Briefbomber von Rudow:Rachefeldzug gegen die eigene Familie

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Die Briefbombe eines 34-Jährigen zerfetzte vor mehr als einem Jahr den Arm seiner eigenen Nichte Charlyn - nun muss der Mann lebenslang ins Gefängnis.

Wegen des Briefbombenanschlags auf seine Familie ist ein Berliner zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Landgericht in der Bundeshauptstadt sprach ihn des versuchten Mordes und der Herbeiführung von Sprengstoffexplosionen schuldig.

Rache war sein Motiv: Ein Berliner nahm die schweren Verletzungen seiner kleinen Nichte billigend in Kauf. (Foto: Foto:)

Der 34-Jährige hatte mit einem selbstgebauten Sprengsatz, derin einem Brief versteckt war, seine Nichte Charlyn schwer verletzt. Laut Urteil wollte der Arbeitslose aus Hass gegen Charlyns Eltern Selbstjustiz üben. Das Gericht sprach von einer heimtückischen Tat und einem Rachefeldzug des Briefkasten-Bombers gegen seine Schwester und den Schwager. Er habe billigend in Kauf genommen, dass Menschen durch den Sprengsatz sterben könnten. Die Bombe war als Weihnachtsbrief getarnt.

Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte dagegen nur eine Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung beantragt.

Er habe seine Nichte nicht treffen wollen, hatte der Angeklagte in dem Prozess gesagt. Es tue ihm Leid. "Ich kann es nicht wiedergutmachen."

Charlyn war getroffen worden, als sie nach der Schule den Familien-Briefkasten im Stadtteil Rudow öffnen wollte. Monatelang lag sie im Krankenhaus, ihr rechter Arm wurde bei der Explosion zum Teil zerfetzt. Ob Charlyns Arm eines Tages wieder komplett funktioniert, ist noch ungewiss. Die 13-Jährige geht inzwischen wieder zur Schule.

50 weitere Straftaten

Nach der Detonation der Bombe im November 2008 war der Täter zunächst geflüchtet, wurde aber nach elf Tagen bundesweiter Fahndung gefasst. Der Polizeipräsident hatte eine Belohnung von bis zu 10.000 Euro ausgesetzt, 76 Hinweise aus der Bevölkerung waren daraufhin eingegangen. Mit einem zweiten Sprengsatz hatte der Täter am selben Tag offenbar seinen Schwager treffen wollen. Die Bombe, die er auf dessen Autodach befestigt hatte, war aber nicht detoniert.

Schon vor Anschlägen auf seine Familie war er der Polizei bereits 50 Mal durch verschiedene Straftaten aufgefallen. Drei Mal saß er im Gefängnis - daher, so heißt es, soll er gute Kontakte und Möglichkeiten gehabt haben, seinen Fahndern zu entwischen. Er soll sich in einer Hütte im Unterholz im Osten Berlins versteckt haben.

Schon vor seiner Festnahme war das Motiv Rache wahrscheinlich geworden. Dies hatte der nun Verurteilte in zwei E-Mails bestätigt, die er in der Zeit der Fahndung an die Berliner Boulevardzeitung B.Z. schickte. Darin bekannte er sich zu der Tat und erklärte, er wolle sich für die schlechte Behandlung als Pflegekind der Familie rächen.

© sueddeutsche.de/dpa/grc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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