»Großflächiger Angriff« Israelische Armee bestätigt Beschuss von Flüchtlingslager Dschabalija
Die israelische Armee hat mit dem Angriff auf das Flüchtlingslager Dschabalija nach eigenen Angaben einen ranghohen Hamas-Kommandeur getötet. Ibrahim Biari sei unter anderem für Angriffe in Israel am 7. Oktober dieses Jahres mitverantwortlich gewesen, ebenso wie für einen Terrorangriff im Jahr 2004 in der Stadt Ashdod, teilte die Armee auf ihrem Telegram-Kanal mit.
Der »großflächige Angriff« habe zudem »Terroristen und Terror-Infrastruktur des Zentralen Dschabalija-Bataillon« der Hamas gegolten. Unterirdische »Terror-Infrastruktur« sei nach dem Angriff zusammengebrochen. Grundlage des Luftangriffs seien Geheimdienstinformationen gewesen.
Im Interview mit dem US-Fernsehsender CNN hatte Armeesprecher Richard Hecht das Vorgehen verteidigt. Von Moderator Wolf Blitzer auf die mutmaßliche hohe Zahl ziviler Opfer im Flüchtlingslager angesprochen, sagte Hecht unter anderem: »Das ist die Tragik des Kriegs, Wolf.« Man habe Zivilisten wiederholt aufgefordert in den Süden des Gazastreifens zu fliehen und tue alles, um zivile Opfer zu minimieren. »Leider verstecken sie sich inmitten der Zivilbevölkerung.«
Hecht sprach zudem von einem sehr komplizierten Kampfgebiet. Das Gespräch litt unter einer schlechten Verbindung.
CNN's Wolf Blitzer: You knew that there were innocent civilians in that refugee camp, right?
— Justin Baragona (@justinbaragona) October 31, 2023
IDF spox: This is the tragedy of war. We told them to move south.
Blitzer: So you decided to drop the bomb anyway.
IDF spox: We’re doing everything we can to minimize civilian deaths. pic.twitter.com/oAtW7jV0pc
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Dutzende Tote befürchtet
Nach Angaben des von der Hamas geführten palästinensischen Gesundheitsministeriums sollen bei dem israelischen Angriff mindestens 50 Menschen getötet worden sein. 150 weitere Menschen seien verletzt worden. Die Angaben können derzeit kaum unabhängig überprüft werden. Auf Videoaufnahmen von AFP soll nach Angaben der Nachrichtenagentur zu sehen sein, wie mindestens 47 Leichen aus den Trümmern geborgen wurden.
Dschabalija ist das größte Flüchtlingslager in Gaza. Atef Abu Saif, Kulturminister der Palästinensischen Autonomiebehörde, sprach in einer WhatsApp-Sprachnachricht an eine SPIEGEL-Reporterin von mehr als 50 zerstörten Häusern, er habe neun tiefe Krater in der Erde gesehen. »Es fühlt sich an wie die Apokalypse. Die Häuser sind zertrümmert, zermalmt. In jedem Haus waren Dutzende Menschen, Familien und Angehörige, die von außerhalb hierher geflohen waren, weil ihre Gebiete bombardiert wurden.«
Atef Abu Saif ist seit 2019 Kulturminister der Palästinensischen Autonomiebehörde von Präsident Mahmoud Abbas, Mitglied der Fatah-Partei und ein bekannter Kritiker der Hamas. Am Nachmittag half er nach eigenen Angaben bei der Bergung von Toten und Verletzten.
»Sie haben das Zentrum bombardiert, das Herz des Flüchtlingslagers. Kein Ort in ganz Palästina ist vermutlich so dicht besiedelt wie dieser«, sagte Abu Saif. »Jetzt können wir nicht einmal mehr ausmachen, wo welches Gebäude begann und aufhörte.«
Bei ihrem Großangriff am 7. Oktober hatte die Hamas nach israelischen Angaben etwa 1400 Menschen in Israel getötet. Zudem haben Hamas-Kämpfer mindestens 239 Menschen in den Gazastreifen verschleppt. Einige Entführte hat die Hamas inzwischen freigelassen.
Als Reaktion auf den Hamas-Angriff hat Israel den Norden des Gazastreifen unter Dauerbeschuss genommen, Hunderttausende Menschen flohen bisher in den Süden. Mehr als 8500 Palästinenserinnen und Palästinenser sollen nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums seitdem gestorben sein (lesen Sie hier, wie die Opferzahlen in Gaza einzuordnen sind).