, für die die Zulassung beantragt wird, kann der Ausschuss für sozioökonomische Analyse jedoch nicht ausschließen, dass es tatsächlich eine begrenzte Zahl von Anwendungen gibt, in denen die Substitution bereits möglich ist oder kurzfristig möglich sein wird. Dem Ausschuss für sozioökonomische Analyse ist nämlich nicht klar, wann Alternativen für spezifische Anwendungen gegebenenfalls verfügbar sein werden. Idealerweise wäre dem Ausschuss für sozioökonomische Analyse eine abschließende Liste aller Anwendungen/Komponenten, die in den Rahmen der [in Rede stehenden] Verwendung fallen, übermittelt worden, um die tatsächliche Durchführbarkeit/Nichtdurchführbarkeit der Alternativen zu beurteilen und sicherzustellen, dass die Substitution dort erfolgt, wo dies bereits möglich ist. Der Ausschuss für sozioökonomische Analyse erkennt jedoch an, dass dies für Zulassungsanträge mit einem so weiten Umfang, die somit eine so große Zahl von Produkten [umfassen], nur schwer durchführbar ist. Die Antragsteller haben eine Liste mit einem allgemeinen Rahmen der betroffenen Sektoren, Beispiele für diesbezügliche Artikel und [die Analyse der Frage], ob Technologien, die von Dritten als durchführbar angesehen wurden, unabhängig davon, ob es sich dabei um Alternativen handelt, angewandt werden konnten oder nicht, vorgelegt. Wegen des weiten Umfangs der Verwendung, für die die Zulassung beantragt wird, und der Tatsache, dass zahlreiche Anwendungen in den Rahmen dieser Verwendung fallen, kann diese Liste nicht als erschöpfend angesehen werden. Nach Ansicht der Antragsteller fallen Anwendungen, in denen eine Substitution bereits möglich sei, jedenfalls nicht unter den Zulassungsantrag. Die Antragsteller geben jedoch weder diese Anwendungen noch die damit zusammenhängenden technischen Anforderungen an. Der Ausschuss für sozioökonomische Analyse ist der Auffassung, dass der Ansatz der Antragsteller bei der Beantwortung dieser Frage nicht ganz sachgerecht ist, und betont, dass die Antragsteller konkreter darlegen müssten, dass die Substitution dort erfolgt ist, wo sie tatsächlich möglich ist. Dies hätte durch eine genauere und spezifische Bewertung der Alternativen im Hinblick auf die Verwendung erfolgen können. Allgemein müsste von den Antragstellern klargestellt werden, welche technischen Anwendungen in den Rahmen der beantragten Verwendung fallen und welche nicht.

Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen schließt sich der Ausschuss für sozioökonomische Analyse jedoch der Schlussfolgerung der Antragsteller an, wonach es insgesamt vor dem Ablauftermin offenbar keine technisch durchführbaren Alternativen für Chromtrioxid [in der jeweiligen Verwendung] gegeben habe. Die vorstehend aufgezeigten Unsicherheiten werden vom Ausschuss für sozioökonomische Analyse im Rahmen der Empfehlung zum Überprüfungszeitraum und zur Auflage des Überprüfungsberichts berücksichtigt.“

109    Im 18. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat sich die Kommission die Stellungnahme des Ausschusses für sozioökonomische Analyse zu diesem Punkt wie folgt zu eigen gemacht:

„In seinen Stellungnahmen zu den Verwendungen 2, 4 und 5 ist der Ausschuss für sozioökonomische Analyse zu dem Schluss gelangt, dass es keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gebe. Wegen der großen Vielfalt der im Zulassungsantrag angegebenen Verwendungen konnte der Ausschuss für sozioökonomische Analyse aber bei einer beschränkten Zahl spezifischer Verwendungen, die unter die Beschreibung dieser Verwendungen fallen, eine mögliche Unsicherheit hinsichtlich der technischen Durchführbarkeit von Alternativen nicht ausschließen. Die Kommission macht sich die Feststellung des Ausschusses für sozioökonomische Analyse zu eigen.“

110    Indem sie sich die in der Stellungnahme des Ausschusses für sozioökonomische Analyse getroffenen Feststellungen zu eigen gemacht hat, hat die Kommission somit eingeräumt, dass bei bestimmten Anwendungen, die zu den Verwendungen gehören, für die die Zulassung beantragt wurde, hinsichtlich der Frage, ob es geeignete Alternativstoffe oder ‑technologien gibt, nach wie vor Unsicherheiten bestehen.

111    Wie sich aus dem 19. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ergibt, hat die Kommission von den Antragstellern verlangt, die Beschreibung der Verwendungen 2, 4 und 5 genauer zu fassen, damit die Zulassung nur Verwendungen erfasst, bei den es keine geeignete Alternative gibt.

112    Entsprechend hat sich die Kommission, wie sie im 20. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat, dafür entschieden, die Tragweite der Zulassung auf Verwendungen zu beschränken, bei denen die „wesentlichen Funktionen“ von Chromtrioxid erforderlich sind. Bei diesen wesentlichen Funktionen handelt es sich bei der funktionalen Verchromung (Kategorie 2) zum Beispiel um die Verschleißfestigkeit, die Härte, die Schichtdicke, die Korrosionsbeständigkeit, den Reibungskoeffizienten und die Wirkung auf die Oberflächenmorphologie.

113    Die Beschränkung der Tragweite der Zulassung durch den Ausdruck „wesentliche Funktionen“ von Chromtrioxid vermag aber nicht zu gewährleisten, dass die zweite Voraussetzung gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung erfüllt ist.

114    Als Erstes lässt sich, wie der Generalanwalt in Nr. 178 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, daraus, dass eine dieser „wesentlichen Funktionen“, wie sie im angefochtenen Beschluss genannt sind, für eine bestimmte Verwendung erforderlich ist, nicht darauf schließen, dass es für diese Verwendung keine geeigneten Alternativstoffe oder ‑technologien gäbe. Die Beschränkung der Zulassung der Verwendung von Chromtrioxid auf Verwendungen, bei denen die wesentlichen Funktionen dieses Stoffes erforderlich sind, vermag daher nicht die Unsicherheiten auszugleichen, die bei bestimmten Verwendungen hinsichtlich des Fehlens von Alternativen bestehen.

115    Als Zweites wird der Geltungsbereich der erteilten Zulassung mit den „wesentlichen Funktionen“, die für die vorgesehene Verwendung erforderlich sind, wie sie in Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses genannt sind, nicht wirklich eingegrenzt.

116    Zum einen dürften die genannten „wesentlichen Funktionen“, wie das Parlament in seinen Schriftsätzen geltend macht, ohne dass ihm insoweit widersprochen worden wäre, in Wirklichkeit sämtliche Funktionen von Chromtrioxid für die Verwendungskategorien 2, 4 und 5 abdecken.

117    Zum anderen hat der Begriff „wesentliche Funktion“ keinen objektiven Gehalt, da nicht bestimmt wird, welche Eigenschaften insoweit genau erreicht werden sollen. So hat etwa der Ausdruck „Härte“ als wesentliche Funktion keine praktische Aussagekraft, weil der Grad der erforderlichen Härte nicht bestimmt ist. Ebenso kann mit dem Ausdruck „Korrosionsbeständigkeit“ die Zulassung der Verwendung nicht begrenzt werden, da die Dauer der Korrosion und die Voraussetzungen, unter denen sie erforderlich ist, nicht bestimmt sind.

118    Die Begrenzung der Tragweite der Zulassung, die mit dem Ausdruck „wesentliche Funktionen“ von Chromtrioxid erreicht werden soll, ist daher in Wirklichkeit keine Begrenzung. Mit ihr wird lediglich auf eine Voraussetzung der Zulassung eines besonders besorgniserregenden Stoffes verwiesen, nämlich, dass der Stoff für die vorgesehene Verwendung erforderlich sein muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Februar 2021, Kommission/Schweden, C‑389/19 P, EU:C:2021:131, Rn. 44).

119    Als Drittes können die Grenzen der Zulassung, die sich aus dem Begriff der wesentlichen Funktion ergeben, wegen der Unbestimmtheit dieses Begriffes jedenfalls nur schwerlich Gegenstand einer wirksamen Kontrolle sein.

120    Dies wird bestätigt durch die den nachgeschalteten Anwendern mit Art. 5 des angefochtenen Beschlusses auferlegte Verpflichtung, gegenüber der ECHA zu erläutern, welche wesentlichen Funktionen von Chromtrioxid für die von ihnen geplante Verwendung erforderlich sind und inwieweit sie für diese Verwendung erforderlich sind.

121    Zwar heißt es im 82. Erwägungsgrund der REACH-Verordnung: „Damit eine effektive Überwachung und Durchsetzung des Zulassungserfordernisses möglich ist, sollten nachgeschaltete Anwender, denen eine ihrem Lieferanten erteilte Zulassung zugute kommt, der Agentur ihre Verwendung des Stoffes mitteilen“.

122    Im vorliegenden Fall wird von den nachgeschalteten Anwendern mit der Verpflichtung gemäß Art. 5 des angefochtenen Beschlusses aber letztlich verlangt, zum Zwecke der Beurteilung der Voraussetzung, dass es für die in Betracht gezogenen Verwendungen keine Alternativen geben darf, ergänzende Angaben zu machen, und zwar nachdem die Verwendungen von der Kommission zugelassen worden sind. Zudem wird, da im angefochtenen Beschluss, wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 117), der Inhalt der „wesentlichen Funktionen“ nicht angemessen bestimmt wird, die Verantwortlichkeit, zu bestimmen, ob die Verwendung von Chromtrioxid erforderlich ist, um die erforderlichen Eigenschaften zu erreichen, de facto auf die nachgeschalteten Anwender übertragen, die bei der Bestimmung der erforderlichen Eigenschaften und damit bei der Entscheidung der Frage, ob es Alternativen gibt oder nicht, völlig freie Hand haben.

123    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 46 und 82), hat die Überprüfung der Voraussetzungen gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung aber vor der Erteilung der Zulassung gemäß dieser Vorschrift und allein durch die Kommission zu erfolgen.

124    Somit ist festzustellen, dass die Kommission nicht in der Lage war, festzustellen, dass es für die von ihr mit dem angefochtenen Beschluss zugelassenen Verwendungen von Chromtrioxid keine geeigneten Alternativen gebe.

125    Dem kann auch erstens nicht entgegengehalten werden, dass damit Anforderungen gestellt würden, die nicht mit dem Ziel der REACH-Verordnung, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in der Union zu stärken, und der Kapazität der ECHA zur fristgerechten Bearbeitung von Anträgen vereinbar seien.

126    Wie aus ihrem ersten Erwägungsgrund hervorgeht, sollen mit der REACH-Verordnung ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sichergestellt, der freie Verkehr von Stoffen im Binnenmarkt gewährleistet und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit und Innovation verbessert werden (Urteil vom 7. Juli 2009, S.P.C.M. u. a., C‑558/07, EU:C:2009:430, Rn. 35). Nach dem 22. Erwägungsgrund der REACH-Verordnung sollte mit den Zulassungsvorschriften sichergestellt werden, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert und die von besonders besorgniserregenden Stoffen ausgehenden Risiken ausreichend beherrscht werden. Deshalb vermögen Erwägungen, mit denen ausschließlich auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Union abgestellt wird, die Zulassung einer Verwendung eines für die menschliche Gesundheit und die Umwelt besonders besorgniserregenden Stoffes, die nicht unbedingt erforderlich ist, nicht zu rechtfertigen.

127    Zweitens wird bei der Zahl der in Anhang XIV der REACH-Verordnung aufgenommenen Stoffe zwar auch die Kapazität der ECHA zur fristgerechten Bearbeitung von Anträgen berücksichtigt, wie Art. 58 Abs. 3 der REACH-Verordnung ausdrücklich bestimmt. Wie der Generalanwalt in Rn. 191 seiner Schlussanträge zutreffend ausgeführt hat, heißt das aber nicht, dass die in dem Verfahren der Zulassung eines besonders besorgniserregenden Stoffes vorzunehmenden Beurteilungen wegen der Grenzen der Kapazität der ECHA zur fristgerechten Bearbeitung von Anträgen weniger gründlich vorgenommen werden könnten, als es nach dem Vorsorgeprinzip, auf das in Art. 1 Abs. 3 der REACH-Verordnung verwiesen wird, geboten ist.

128    Folglich ist auch dem zweiten Teil des einzigen Klagegrundes stattzugeben.

129    Demnach hat die Kommission, indem sie die Verwendungen 2, 4 und 5 von Chromtrioxid und die Verwendung 1 dieses Stoffes, was die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 angeht, zugelassen hat, gegen ihre Verpflichtung aus Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung verstoßen.

130    Dem einzigen Klagegrund ist daher stattzugeben, ohne dass über dessen dritten Teil entschieden zu werden bräuchte.

131    Somit ist festzustellen, dass Art. 1 Abs. 1 und 5 und die Art. 2 bis 5, 7, 9 und 10 des angefochtenen Beschlusses insoweit für nichtig zu erklären sind, als sie die Zulassung der Verwendungen 2, 4 und 5 von Chromtrioxid und der Verwendung 1 dieses Stoffes, was die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 angeht, betreffen.

 Zum Antrag auf vorläufige Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses

 Vorbringen der Parteien

132    Die Kommission beantragt, die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses aus Gründen des Schutzes der menschlichen Gesundheit bis zum Erlass eines neuen Beschlusses aufrechtzuerhalten.

133    Sie macht geltend, dass Art. 56 Abs. 1 Buchst. d der REACH-Verordnung in Verbindung mit deren Art. 58 Abs. 1 Buchst. c einen Übergangsmechanismus vorsehe, der es dem Antragsteller und den nachgeschalteten Anwendern ermögliche, einen Stoff auch nach dem Ablauftermin weiter in Verkehr zu bringen und zu verwenden, wenn die Verwendung Gegenstand eines Zulassungsantrags sei, sofern der Zulassungsantrag 18 Monate vor dem Ablauftermin gestellt worden sei und die Kommission über den Zulassungsantrag noch nicht entschieden habe.

134    Die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses würde daher, wenn sie nicht mit der Aufrechterhaltung von dessen Wirkungen verbunden würde, dazu führen, dass die Antragsteller und die nachgeschalteten Anwender Chromtrioxid für die Verwendungen, auf die sich der Zulassungsantrag beziehe, bis sie einen neuen Beschluss erlassen habe, weiter in Verkehr bringen und verwenden könnten, und zwar, ohne dass sie den verschiedenen im angefochtenen Beschluss vorgesehenen Risikomanagement- und Überwachungsmaßnahmen unterlägen, die speziell dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienten.

135    Das Parlament tritt dem Antrag der Kommission nicht entgegen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

136    Der Gerichtshof kann nach Art. 264 Abs. 2 AEUV, falls er dies für notwendig hält, diejenigen Wirkungen einer für nichtig erklärten Handlung bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind. Um von der ihm durch diesen Artikel eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, berücksichtigt der Gerichtshof die Wahrung des Grundsatzes der Rechtssicherheit und anderer öffentlicher oder privater Interessen (Urteil vom 25. Februar 2021, Kommission/Schweden, C‑389/19 P, EU:C:2021:131, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

137    Zunächst ist festzustellen, dass sich der Antrag auf vorläufige Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses nur auf die in Rn. 138 des vorliegenden Urteils genannten Bestimmungen, soweit sie die Zulassungen der Verwendungen 2, 4 und 5 und der Verwendung 1, was die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 angeht, betreffen, beziehen kann.

138    Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 84 und 124), hat die Kommission für Verwendungen von Chromtrioxid eine Zulassung auf der Grundlage einer Beurteilung ihrer Risiken für die menschliche Gesundheit erteilt, die zu lückenhaft ist, um den Anforderungen gemäß Art. 60 Abs. 4 der REACH-Verordnung zu genügen, und war sie nicht in der Lage, festzustellen, dass es für die von ihr zugelassenen Verwendungen von Chromtrioxid keine geeigneten Alternativen gebe, so dass sie die Zulassung hätte versagen müssen.

139    Zwischen dem Zeitpunkt der Verkündung des vorliegenden Urteils und dem Beschluss, mit dem die Kommission die Zulassung versagen wird, wird allerdings zwangsläufig eine gewisse Zeit verstreichen. Wie die Kommission geltend macht, darf ein Hersteller, Importeur oder nachgeschalteter Anwender einen Stoff, der in Anhang XIV aufgenommen wurde, nach Art. 56 Abs. 1 Buchst. d der REACH-Verordnung aber nicht zur Verwendung in Verkehr bringen und nicht selbst verwenden, „es sei denn, … der Zeitpunkt nach Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i wurde erreicht und der Hersteller, Importeur oder nachgeschaltete Anwender hat 18 Monate vor diesem Zeitpunkt einen Zulassungsantrag gestellt, über den bislang noch nicht entschieden wurde“.

140    Art. 56 Abs. 1 Buchst. d der REACH-Verordnung bezieht sich also auf die beiden Zeitpunkte, auf die Art. 58 Abs. 1 Buchst. c Ziff. i und ii der REACH-Verordnung verweist, nämlich den „Ablauftermin“, d. h. den Zeitpunkt, ab dem das Inverkehrbringen und die Verwendung des Stoffes verboten sind, es sei denn, es wurde eine Zulassung erteilt, und den Zeitpunkt von mindestens 18 Monaten vor dem Ablauftermin, bis zu dem die Zulassungsanträge eingegangen sein müssen, wenn der Antragsteller den Stoff nach dem Ablauftermin weiterhin verwenden oder für bestimmte Verwendungen in Verkehr bringen will. Im letztgenannten Fall ist die Fortsetzung der Verwendungen nach dem Ablauftermin bis zur Entscheidung über den Zulassungsantrag zulässig.

141    Bei dem Stoff Chromtrioxid geht aus Anhang XIV der REACH-Verordnung hervor, dass der Zulassungsantrag bis zum 21. März 2016 (18 Monate vor dem auf den 21. September 2017 festgesetzten Ablauftermin) eingegangen sein musste. Im vorliegenden Fall haben die Antragsteller ihren Antrag 2015 eingereicht.

142    Demnach könnten die Antragsteller und die nachgeschalteten Anwender von Chromtrioxid diesen Stoff in der Zeit zwischen der Verkündung des vorliegenden Urteils und dem Beschluss, mit dem die Kommission diesem Urteil nachkommt, verwenden, ohne den verschiedenen Risikomanagement- und Überwachungsmaßnahmen zu unterliegen, die im angefochtenen Beschluss vorgesehen sind. Aus Gründen des Schutzes der menschlichen Gesundheit ist daher die vorläufige Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses anzuordnen.

143    Wegen der Unsicherheiten, die hinsichtlich der Tragweite des angefochtenen Beschlusses bestehen (siehe oben, Rn. 124), kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem angefochtenen Beschluss Verwendungen der hier in Rede stehenden Kategorien zugelassen sind, für die es geeignete Alternativen gibt, so dass für die menschliche Gesundheit, insbesondere die Gesundheit der Arbeitnehmer, die Chromtrioxid verwenden, nicht gerechtfertigte Risiken bestehen. Die vorläufige Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses ist daher für einen Zeitraum von nicht mehr als einem Jahr ab der Verkündung des vorliegenden Urteils vorzusehen.

 Kosten

144    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

145    Da das Parlament beantragt hat, der Kommission die Kosten aufzuerlegen, und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Art. 1 Abs. 1 und 5 und die Art. 2 bis 5, 7, 9 und 10 des Durchführungsbeschlusses C(2020) 8797 der Kommission vom 18. Dezember 2020, mit dem gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates für bestimmte Verwendungen von Chromtrioxid eine teilweise Zulassung erteilt wurde (Chemservice GmbH u. a.), werden, soweit sie die Zulassung der Verwendungen 2, 4 und 5 und der Verwendung 1, was die Formulierung von Gemischen für die Verwendungen 2, 4 und 5 angeht, betreffen, für nichtig erklärt.

2.      Die Wirkungen des Durchführungsbeschlusses C(2020) 8797 werden für eine Dauer von nicht mehr als einem Jahr ab der Verkündung des vorliegenden Urteils aufrechterhalten.

3.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.