WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Panorama
  3. Weltgeschehen
  4. Urteil: Sieben Jahre Haft für Berliner Autobrandstifter

Weltgeschehen Urteil

Sieben Jahre Haft für Berliner Autobrandstifter

Er hatte es auf Luxus-Autos abgesehen, steckte mehr als 100 in Brand und versetzte ganz Berlin in Angst: Nun ist der 28-jährige Brandstifter zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Der Berliner Autobrandstifter ist zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht der Hauptstadt sprach ihn am Dienstag schuldig, im vergangenen Sommer 102 überwiegend teure Fahrzeuge angezündet und einen Millionenschaden angerichtet zu haben.

Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Gefängnis gefordert. Aus übersteigerter Geltungssucht habe der 28-Jährige ganz Berlin in Angst versetzt, hatte der Ankläger in seinem Schlusswort betont.

"Reiche Leute sollten sich auch mal ärgern"

Zu seinem Motiv hatte der Angeklagte im Prozess gesagt: „Reiche Leute, die mehr Geld haben, sollten sich auch mal ärgern.“ Sein Verteidiger hatte lediglich auf „eine gerechte Strafe“ plädiert.

Zum Teil wurden auch Menschenleben gefährdet, da die Flammen drohten, auf benachbarte Wohnhäuser überzugreifen. Das Landgericht Berlin sprach den Angeklagten am Dienstag der Brandstiftung in 86 Fällen schuldig. Der Mann hatte zuvor ein umfassendes Geständnis abgelegt.

"So etwas wie Triumph" gefühlt

Bei seiner ersten Tat habe er Grillanzünder angebrannt und ihn auf das Vorderrad des Autos gelegt, erzählt der 28-Jährige im Prozess. Das habe er so in einer TV-Reportage über Auto-Zündler gesehen. "Ich habe noch kurz überlegt, den Grillanzünder wieder weg zu nehmen", sagte André H.

Er sei dann aber doch in seine Wohnung gegangen, habe vom geöffneten Fenster aus die Rauchschwaden und das Flackern der Blaulichter der Feuerwehrfahrzeuge gesehen - und dabei "so etwas wie Triumph" gefühlt. "Beim zweiten Mal, sagte er, "ging es dann schon leichter."

Es war die größte Serie von Brandanschlägen auf Autos, die in Berlin ein Einzeltäter je verübte. André H. gab das in einer von seinem Verteidiger Mirko Röder verlesenen Erklärung vor Gericht auch unumwunden zu.

Das hatte er schon bei der Polizei getan und dort sogar noch zahlreiche Brandstiftungen gebeichtet, für die ihn die Polizei-Sonderkommission "Feuerschein" gar nicht in Verdacht hatte.

Lange Arbeitslosigkeit

Als Beweggrund gab er auch seine lange Arbeitslosigkeit an. Er hatte Maler und Lackierer gelernt, aber nie eine feste Anstellung bekommen. Und auch Umschulungen und Lehrgänge - zum Callcenter-Agenten und zum Kassierer - blieben ohne Ergebnis.

Anzeige

André H., der nicht raucht, nicht trinkt und auch sonst keine Drogen nimmt; der noch nie eine feste Freundin hatte und sich noch immer die viel zu kleine Wohnung mit der Mutter und einer geistig behinderten Schwester teilte, war bei einer mormonischen Gemeinde in Tiergarten bis zu seiner Festnahme als Missionsleiter tätig.

Eine ganze Reihe von Auto-Brandstiftungen verübte er, als mit seinem Fahrrad von den Treffen seiner Gemeinde kam. Später sagte er bei der Polizei, dass er sich jetzt vor allem darüber Gedanken mache, was die Gemeindemitglieder über seine Brandanschläge denken könnten. "Bei der Aufarbeitung meines Handelns hat mir meine Kirche sehr geholfen", stand in der Erklärung. "Mehrere Male haben mich Kirchenmitglieder, die sehr enttäuscht von mir sind, in der Haftanstalt aufgesucht."

Wenige Tage nach seinem letzten Brandanschlag bekam er einen Job im Catering-Bereich eines Hotels in Berlin-Mitte. Mit einem Stundenlohn von 5,80 Euro, aber immerhin eine Arbeit. "Ich habe erst mit meinem fürchterlichen Treiben aufhören können, als ich eine reale Aussicht auf einen Job hatte und auch tatsächlich wieder in Lohn und Brot kam", stand in der von Anwalt Röder verlesenen Erklärung.

Gefühl von Ungerechtigkeit

Der Richterin war das zu wenig. "Sie waren arbeitslos zur Tatzeit?" fragte sie. André H. nickte. "Aber viele andere sind auch ohne Arbeit", sagt sie. "Die zünden trotzdem keine Autos an."

"Es war so ein Gefühl von Ungerechtigkeit, dass sich Leute so teure Autos leisten können und ich nur in Schulden stecke", sagte der Angeklagte. Das seien ja "reiche Leute" gewesen, betonte er.

dpa/dapd/mak

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema