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Erster Omikron-Verdachtsfall in Österreich - Was wissen wir über die Virusvariante?

Vieles bei Omikron erinnert an die Anfangsphase von Delta. Auch von dieser Variante waren zunächst nur wenige Fälle bekannt - und schon kurze Zeit danach bestimmte sie vielerorts das Infektionsgeschehen. Könnte es bei Omikron genauso laufen - oder schlimmer?

Neue Corona-Variante Omikrom breitet sich aus (Symbolbild)
Neue Corona-Variante Omikrom breitet sich aus (Symbolbild)

Nachdem bereits in anderen europäischen Ländern die neue Virus-Mutation B.1.1.529 aufgetaucht ist, liegt laut Land Tirol Samstagabend ein mit einer Südafrikareise assoziiertes positives PCR-Testergebnis im Bezirk Schwaz vor. Nach der Erstprüfung durch die Virologie Innsbruck bestehe ein konkreter Verdacht, dass es sich um die neue Virus-Mutation handeln könnte, informierte das Land in einer Aussendung. In Österreich gibt es somit den ersten Omikron-Verdachtsfall.

Was ist über den Tiroler Verdachtsfall bekannt?

Von der Infektion betroffen sei eine Person, die nach einer Südafrika-Reise positiv auf Covid-19 getestet wurde. Wie das Land mitteilte, habe sich die betroffene Person laut eigenen Angaben seit der Reiserückkehr vor drei Tagen beinahe ausschließlich zu Hause aufgehalten und weise derzeit keine Symptome auf.

Die Person habe zwar bereits zwei Impfdosen erhalten, der zweite Stich liege aber bereits rund neun Monate zurück. Die Kontaktpersonen seien jedenfalls abgesondert worden. Die Testprobe werde nun an die AGES nach Wien für eine entsprechende Sequenzierung übermittelt, erläuterte Elmar Rizzoli, Leiter des Einsatzstabes Corona. Dort werde die Viruszusammensetzung genau beleuchtet. "Mit einem Ergebnis der AGES wird in den kommenden Tagen gerechnet", kommentierte Rizzoli die weitere Vorgehensweise. Rizzoli empfahl "Personen, die aus den definierten Ländern (Südafrika, Lesotho, Botswana, Simbabwe, Mosambik, Namibia und Eswatini; Anm.) in den vergangenen 14 Tagen eingereist sind, vorsorglich einen Covid-PCR-Test vorzunehmen".

Gibt es in anderen europäischen Ländern bereits Fälle?

Ja. Bei mindestens 13 Flugreisenden aus dem südlichen Afrika sind nach ihrer Landung in Amsterdam Infektionen mit der neuen Coronavirus-Variante Omikron festgestellt worden. Das teilte Gesundheitsminister Hugo de Jonge am Sonntag mit. Die Zahl könne noch steigen, erklärte dazu der staatliche Gesundheitsdienst RIVM. Die Analysen der Proben von 61 positiv getesteten Reisenden seien noch nicht vollständig abgeschlossen.

Zuvor hatten unter anderem die italienischen und deutschen Behörden Omikron-Fälle bestätigt. Bei Flugpassagieren, die schon vor mehreren Tagen in München bzw. Mailand angekommen waren, wurde die Virusvariante festgestellt. Auch bei einem Verdachtsfall im nordböhmischen Liberec (Reichenberg) wurde Omikron "mit rund 90-prozentiger Sicherheit" bestätigt, hieß es am Samstagabend. Die britischen Behörden meldeten zwei Fälle und verhängten daraufhin eine Quarantänepflicht für alle Einreisenden. Belgien war am Freitag das erste europäische Land, das einen Omikron-Fall bestätigte. Mit besonders großer Sorge wird indes in die Niederlande geblickt, wo am Freitag 61 von 600 Passagieren auf zwei Flügen aus Südafrika positiv auf das Coronavirus getestet worden waren. Schnelltests erhärteten den Verdacht, dass auch sie die neue Variante in sich tragen. Die niederländischen Behörden sind sich diesbezüglich schon zu 95 Prozent sicher, hieß es.

Wie gefährlich ist die neue Omikron-Variante?

Die zuerst im südlichen Afrika nachgewiesene Variante (B.1.1.529) wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als "besorgniserregend" eingestuft. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC spricht von ernsthaften Sorgen, dass die Variante die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe erheblich verringern und das Risiko von Reinfektionen erhöhen könnte. Welche genauen Auswirkungen die Variante hat, steht aber noch nicht fest. Laut WHO wurde B.1.1.529 in Südafrika mittels genetischer Analyse entdeckt, die vom 9. November stammt. Insgesamt ist die Variante bisher weniger als 100 Mal genetisch nachgewiesen worden. Sie weist viele Mutationen auf, die aus Sicht von Wissenschaftern möglicherweise zu einer leichteren Übertragung führen können. Nach Angaben der WHO wird es jedoch noch Wochen dauern, bis klar wird, welche genauen Auswirkungen die Mutationen haben.

Wirkt die Corona-Impfung gegen Omikron?

Erste Laboruntersuchungen der Hersteller dazu laufen derzeit, mit Ergebnissen wird in etwa zwei Wochen gerechnet. Die genetischen Eigenschaften lassen Experten jedenfalls um den Impfschutz bangen: B.1.1.529 hat Mutationen an mehreren dafür entscheidenden Stellen. "Nach derzeitigem Ermessen sollte man davon ausgehen, dass die verfügbaren Impfstoffe grundsätzlich weiterhin schützen", so der Berliner Virologe Christian Drosten. Gerade der Schutz gegen schwere Erkrankungen sei besonders robust gegen Virusveränderungen.

Auch bei verringerter Wirksamkeit bleibe die Impfung die beste Option, betonte Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI). "Alle Menschen, die sich impfen lassen, fangen nicht bei null an, wenn sie sich mit einer neuen Variante infiziert haben." Sie hätten auf jeden Fall schon einen gewissen Impfschutz, das sei entscheidend zu wissen. Dem Berliner Infektionsimmunologen Leif Erik Sander zufolge hat Omikron zwar viele Veränderungen an Stellen, an denen gerade die besten Antikörper binden können. "Aber unser Körper bildet eine Unmenge an verschiedenen Antikörpern." Hinzu kämen spezielle Zellen der Immunabwehr, die in der Regel ganz andere Stellen erkennen als die Antikörper. "Also wir haben immer ein Netz und einen doppelten Boden", sagte der Immunologe der Berliner Charité.

Wenn so viele Dinge zu B.1.1.529 noch gar nicht genau bekannt sind, warum sofort die große internationale Besorgnis?

Omikron trägt so viele Mutationen wie noch von keiner Variante zuvor bekannt, davon allein mehr als 30 beim Spike-Protein, über das das Virus an menschliche Zellen andockt. Gegen das Spike-Protein bildet der Körper bei einer Ansteckung mit dem Virus Antikörper. Auch viele der Impfstoffe regen das Immunsystem zur Bildung von Antikörpern gegen dieses Protein an. Omikron vereine erstmals kritische Mutationen in der Rezeptorbindungsstelle aus den Varianten Alpha (erstmals nachgewiesen Ende 2020 in England), Beta (Südafrikanische Epidemie im zweiten Halbjahr 2020), Gamma (Brasilien 2020) und Delta (Indien 2021 und jetzt global vorhanden), erklärte Drosten. Für eine Bewertung und Einordnung der Veränderungen brauche es nun weitere Daten.

Wie konnte die Variante entstehen?

Das ist noch unklar. Die neue Corona-Variante Omikron unterstreicht aus Sicht der globalen Impfallianz Gavi aber den Mangel an Impfdosen in vielen Teilen der Welt. Solange große Teile der Weltbevölkerung ungeimpft blieben, könne das Virus mutieren und sich so die Pandemie verlängern, sagte Gavi-Chef Seth Berkley am Samstag in Genf. "Wir werden die Entstehung von Varianten nur verhindern können, wenn wir alle Menschen auf der Welt schützen, und nicht nur die Reichen", fügte er hinzu. In Südafrika liegt die Rate der vollständig geimpften Erwachsenen noch unter 36 Prozent.

Wie geht es den Erkrankten?

Zumindest die bislang mit der neuen Coronavirus-Variante Omikron infizierten Menschen in Südafrika sind nach Angaben der dortigen Mediziner-Vereinigung (SAMA) bislang nicht schwer erkrankt. Die Vorsitzende des südafrikanischen Ärzteverbands, Angélique Coetzee, sagte der BBC, dass die bisher in ihrem Land festgestellten Fälle nicht schwerwiegend seien. Allerdings seien die Untersuchungen zu dieser Variante noch in einem sehr frühen Stadium. In dem Land seien nur rund 24 Prozent der Menschen vollständig geimpft.

Wie reagiert Österreich?

Wie zahlreiche europäische Länder hatte auch Österreich sich mit Samstag gegen das südliche Afrika abgeschottet und Landeverbote verhängt. Südafrika, Lesotho, Botswana, Simbabwe, Mosambik, Namibia und Eswatini wurden als Virusvariantengebiete eingestuft. Auf dem Flughafen Wien in Schwechat sind auf Grundlage der deshalb erlassenen Einreiseregeln genaue Überprüfungen angelaufen. Österreichische Reiserückkehrer aus südafrikanischen Ländern sollen identifiziert werden - sie müssen einen negativen PCR-Test vorweisen und eine zehntägige Quarantäne antreten. Das Bundesheer kontrolliert und hat dabei Umsteige-Flughäfen im Blick, berichtete das Ö1-"Morgenjournal" am Sonntag.

Österreichischen Staatsbürgern ist die Rückkehr erlaubt. Seitens des Außenministeriums wurden sie am Samstag vielmehr sogar dazu aufgerufen, sich nach Hause zu begeben. Dafür gelten dann allerdings strenge Vorgaben. Die Telefon-Hotline der AGES für Reiserückkehrer aus dem südlichen Afrika erfuhr indes regen Zuspruch. Bis Samstagmittag hatten sich schon 300 Personen unter 01/26 75 032 gemeldet. Dort erhalten sie Informationen, wohin sie sich wegen eines behördlichen PCR-Tests wenden können.

"Die WHO hat die neue Omikron-Variante als besorgniserregend eingestuft. Wir wissen aber noch nicht, inwiefern sie das Pandemiegeschehen beeinflussen wird", sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). Umso wichtiger sei es, "jetzt vorsichtig zu sein und die Schutzmaßnahmen einzuhalten".

Wie reagieren andere Länder?

Aus Sorge vor einer Ausbreitung der im südlichen Afrika entdeckten Coronavirus-Variante Omikron haben viele Länder die Einreise aus Ländern der Region drastisch eingeschränkt. Noch strenger ist unter anderem Israel. Das Land schottet sich ab. Die Regierung untersagt Ausländern aus allen Ländern die Einreise. Die Maßnahme soll 14 Tage dauern. In Israel ist bisher bei einer Person Omikron bestätigt worden. Auch Großbritannien verschärft seine Einreiseregeln für Reisende aus aller Welt. Alle Ankommenden müssen an Tag Zwei nach ihrer Einreise einen PCR-Test machen und bis zum Erhalt eines negativen Testergebnisses in Quarantäne gehen. Das gilt unabhängig vom Impfstatus und soll nach drei Wochen überprüft werden.