Im Wintersemester 2023/24 veranstaltet die SFU standort- und fächerübergreifend eine öffentlich zugängliche Online Ringvorlesung mit namhaften Expert*innen. In den Fachvorträgen zur Diversitätssensitiven Psychotherapie sollen Grundlagen erörtert werden, ein Forschungsstand erhoben werden und Interventionen und Spezifika für die psychotherapeutische Praxis abgeleitet werden.

Diversitätssensitive Psychotherapie bezieht sich auf einen methodenübergreifenden Ansatz in der Psychotherapiewissenschaft, der die Bedeutung der kulturellen Vielfalt und der Unterschiede in der Identität und Erfahrung der Patient*innen anerkennt und diese in den psychotherapeutischen Prozess einbezieht.

Dabei wird berücksichtigt, dass Menschen aufgrund ihrer kulturellen Zugehörigkeit, ethnischen Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität unterschiedliche Erfahrungen und Perspektiven haben, die ihre psychischen Gesundheit beeinflussen können. Dementsprechend zielt eine diversitätssensible Psychotherapie darauf ab, den spezifischen Bedürfnissen und Erfahrungen der Patient*innen gerecht zu werden, um eine erfolgreiche Behandlung zu ermöglichen.

Der fachliche Diskurs innerhalb der Klinischen Psychologie und Psychotherapie soll dabei unterstützen, Vorurteile, Ressentiments und kulturelle Vorannahmen, die sich auf die psychotherapeutische Beziehung und Allianz auswirken können, zu erkennen und anzusprechen. Im besten Fall soll ein Beitrag geleistet werden, um sicherzustellen, dass die psychotherapeutische Versorgung und fachgerechte Behandlung für *alle* zugänglich, wirksam und relevant werden.

Eine Anmeldung zu den Online Vorträgen (jeweils MI 17:30 Uhr) ist nicht erforderlich, der Zoom Direktlink wird rechtzeitig hier zu Verfügung gestellt.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

  • MI 18. Oktober 2023
    Ass.-Prof.in Dr.in DOROTHEA OBEREGEGELSBACHER
    Psychotherapeutische Methoden bei intellektueller Beeinträchtigung
    Moderation: Mag. Herbert Geyer (PTW Wien)

Abstract

folgt in Kürze…

  • MI 22. November 2023
    Dr.in med. AMMA YEBOAH
    Rassismus, rassistische Diskriminierung & (Psychische) Gesundheit
    Moderation: em. Prof. Dr. Norbert Finzsch (PTW Berlin)

Abstract

Rassismus und rassistische Diskriminierung beinhalten strukturelle, kulturelle, interpersonelle und individuelle Aspekte, die sich historisch und kontextuell verändern. Rassistisches Handeln, sowie rassistische Diskriminierungserfahrungen im Gesundheitswesen sind u.a. die wichtigsten Determinanten von gesundheitlichen Ungleichheiten in der Bevölkerung. Internationale Studien der vergangenen 30 Jahren belegen, dass rassistische Diskriminierung eine unabhängige Einflussgröße für die psychische und physische Gesundheit darstellt. Insbesondere die psychische Gesundheit wird durch rassistische Diskriminierung erheblich beeinträchtigt.
Im Beitrag werden die Folgen rassistischer Diskriminierung bei der Gesundheitsversorgung dargestellt und die Zuhörerschaft wird eingeladen, Lösungsstrategien zur Überwindung von Rassismus für den Standort Deutschland mitzudiskutieren.

Dr. med. Amma Yeboah ist Psychodynamische Supervisorin und Fachärztin für Psychiatrie & Psychotherapie mit dem Schwerpunkt gendersensible, psychiatrisch psychotherapeutische Versorgung. Als Dozentin fokussiert sie intersektionale Perspektiven in der Medizin und Psychotherapie.

 

 

Literaturhinweise:
Kluge, Ulrike et al (2020): Rassismus und psychische Gesundheit. Der Nervenarzt vol. 91,11: 1017-1024.
Williams, David R et al (2019): Racism and health: evidence and needed research. In: Annual review of public health, 40, 105-125.
Yeboah, Amma (2017): Rassismus und psychische Gesundheit in Deutschland. In: Rassismuskritik und Widerstandsformen. S. 143-161. Springer VS, Wiesbaden.
Yeboah, Amma (2021): Gesundheitsfolgen rassistischer Diskriminierung. In: Sieberer, Jung & Führmann (Hrsg.) Migration und Gesundheit, S. 37-42. ELSEVIER-Essentials. Elsevier, München.

  • MI 20. Dezember 2023
    Dipl.-Psych.in SABINE MAUR
    Geschlechtsdysphorie bei Kindern und Jugendlichen: Praxis und Ethik
    Moderation: Ass.-Prof.in Dr.in Rebecca Kiegl (PTW Berlin)

Abstract

Die fachliche Unterstützung von gender-nonkonformen und trans Kindern und Jugendlichen und ihren Familien erfordert neben der fachlichen Expertise und einer queer-sensiblen Haltung spezifische Kenntnisse der Rahmenbedingungen für Psychotherapie, insb. im Hinblick auf die Frage nach geschlechtsangleichenden Maßnahmen. Hier stellen sich auch wichtige berufsethische Fragen. Hinzu kommt eine gesellschaftlich zunehmend rücksichtslos und menschenfeindlich geführte Debatte, die auch von uns Psychotherapeut*innen reflektiert werden sollte.

Sabine Maur, Psychologische Psychotherapeutin, niedergelassen in Mainz mit einem Versorgungsauftrag für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Vize-Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer. Vertritt die BPtK in der S3-Leitlinie Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter.

  • MI 24. Januar 2024
    Dr*in ESTHER HUTFLESS
    Gesellschaftliche Hierarchien und das Unbewusste. Psychoanalytisches Arbeiten mit Diversität, Intersektionalität und sozialer Ungleichheit
    Moderation: Mag.a Agnes Stephenson (PTW Linz)

Abstract

Menschen, die in Psychotherapien Unterstützung suchen, kommen nicht nur mit einer individuellen konflikthaften Familien- oder Traumageschichte in Behandlung, sondern auch mit einer individuellen und konflikthaften Geschichte, die auf sozialen Hierarchien, Erfahrungen mit Klasse, Sexismus, Homo- und Transphobie, Rassismus, Ableismus oder Antisemitismus beruht. Gesellschaftliche Hierarchien, Machtstrukturen und Normen können im Unbewussten ebenso wie Triebkonflikte oder Objektbeziehungsproblematiken wirken. Zum psychoanalytischen Credo Unbewusstes bewusst zu machen, gehört damit, meiner Auffassung nach auch, die Wirkungsweisen von gesellschaftlichen Hierarchien, Normen und Machtstrukturen bewusst zu machen, da wo sie aufgespürt werden können, denn auch daran knüpft sich häufig ein Leidensdruck. Dabei ist gilt es jedoch auch die psychische Realität nicht aus den Augen zu verlieren und gesellschaftliche Machtwirkungen nicht jenseits der individuellen, unbewussten Verarbeitungsmechanismen und der Triebkonflikte bzw. Objektbeziehungsproblematiken zu verstehen, an die sie sich mitunter binden.

Im Vortrag möchte ich aus einer klinischen Perspektive gesellschaftlichen Machtstrukturen und ihrer Wirkung auf das Unbewusste nachgehen und exemplarisch herausarbeiten, wie sie im klinisch-psychoanalytischen Setting in Erscheinung treten können. Darüber hinaus möchte ich das in der Psychoanalyse bisher vernachlässigte Konzept der Intersektionalität aufgreifen und danach fragen, inwieweit es für die Psychoanalyse produktiv gemacht werden könnte. Dabei verstehe ich Intersektionalität in einem doppelten Sinne: ich möchte damit nicht nur das Überschneidungsfeld verschiedener Diskriminierungsformen bezeichnen, sondern auch das Überschneidungsfeld zwischen Psyche und Gesellschaft im Allgemeinen und damit die Intersektionalität verschiedener gesellschaftlicher Hierarchien in ihrer Wirkung auf Subjektwerdung und Unbewusstes in den Blick nehmen. Die Psychoanalyse wird somit auch in ihrer klinischen Anwendung als kritische Theorie der sozialen Ungleichheit verstanden.

Esther Hutfless, geboren 1980, ist Philosoph*in, freie Wissenschaftler*in und Psychoanalytiker*in in Wien. Sie ist Mitglied des Wiener Arbeitskreises für Psychoanalyse und der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Sie lehrt an der Universität Wien, der Sigmund Freud Privatuniversität Linz und der Wiener Psychoanalytischen Akademie. Ihre* Forschungsfelder beinhalten: Poststrukturalismus, Dekonstruktion, queere und feministische Philosophie, Psychoanalyse, Queer Theory und psychoanalytische Gesellschaftstheorien.

 

Publikationen (Auswahl):
Von Identität zu Differenz zu Alterität. Jean Laplanche und das Denken nicht-normativer Geschlechtlichkeit in der Psychoanalyse. Kinderanalyse. Psychoanalyse im Kindes- und Jugendalter und ihre Anwendungen. 30. Jahrgang, 1, 2022, 4-27.
Of Traces, Translations and Deconstruction. Reading Laplanche with Derrida. In: The Undecidable Unconscious, Volume 8/2021, University of Nebraska Press. 1-27.
Gemeinsam mit Barbara Zach (Hg.) (2017): Queering Psychoanalysis. Psychoanalyse und Queer Theory – Transdisziplinäre Verschränkungen. Wien: Zaglossus.
Gemeinsam mit Gertrude Postl, Elisabeth Schäfer (Hg.) (2013): Hélène Cixous: Das Lachen der Medusa. Zusammen mit aktuellen Beiträgen. Wien: Passagen.