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Polizeipräsident Klaus Kandt (l.) und Innensenator Frank Henkel (CDU) stellten am 15. April die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik vor.

© dpa

Rassismus: Migrationsrat kritisiert Kriminalitätsstatistik

Sind Ausländer krimineller als Deutsche? Das suggeriert zumindest die Kriminalitätsstatistik, findet der Migrationsrat Berlin-Brandenburg. Die Polizei wehrt sich: Sie setze sich für Toleranz ein.

Am Anfang waren die Zahlen. 207 Seiten davon, denn so dick ist die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik, kurz PKS, die Innensenator Frank Henkel und Polizeipräsident Klaus Kandt am 15. April vorstellten. Dann kam ein Zitat dazu: „Manche, wie Asiaten beispielsweise, neigen wenig zu Gewalt, Süd- und Osteuropäer statistisch gesehen etwas mehr“, sagte Kandt vor dem Innenausschuss. Das machte den Migrationsrat Berlin-Brandenburg hellhörig. Versucht die Polizei, einen Zusammenhang zwischen Herkunft und Gewaltbereitschaft zu ziehen? Das war die Leitfrage der Stellungnahme zur PKS, die Angelina Weinbender vom Migrationsrat am Dienstag vorstellte. Die Antwort überrascht wenig: Ja, die Polizei hätte rassistische Verdachtsmuster.

„Dass die Polizei Faktoren wie Nationalität überhaupt so einführt, zeigt, dass sie voreingenommen ist“, sagt Biplab Basur von der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt. Die Soziologin Weinbender stellt neue Lesarten der Zahlen vor: Beim Kindesmissbrauch etwa seien 15,7 Prozent der Verdächtigen Nichtdeutsche, beim Taschendiebstahl sind es 74 Prozent. „Heißt das jetzt, dass Ausländer zu Taschendiebstahl neigen und Deutsche eher Kinder missbrauchen?“, fragt Weinbender. Ein radikales Beispiel, das radikale Thesen untermauern soll: zum Beispiel den Zusammenhang zwischen anteilig mehr ausländischen Verdächtigen bei gleichzeitig absinkender Aufklärungsquote. Angelina Weinbenders Schlussfolgerung: Vorurteile gegen „People of Colour“, also Menschen, die aufgrund ihres Aussehens als ausländisch eingeordnet werden, verschleiern den Berliner Polizisten den Blick. Die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland machte auf die hohe Zahl von Personenkontrollen bei dunkelhäutigen Menschen aufmerksam.

In einem Punkt sind sich Polizei und Migrationsrat einig: Die PKS ist ein Tätigkeitsbericht, den man auf verschiedene Arten lesen kann. Polizeisprecher Stefan Redlich kontert ebenfalls mit einem Zitat Kandts: „Beschränkt man die Analyse auf hier lebende Jugendliche, haben nichtdeutsche Jugendliche nicht mehr Neigung zu Gewalt als deutsche.“ Vielmehr spielen andere Faktoren wie die soziale Schicht eine Rolle.

Auch das ist ein Vorwurf des Migrationsrates: Statt die relevanten Faktoren zu nennen, würden Verdächtige auf Name, Alter, Geschlecht, Wohnort und Nationalität reduziert. „Das ist ein bundesweiter Erfassungsstandard“, so Redlich. Die Nationalität soll aber weiter erfasst werden. Schließlich diene das auch dazu, Integration zu bewerten und Prävention zu planen. Vom so genannten „Racial Profiling“, also der Ermittlung und gezielten Kontrolle nach ethnischen Merkmalen, distanziert sich die Polizei. „Wir wollen eine tolerante Polizei in einer toleranten Stadt sein“, sagt Redlich.

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