KARINA GRÖMER · THOMAS STÖLLNER
EIN ABGERISSENER ÄRMEL
AUS DEM SALZBERGWERK DÜRRNBERG
NEUE ERKENNTNISSE ZUR BRETTCHENWEBTECHNIK
IN DER EISENZEIT IN MITTELEUROPA
MIT BEITRÄGEN VON LISE RÆDER KNUDSEN UND HELGA RÖSEL-MAUTENDORFER
Die Grabung im Georgenberg: Fundumstände und
Datierung des Fundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
Motivanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
Technische Analyse von Textil Nr. 4470 . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
Nähte, Schnitttechnisches, Vergleich mit Situlendarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
Nähtechnik und Arbeitsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
Quellen zu Bortenbesätzen in der Eisenzeit . . . . . . . . . . . . 117
Komparative Studie zur Brettchenweberei . . . . . . . . . . . . . . . 118
Grundprinzipien der Brettchenweberei . . . . . . . . . . . . . . . 118
Rekonstruktion des Webvorganges bei der
Dürrnberg-Borte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Die Webtechnik der Dürrnberger Borte im
europäischen Kontext – eine komparative Studie . . . . . . . 121
Funktion der Brettchengewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
Katalog der Brettchenwebereien in Mitteleuropa . . . . . . . . . . 129
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Zusammenfassung / Abstract / Résumé . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
Der Dürrnberg bei Hallein kann als eine der herausragenden Fundstellen der europäischen Eisenzeit gelten.
Das Salz und die mit ihm verbundenen Wirtschaftszweige haben an diesem Ort eine einmalige Handelsund Kulturblüte ermöglicht, die vom 6. bis zum 1. Jahrhundert v. Chr. andauerte 1. In dieser Zeit etablierte
sich in etwa 600-800 m ü. NN über dem verkehrsgünstigen Salzachtal gelegen eine Großsiedlung, die nach
Ausweis ihrer reichhaltigen Funde mit vielen Zentren der eisenzeitlichen Welt, dem mediterranen Raum
ebenso wie auch der Keltiké, in Verbindung stand. Der Dürrnberg und sein Salzbergwerk sind bis heute
archäologische Fundstellen ersten Ranges geblieben. Das liegt vor allem an der ausgesprochen vielfältigen
Quellensituation und den guten Erhaltungsbedingungen. Sie können insbesondere im Salzbergwerk als
herausragend bezeichnet werden. Der konservierenden Wirkung des Salzes ist es auch zu verdanken, dass
die Abfälle des eisenzeitlichen Salzbergbaues in den heute wieder verschlossenen Gruben des »Alten Mannes« bestens überdauert haben und wie im benachbarten Hallstatt über die Arbeits- und Lebenswelt der
Bergleute Aufschluss geben. Zu den herausragenden Entdeckungen zählen vor allem die Textilfunde, die
durch ihre Farbigkeit und ihre gute Erhaltung beeindrucken. Neben Hallstatt und dem Prunkgrab von Hochdorf gehören die Textilobjekte aus den Bergwerken vom Dürrnberg zum größten und bedeutendsten Textilkomplex der keltischen Eisenzeit Mitteleuropas. Bis heute konnten nicht weniger als 600 Textilfunde in den
seit 1990 durchgeführten Untertagegrabungen geborgen werden. Im Gegensatz zum benachbarten Hallstatt, wo beginnend mit Hans Jürgen Hundt in den 1960er Jahren eine eigenständige Textilforschung entstand, wurden die wenigen Textilfunde anfänglich nur vereinzelt behandelt. Ein sogenanntes broschiertes
Gewebe, das ursprünglich in sekundärer Verwendung als Handhabe um einen defekten Pickelstiel gewickelt worden war, machte 1926 den Anfang, später erfolgte die Erstvorlage von 19 Textilfunden aus der
1
Siehe allg. Pauli 1985. – Zeller 1995. – Stöllner 2006.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
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Sammlung des Halleiner Arztes Dr. W. Mittermayer 2. Erst mit den neuen Grabungen wurden so zahlreiche
Neuentdeckungen gemacht, dass sich Katharina von Kurzynski des Themas annahm 3. Bisher konnten zu
diesen Untersuchungen nur ein kurzer Vorbericht und zumindest ein Katalog der Funde bis einschließlich
des Grabungsjahres 2000 vorgelegt werden 4. Der Neufund eines außergewöhnlichen Ärmelfragments mit
aufwendiger Brettchenborte im Jahr 2009 veranlasst nun abermals, auf den Fundbestand einzugehen.
Textilobjekte aus dem Salz bzw. aus Bergwerken allgemein unterliegen bestimmten Einschränkungen – so
ist ihre Erhaltung trotz der guten Konservierung des Gewebes insgesamt eher mäßig. Das ist zum einen
darin begründet, dass es sich ja primär schon in der Eisenzeit um zerschlissene und nur noch bedingt funktionstüchtige Stücke handelte. Sie werden kaum je in situ und im funktionalen Kontext gefunden. Es gibt
gute Argumente dafür, dass diese wie auch im Hallstätter Bergbau primär nicht als funktionstüchtige
Kleidung, sondern schon in sekundärer Nutzung als Lumpen in den Berg gelangt sind 5. So erklären sich
zwanglos auch außergewöhnlich reich verzierte Stücke wie eben jenes hier vorgestellte. Zum anderen sind
die Grabungsmethoden im Salz nicht immer besonders fundschonend, vor allem in sehr hartem »Gebirge« 6, das in der Regel mit dem Presslufthammer bearbeitet werden muss.
Ein weiteres Problem sind schließlich die Fundverhältnisse im »Berg«. Der Dürrnberger Salzberg ist mindestens seit dem Ende des 12. Jahrhunderts kontinuierlich durch einen immer größer gewordenen Aussolungsbergbau ausgebeutet worden: Diese großflächige und fast alle Teile der Lagerstätte umfassende Nutzung
hat in vielen Fällen auch das prähistorische Heidengebirge »angefahren« und dadurch gestört. Die Grabungsstelle im Georgenberg (s.u.) zeigt dies in exemplarischer Weise. Mit einigem Glück und Erfahrung können solche Störungen ausfindig gemacht werden: Die Regenerationsfreudigkeit des salinaren Gebirges
(wozu der prähistorisch entstandene Abraum des Abbaues, das sogenannte Heidengebirge, ebenfalls zählt)
kann zu einem fast unkenntlichen Wiederverschließen alter Hohlräume führen, was erneut das Erkennen
etwa einer jüngeren Störung im eisenzeitlichen Grubenbau erschwert. Die detaillierte Aufarbeitung der
Befunde hat solche Störungen glücklicherweise gut eingrenzen und dadurch auch Zweifel an der Datierung
des Fundmaterials zerstreuen können 7.
DIE GRABUNG IM GEORGENBERG:
FUNDUMSTÄNDE UND DATIERUNG DES FUNDES
An der Fundstelle 4 des Georgenberges (eines Betriebshorizontes des heutigen Salzbergwerkes) wird ein
Bergwerk des 5.-3. Jahrhunderts v. Chr. großflächig erforscht und nun seit 1995 an einem vollständigen
Querschnitt durch eine Steinsalzabbauhalle gearbeitet. Das mittlerweile auf 36 m und bis 21 m Gesamthöhe
angewachsene Profil kann als größtes zusammenhängendes Profil durch eine Abbauhalle im prähistorischen alpinen Salzbergbau gelten 8. Verschiedene Phasen des Abbaues werden hier in eindrücklicher Weise
Klose 1926. – Hundt 1961.
Kurzynski 1996; 1998; 2003.
4 Kurzynski 2002. – Stöllner 2005. – Die ursprünglich beabsichtigte Dissertation durch K. von Kurzynski ist leider bis dato nicht
abgeschlossen.
5 Siehe zu dieser Frage u. a. Hundt 1987, 285 f. – Kurzynski 2003,
154. – Stöllner 2005, 171 Abb. 12. – Grömer 2005a, 33. 38.
Daneben gibt es aber zweifellos originär für die Verwendung im
Bergwerk hergestellte Textilien, wie etwa Reste grober Wollgewebe aus dem spätbronzezeitlichen Bergbau im Tuschwerk in
Hallstatt verdeutlichen: Grömer 2007, 284-304. Gröbere Woll2
3
106
gewebe, aber auch leinenbindige Flachsgewebe mögen in Teilen
ebenfalls zur Kleidung der Bergleute gehört haben, sind dann vor
Ort zerschlissen und anschließend meist weiter genutzt worden.
6 z. B. das kernige Heidengebirge; siehe dazu Stöllner 2002, 25 ff.
7 Nach Stichproben an einer Anzahl von Stücken haben sich fast alle mutmaßlich eisenzeitlichen Textilien tatsächlich durch AMS-14CDatierungen als solche erwiesen: siehe Stöllner 2005, Anm. 16.
8 Dank gilt vor allem der Salinen Austria AG und dem Salzbergbau
Hallein Dürrnberg für die bewährte Zusammenarbeit und die
finanzielle Unterstützung, namentlich Herrn Vorstand Dipl.-Ing.
E. Gaisbauer und Herrn Betriebsleiter J. Brochenberger.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
ebenso wie die Größen der untertägigen Abbauräume verdeutlicht. Der Georgenberg gehört zu einem seit
Langem bekannten Fundbereich von »Heidengebirge« am Dürrnberg – ein erster beglaubigter Fund fällt in
das Jahr 1616, als dort eine vollständige konservierte prähistorische Salzmumie geborgen wurde. Moderne
Forschungen im Bereich des Georgenberg-Vorhaupt-Stollens (Umfeld-Freudenberg-Schürfl), der sowohl
von Otmar Schauberger als auch von Thomas Stöllner für den Fundort gehalten wird, haben größerflächige Grubenverbrüche belegen und damit eine mögliche Ursache für den Tod des prähistorischen Bergmannes aufzeigen können 9. Durch dendrochronologische Datierungen an Holzfunden aus verschiedenen
Phasen des Abbaues kann als gesichert gelten, dass es nach einer ersten Phase des Abbaues im 5. und frühen 4. Jahrhundert v. Chr. nach 330 v. Chr. zu einem Verbruch (Tagwasserereignis?) und anschließend zu
einem Stillstand des Abbaues gekommen ist. Erst in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. wird an
der Oberkante der alten Abbauhalle erneut ein Abbau in Betrieb genommen. Möglicherweise hängt dieser
Firstbergbau mit anderen Aktivitäten zusammen, durch welche schon in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. die alte und verschüttete Abbauhalle unterfahren und dort ein weiterer mächtiger Salzzug
abgebaut wurde. Darauf deuten Dendrodaten von Leuchtspänen hin, die jüngst in einer tiefen Heidengebirgsschicht im Nordwestquerschlag (Schicht 1d) ermittelt wurden 10. Nach heutigem Wissensstand war
die zusammengehörige Abbauhalle mind. 150 m lang und mehr als 30 m breit. Jüngere Störungen sind in
dieser jüngeren Abbauhalle an drei Stellen nachgewiesen und waren auch gut zu erkennen. So befinden
sich im Südosten und Süden der heutigen Hauptstrecke zwei Störungen des 14. und 15. Jahrhunderts, von
denen die ältere später als Unterstand und Abort genutzt worden war. Im nordwestlichen Teil des Grabungsbereiches konnte durch den Fund einer Leiter 2005 ein spätmittelalterliches Laugwerk (14. Jh.,
Schöpfpütte?, Wöhrwerk?) erfasst werden, das randlich von Nordosten kommend die prähistorische Stratigraphie störte (siehe Abb. 1).
Die jüngsten Grabungen wurden 2004-2010 in diesem Abschnitt in den nordwestlichen Bereich der
Abbauhalle geführt: Zunächst wurde einer Abbausohle aus dem 5./4. Jahrhundert v. Chr. gefolgt, ehe diese
durch die erwähnte Störung aus dem Spätmittelalter abbrach und erst wenige Meter weiter im Nordwesten
aufgefunden werden konnte. An der Unterkante dieser Störung wurde schließlich 2006 erneut ein ungestörter eisenzeitlicher Abbauhorizont entdeckt, der durch seine Datierung in das frühe 3. Jahrhundert v.Chr.
wahrscheinlich als Unterfahrung der alten Abbauhalle zu gelten hat (s. o.).
Im weiteren Verlauf der Grabung wurde die im Nordwesten der Störung abermals aufgefundene Sohle weiter verfolgt und in Teilen freigelegt. Nach der bisherigen Grabung war diese Sohle zunächst als frühlatènezeitlich einzustufen gewesen. Auffällig war einzig, dass sie entgegen der übrigen Sohlneigungen in anderen Teilen des Grubenbaues nun nicht abfallend, sondern ansteigend angelegt wurde. Die darüber befindlichen Abraumschichten bestanden aus tonigem Hauklein (Schichten 2a/b) sowie einer fundreichen, mit
Laufschichten (erkennbar an Leuchtspan- und Exkrementansammlungen) durchzogenen Versatzschicht
(Schicht 2c). In diese Schicht eingelagert ist neben vielen offensichtlich weggeworfenen Stücken besonders
ein mehrere Meter langer Geflechtbefund aus Haselnusszweigen und Haselnussstecken. Er liegt an dieser
Stelle in situ und muss ebenfalls mit der Abraumumlagerung zu tun haben, denn in ihm befindet sich eine
Schicht salzreichen Haukleins (sog. kerniges Heidengebirge). In diesem fundergiebigen Bereich wurde nun
der hier vorgestellte aufwendig verzierte Ärmel aus Brettchenborte und angenähtem, gerafftem
Wollgewebe entdeckt. Nach erstem Anschein widersprach das Motiv des Musters einer frühlatènezeitlichen
Einordnung nicht, bis 2010 ebenfalls in dieser Schicht als Rarität eine mittellatènezeitliche Eisenfibel aufgeSchauberger 1968, Fundstelle Z10a/b. – Stöllner 1999. – Stöllner 2002; ausführlich siehe Schatteiner / Stöllner 2001.
10 Alle Dendrodaten wurden in jahrelanger Arbeit zusammen mit
T. Sormaz, heute Denkmalpflege Graubünden, Dendrolabor,
9
Chur/CH, erarbeitet, dem ich hierfür herzlich danken möchte;
eine gut abgesicherte Koniferen-Mittelkurve ermöglicht mittlerweile die Datierung auch von Leuchtspänen: siehe Sormaz /
Stöllner 2005.
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K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Abb. 1
Das Nordost / Ost-Profil des eisenzeitlichen Grubenbaues im Georgenberg des Salzbergbaues Dürrnberg. – (Vorlage Th. Stöllner / G. Steffens, Deutsches Bergbau-Museum Bochum).
Abb. 2 Fibelfragmente aus der mittellatènezeitlichen Nachnutzungsphase des eisenzeitlichen Grubenbaues am Georgenberg. – (Vorlage M. Krause, Philipps-Universität Marburg / A. Kuczminski, Ruhr-Universität Bochum).
funden wurde (Abb. 2). Damit rückt die Datierung der Schicht 2c in die Zeit der Wiedernutzung der
oberen Teile der frühlatènezeitlichen Abbauhalle. Das reiche Fundmaterial und die heterogene Zusammensetzung dieser Schicht lassen sich zudem mit dem zeitlich korrespondierenden Schichtkomplex 5 im Südwesten des Grabungsprofils in Verbindung bringen. Auch dort wurde schon im Jahr 2000 ein mittellatènezeitliches Fibelfragment geborgen. Der Fundkomplex dieser fundreichen Versatzschichten ist somit interessant, bildet er doch die Unterkante des neuerlichen Abbaues in der Mittellatènezeit. Insofern wäre es
denkbar, dass an der Oberkante der mit Verbrüchen bedeckten Abbauhalle Abraum, sogenannter Versatz,
aus anderen Betriebsbereichen abgelagert wurde, ehe der Abbau selbst wieder an den Firsten (Decken) des
Hohlraumes eingesetzt hat 11. Somit wäre vorstellbar, dass das hier vorgestellte Textil (Nr. 4470) durchaus
älter als die Lt C1-zeitliche Datierung der beiden Fibeln aus dem späten 3. Jahrhundert v. Chr. ist.
MOTIVANALYSE
Eine Möglichkeit, das Stück ein wenig näher zeitlich einzuordnen, bietet die Analyse des auf der Brettchenborte in zwei Reihen übereinander auf indigoblauem, grün-hellblauem sowie auf braunem Hintergrund
aufgewebten schräg gestellten Zinnenmäanders. Dass ein Wellenmäander zum Hauptmotiv einer abschließenden Gewandborte gehört, ist nicht überraschend: Betrachtet man eisenzeitliche Textilien seit der frühen
Eisenzeit, so zählen Mäander unterschiedlichster Formgebung zum geläufigen Repertoire von reich verzierten Abschlusskanten 12. Außergewöhnlich allerdings ist die durch die stratigraphischen Verhältnisse angedeutete Datierung in die Mittellatènezeit. Denn die meisten Vergleichsstücke sind älter: So findet sich ein
ähnlicher laufender Mäander auf dem Brettchenband auf dem Kesseltuch von Hochdorf, hier allerdings als
gegenläufiger Zinnenmäander angeordnet. Ähnlich gegenläufig ist zudem der laufende Hakenmäander auf
dem Hallstätter Textil 123 angelegt; auch dieser Fund datiert sicher in die Hallstattzeit 13.
Hätte man nun den Eindruck, dass Zierweisen und Mäander dieser Art nur auf hallstattzeitlichen (Textil-)
Funden begegnen würden, so belehrt ein Blick auf Werke der Frühlatènezeit eines Besseren (Abb. 3). Vor
allem Objekte aus der Stufe Lt A (etwa 460/450-380/370 v. Chr.) kennen rapportartig angeordnete Mäan11
Alte, noch offene Laufwerksanlagen vermitteln einen Eindruck,
wie solche in Verbruch befindliche Hohlräume im alpinen Haselgebirge aussehen.
Siehe unten, etwa die Gewebe aus Hallstatt, Verucchio oder
Hochdorf; Zusammenstellung durch K. Grömer im Anhang.
13 Banck-Burgess 1999, 72 ff. 116 f. Taf. 28-29. – Grömer 2005b.
12
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109
Abb. 3 Mäander- und Spiralmäanderformen der Eisenzeit: 1 Želkovice. – 2-3 Hallstatt, Grab 994, Schwertscheide, Motiv eines Schildes
(2), Musterband randlich der Schwertspitze. – 4 Křečkov. – 5 Samsbacher Forst »Loisnitz«. – 6 Bránov. – 7 Dürrnberg, Grab 37/1. –
8 Dürrnberg, Grab 44/2. – 9 Hostý, Gürtelhaken. – 10 Beine, l’Argentelle, Wellenarmband. – (1. 4 nach Sankot 1996; 2-3 nach Egg /
Hauschild / Schönfelder 2006; 5 nach Schönfelder 2002; 6 nach Sankot 1994a; 7-8 nach Penninger 1972; 9 nach Sankot 1996; 10 nach
Verger 1989).
der als Abschlusszonen für komplexe Motivfelder oder auch für freigelassene Felder, die aber dadurch ebenfalls dekorativ wirken sollten. Eine grobe Durchsicht macht klar: Im entwickelten und späten 5. Jahrhundert
v. Chr. werden letztlich andere Mäander als in der Hallstattzeit bevorzugt, wenngleich das Erbe deutlich zu
erkennen ist. Mäander finden sich nicht nur auf Metall- und Keramikarbeiten, sondern auch auf Textilien
und, wie ein Fund vom Dürrnberg verdeutlicht, ebenso auf Lederarbeiten 14. Häufig sind reduzierte laufende
Hakenmäander nun als gegenläufige Haken angeordnet 15. Die Vorliebe für ineinander gewobene Haken,
die sich zu einem Hakenmäanderflechtband verdichten, wird auf der Schwertscheide von Hallstatt oder auf
der Bronzekanne von Basse Yutz (dép. Moselle/F) am Rand der Mündungsdeckplatte erkennbar 16. Winkelhakenmäander in beinahe hallstättischer Manier werden noch als feine Tremoloziselierung auf Eisenoberflächen angebracht: Ein herausragendes Beispiel hierfür ist das von Pavel Sankot vor Jahren vorgestellte
Hiebmesser aus Křečkov (okr. Nymburk/CZ) in Böhmen 17. Der traditionelle gewinkelte Zinnenmäander wird
bisweilen noch auf Keramik übertragen; Beispiele können z. B. aus der Champagne genannt werden 18.
Doch weitaus beliebter wird nun im 5. Jahrhundert v. Chr. der S-Hakenmäander oder, noch stärker ineinander greifend, der Wellenhaken- oder S-Spiralenmäander, der sich ähnlich wie auf etruskischen Importen
Kurzynski 1998. – Stöllner 2002, Taf. 31, 2557. – Leder: ebenda Taf. 93, A3159.
15 Übersicht über Mäanderformen bei Jacobsthal 1944, 75 f. Taf.
269. – Glauberg (Wetteraukreis), Grab 2: Baitinger 2002, 144
Abb. 104; 156 Abb. 121 (Röhrenkanne; Schwertscheide). –
Ehrenbürg (Lkr. Forchheim), Schnabelkanne: Abels 1992. –
Auch auf Keramik aus Sopron-Krautacker (Kom. Györ-MosonSopron / H): Jerem 1984; zur Stempelkeramik zuletzt vor allem
Zeiler 2010.
16 Zur Schwertscheide siehe zuletzt: Egg / Hauschild / Schönfelder
2005. – Barth 2009. – Zu Basse Yutz: Megaw / Megaw 1990.
14
110
Ein ähnlicher Mäander auf der Phalere des Depotfundes von
Jaroměř (okr. Hradec Králové/CZ): Vokolek / Sankot 2001.
17 Sankot 1994b, 45 Abb. 1, auch Sankot 1996, 560 Abb. 4. Ähnliche ziselierte Hakenmäander zudem auf kästchenförmigen
Metallgürtelhaken aus Bronze und Eisen: HerzogenburgOberndorf (Bz. St. Pölten/A), Grab Obj. 3, Fn. 9: mündl. Hinweis
J. W. Neugebauer †. – Franzhausen (Bz. St. Pölten-Land/A):
Neugebauer 1992, Abb. 27, 5. – Dürrnberg, Grab 125/2: Zeller
1995, Abb. 28. – Citolíby (okr. Louny/CZ): Sankot 1996, 562 ff.
Abb. 8. – Želkovice (okr. Beroun /CZ): Franz 1937/38, 406 ff.
18 Mont Troté (dép. Marne/F), Grab 151: Rozoy 1986/87, Taf. 71, 1.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
nördlich der Alpen (Bronzebecken von Loisnitz [Lkr. Schwandorf] und Hradiště nahe Písek / CZ) 19 beinahe
wellenförmig fortentwickelt – so etwa auf dem Schildbuckelrand von Bránov (okr. Rakovník / CZ), auf dem
Gürtelhaken von Hosty (okr. České Budějovice / CZ) oder auf dem »Stiel« des »Goldlöffelchens« aus dem
Kleinaspergle (Lkr. Ludwigsburg) sowie auf der Attasche der Dürrnberger Schnabelkanne. Am Dürrnberg
sind auch Keramikstempel wie auf dem Kegelhalsgefäß aus Grab 70/2 oder auf dem Gürtelhaken aus Grab
44/2 anzuführen 20. Die sogenannte Säule von Pfalzfeld (Rhein-Hunsrück-Kreis) zeigt, dass auch Steinwerke
umfänglich und beinahe flächig mit dieser »keltischen« Motivumdeutung versehen werden 21. Die seit dem
5. Jahrhundert v. Chr. üblichen Mäanderformen sind also einerseits als vereinfachende Umsetzungen älterer früheisenzeitlicher Mäanderformen zu verstehen, aber andererseits wie im Falle des Wellen-/Spiralhakenmäanders auch als eigene stilistische Umdeutung aufzufassen.
Keines der bisherigen Beispiele stellt eine genaue Parallele zu dem schräg gestellten Zinnenmäander von
Textil Nr. 4470 dar. Die ersten Objekte, die unserem Motiv nahe kommen, stammen aus dem späten Lt A:
Hochschlanke Zinnen- / Wellenmäander finden sich auf der Schulter einer Tonlinsenflasche von Atzelricht
(Lkr. Amberg), aber auch als Goldfiligran am Goldfingerring des Fürstinnengrabes von Reinheim (SaarpfalzKreis) 22. Im 4. und auch noch im frühen 3. Jahrhundert v. Chr. sind diese Mäander die letzten, die aus dem
reichen hallstatt- bis frühlatènezeitlichen Erbe noch weiter tradiert werden: In ihrer dynamischen Form erinnern diese Mäander an die Wellenmäander des westlichen Premièr style continu (nach V. Kruta und S.
Verger). Interessanterweise könnte man auch die vielfach seit Lt B1 (z. B. Dürrnberg Grab 37/1; Riekofen
[Lkr. Regensburg], Grab 6) vertretenen Wellenarmbänder in dieselbe motivgeschichtliche Tradition stellen 23.
Auf einer textilen Unterlage aufgebracht würden solche Unterarmbänder beinahe ähnlich wirken wie der
gelbe Mäander des Textils Nr. 4470. Damit reiht sich auch das Motiv unserer Brettchenborte in eine späte
frühlatènezeitliche Tradition ein und lässt es durchaus wahrscheinlich werden, dass das Stück selbst etwas
älter als die Ablagerung des bergmännischen Abraumes ist. Davon unberührt bleibt allerdings die Frage, ob
nicht insgesamt der Raum zwischen Dürrnberg und dem mittleren Donaugebiet noch länger an bestimmten Elementen des frühlatènezeitlichen Kulturerbes festhielt, wie sich etwa am Beispiel des
Keramikhandwerks (Linsenflaschen, Stempelware) aufzeigen lässt 24. Insofern wäre es nicht abwegig, einen
Herstellungszeitraum bis in das frühe 3. Jahrhundert v. Chr. anzunehmen, eben jener Zeit, als der Bergbau
im Georgenberg wieder fortgesetzt wurde.
T. S.
TECHNISCHE ANALYSE VON TEXTIL NR. 4470
Das Fragment vom Dürrnberg 25 (Nr. 4470; Abb. 4) ist ein abgerissener Ärmelteil, der an der Ärmelkante
dekorativ mit einer Borte geschmückt war. Der Umfang der Ärmelborte beträgt 25,5 cm, die Borte ist zwischen 1,6 und 2 cm breit. Das Grundgewebe des Ärmels, an den die Borte angenäht wurde, ist ab der Naht
noch max. 3,5 cm breit erhalten.
Michálek 1977, 641 Abb. 5. – Schönfelder 2002, 323 Abb. 2.
Bránov: Sankot 1994a. – Hosty: Sankot 1997, 37-58. – Kimmig
1988, bes. 196 ff. Abb. 129 Taf. 37 (Trinkhornende Nr. 2); 220
Taf. 41 (sog. Löffelchen). – Penninger 1972, 76 ff. Taf. 43, 6-8. –
Moosleitner / Pauli / Penninger 1974, Taf. 135, 24.
21 Zu Pfalzfeld: Jacobsthal 1944, Taf. 9-11, 1. Beispiele des Premièr style continu: ebenda Taf. 256, 113-116.
22 Reinheim: Echt 1999, Taf. 3, 1. – Zu Atzlricht schon: F. Weber,
Beitr. Anthr. Urgesch. Bayern 12, 1898, 56 Abb.
19
20
Zum Premièr style continu: Verger 1989; zu Beispielen aus
Riekofen und weiteren Parallelen: Uenze 1982, bes. 255 ff.
Abb. 5. – Krämer 1985, Taf. 82, 7. – Penninger 1972, Taf. 33,
A9; Beispiele auch im Westen: siehe Verger 1989, 319 Abb. 26.
24 Zuletzt zusammenfassend Zeiler 2010.
25 Die Analyse erfolgte im Rahmen des EU-Projektes 2007-2012
»DressID – Clothing and Identities. New Perspectives on Textiles
in the Roman Empire«.
23
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111
Abb. 4 »Ärmelrest« vom Dürrnberg. –
(Foto A. Schumacher, Naturhistorisches
Museum Wien).
Abb. 5 Grundgewebe: Schema des Spinnrichtungsmusters. –
(Graphik K. Grömer).
Faser
Garn / Zwirn
Fadendrehung
Drehwinkel
Fadenstärke
Gewebedichte
Kette
Schuss
Wolle
G
S/Z
30-60°
0,3-0,4 mm
10-11 Fäden/cm
Wolle
G
S/Z
30-60°
0,3 mm
12 Fäden/cm
Das Grundgewebe (Tab. 1) besteht aus gelblicher
Wolle und wurde in Leinwandbindung hergestellt –
der grundlegendsten Bindungsvariante, die aus der
einfachen Überkreuzung von Kett- und Schussfäden
resultiert. Der Stoff hat bei relativer Feinheit eine
leicht unregelmäßige Fadenstärke und ist nicht besonders dicht gewoben. Das Gewebe fügt sich mit
seiner Qualität und Bindungsart gut in die Riege der
anderen leinwandbindigen Textilien vom Dürrnberg
ein 26, wenn auch es durch ein Spinnrichtungsmuster
in Kette und Schuss sowie durch die angenähte Borte auffällt. Spinnrichtungsmuster sind vor allem in
der Hallstattzeit beliebt; zahlreiche Gewebe mit Mustern in dieser Technik finden sich in Gräbern des Osthallstattkreises 27 sowie im Salzbergwerk Hallstatt 28,
während sie hingegen am Dürrnberg seltener sind.
Bei Spinnrichtungsmustern werden gruppenweise
verschieden gedrehte Garne (S- und Z-gedreht) verwendet, um eine feine Ton-in-Ton-Musterung zu
erhalten. Besonders gut kommt der Effekt bei glatten, stark gedrehten Garnen zur Geltung. Beim
Ärmel vom Dürrnberg (Abb. 5) hat das Spinnrichtungsmuster in der Kette eine relative Gleichmäßigkeit, indem einander meist drei S- und drei Z-Garne
Kurzynski 2002. – Stöllner 2005.
Bender Jørgensen 1992, Abb. 148, Vače Typ.
28 Hundt 1987. – Kurzynski 1996, 35. – Grömer 2005a.
26
Tab. 1 »Ärmelrest« vom Dürrnberg. Technische Daten des leinwandbindigen Grundgewebes.
112
27
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
gelb (schmal)
Faser
Garn / Zwirn
Fadendrehung
Drehwinkel*
Fadenstärke
Gewebedichte
gelb (breit)
Kette
dunkelblau
Wolle
Wolle
Wolle
Z
Z
Z
S
Z
S
30-40°
30°
30°
0,2 mm
0,2-0,3 mm
0,2 mm
92 Fäden auf 1,8 cm; ca. 50 Fäden/cm
Schuss
dunkelbraun
grünblau
Wolle
Z
Z
30-40°
0,2 mm
Wolle
Z
S
30-40°
0,2 mm
Rosshaar
doppelt genommen
Haare parallel
nicht gedreht
8-10 Schüsse/cm
Tab. 2 »Ärmelrest« vom Dürrnberg. Technische Daten des Brettchengewebes. * Der Drehwinkel der Fäden des Brettchengewebes
wurde an den frei liegenden Fäden abgenommen. Durch das Brettchenweben werden Fäden in ihrer Zwirnung verstärkt oder aufgedreht.
abwechseln; teilweise sind es auch nur zwei oder vier Fäden derselben Drehrichtung. Hingegen ergibt die
Zählung des Spinnrichtungsmusters im Schuss etwas größere Abstände: Es sind meist abwechselnd vier Sund vier Z-Garne, manchmal auch fünf.
Während die Struktur der Spinnrichtungsmusterung durch die eher flauschigen Garne mit freiem Auge
nicht sichtbar ist, erhält dieses Stück besonderen Reiz durch die Raffung des Grundgewebes. Letzteres hat
einen zweimal umgeschlagenen Saum, der mit hellem S-Zwirn derselben Stärke wie das Grundgewebe
festgenäht ist. Der Bereich unterhalb des Saumes ist mit dickem, meliertem S-Zwirn gerafft, und mit diesem Zwirn wurde auch die Borte angenäht.
Das Brettchengewebe (Tab. 2) wurde mit 29 Brettchen gefertigt (technische Details zur Herstellung siehe
Beitrag von L. Ræder Knudsen). Die Kettfäden bestehen aus feinen, verschieden gefärbten Wollzwirnen,
während als Schuss paarig bis dreifach genommene Rosshaare (Abb. 6, 1) verwendet wurden. Der benötigten Länge nach stammen sie vom Schweif des Pferdes und sind stark pigmentiert, erscheinen also als
tiefschwarze Haare.
Das Brettchengewebe 29 trägt ein Mäandermuster, wie es in ähnlicher Weise auch von der »Ärmelborte«
aus Hallstatt (Textil 123)* oder von Hochdorf (Gewebe TK 7C)* bekannt ist. Ab der Naht mit dem
Grundgewebe hat es als Rand einen schnurbindigen dunkelblauen Strang, darauf folgt eine Musterfläche
in aufhebendem Drehrhythmus; als Motiv findet sich ein breiter gelblicher Mäander auf blockweise wechselndem Hintergrund in Dunkelbraun und hellem Grünblau. Als Abgrenzung zum zweiten Musterfeld dienen anschließend schnurbindige Stränge in Dunkelblau. Der zweite Musterstreifen (als Ärmelabschluss)
wurde ebenso in aufhebendem Drehrhythmus gestaltet. Das Motiv und die Anordnung der Musterblöcke
entsprechen den anderen, es wurden aber schmale gelbliche Mäander auf wechselnd dunkelbraunem und
dunkelblauem Hintergrund geformt. Die Brettchenborte ist an der Seitenkante bestoßen. Da jedoch an vielen Stellen zu sehen ist, dass der Schuss aus Rosshaar um die Kante biegt (Abb. 6, 1), kann von einer
Vollständigkeit des Bandes (in seiner Breite) ausgegangen werden. Es wurde hier als seitlicher Abschluss
kein weiterer schnurbindiger Strang gearbeitet.
Trotz der schönen Regelmäßigkeit an der Vorderseite des Brettchengewebes sind an der Rückseite zahlreiche Fehler sichtbar, die ein beredtes Zeugnis davon geben, dass die Herstellung dieses komplexen Musters
Schwierigkeiten bereitete.
In Kooperation mit dem VIAS (Vienna Institute for Archaeological Science, Mag. Mathias Mehofer) konnte
eine Faseranalyse mit dem Rasterelektronenmikroskop durchgeführt werden (Abb. 6). Bei der Detektion
der Fasern des Grundgewebes, der Brettchenborte und des Nähfadens fielen einige Besonderheiten auf:
Generell ist das Faserbild der Brettchenborte mit seinen gleich gerichteten Wollfasern viel homogener als
29
Die nachstehend genannten Funde mit der Kennzeichnung * sind im Katalog aufgeführt und dort mit Literaturhinweisen versehen.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
113
Abb. 6 Aufnahmen im Rasterelektronenmikroskop: 1-2 Brettchenborte, Schuss aus doppelt genommenem Rosshaar, Detail an oberer
Kante der Borte. – 3 Kette in Wolle. – 4 Wollener Nähfaden mit abgenutzten Stellen. – (Rasterelektronenmikroskopie M. Mehofer, VIAS).
Abb. 7 Nähtechnische Details: zusammengenähte Stelle der Borte. – (Foto A. Schuhmacher, Naturhistorisches Museum Wien; Zeichnung H. Rösel-Mautendorfer).
114
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
beim Grundgewebe, bei dem neben den feinen Wollhaaren auch dickere Grannenhaare erkennbar sind.
Dies ist möglicherweise darin begründet, dass die Wolle vor dem Spinnen für die Kettfäden der Brettchenweberei besser aufbereitet war. Es wurden also die groben Haare ausgekämmt und die Fasern parallel
gerichtet, um gleichmäßige, dünne und zugleich starke Fäden spinnen zu können. Eventuell beruhen die
Unterschiede im Faserbild (verschiedene Wollfeinheiten) auch darauf, dass das Vlies diverser Schafrassen
verwendet wurde.
Des Weiteren kann gerade bei den Nähfäden im mikroskopischen Bild erkannt werden, dass die Oberflächen der an exponierter Position befindlichen Fasern stark beansprucht sind. Sie wirken geradezu »abgeschabt« und haben an manchen Stellen abgeplattete Querschnitte (Abb. 6, 4). Dieselben Fasern zeigen
jedoch an geschützten Abschnitten jene typische Schuppenstruktur von Wollfasern. Dies ist auf langen Gebrauch des jeweiligen Textils zurückzuführen, ebenso wie die stark bestoßene Gewebekante der Brettchenborte.
K. G.
NÄHTE, SCHNITTTECHNISCHES, VERGLEICH MIT SITULENDARSTELLUNGEN
Das Objekt Nr. 4470 weist mehrere Nähte auf. Den Abschluss des Leinwandgewebes bildet ein 5 mm breiter Saum, der mit Saumstichen befestigt wurde. Der Nähfaden, ein S-Zwirn von ungefähr 0,6 mm Stärke,
hat dieselbe Farbe wie das Gewebe und ist aufgrund des zusammengezogenen Stoffes nur an wenigen
Stellen gut sichtbar. Der Saumeinschlag befindet sich auf der Schauseite. Der Umfang des Trägermaterials
ist größer als der Umfang der an die Saumaußenkante angenähten Borte. Um die Ärmelweite an die
Bortenweite anzupassen, wurde diese mit einer Vorstichreihe zusammengezogen, was zu einer Raffung des
Stoffes führte. Diese Vorstichreihe befindet sich im Abstand von 6,5-7 mm parallel zur Außenkante des
Saums. Der Nähfaden dieser Vorstichreihen entspricht dem Nähfaden, der die Borte am Saum befestigt und
die Borte zusammenhält. Im Gegensatz zum Nähfaden des Saumes wirkt dieser S-Zwirn mit einer Stärke
von 1-1,3 mm sehr grob. Der Faden besteht aus einem Gemisch heller und dunkler Fasern, die sich optisch
zwar gut an das Gewebe angleichen, aber nicht optimal zum Brettchenband passen. Die Stichlänge beträgt
4-7 mm. Die Ärmelnaht des Gewebes ist nicht mehr vorhanden, lag aber ursprünglich in dem Bereich, in
dem auch die Borte zusammengenäht war, da hier der Saumbereich vor der Reißkante etwa 5 mm überlappt. Anzumerken ist, dass die Reißkante des Trägermaterials nicht bis zur Schnittkante der Borte reicht.
Um die Brettchenborte rund zusammenzunähen (Abb. 7), wurden die jeweils unversäuberten Schnittkanten des Gewebes 2,2 cm breit übereinandergelegt und an drei Stellen in diesem überlappenden Bereich
quer zur Bortenrichtung aneinandergefügt. Die erste Nahtstelle ist 3,5 mm von der Schnittkante entfernt,
in 6,6 mm Abstand folgt die zweite, und in 8,8 mm Abstand von der zweiten Nahtstelle wurde das Gewebe
das dritte Mal befestigt. Genäht wurde die Borte mit Vorstichen (Stichlängen zwischen 3,5 und 5,5 mm);
zudem finden sich auf der Schauseite der Überlappungsstelle zwei Fadenverknotungen.
Derselbe Zwirn, der zum Zusammennähen der Borte verwendet wurde, wurde auch benutzt, um diese an
dem Trägermaterial zu befestigen (Abb. 8). Es handelt sich ebenfalls um Vorstiche mit einer mittleren Stichlänge von 5-6 mm, die allerdings nicht in einer Reihe, sondern um die Ecke gearbeitet wurden. Die Naht
verbindet die Saumaußenkante des Leinwandgewebes mit der Bortenkante Stoß an Stoß. An der Schauseite erscheint das Stichbild als zwei versetzte Vorstichreihen. Auf der Rückseite sind kaum Stiche zu erkennen, da die Gewebe nicht zur Gänze durchstochen wurden. Zu sehen sind die quer liegenden Stiche hauptsächlich in dem Bereich, wo die Kanten aneinanderstoßen.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
115
Abb. 8 Nähtechnische
Details: Verbindungsnaht zwischen Borte und Grundgewebe. –
(Foto A. Schuhmacher, Naturhistorisches Museum Wien; Zeichnung H. Rösel-Mautendorfer).
Vergleiche mit den Brettchengeweben mit Nähten oder Nahtresten aus dem Salzbergwerk in Hallstatt 30 zeigen, dass diese Methode des Annähens bei den hallstattzeitlichen Funden nicht üblich war. Die Brettchengewebe aus Hallstatt wurden immer mit Überwindlingstichen Stoß an Stoß mit dem Trägermaterial verbunden.
Nähtechnik und Arbeitsablauf
Aufgrund der unterschiedlichen Nähfäden und Arbeitsweisen scheint es, dass das Objekt in mehreren
Arbeitsabläufen hergestellt wurde. Ein Arbeitsschritt ist das Versäumen des leinwandbindigen Grundgewebes. Auffallend ist, dass der Saum mit einem zum Stoff passenden Faden sorgfältig gearbeitet wurde.
Ob der Saum vor oder nach der Fertigung der Ärmelnaht erfolgte, kann man aufgrund des Fehlens dieser
Naht nicht entscheiden.
Es erscheint ungewöhnlich, dass sich der Saumeinschlag auf der Schauseite befindet. Ein Fragment der
Brettchenborte Hallstatt-Textil 186* zeigt, dass zumindest in diesem Fall der Saum nicht auf die Schauseite
geschlagen wurde. Der Saum des Brettchengewebes wurde, aufgrund der Musterung erkenntlich, auf die
Rückseite geklappt und dort angesäumt.
Andere Arbeitsschritte sind das Zusammennähen der Borte, das Zusammenraffen des Trägermaterials und
das Annähen dieser an das Trägermaterial. Die Verwendung des gleichen Nähfadens spricht dafür, dass
diese Arbeitsschritte einen zusammengehörigen Arbeitsablauf gebildet haben. Die Art der Befestigung der
Borte an dem Trägermaterial setzt voraus, dass das Leinwandgewebe bereits mit einem Saum versehen war,
da es nähtechnisch in diesem Fall nicht möglich ist, diese Kante im Nachhinein zu säumen. Eventuell entstand auch die Ärmelnaht erst in diesem Stadium der Verarbeitung.
30
Hallstatt-Textil 43: Hundt 1960, 145-146. – Hallstatt-Textilien
123, 136 und 152: unveröff. Katalog der Hallstatt-Textilien von
116
K. von Kurzynski, Fundaufnahmen 1986-1991. – Hallstatt-Textil
186: Grömer 2001, 50-51.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Bortendarstellungen
im Saumbereich
an Ärmeln
hallstattzeitliche Keramik
Ritzzeichnungen auf Keramik
aus Sopron: »Wagenfahrt- und
Tanzszene«, »Opferszene«
Statuette von Idrija bei Bača
Statuette von
Idrija bei Bača
Situlendarstellungen
Situla aus Matrei
Votivplatte aus Montebelluna
Gürtelhaken aus Este-Carceri
Situla aus Kuffern
Situla von Vače
Situla von Certosa
Situla von Welzelach
Situla von Vače
Situla von Certosa
Situla von Welzelach
latènezeitliche
Darstellungen
rätische Votivfigur aus Imst
Schwertscheide
aus Hallstatt
Tab. 3
entlang der
Mantelkante
an Kopftüchern
oder Schleiern
Situla
Situla
Situla
Situla
Gürtelblechfragment
aus Breje bei
Trebelno
Bronzetintinnabulum
aus Bologna
aus Kuffern
von Vače
von Certosa
von Welzelach
Eisenzeitliche Bortendarstellungen.
Ob zwischen diesen Verarbeitungsstadien ein zeitlicher Abstand liegt, während dessen der Ärmel oder die
Borte separat verwendet wurde, oder ob die Arbeitsschritte direkt aufeinanderfolgten, kann nicht entschieden werden. Bei einem direkten Turnus stellt sich die Frage, aus welchem Motiv der Nähfaden gewechselt
wurde. Gründe dafür können im profanen Bereich liegen (der besser passende Faden war verbraucht) oder
auf das ästhetische Empfinden des oder der Nähenden zurückgehen. Denkbar wäre ebenfalls, dass die
Arbeitsschritte von verschiedenen Personen durchgeführt wurden.
Quellen zu Bortenbesätzen in der Eisenzeit
Die Verwendung von Borten als Ärmelbesätze findet man auch auf einem Originalgewand, dem eisenzeitlichen Kittelfund von Thorsberg (Kr. Schleswig-Flensburg). An beide Ärmel wurden 14 mm breite Brettchenborten angenäht 31. Weitere Hinweise auf Bortenbesätze bieten die Darstellungen von Gewändern auf
zeitgenössischen Kunstwerken (Tab. 3). Bei vielen kommen immer wieder schmale, zum Saum parallele
Bereiche vor, die durch gleich gerichtete Linien oder Schraffierungen gefüllt werden. Diese Abbildungen
könnten solche Bortenbesätze darstellen32. Solche schmalen, abgegrenzten Bereiche findet man z. B. am
Saum der Gewänder auf der »Wagenfahrt- und Tanzszene« und der »Opferszene« der hallstattzeitlichen
Ritzzeichnungen aus Sopron 33.
Gekennzeichnete Abschnitte als Abschluss verschiedener Gewandteile sind ebenso auf diversen Situlendarstellungen 34 und auf der Statuette von Idrija bei Bača (reg. Goriška / SLO) 35 zu sehen. Auch die frühlatènezeitlichen Oberteile der Figuren auf der Schwertscheide aus Hallstatt weisen solche Säume auf. Eine
rätische Votivfigur aus Imst / A zeigt einen Bortenbesatz im Saumbereich 36 (siehe Tab. 3). Diese recht oft
vorkommenden Bortenbesätze weisen darauf hin, dass das Anbringen von Borten eine übliche Art der
Saumgestaltung war.
H. R.-M.
Schlabow 1976, 71.
Mautendorfer 2005, 47-48.
33 Eibner Persy 1980, 142. 238 Taf. 29. – Dobiat 1982, 295 Abb.
12.
Lucke / Frey 1962.
Kurzynski 1996, 47 Abb. 41.
36 Gleirscher 1993, 232 Abb. 201.
31
34
32
35
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
117
KOMPARATIVE STUDIE ZUR BRETTCHENWEBEREI
Grundprinzipien der Brettchenweberei
Brettchenweben ist eine alte Technik 37, bei der mit meist quadratischen, an den Ecken gelochten Brettchen
aus Holz, steifem Leder, Knochen o. Ä. Bänder und Gewebekanten hergestellt werden. Es finden auch drei-,
fünf- oder sechseckige Brettchen Anwendung. Es werden für sehr schmale Bänder nur wenige Brettchen
benötigt, für breitere – wie bereits in der Ur- und Frühgeschichte nachgewiesen – weit über 100. Als
Extrembeispiel sei der »Prachtmantel« von Thorsberg aus der römischen Eisenzeit genannt, bei dem 178
Brettchen verwendet wurden 38. Die Größe der Brettchen wird meist so gewählt, dass sie mit den Händen
gut zu umfassen sind, ca. 3 × 3 bis 10 × 10 cm; sie ist jedoch für das Gewebe selbst unerheblich. Die Anzahl
und Stärke der Kettfäden bestimmt die Breite des
Gewebes, wie dies auch bei anderen Webarten der
Fall ist.
Während bei herkömmlichen Webmethoden (Bandweberei mit Webgitter, Litzenstäben etc., Leinwandbindung oder Köper am Gewichtswebstuhl etc.) 39
Fadensysteme miteinander verkreuzt werden, besteht die Besonderheit beim Brettchenweben darin,
dass die jeweils durch die Löcher eines Brettchens
laufenden Kettfäden miteinander verdreht werden.
Die so entstehenden Kettfadenkordeln werden
durch den Schussfaden zu einem Gewebe verbunden. Charakteristischerweise ist bei einem Brettchengewebe der Schussfaden nicht sichtbar. Die
Brettchenweberei benötigt nicht unbedingt einen
fixen Rahmen oder ein Gestell, wie es der Gewichtswebstuhl darstellt. Das Arbeitsstück muss lediglich
zwischen zwei Fixpunkten gespannt werden, etwa
waagrecht zwischen zwei Pfosten oder an einem
Ende direkt am Körper der Weberin/des Webers. Genauso ist es möglich, die Brettchenweberei senkrecht
zu befestigen, etwa an einem erhöhten Punkt. Als
Abb. 9 Funktionsprinzip der Brettchenweberei. – (Graphik K. GröSpannung können dann auch Webgewichte dienen.
mer).
Das Webfach wird gebildet, indem die Brettchen um
je eine Vierteldrehung gedreht werden (Abb. 9).
Jede Drehung der Brettchen bringt andere Kettfäden an die Oberseite des Gewebes und ergibt eine neue
Fachbildung, durch die der Schussfaden durchgeführt wird. Die Verschnürungsrichtung der Kettfäden – Soder Z-Verschnürung – wird durch die Einzugs- und Drehrichtung der Brettchen bestimmt.
Je nachdem, in welcher Kombination farbige Fäden bei der Kette verwendet werden, sind vielfältige
Musterungen webbar. Die Drehrichtung der Brettchen bietet eine weitere Möglichkeit der Motivgestaltung.
Dreht man alle Brettchen abwechselnd vor und zurück, ergeben sich bei entsprechender Bespannung
37
Grundlegend: Collingwood 1982. – Hansen 1990. – Schlabow
1957.
118
38
39
Schlabow 1952. – Schlabow 1965.
Vgl. Grömer 2010, 97-142.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Zickzack- oder Rautenmuster. Die Umkehr der Drehrichtung bedingt eine Umkehr des Strukturbildes; dabei
wird das Muster in Längsrichtung des Gewebes gespiegelt. Diese sogenannten Umkehrstellen, bei denen
der Schussfaden im Gewebe ein kurzes Stück sichtbar wird, sind ein charakteristisches Merkmal der
Brettchenweberei.
Für kompliziertere Motive muss man in einem Arbeitsvorgang einzelne Brettchen vor-, andere zurückdrehen, bevor man den Schussfaden durch das Webfach führt. Eine andere Methode, eine Änderung der
Kettschnur-Drehrichtung hervorzurufen, ist bei Vierlochbrettchen jene, bei der die Brettchen um ihre eigene Achse geklappt werden, womit man gleichsam die Grundeinstellung der Einzugsrichtung wechselt.
Dann werden alle Brettchen nach vorne gedreht. Nach jedem Schuss muss wieder das Brettchen, dessen
Drehrichtungsänderung erwünscht ist, geklappt werden, um abermals alle Brettchen nach vorne zu drehen.
Auf welche Weise die Drehrichtung der Kettschnüre modifiziert wird – durch Klappen oder durch Vor- bzw.
Zurückdrehen – ist in den meisten Fällen unerheblich und auch im Gewebe selbst nicht zu sehen.
Weitere bereits in der Urgeschichte verwendete Brettchenwebtechniken werden unten diskutiert.
K. G.
Rekonstruktion des Webvorganges bei der Dürrnberg-Borte
Die Brettchenborte Nr. 4470 aus dem Salzbergwerk von Dürrnberg gehört mit zu den ältesten Brettchengeweben Europas. Die exzellente Konservierung im Salz ermöglicht eine genaue webtechnische Analyse
des Fundes. Man kann den Fäden ebenso gut folgen wie bei einem modernen Gewebe. Die Verwendung
von Pferdehaar als Schuss macht die Borte sehr steif, was in diesem Falle – die Funktion als Kantenbesatz
eines Ärmels – von Vorteil ist.
Die brettchengewobene Borte vom Dürrnberg wurde mit 29 Vierlochbrettchen angefertigt. An der zum
Grundgewebe weisenden Kante und in der Mitte finden sich einfarbige Kettstränge, einer seitlich, vier als
Mittelelement. Diese wurden mit Brettchen hergestellt, bei denen alle vier Löcher mit blauen Fäden bezogen waren. Die Brettchen waren jeweils von derselben Seite befädelt und je um eine Vierteldrehung kontinuierlich in eine Richtung gedreht worden, um einen gleichmäßigen Gewebeabschluss bzw. Motivteiler
zu erhalten. An der Außenkante des angenähten Bandes konnte kein einfarbiger Kettfadenstrang festgestellt werden. Aus webtechnischer Perspektive ist dies ungewöhnlich, da das Mustergewebe nicht als eine
vergleichbar feste Kante dienen kann wie etwa eine schnurbindige Struktur.
Die beiden Musterzonen wurden mit 13 bzw. 11 Brettchen gefertigt. In einer Zone ist das helle Mäandermuster zwei Fäden (zwei Brettchen) dick; die andere Musterzone hat dasselbe Muster, ist jedoch nur einen
Faden (ein Brettchen) dünn. Bei den Musterzonen wechseln einander Blöcke von Mäandern mit verschiedenen Hintergrundfarben ab. Das Muster wurde in einer bisher unbekannten Technik ausgeführt. Der erste
Eindruck verleitete zu der Annahme, dass das Band mit Sechslochbrettchen hergestellt wurde, wobei je
zwei Fäden von Gelb, Blau und Braun nebeneinander verwendet worden sein könnten. Die Analyse der
Fadenverläufe an der Originalborte erbrachte, dass für die wie als ein Kettfadenstrang erscheinenden (sechs
musternde Kettfäden umfassenden) Fadensysteme je doppelt genommene Vierlochbrettchen mit je drei
Fäden benutzt wurden. Für dieses Vorgehen spricht auch die Tatsache, dass bei der Verwendung von
Sechslochbrettchen die entstehenden sechsfädigen Kettfadenstränge das Gewebe viel dicker wirken lassen,
als dies am Original beobachtet werden kann.
Verschiedene Rekonstruktionsversuche zeigten, dass die Vierlochbrettchen folgendermaßen befädelt sein
müssen (Abb. 10): Je ein blauer, gelber und brauner Faden, das vierte Loch bleibt frei. Beim Webvorgang
werden die Brettchen so gedreht, dass die Musterfarben sowie die gewünschte Hintergrundfarbe an der
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
119
Abb. 10 Rekonstruktion der
Herstellungsweise der Ärmelborte
vom Dürrnberg. – (Graphik
L. Ræder Knudsen).
Oberfläche erscheinen und die nicht benötigte Farbe unter den Schuss gleitet. Dies erscheint für einen in
den herkömmlichen Techniken versierten Brettchenweber etwas unorthodox, es ist aber eine sehr einfache
und effiziente Methode.
Bei beiden Mustersequenzen werden Gruppen von Brettchen sowie auch einzelne individuell gedreht
(Abb. 11). Weder der Drehvorgang noch das Durchführen des Schussfadens unter Vermeidung der nicht
benutzten Farbfäden ist kompliziert. Doch die Befädelung und Positionierung der Brettchen birgt Herausforderungen, vor allem beim Übergang von einer Hintergrundfarbe zur anderen. Bei anderen Techniken
(etwa bei der Befädelung hell-hell-dunkel-dunkel) ist es möglich, die Brettchen auch um die eigene Achse
zu drehen oder sie zu klappen, um längere einfarbige Strecken in »Köpertechnik« zu erhalten. Da beim
Dürrnberger Band jedoch drei verschiedene Farben und ein freies Loch je Brettchen verwendet werden,
muss anders vorgegangen werden. Anscheinend hat man vor allem beim Übergang von einem Block mit
einer Hintergrundfarbe zum nächsten auch die Position der Brettchen gewechselt, um eine saubere Linie
zu schaffen. Dies bedeutet zudem, dass der Weber sehr viele verschiedene Handgriffe ausführte, um das
gewünschte Ergebnis zu erhalten.
Die Umzeichnung des Musters (Abb. 10) zeigt pro Spalte die Fäden eines Brettchens sowie jene Positionen,
bei denen man aufgrund eines unbefädelten Loches den Schussfaden an der Bandoberfläche sehen kann.
120
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Abb. 11 Rekonstruktion der
Borte: die Drehvorgänge. –
(Foto L. Ræder Knudsen).
Die Graphik konzentriert sich dabei auf die Rekonstruktion der Webtechnik an den Musterzonen. Zum
Verständnis der Details am Übergang von einem Hintergrundblock zum nächsten sind noch weiterführende Rekonstruktionsversuche nötig. Am Originalband sind vor allem an diesen Übergängen viele kleine
Fehler sichtbar, die teils nur unter dem Mikroskop zu erkennen sind. Diese Fehler sind auch an verschiedenen Stellen unterschiedlich, wo sich das Muster wiederholt. Das deutet darauf hin, dass der Weber das
Muster aus dem Gedächtnis ausführte und keine wie auch immer geartete Aufzeichnung des Webvorganges benutzte.
L. R. K.
Die Webtechnik der Dürrnberger Borte im europäischen Kontext –
eine komparative Studie
Für eine Beurteilung der eisenzeitlichen Brettchenwebtechnik sind die Funde von Webgeräten (Brettchen)
und die erhaltenen Originalgewebe wesentlich.
Der früheste gesicherte Fund eines Webbrettchens ist von der Fundstelle Abri Mühltal I (Lkr. Göttingen) 40
bekannt. Dieses kam in der jungbronzezeitlichen Schicht 6 (14C-datiert um 1400-1075 BC) zutage, gemeinsam mit anderen Textilgeräten: einem Spinnwirtelfragment und einem Glättstein (Saumglätter). Das 0,4 cm
dicke Knochenbrettchen ist mit einer Kantenlänge von 3,5-3,7 cm quadratisch und trägt neben den obligatorischen vier Löchern an den Ecken auch eine Verzierung an einer Seite, nämlich Kreisaugenmuster.
Handliche, flache, quadratische Tonobjekte mit Löchern an den Ecken gibt es bereits im Neolithikum, z. B.
in der mitteleuropäischen Lengyel-Kultur aus dem Zeitraum zwischen 4900 und 4300 v. Chr., etwa aus
40
Grote 1994, Teil I/1, 149; Teil I/2, Taf. 101, 2-3.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
121
Pottenbrunn (Bz. St. Pölten/A) 41. Ohne entsprechende Funde von Textilien in Brettchenwebtechnik ist aber
eine so frühe Verwendung dieser gelochten Tonbrettchen für die vorgestellte Webtechnik fraglich. Jene
Gegenstände der Lengyel-Kultur werden eher als Deckel für die ebenfalls in dieser Zeit vorkommenden kleinen würfelförmigen Tongefäße angesehen.
Eisenzeitliche Funde von viereckigen Webbrettchen sind aus Italien 42 bekannt, etwa aus Fianca oder
Poggiomarino (prov. Napoli), 9. bzw. 8. Jahrhundert v. Chr. Aus dem nordischen Raum kennt man eisenzeitliche Brettchenfunde aus Dänemark 43, genauer aus Dejbjerg (Kom. Ringkøbing-Skjern), Østergaard und
Sejflod (Kom. Aalborg), jeweils datierend um die Zeitenwende. Besonders eindrucksvoll ist der Befund aus
Grab 200 von El Cigarralejo in Spanien 44, wo in einem Grab vom Anfang des 4. Jahrhunderts v. Chr.
Brettchengewebe sowie das zugehörige Werkzeug, 3-3,5 cm kleine viereckige, gelochte dünne Webbrettchen aus Buchsbaumholz, zutage kamen. Aus der hallstattzeitlichen Siedlung von Smolenice-Molpír
(okr. Trnava / SK) 45 konnte ein flaches dreieckiges Tonbrettchen mit Löchern in den Ecken geborgen werden, das ebenso als Webbrettchen gedient haben könnte.
Dass die Brettchenweberei auch noch in den Jahrhunderten nach der Zeitenwende präsent war, zeigen
diverse Funde von quadratischen und dreieckigen gelochten Brettchen aus verschiedenen römischen
Provinzen, für Britannia und Germania zusammengestellt von John-Peter Wild 46. Die durchwegs beinernen
Brettchen sind dreieckig mit drei Löchern oder quadratisch mit vier Löchern und haben meist Seitenlängen
zwischen 3,5 und 5 cm. Aus dem römischen Österreich ist ein dreieckiges Webbrettchen nebst einem
Gewichtswebstuhl aus einem Streifenhaus in Linz-Altstadt bekannt 47.
Als die ältesten textilen Nachweise für Brettchenweberei galten der sogenannte Ramses-Gürtel aus Ägypten, 1200 v. Chr., und drei Leinenbänder aus der 22. Dynastie (945-745 v. Chr.). Dies ist jedoch von Peter
Collingwood in seinen fundierten Studien infrage gestellt worden 48. Nach den neuerlichen Analysen von
Heidemarie Farke an einer Gewebeanfangskante aus der mittelbronzezeitlichen Gräbergruppe in Schwarza
(Lkr. Schmalkalden-Meiningen) im mitteldeutschen Thüringen 49 wurde dieses Stück mit Vierlochbrettchen
hergestellt und ist somit das älteste Brettchengewebe Europas.
Mit den textilen Funden von eisenzeitlichen Brettchengeweben steht diese Technik dann voll entwickelt mit
einer großen Varianz in der Handhabung dieser Webgeräte da. Diverse Web- und Musterungstechniken
können anhand der Originalfunde unterschieden werden, die auch auf ein kreatives Spiel mit verschiedenen Materialien hindeuten. Die meisten mitteleuropäischen Brettchengewebe bestehen aus Schafwolle in
Kette und Schuss. Wie bei der Dürrnberger Ärmelborte ist in Hallstatt bei zwei Exemplaren (Hallstatt-Textil
123A und 136)* eine Verstärkung der Gewebe durch Verwendung von Rosshaar (Schweifhaare) im Schuss
nachgewiesen. Aus Hochdorf (Nr. 406, 453 50)* sind Brettchengewebe aus Dachshaar mit Muster in
Hanfbast bekannt. Es wurde, wie andere Dachshaargewebe, auf der Kline gefunden.
In den Jahrhunderten um die Zeitenwende findet man Brettchenwebereien vor allem im nordischen Raum 51
(vorrömische und römische Eisenzeit), prominent vertreten in Gestalt der Prachtmäntel, etwa aus Thorsberg. Besonders entwickelte Produkte der Brettchenweberei sind aus dem Früh- und dem Hochmittelalter
bekannt, wo insbesondere Broschierungen mit kostbaren Materialien ins Auge fallen 52.
41
42
43
44
45
46
47
Neugebauer-Maresch 1995, Abb. 48 oben (auf würfelförmigem Gefäß).
Italien: Gleba 2008, Abb. 97.
Ræder Knudsen 2010, Abb. 23, 3.
Hundt 1968, Abb. 5.
Dušek / Dušek 1995, Taf. 67, 18. – Belanová-Štolcová / Grömer
2010, Abb. 3, 7.
Wild 1970, 140 f. Tab. O.
Karnitsch 1962, Taf. 30.
122
48
49
50
51
52
Siehe dazu Collingwood 1982, 10 ff. sowie Überlegungen zu
den Funden aus Ägypten, die in älterer Literatur als Brettchengewebe tituliert wurden.
Farke 1993, 111. Schwarza Hügel C1, Textil 13c.
Banck-Burgess 1999, 110.
Schlabow 1976.
Beispiele in Collingwood 1982, 325-351 und Hansen 1990, 5460.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Bezüglich der Webtechnik sind an den Originalfunden der zentraleuropäischen Eisenzeit (inkl. Mittel- und
Norditaliens) verschiedene Herangehensweisen belegt. Bei der vorgeschlagenen Gliederung des Materials 53
wird primär vom Webgerät und seiner Bestückung sowie von der Komplexität der Drehdynamik und besonderen Musterungen ausgegangen:
Vierlochbrettchen, jedes Loch befädelt
– Schnurbindung (einfarbig pro Brettchen)
– »Drehrichtungsmuster«
– aufhebender Drehrhythmus in Köperbindung
– Brettchengewebe mit flottierenden Musterelementen
Vierlochbrettchen, nicht jedes Loch bestückt
– Zweilochtechnik
– Dreilochtechnik
Dreilochbrettchen
Schnurbindung (einfarbig pro Brettchen)
Bei dieser sehr einfachen Technik 54 werden die vier Löcher eines Brettchens jeweils mit Fäden derselben
Farbe bestückt und – zumindest über weite Strecken – kontinuierlich in einer Richtung gedreht. So bildet
sich die charakteristische Schnurstruktur 55. Werden verschiedenfarbige Kettfadenstränge verwendet, entstehen bei kontinuierlicher Drehung farbige Längsstreifen. Dies ist aus Hallstatt (Textil 136)* belegt.
Die im Katalog angeführten Brettchenwebbänder vom Dürrnberg sind alle in Schnurbindung gefertigt. Sie
sind jeweils einfarbig, zeigen jedoch aufgrund ihrer teils gegenständigen Anordnung und der dadurch verschieden ausgerichteten Schnüre eine Ton-in-Ton-Streifenstruktur. Diese Strukturierung von Brettchengeweben ist beim eisenzeitlichen Material Mitteleuropas am häufigsten. Sie tritt bei den mit Brettchenweberei umwobenen Gewändern von Verucchio (Gewand 3)* genauso auf wie bei den kleinteiligen Resten
aus den Gräbern von Hohmichele (Grab VI, Nr. 5)* oder Bescheid* – eine eventuelle Farbigkeit wie beim
Hallstätter Exemplar ging aufgrund der Mineralisierung, durch die Überprägung mit Metalloxyden, verloren.
Selbst bei komplexen Brettchenbändern in anderen Webtechniken wird oft die Randpartie in schnurbindiger Technik gestaltet, um eine gleichmäßig strukturierte, einfarbige Seitenkante des Brettchenwebbandes
zu erhalten, so bei der Dürrnberger Ärmelborte oder jenen von Hallstatt*. Auch als Binnenstruktur zur
Abgrenzung von Musterrapporten finden sich manchmal schnurbindige Kettfadenstränge, gewoben mit
einfarbig bezogenen Brettchen in kontinuierlicher Drehung. Prominente Beispiele dafür können aus
Hochdorf (Textil TK 7C; Objekt 1.42)* genannt werden; auch der neue Dürrnberger Fund ist hier einzureihen.
Die Technik der Schnurbindung ist besonders beliebt im Norden Europas während der vorrömischen und
römischen Eisenzeit 56. Verwendet wurde sie sowohl als Anfangs-, Seiten- wie auch als Abschlusskante an
großen, am Gewichtswebstuhl gefertigten Geweben.
Diese Gliederung, die rein von den eisenzeitlichen Originalen
ausgeht, folgt der bei Hansen 1990, 15-18 vorgeschlagenen
Systematik und ist um einige Bereiche erweitert.
54 Bei Hansen 1990, 15: »Basic weave = warp twined tablet weaving«. Er definiert es enger mit gegenständig angeordneter
Befädelung, was ein «gestricktes« Aussehen zur Folge hat.
Bei Collingwood 1982, 102-111 Kap. 8: »warp twined bands«.
53
Bei Banck-Burgess 1999, 68: Brettchengewebe Gruppe 1 bzw.
»einfache« Brettchengewebe.
55 Für die Beschreibung der Verschnürungsrichtung dieser Strukturen werden wie bei den Drehrichtungen von Garnen die
Buchstaben S und Z angegeben.
56 Schlabow 1976.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
123
Bei kontinuierlicher Drehbewegung werden die durch die Brettchenlöcher laufenden Kettfäden vor und
hinter dem Brettchen zu einer Kordel. Auf mindestens einer Seite werden diese nebeneinanderliegenden
verdrehten »Schnüre« mit dem Schussfaden zu einem Gewebe abgebunden. Es liegt im Wesen der Brettchenweberei, von Zeit zu Zeit die Drehrichtung zu ändern, um den verdrehten Kettvorrat wieder zu entwirren. Die dabei entstehenden, gut sichtbaren »Umkehrstellen« sind charakteristisch für diese Webtechnik.
Diese Umkehrstellen sind etwa an den Dürrnberger Exemplaren Nr. 554 oder Nr. 1180* sichtbar. Wenn sie
an einigen schnurbindigen Brettchengeweben nicht entdeckt wurden, könnte dies auch an der Kleinheit
der Fragmente liegen. Beim Mantel 2 von Verucchio* ist jedoch auf einer Länge von 2,80 m (bei der geraden Kante des halbrunden Mantels) keine Umkehrstelle zu bemerken. Für den Umgang mit dem verdrehten Kettfadenvorrat wurde in diesem Falle von L. Ræder Knudsen eine interessante Lösung vorgeschlagen:
In den Gräbern von Verucchio bzw. in zeitgleichen Gräbern Mittelitaliens 57 kamen sowohl Halterungen
(forcella da telaio) und Kettfadenordner (distanziatore) als auch Spulen (rocchetti) zutage. Es wurden nun
bei der Rekonstruktion jeweils die Kettfäden eines Brettchens auf eine Spule gewickelt, die auch die Funktion als Gewicht zum Spannen des Fadens beim Weben hatte; zudem konnten sich die Fäden leicht wieder
ausdrehen.
Als Variante der Schnurbindung ist hier die in der modernen Brettchenweberei sehr beliebte Möglichkeit zu
nennen, die einzelnen Brettchen mit unterschiedlichen Farbfolgen zu bestücken und so bei kontinuierlicher
Drehung interessante Muster zu erhalten. Obwohl dies naheliegend erscheint, gibt es aus der Eisenzeit bisher keinen Beleg für dieses Vorgehen. Historische Brettchenweberei basiert – wenn Dekoration mit Farbe
angewandt wurde – eher auf gleichförmiger Bespannung und Gestaltung durch unterschiedliche Drehsequenzen.
»Drehrichtungsmuster«
Die »aufhebende Drehdynamik« ist die Grundtechnik 58 in der Brettchenweberei (s.o.), da durch mehr oder
weniger regelmäßiges Vor- und Zurückdrehen der Brettchen der Kettfadenvorrat wieder entwirrt wird.
P. Collingwood 59 unterscheidet hier zwischen mehreren Varianten, wenn etwa 1. die Drehrichtung nur
geändert wird, weil es die Verdrehung des Kettvorrates nötig macht, oder wenn 2. immer wieder die
Drehrichtung aller Brettchen modifiziert wird – als ein Mittel zur Mustergestaltung. Es gibt auch die Möglichkeit, dass 3. lediglich bei einigen Brettchen die Drehrichtung geändert wird.
Es können also alle Brettchen oder größeren Brettchenblöcke zonenweise gemeinsam vor- und zurückgedreht werden, um Farb- und Strukturmuster zu erhalten. Es sind hier zahlreiche Varianten möglich, je nachdem, in wie viele Sektionen die Brettchen aufgeteilt und in welcher Abfolge sie vor- oder zurückgedreht
werden. Die Übergänge zu anderen Techniken sind fließend (s. u.).
Die dritte Möglichkeit von P. Collingwood deckt sich mit jener Gruppe von Brettchenwebereien aus Hochdorf* in »Drehrichtungsmuster«. Johanna Banck-Burgess definiert diese folgendermaßen: »bei Geweben
mit Kettschnurbildung ändert sich innerhalb der einzelnen Schnüre die Drehrichtung abschnittsweise« 60.
Gute Zusammenstellung der Textilgeräte bei Gleba 2008. –
Auch bei Ræder Knudsen im Druck.
58 Terminus bei Banck-Burgess 1999, 68: »Aufhebender Drehrhythmus« Brettchengewebe Gruppe 2. Auf S. 70 f. werden
diese gemusterten Brettchengewebe in solche mit 1. »Drehrichtungsmuster« sowie solche mit 2. »Köperbindige Gewebestrukturen« unterteilt. Vgl. ebenda 71.
57
124
Bei Collingwood 1982, 112-134 Kap. 9: 1. »Twining direction
of all cords reversed only when build-up of twist beyond the
tablets makes it imperative«. 2. »Twining direction of all cords
frequently reversed«. 3. »Twining direction reversed only in
some cords«.
60 Banck-Burgess 1999, 71.
59
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Nach den Überlegungen von P. Collingwood 61 sind auch Struktureffekte wie das Dreiecksmuster auf den
Bändern von Verucchio, Mantel 1 und 2, noch hierzu zu zählen.
Eine komplexe Variante bildet die »Köperbindung«, die hier gesondert hervorgehoben werden soll, da sie
als regelhafte Gestaltungstechnik Anwendung fand.
Aufhebender Drehrhythmus in Köperbindung
Diese Technik 62 ist bereits ein sehr ausgefeiltes Spiel mit Kontrasten und Strukturen. Grundsätzliche Fädelung ist hierbei die Kombination hell-hell-dunkel-dunkel für die vier Löcher eines Brettchens. Prinzipiell
basiert die Methode auf dem »aufhebenden Drehrhythmus«. Es werden jedoch nicht die Brettchen gemeinsam oder blockweise über gewisse Strecken vor- und zurückgedreht. Die »Köperbindung« ist dadurch
gekennzeichnet, dass jeweils einzelne Brettchen vor- und zurückgedreht werden, bevor der Schussfaden
durch das Webfach geführt wird. Dies geschieht dann versetzt bei den weiteren Drehvorgängen, sodass sich
immer wieder köperartige Gratstrukturen bilden mit teils längeren Flottierungen der Kette. Mit dieser Technik können Bänder mit Farb- und Strukturmustern (Gratbildung bei einfarbigen Zonen) gestaltet werden.
Ein gutes Beispiel bietet die Borte Textil 123 aus Hallstatt (Abb. 20). So werden bei den ersten drei und den
letzten fünf Brettchen die vier Löcher des Brettchens je einfarbig befädelt; die Brettchen der Musterzone
werden mit je zwei hellen und zwei dunklen Fäden bestückt. In der ersten Musterzeile (unten) werden
Brettchen 1-5, 10-11 und 15-21 nach vorn gedreht, Brettchen 6-9 und 12-14 zurück. Nach Durchführung
des Schusses folgt die nächste Drehsequenz: Diesmal dreht man Brettchen 1-5, 9-10 sowie 15-21 vor und
Brettchen 6-8 sowie 11-14 zurück, um danach mit dem Schussfaden abzubinden. Bei der dritten Drehsequenz wären nach Musterschrift Brettchen 1-3, 5, 8-9 sowie 15-21 nach vorn, und 4 sowie 6-7 zurückzudrehen usw.
Weitere, etwas einfachere Bänder in dieser Technik finden sich in Hohmichele, Grab I*, Hochdorf (Brettchengewebe bei der Kline, rotes Grabtuch Gruppe 3)* oder Apremont. Es wurden die Brettchen blockweise
versetzt gegeneinander gedreht. Obwohl bei letzteren Beispielen aufgrund der Mineralisierung keine Farbe
mehr vorhanden ist, kann von der Struktur der erhaltenen Fragmente auf ein ehemaliges Farbmuster geschlossen werden, das in seiner optischen Wirkung mit jenen von Hallstatt vergleichbar gewesen sein wird.
Brettchengewebe mit flottierenden Musterelementen
Einfach gestaltete Brettchengewebe können auch als Grundgewebe für weitere Mustergestaltung mit
zusätzlichen Fadensystemen verwendet werden. Motivgestaltung mit flottierenden Fäden sind besonders
im Früh- und Hochmittelalter 63 beliebt, wo jedoch in Broschier- und Lanciertechniken die Musterfäden über
dem Grundgewebe parallel zum Schuss geführt werden – dies als flottierende Schussfäden oder als zusätzliche Musterschüsse. Prominente Funde sind aus Birka / S oder Mammen (Jütland / DK) bekannt.
Die Brettchengewebe mit flottierenden Musterelementen aus der Eisenzeit sind anders gestaltet; sie wurden mit der Technik »fliegender Faden« teils quer durch das Gewebe geführt und ähneln in ihrem Aussehen
61
62
Vgl. etwa Collingwood 1982, 152-159 Kap. 9.3C z. B. Taf. 76.
Entspricht bei Hansen 1990, 15-16. 25-28 der Definition von
»double faced weave with diagonal structure = double faced
3/1 twill«. – Banck-Burgess 1999, 71: »Köperbindige Gewebestrukturen«.
63
Vgl. Collingwood 1982, 325-351: »extra weft decorating the
surface: brocading«. – Hansen 1990, 44-45. 54-60: »brocaded
braids«.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
125
einer Stickerei, sind aber Kombinationen von Web- und Kettenstofftechnik. Im Fürstengrab von Hochdorf*
finden sich mehrere Beispiele. Bei Gewebe Nr. TC 8 vom roten Grabtuch auf der Kline etwa erfolgte die
Gestaltung des Grundgewebes in simpler Ausführung als Schnurbindung. Der flottierende Musterfaden
wurde in der Technik »fliegender Faden« 64 diagonal im Gewebe geführt, um ein rautenförmiges Gitter mit
eingeschriebenem Element in Form des Buchstabens Z zu bilden. Der Musterfaden wurde während des
Webvorganges in versetzter Folge jeweils um eine Kettschnur gewickelt und gleicht im Aussehen einem
aufgelegten Schnurzwirn. Die Brettchengewebe TC 193 und TC 210 vom roten Grabtuch auf der Kline
haben ebenfalls eine schnurbindige Grundstruktur, die Musterfäden wurden hier jedoch in Linien waagrecht zum Gewebe geführt mit einem Erscheinungsbild wie ein linearer Rückstich (TC 193); der Eintrag bei
TC 210 wirkt hingegen gewickelt.
Die so gestalteten Brettchenwebereien aus Hochdorf sind singuläre Funde für die Eisenzeit in Mitteleuropa;
die Musterungstechnik wurde hierbei von derjenigen anderer, auch flächiger Gewebe entlehnt und für die
Brettchenweberei adaptiert. Bei der Technik »fliegender Faden« wird ein Faden über dem Grundgewebe
geführt und mittels Umschlingen der Kettfäden mit dem Gewebe verbunden. Dabei ist auch diagonale
Fadenführung möglich, wie Beispiele nicht nur aus Hochdorf, sondern auch an den Geweben vom Hohmichele belegen. Diese Kombination von Web- und Kettenstofftechnik wurde von J. Banck-Burgess 65 eindrucksvoll diskutiert.
Zweilochtechnik
Bei dieser Technik 66 werden nur zwei gegenständige Löcher eines Brettchens bezogen, wobei während des
Webens jeweils die befädelten Löcher neben den Löchern ohne Faden liegen. Die Brettchen werden jeweils
um eine Halbdrehung bewegt. Die Zweilochtechnik hat prominente Vertreter aus Hochdorf, etwa das
Gewebe 1 vom Wandbehang* (Abb. 35).
Dreilochtechnik
Als eigene Technik wird hier jene herausgegriffen, bei der Vierlochbrettchen nur mit drei Fäden bestückt
werden 67. Auch mit dieser Aufspannung konnten köperbindige Strukturen geschaffen werden, wie einige
Beispiele aus Hochdorf eindrucksvoll belegen. Das bekannteste Stück ist das breite Brettchenband vom
Kesseltuch 1*. Es hat fünf parallele Musterzonen, im Wechsel 0,5 und 1,2 cm breit. Die Webkanten und
die Trennungen zwischen den Musterzonen bestehen aus einfachen Kettschnüren. Die breiten Zonen sind
horizontal unterteilt; in gleichmäßiger Abfolge wurden als geometrische Motive Zickzacklinien und Rauten,
die Hakenkreuze einschließen, gestaltet. Die beiden breiten Musterzonen sind so angeordnet, dass die
Einzelmotive in versetzter Folge erscheinen, die schmalen äußeren haben geometrische Winkelhaken, die
schmale innere ist mit Diagonalstrukturen gefüllt.
In der Musterzone werden die vierlöchrigen Brettchen mit je zwei blauen Fäden (Hintergrundfarbe) und
einem hellen Faden (Musterfarbe) bezogen, das vierte Loch blieb frei. Dadurch wird das Gewebe nicht so
dick wie bei einer Bespannung aller vier Löcher und ist flexibler. Durch die etwas längeren Flottierungen der
Banck-Burgess 1999, 55 ff.
Ebenda 55-63.
66 Hansen 1990, 17. 37. 46 ff.: »double-faced weave with two
threads in each tablet«. Bei Collingwood 1982 werden Brett64
65
126
chenwebereien mit Zweilochbestückung von Vierlochbrettchen
unter verschiedenen Techniken angeführt.
67 Collingwood 1982, 282-316: »double faced 3/1 broken twill«.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
hellen Fäden aufgrund der freien Position bei der direkt nachfolgenden Drehung entsteht auch ein schönes
Webbild bei den Diagonallinien der Musterfarbe 68. Es wurden mit dieser Aufspannung Musterkästchen mit
verschiedenen Motiven gestaltet. Zu Beginn eines Musterkästchens ist die Brettchenstellung so eingerichtet, dass jeweils die hellen Fäden durch ein Loch gleicher Position laufen. So entsteht eine gerade Linie im
rechten Winkel zwischen den schnurbindigen Begrenzungen der Musterzonen. Das weiterführende Muster
wurde in ähnlicher Drehdynamik wie die köperbindige Struktur bei vierfädiger Bespannung gestaltet.
Größere einfarbige Flächen entstehen durch je zweimaliges Vor- und Zurückdrehen der entsprechenden
Brettchen, die Diagonalstrukturen ergeben sich durch versetztes Arbeiten.
Dreilochbrettchen
In Sasso di Furbara* fand sich ein feines Textil, ein Fischgratköper mit Farb- und Spinnrichtungsmuster, das
ein angewobenes gemustertes Brettchengewebe aufwies. Nach Hubert Masurel, der die Gewebe beschrieben hat, soll dieses Exemplar mit dreieckigen, an den Ecken gelochten Brettchen gefertigt worden sein. Das
Gewebe hat fünf parallele, 1-4 mm breite Musterzonen mit Sparren- und Serpentinmustern, die mit verschiedenfarbigen Kettfäden gestaltet sind. Diese flottieren jeweils über mehrere Einträge. Es wurden vom
Bearbeiter keine konkreten Angaben zur Drehdynamik genannt, außer dass die Musterzonen von sechs bis
neun Kettsträngen in Schnurbindung (meist Z-Drehung) begrenzt werden. Die Webtechnik der Musterzonen bringt H. Masurel eher mit einem der Jacquardweberei nahestehenden Verfahren in Verbindung. Er
sieht in dem feinen gemusterten Fischgratköper und dem komplex gefertigten Brettchengewebe Belege für
Importe, die er mit der Seidenstraße verknüpft 69. Dem hält J. Banck-Burgess entgegen, dass die Anordnung
der Musterzonen, die Motivwahl und die Herstellungstechnik zwei Geweben aus dem Fürstengrab von
Hochdorf ähneln, die beim Kessel geborgen wurden 70. Dort finden sich auch, ebenso wie in Hallstatt,
gemusterte und feine Gewebe mit Garnstärken bis 0,1 mm und Gewebedichten bis 40 Fäden pro cm 71.
Separat gefertigt oder angewoben
Bei der Verbindung von Brettchengeweben und am Gewichtswebstuhl hergestellten Geweben lassen sich
unterschiedliche Techniken erkennen. Einerseits wurden die Brettchengewebe als Schmalware an einem
Bandwebgerät erzeugt und nach ihrer Fertigstellung mittels Nähtechniken weiterverarbeitet. Neben den
separat gefertigten Bändern, die an Gewebe angenäht wurden, gibt es andererseits auch Brettchenwebkanten, die direkt als Zier- und Verstärkungskanten beim Herstellen des Grundgewebes mitgewoben wurden.
Beispiele mögen die unterschiedlichen Vorgehensweisen illustrieren:
Die Brettchenwebborten wurden in ihrer primären Nutzung nicht auf einen Stoff aufgenäht, sondern an
die Stoßkante angefügt. In Hohmichele Grab I* wurde der Stoff zugeschnitten, umgeschlagen und mit der
Brettchenwebkante mit starkem Wollzwirn vernäht. Dieses Vorgehen ist auch bei Hallstatt-Textil 123A* zu
beobachten.
Bei den Brettchenwebborten, die direkt an das Grundgewebe angewoben sind, finden sich ebenso verschiedene Techniken. So scheinen manche der Brettchengewebe als Anfangskante gefertigt worden zu
68
69
Frdl. Mitt. L. Ræder Knudsen, 14.8.2010.
Mamez / Masurel 1992, 308.
70
71
Banck-Burgess 1999, 70.
Grömer 2005b.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
127
sein. Dabei wurde ein Brettchenwebband gewoben und die Schussfäden auf einer Seite länger belassen.
Diese dienten dann im Grundgewebe am Gewichtswebstuhl als Kette. Dabei wurde die Brettchenwebanfangskante am Warenbaum des Gewichtswebstuhles angebracht; die herabhängenden Fäden wurden
mit Gewichten beschwert. Im Falle von Hohmichele Grab VI (Nr. 5, Textilreste an Oberschenkelregion)* wurden die Schussfäden des Brettchengewebes je zwei und zwei zusammengefasst und unverdreht als Kettfäden für den dichten Schussrips verwendet.
Einige breitere leinwandbindige Bandgewebe vom Dürrnberg (z. B. Nr. 1303 mit 6,2 cm Breite oder Nr.
2041-1 mit 11,5 cm Breite)* tragen an beiden Seitenkanten Brettchenwebkanten, die zur Verstärkung,
Strukturierung und zur Zier dienen sollten. Dabei hat man die jeweils seitlichen Kettfäden des an Litzenstäben angebrachten Grundgewebes durch ein bis vier Brettchen gefädelt. Jeweils nach Drehen der Brettchen und Betätigen des Litzenstabes konnten alle Fäden des Gewebes mit einem gemeinsamen Schussfaden abgebunden werden. Interessanterweise wurden bei diesen Bändern die jeweils gegenüberliegenden
Gewebekanten nicht mit einer symmetrischen Anzahl von Brettchenwebsträngen gestaltet.
Die Kombination von flächigem Gewebe am Gewichtswebstuhl und Brettchengewebe als Anfangs- und
Seitenkanten ist vor allem in Nordeuropa beliebt – verwiesen sei wiederum auf die berühmten »Prachtmäntel« aus Thorsberg.
Die Funde von Verucchio* geben darüber Auskunft, dass auch an bereits fertig gewobenen Grundgewebe
Bänder (Kanten) in Brettchenwebtechnik angewoben werden konnten. Dazu wurden die Schuss- bzw.
Kettfäden des Grundgewebes beim Brettchenweben als Schuss (mind. zwei Fäden pro Fach) eingefügt und
versäubert. So konnten im Falle der Mäntel »tebenna« von Verucchio sogar gerundete Kanten gestaltet
werden (Abb. 43).
Für diese spezielle Methode benötigte man eine flexible Kettfadenspannung. Diese wurde durch die
Verwendung von Spulen (rocchetti) – je eine Spule an den Kettfäden eines Brettchens – gewährleistet. Möglicherweise wurden auch die Kettordner eigens für diese bemerkenswerte Brettchenwebtechnik entwickelt.
Funktion der Brettchengewebe
Die Brettchenwebereien stammen aus verschiedenen archäologischen Zusammenhängen. Die Exemplare
vom Dürrnberg 72 und von Hallstatt 73 wurden in den Abraumschichten der Salzbergwerke entdeckt – sie
bilden Teile des »Betriebsabfalles« im Bergbau. Die hier vorgestellte Borte Nr. 4470 vom Dürrnberg und die
Borte Hallstatt-Textil 123A sind als abgerissene Ärmel eines Kleidungsstückes zu interpretieren. Ob allerdings ein mit prächtiger Borte geschmücktes Gewand zur gängigen Arbeitskleidung eines eisenzeitlichen
Bergmannes gehört hat oder ob ein obertags genutztes Kleidungsstück (Festkleidung?) nach gewissem
Verschleiß im Berg getragen wurde, kann diskutiert werden. Die sehr grobe Naht an der »Ärmelborte« von
Hallstatt deutet an, dass die Borte bereits sekundär als Kantenverstärkung eines gröberen Gewandes
genutzt wurde.
Der Großteil der Borten aus den Bergwerken kann allerdings – wie auch die anderen Textilreste – hinsichtlich ihrer endgültigen Verwendung vor ihrer Einbettung im Heidengebirge nicht eindeutig interpretiert werden. Womöglich ist die Mehrheit davon als Reste von Kleidungsstücken anzusehen, die sekundär in den
Berg gebracht wurden, um verschiedenen Zwecken zu dienen – etwa als behelfsmäßiges Bindematerial 74.
72
73
Überblick zum Fundort: Stöllner 2002. – Stöllner 2005.
Überblick zum Fundort: Kern u. a. 2008, bes. Kapitel zu Bronzezeit und Hallstattzeit von H. Reschreiter / K. Kowarik u. a.
128
74
Vgl. die Überlegungen zur Interpretation der Textilien aus den
Bergwerken: Reschreiter / Grömer / Totschnig 2009. – Stöllner
2005.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Ursprünglich fungierten die Borten und Bänder wohl als angenähte oder angewobene Zierelemente an
Kleidung, wie wir dies auch von der Situlenkunst kennen. Für die separat gefertigten Bänder ist auch eine
Verwendung als Bindebänder, Riemen oder sogar als Gürtel denkbar.
Die Brettchengewebe aus Gräbern sind aufgrund ihrer Befundkontexte eindeutiger interpretierbar. Sie dienten meist als Besatz von Kleidungsstücken. Bei der weiblichen Bestattung aus Grab VI von Hohmichele* ließen sich verschiedene Gewebe an unterschiedlichen Positionen am Körper feststellen. H. J. Hundt interpretierte die Gewebe an der Innenseite des linken Oberschenkels als Reste eines kittelartigen Obergewandes
mit Brettchenwebkante als Abschluss. Das breite Brettchenband aus der Knöchelregion deutete er als
Abschlusssaum eines Rockes in Knöchelhöhe.
In Verucchio* findet man zierende Brettchenkanten umlaufend an den Mänteln und auch als Kantenverstärkung an den anderen Gewändern. Es wurden aber nicht nur Gewandstücke mit Brettchenborten
geschmückt. Vom Fürstengrab in Hochdorf 75 ist bekannt, dass selbst die Wandbehänge im Grab mit
Brettchenwebbändern dekorativ gestaltet wurden. Auch sind breite Prunkborten als Besatz für beigegebene Tücher belegt, wie das über den Kessel drapierte Tuch 1.
K. G.
KATALOG DER BRETTCHENWEBEREIEN IN MITTELEUROPA
Zusammengestellt sind Brettchenwebereien aus der Eisenzeit Mitteleuropas inklusive Mittel- und Norditaliens. Zu den
Brettchengeweben der vorrömischen und römischen Eisenzeit in Norddeutschland siehe Schlabow 1976; weitere Brettchengewebe sind aus Griechenland 76 und Spanien 77 bekannt.
Außer bei den österreichischen Funden wurden die Angaben der Literatur und den Abbildungen entnommen.
Bei den Maßen wird nur die Breite der Brettchenweberei berücksichtigt; da sämtliche Stücke fragmentiert vorliegen,
wird auf die erhaltene Länge meist nicht eingegangen.
1. Österreich
1.1 Dürrnberg, VB Hallein, Salzburg
Aufbewahrung: Keltenmuseum Hallein.
Kontext und Konservierungsart: Salzbergwerk, organisch
und farbig erhalten.
Die Brettchengewebe stammen größtenteils vom FerroSchachtricht / Hinterseng-Werk, nur eines vom Georgenberg-Hauptschachtricht (Nr. 2557).
Datierung: Späthallstatt- bis Frühlatènezeit; Ferro-Schachtricht: 6.- frühes 4. Jh. v. Chr., Georgenberg: 5. Jh. v. Chr.
Im Katalog der Textilfunde von Kurzynski 2002 sind die
Funde nur in Kurzform publiziert, genauere technische
Daten und Maßangaben fehlen. Nachfolgende Beschreibung nach Kurzynski 2002 und eigenen Beobachtungen
nach den Abbildungen.
75
76
Banck-Burgess 1999, 70.
z. B. Kerameikos. Siehe ebenda 228.
Nr. 554-1 (Abb. 12)
Angewobene Zierkante eines rotbraunen Wollgewebes in
Leinwandbindung.
Webtechnik: 3 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: alle Brettchen einfarbig mit rotbraunen Fäden bestückt. Alle Fäden der Brettchen miteinander je zu einer Schnur verdreht; gegenständige Anordnung, wechselnd Z-, S- und Z-Drehung, am Foto Umkehrstellen sichtbar.
Musterungsart und Motiv: einfarbig rotbraun, durch
gegenständige Anordnung der Einzugsrichtung streifige
Ton-in-Ton-Struktur.
Fadenmaterial in Kette und Schuss: Wolle, keine Details
publ.
Angewoben (Seitenkante?).
Lit.: Stöllner 2002, Taf. 263. – Kurzynski 2002, 9.
77
El Cigarello: Hundt 1968.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
129
a
Abb. 12 Dürrnberg: Gewebe Nr. 554-1. – (Nach
Stöllner 2002).
Abb. 14
Abb. 13
Dürrnberg: Gewebe Nr. 1180 (a-b). – (Nach Stöllner 2002).
Dürrnberg: Gewebe Nr. 1303. – (Nach Stöllner 2002).
Nr. 1180-1 und 1618 (Abb. 13a-b)
Brettchenweberei als angewobene Zierkante eines blaugrünen Wollgewebes. Mehrere Fragmente, teils schlecht
erhalten, gerissen und ausgefranst, zusätzlich einige
Flachsgarne anhaftend.
Webtechnik: 3 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: alle Brettchen einfarbig blaugrün
befädelt. Alle Fäden der Brettchen miteinander in Z-Dre-
130
b
hung zu einer Schnur verdreht; am Foto auch Umkehrstelle sichtbar.
Musterungsart und Motiv: einfarbige Schnurstruktur in
Blaugrün.
Fadenmaterial in Kette und Schuss: Wolle, keine Details
publ.
Angewoben (Seitenkante?).
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Lit.: Stöllner 2002, Taf. 296. 318. – Kurzynski 2002, 11.
14.
Nr. 1303 (Abb. 14)
Fragmente eines Bandgewebes mit Brettchen-Zierkanten
an beiden Seitenkanten.
Maße: B. (Band) 6,2 cm, B. (Brettchenkanten) 3 bzw.
1 mm.
Webtechnik: 3 bzw. 1 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: alle Brettchen einfarbig mit rotbraunen Fäden bestückt. Alle Fäden der Brettchen bei beiden
Kanten sind miteinander je in S-Drehung zu einer Schnur
verdreht; Umkehrstellen am Foto nicht erkennbar.
Musterungsart und Motiv: einfarbige Schnurstruktur.
Fadenmaterial in Kette und Schuss: Wolle, keine webtechnischen Details publ. Die Einzelfäden (Garne und
Zwirne) des Gewebes sind aus rotbraunen und grünblauen Fasern gesponnen. Das ergibt einen melierten Effekt
des Gewebes. Farbstoffanalyse Dr. J. Wouters, KIK/IRPA
Brüssel.
Angewoben als Seitenkanten an beiden Seiten des Bandes.
Lit.: Stöllner 2002, Taf. 299. – Kurzynski 2002, 22.
Nr. 1888 (Abb. 15)
Leinwandbindiges Textilfragment mit Brettchen-Zierkante
(Seitenkante?) aus dunkelblauer Wolle.
Webtechnik: 2 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: alle Brettchen einfarbig mit rotbraunen Fäden bestückt. Alle Fäden der Brettchen miteinander je zu einer Schnur verdreht; gegenständige Anordnung, ein Brettchen Z- und eines S-Drehung, am Foto
keine Umkehrstellen sichtbar.
Musterungsart und Motiv: einfarbig dunkelblau, durch
gegenständige Anordnung der Einzugsrichtung streifige
Ton-in-Ton-Struktur.
Fadenmaterial in Kette und Schuss: dunkelblaue Wolle,
keine Details publ.
Angewoben (Seitenkante?).
Lit.: Stöllner 2002, Taf. 326. – Kurzynski 2002, 15.
Nr. 2041-1 (Abb. 16)
Fragment eines 11,5 cm breiten leinwandbindigen Bandgewebes mit Brettchen-Zierkanten an beiden Seitenkanten. Nähspuren an den Reißkanten (grobe Stiche mit dunkelbraunem Wollzwirn) deuten darauf hin, dass das Gewebe einst mit einem anderen (evtl. Nr. 2041-2) verbunden war.
Webtechnik: 2 bzw. 3 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: alle Brettchen einfarbig mit rotbraunen Fäden bestückt. Alle Fäden der Brettchen miteinander je zu einer Schnur verdreht; bei einer Kante die 2
Brettchen (linke Kante auf Abb. 16) in S-Drehung, bei
anderer Kante gegenständige Anordnung der Brettchen:
S-, Z- und S-Drehung; an den Fotos evtl. Umkehrstelle
erkennbar.
Musterungsart und Motiv: einfarbig blaugrün, durch gegenständige Anordnung der Einzugsrichtung streifige
Ton-in-Ton-Struktur.
Fadenmaterial in Kette und Schuss: Wolle, keine Details
publ. Faseranalyse M. L. Ryder, Southampton.
Angewoben als Seitenkanten an beiden Seiten des Bandes.
Lit.: Stöllner 2002, Taf. 339. – Kurzynski 2002, 15.
Nr. 2196-1 (Abb. 17)
Bandförmige Wollgewebsreste mit Zierkanten, Nähten und
Zierfäden. Das blaugrüne Textilfragment besitzt an einer
Kante eine dunkelbraune Brettchen-Zierkante, gewebt mit
1 Brettchen; an der gegenüberliegenden Kante eine blaugrüne Brettchenweb-Zierkante, gewebt mit 4 Brettchen. In
2 Fragmenten geringe Reste von Musterfäden aus beigefarbener Wolle erhalten. Mittels einer Naht wurden 2 Teile
des bandförmigen Gewebes mit dunkelbraunem Wollzwirn verbunden.
Webtechnik: 1 bzw. 4 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: einfarbig blaugrün, alle Fäden der
Brettchen miteinander zu einer Schnur verdreht. Bei Kante
mit 1 Brettchen (linke Kante auf Abb. 17) S-Drehung, bei
der Kante mit den 4 Brettchen gegenständige Anordnung: S-, S-, Z-, Z-Drehung, an einem anderen Teilstück
findet sich eine Umkehrstelle, sodass S-, Z-, Z-, Z-Drehung
erscheint.
Musterungsart und Motiv: Kante mit 4 Brettchen: einfarbig blaugrün, durch gegenständige Anordnung der Einzugsrichtung streifige Ton-in-Ton-Struktur.
Fadenmaterial in Kette und Schuss: Wolle, keine Details
publ.
Angewoben als Seitenkanten eines Bandes.
Lit.: Stöllner 2002, Taf. 345. – Kurzynski 2002, 16.
Nr. 2375-2 (Abb. 18)
Angewobene Zierkante eines dunkelblauen Wollgewebes
in Leinwandbindung.
Webtechnik: 3 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: alle Brettchen einfarbig mit dunkelblauen Fäden bestückt. Alle Fäden der Brettchen miteinander je zu einer Schnur verdreht; gegenständige Anordnung: S-, S- und Z-Drehung, am Foto keine Umkehrstellen
sichtbar.
Musterungsart und Motiv: einfarbig dunkelblau, durch
gegenständige Anordnung der Einzugsrichtung streifige
Ton-in-Ton-Struktur.
Fadenmaterial in Kette und Schuss: Wolle, keine Details
publ.
Angewoben (Seitenkante?).
Lit.: Stöllner 2002, Taf. 352. – Kurzynski 2002, 17.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
131
Abb. 15 Dürrnberg: Gewebe Nr. 1888. –
(Nach Stöllner 2002).
Abb. 17 Dürrnberg: Gewebe Nr. 2896-1. –
(Nach Stöllner 2002).
Abb. 16
Dürrnberg: Gewebe Nr. 2041-1. – (Nach Stöllner 2002).
Abb. 18 Dürrnberg: Gewebe Nr. 2375-2. –
(Nach Stöllner 2002).
132
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Abb. 19
Hallstatt: Textil 43. – (Zeichnung nach Hundt 1960; Foto A. Rausch, Naturhistorisches Museum Wien).
Abb. 20
Hallstatt: Textil 123A. – (Graphik nach Grömer 2005; Foto A. Rausch, Naturhistorisches Museum Wien).
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
133
Nr. 2577: Bei Kurzynski 2002, 3 als Brettchengewebe beschrieben; woanders als köperbindiges Grundgewebe
(2/1 Köper) publiziert (Kurzynski 1998, 566 f. Abb. 8).
1.2 Hallstatt, VB Gmunden, Oberösterreich
Aufbewahrung: Forschungs- und Versuchsabteilung der
Generaldirektion der Österreichischen Salinen AG Hallstatt
(Textil 43), andere im Naturhistorischen Museum Wien.
Kontext und Konservierungsart: Salzbergwerk, organisch
und farbig erhalten.
Die Brettchengewebe stammen von den Fundpunkten
Kilbwerk (Textil 43) und Kernverwässerungswerk (Textil
123, 136, 152, 186).
Datierung: Hallstattzeit, bisher keine nähere Einordnung
möglich.
Hallstatt-Textil 43 (Abb. 19)
Brettchenborte mit einfacher Naht am Saum eines köperbindigen Textiles angenäht, Naht aus Schrägstichen mit
doppelt genommenem naturbraunen 0,4 mm Z-Garn,
Stichabstand 3-4 mm, Stiche umfassen äußersten Faden
des Brettchenbandes.
Maße: B. 0,6 cm, erh. L. 12,5 cm.
Webtechnik: 7 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: pro Brettchen je einfarbig bezogen
(siehe Muster).
Verdrehrichtung der durch je 1 Brettchen laufenden Fäden: gegenständige Anordnung: blaue Fäden in S-Drehung, kupferfarbene in Z-Drehung.
Musterungsart und Motiv: farbige Längsstreifen, ein Block
3 Brettchen blau, ein Block 3 Brettchen kupferfarben, zum
angenähten Gewebe hin 1 Brettchen blau.
Fadenmaterial in Kette: gefärbte blaue und kupferfarbene
Z-Zwirne, Wolle; Dichte: 24 Fäden auf 0,6 cm (7 Kettstränge auf 0,6 cm).
Fadenmaterial in Schuss: naturbrauner 0,7-0,8 mm ZZwirn, Wolle; Dichte: 12 Fäden/cm.
Separat gefertigt und angenäht an einen Köper.
Lit.: Hundt 1960, Taf. 30 Abb. 9.
Hallstatt-Textil 123A, Inv.-Nr. 89.832 (Abb. 20)
»Ärmelborte«, mit blaugrünem, doppelt genommenem
Garn zusammengenäht und mit grobem, doppelt genommenem, hell olivgrünem Zwirn an einem groben Gewebe
(2: 2 Köper, 0,5-1 mm Garne) befestigt.
Maße: B. 1,3 cm, erh. L. 22 cm.
Webtechnik: 21 Vierlochbrettchen, aufhebender Drehrhythmus in Köperbindung.
Webdetails: Fädelung: Randbrettchen je einfarbig, Musterbrettchen je 2 helle, 2 dunklere Fäden. Die randlichen
Brettchen (an einer Seite 3, an der anderen 5) jeweils nur
in eine Richtung gedreht, keine Umkehrstelle, alle Fäden
der Brettchen miteinander in Z-Drehung zu einer Schnur
134
verdreht; Mittelmotiv in aufhebendem Drehrhythmus mit
versetzten Brettchen, Brettchen nach Motivvorgabe vorund zurückgedreht.
Musterungsart und Motiv: randlich 4 bzw. 2 Brettchen
nur blaugrün, ein braunschwarzer Strang grenzt das Musterfeld ab. Im Musterfeld wechseln einander das schräge
Mäandermuster und das gefüllte Dreieck ab. Das Muster
wird von hell olivgrünem Zwirn gebildet, der Hintergrund
bei den jeweils 4 äußeren Musterkettsträngen aus olivgrün, bei den 5 innersten aus braunschwarz.
Fadenmaterial in Kette: 0,2-0,3 mm S- und Z-Zwirne,
Wolle (helle und blaugrüne in S-Zwirn, braunschwarze ZZwirn); Dichte: 64 Fäden/cm (16 Kettstränge/cm).
Fadenmaterial in Schuss: 0,1-0,2 mm, doppelt genommenes Rosshaar, schwach gedreht; Dichte: 10 Fäden/cm.
Separat gefertigt und angenäht.
Verwendungszweck / Kontext: vermutlich eine Borte an
einem Ärmel.
Lit.: unpubl.; von Kurzynski Katalog 1986-1991. – Grömer
2001. – Grömer 2005.
Hallstatt-Textil 136/1, Inv.-Nr. 89.844b (Abb. 21)
Fragment eines Brettchenwebbandes, an einer Seite liegt
das Brettchengewebe doppelt, war ehemals rund zusammengenäht. Reste von überwendlichen Stichen an der
oberen und unteren Kante der Überlappungsstelle, genäht
mit dunkelbraunem 0,6-0,8 mm Z-Garn. Durch die eine
Lage der Brettchenkante ist an dieser Stelle der schwarze
doppelt genommene Rosshaarfaden gezogen, möglicherweise zum Befestigen / Vernähen.
Maße: B. 0,7 cm, erh. L. 3,6 cm.
Webtechnik: 8 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: pro Brettchen je einfarbig bezogen;
auf dem erhaltenen Stück alle Brettchen nur in eine Richtung gedreht, keine Umkehrstelle, alle Fäden der Brettchen miteinander in S-Drehung zu einer Schnur verdreht.
Musterungsart und Motiv: farbige Längsstreifen, 2 blaugrüne (Z-Zwirn) Stränge, 3 mittelbraune (S-Zwirn) Stränge, 2 olivfarbene (S-Zwirn) Stränge, 1 dunkelbrauner (ZGarn) Strang.
Fadenmaterial in Kette: 0,5-0,6 mm Z- und S-Zwirne, Wolle; Dichte: 32 Fäden auf 0,7 cm (8 Kettstränge auf 0,7 cm).
Fadenmaterial in Schuss: Rosshaar.
Separat gefertigt.
Lit.: unpubl.; von Kurzynski Katalog 1986-1991.
Hallstatt-Textil 152, Inv.-Nr. 89.870 (Abb. 22)
Fragment eines Brettchenwebbandes, an einer Längskante des Gewebes ist ein scharf gedrehter olivfarbener SZwirn von 1 mm Stärke (bestehend aus 3 Z-Garnen) mit
überwendlichen Stichen aus doppelt genommenem ZGarn von 0,1 mm Stärke befestigt. Evtl. ist der einzelne
Faden beim Weben mitgeführt und vom Schuss umschlungen.
Maße: B. 1,2 cm, erh. L. 12,5 cm.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Abb. 21 Hallstatt: Textil 136/1. – (Foto A. Rausch, Naturhistorisches Museum Wien).
Abb. 22 Hallstatt: Textil 152. – (Foto A. Rausch, Naturhistorisches
Museum Wien).
Webtechnik: 12 Vierlochbrettchen, Schnurbindung und
Zweilochtechnik (frdl. Mitt. L. Ræder Knudsen).
Webdetails: die randlichen Brettchen jeweils nur in eine
Richtung gedreht, keine Umkehrstelle. An einer Kante nur
1 Strang in S-Drehung zu einer Schnur verdreht (hier wurde ein weiterer gelber Faden randlich mitgeführt und vom
Schussfaden umschlungen), an der anderen Kante gegenständige Anordnung: nach dem Mittelmotiv 1 Strang dunkelbraun S-Drehung, 2 Stränge grünlich Z- und S-Drehung.
Mittelmotiv aufhebender Drehrhythmus in Zweilochtechnik, Brettchen nach Motivvorgabe vor- und zurückgedreht.
Musterungsart und Motiv: Das Brettchengewebe besitzt
ein Muster aus gelblich-olivfarbenen Rauten mit brauner
Schachbrett-Binnenmusterung und olivfarbenen Dreiecksrähmchen mit grüner Füllung auf einem grün-braun-grün
gestreiften Untergrund.
Fadenmaterial in Kette: 0,3-0,4 mm S- und Z-Zwirne,
Wolle (gelblicher und brauner in S-Zwirn, grüner in ZZwirn); Dichte: 44 Fäden/cm (11 Kettstränge/cm). Seitlicher
Zusatzfaden in gelb: stark gedrehter 0,5 mm Z-Zwirn
Wolle.
Fadenmaterial in Schuss: 0,4 mm Z-Garn Wolle; Dichte: 810 Fäden/cm.
Separat gefertigt.
Lit.: Grömer 2001. – Grömer 2005 (hier nicht mit Zweilochtechnik beschrieben).
Hallstatt-Textil 186, Inv.-Nr. 90.186 (Abb. 23)
2 Fragmente eines Brettchenwebbandes, bei einem Bortenstück war ein Ende mit dunkelgrünem Zwirn zu einem
Rollsaum umgenäht.
Maße: B. 0,9 cm, erh. L. 8,4 bzw. 5,1 cm.
Webtechnik: 13 Vierlochbrettchen, aufhebender Drehrhythmus in Köperbindung.
Webdetails: Fädelung: Randbrettchen je einfarbig,
Musterbrettchen je 2 helle, 2 dunklere Fäden; die jeweils
beiden randlichen Brettchen nur in eine Richtung gedreht,
keine Umkehrstelle, alle Fäden der Brettchen miteinander
in Z-Drehung zu einer Schnur verdreht; Mittelmotiv in aufhebendem Drehrhythmus mit versetzten Brettchen, Brettchen nach Motivvorgabe vor- und zurückgedreht.
Musterungsart und Motiv: außen je 1 Brettchen mit dunkelgrüner, dann 1 mit dunkelbrauner Kette. Im Musterfeld
gegenständige gefüllte Dreiecke. Das Muster wird aus
braungelben Fäden gebildet, der »Hintergrund« bei 5
Musterkettsträngen aus hellolivgrünen, bei 4 aus dunkelbraunen Fäden.
Fadenmaterial in Kette: 0,2 mm Z-Zwirn, Wolle (alle
Farben); Dichte: 52 Fäden auf 0,9 cm (13 Kettstränge auf
0,9 cm).
Fadenmaterial in Schuss: 0,4 mm Z-Zwirn, Wolle; Dichte:
8-9 Fäden/cm.
Separat gefertigt.
Lit.: Grömer 2001. – Grömer 2005.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
135
Abb. 23
Hallstatt: Textil 186. – (Foto A. Rausch, Naturhistorisches Museum Wien; Graphik nach Grömer 2005).
2. Deutschland
2.1 Bescheid, Flur »In der Strackheck«,
Lkr. Trier-Saalburg, Rheinland-Pfalz
Aufbewahrung: Rheinisches Landesmuseum Trier.
Kontext und Konservierungsart: Grabfund, Mineralisierung mit Übergang zur Organik.
Datierung: Ha D; frühe Hunsrück-Eifel-Kultur.
Frauengrab Tumulus 124, Grab 1 (Abb. 24-25)
Bei Schläfenwendelringen Brettchengewebe und Fragmente eines leinwandbindigen Wollgewebes sowie Fragmente eines schwarzen »Schleiergewebes«.
Maße: B. 0,6 cm.
136
Webtechnik: 2 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Unmittelbar an der Kante sind die groben
hellen Schussfäden (Kette des Hauptgewebes) in SDrehung durch 2 schwarze Wollzwirne verbunden. In kleinem Abstand folgen in Brettchenwebtechnik 2 Stränge
des gleichen schwarzen Wollzwirns, 1 Strang in ZDrehung und 1 Strang in S-Drehung.
Musterungsart und Motiv: Längs-Strukturstreifen durch
gegenständige Anordnung der Einzugsrichtung.
Fadenmaterial in Kette: 0,2-0,3 mm S-Zwirn, schwarze
Wolle; Dichte: 5 Kettstränge/cm.
Fadenmaterial in Schuss: 0,5 mm Garn ohne erkennbare
Spinndrehung, grobe farblose Wolle; Dichte: 5 Fäden/cm.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Abb. 24
Bescheid: Tumulus 124, Grab 1. – (Nach Hundt 1993).
hanges gewesen sein, der in Brusthöhe mit einem Fibelpaar mit verbindender Kette geschlossen wurde.
Lit.: Hundt 1993, 139 Taf. 120, 4-6. – Cordie-Hackenberg
1993, 122f. Abb. 55. – Banck-Burgess 1999, 199.
2.2 Hochdorf, Gem. Eberdingen, Lkr. Ludwigsburg,
Baden-Württemberg
Aufbewahrung: Landesmuseum Württemberg Stuttgart.
Kontext und Konservierungsart: Grabfund, Mineralisierung; Brettchengewebe an verschiedenen Stellen der
Grabkammer.
Datierung: Ha D, spätes 6. Jh. v. Chr.
Bei den Brettchengeweben von Hochdorf werden nur die
wichtigsten beschrieben, die Banck-Burgess 1999, 70-82
im Kapitel zur Brettchenweberei näher erwähnt. Daneben
gibt es im Grab noch zahlreiche Fundposten mit kleinteiligen Brettchenwebfragmenten, meist in einfacher Schnurbindung oder fragmentierten köperbindigen Strukturen.
Abb. 25 Bescheid: Rekonstruktion der Trageweise. – (Nach Cordie-Hackenberg 1993).
Gewebeanfangskante in Brettchentechnik.
Verwendungszweck / Kontext: Kleidungsteil.
Nach Cordie-Hackenberg Trageweise: Die Wendelringe
waren mittels kleiner Bronzedrahtringe an einem Stirnband (Brettchengewebe) befestigt (Abb. 25). Das feine,
schleierartige Gewebe besaß die Funktion eines Haarnetzes. Die Fragmente (mit Seitenkante) des schwarzen
Wollgewebes können Teile eines kopfbedeckenden Um-
Brettchengewebe auf der Bronzeliege
Verwendungszweck/Kontext: Der Tote war in diverse Tücher (rotes Grabtuch, blau-rot kariertes Tuch) eingeschlagen, an die Brettchengewebe angewoben waren, deren
Anzahl, Anordnung und Musterungsaufbau nicht vollständig rekonstruiert werden konnten. Die Stücke wurden von
Banck-Burgess 1999 in verschiedene Gruppen eingeteilt:
Rotes Grabtuch, Brettchengewebe Gruppe 1:
z. B. TC 109, 142, 193, 209/210, 241 (Abb. 26)
Maße: keine Angabe.
Webtechnik: Vierlochbrettchen, mind. 11 Brettchen (TC
193), mind. 17 Brettchen (TC 209), aufhebender Drehrhythmus in Köperbindung, Eintrag von flottierenden
Musterfäden (bei TC 193).
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
137
Abb. 26
Hochdorf: Brettchengewebe der Bronzeliege, rotes Grabtuch Gewebe Gruppe 1. – (Nach Banck-Burgess 1999).
Webdetails: Fädelung: Vierlochbrettchen, befüllt mit 3 Fäden, 1 Loch frei, Randbrettchen und »Schnurbrettchen«
einfarbig mit je 4 gleichen Fäden in rot und blau, 3/1
Köperstruktur »double-faced weave: double 3/1 twill«.
Musterungsart und Motiv: verschiedene Köperstrukturen,
teils treffen 2 gegenläufige Diagonalköper aufeinander,
sodass ein Spitzgrat entsteht (TC 209), die Musterzonen
werden von einfachen Kettschnurpaaren (je S- und ZDrehung) getrennt, solches auch an Seitenkante (TC 193).
Über dem Brettchengewebe flottierende Musterfäden
waagrecht im Band (TC 193).
Fadenmaterial in Kette: 0,4-0,5 mm S-Zwirn; Dichte: ca.
20 Kettstränge/cm.
Fadenmaterial in Schuss: 0,3-0,4 mm S-Zwirn; Dichte:
durchschnittl. 20 Fäden/cm.
Angewoben.
Lit.: Banck-Burgess 1999, 71. 104 ff. 145 Taf. 10, 3; 11, 35.
Rotes Grabtuch, Brettchengewebe Gruppe 2:
z. B. TC 8 (Abb. 27)
Maße: B. mind. 1,3 cm.
Webtechnik: mind. 25 Vierlochbrettchen, Schnurbindung,
Eintrag von flottierenden Musterfäden.
Webdetails: Fädelung: alle 4 Löcher mit derselben Farbe
befädelt, kontinuierliche Drehung des Grundgewebes,
zusätzliche Musterfäden in Technik »fliegender Faden«.
Musterungsart und Motiv: in alternierender Folge 2 Sund Z- gedrehte Kettstränge, eingetragenes Muster als
rautenförmiges Gitter mit eingeschriebenem Element in
Form des Buchstabens Z.
Fadenmaterial in Kette: dunkelbraune bis schwarzbraune
Fäden; Dichte: 18 Kettstränge/cm.
Fadenmaterial in Schuss: keine Angabe.
Angewoben an Köpergewebe.
Lit.: Banck-Burgess 1999, 71. 105. 135 Taf. 9.
138
Abb. 27 Hochdorf: Brettchengewebe der Bronzeliege, rotes
Grabtuch Gewebe Gruppe 2. – (Nach Banck-Burgess 1999).
Rotes Grabtuch, Brettchengewebe Gruppe 3:
z. B. TC 106, 198, 153 (Abb. 28)
Maße: B. mind. 1,4 cm.
Webtechnik: mind. 13 Vierlochbrettchen (TC 106), Drehrichtungsmuster in aufhebendem Drehrhythmus.
Webdetails: Fädelung: je 2 rote, 2 blaue Fäden pro Vierlochbrettchen, blockweise Drehung verschiedener Brettchen in größeren Rapporten.
Musterungsart und Motiv: Teile geometrischer Muster,
z.B. zweifarbige mäanderartige Motive erkennbar.
Fadenmaterial in Kette: roter und blauer S-Zwirn; Dichte:
80 Fäden/cm (20 Kettstränge/cm).
Fadenmaterial in Schuss: rote Fäden; Dichte: 20-25 Fäden/cm.
Angewoben.
Lit.: Banck-Burgess 1999, Taf. 13, 1-5. 8-9.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Abb. 28
Hochdorf: Brettchengewebe der Bronzeliege, rotes Grabtuch Gewebe Gruppe 3. – (Nach Banck-Burgess 1999).
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
139
Abb. 29
Hochdorf: Brettchengewebe der Bronzeliege, kariertes Tuch Gewebe Gruppe 1. – (Nach Banck-Burgess 1999).
Abb. 30
Hochdorf: Brettchengewebe der Bronzeliege, kariertes Tuch Gewebe Gruppe 2. – (Nach Banck-Burgess 1999).
Großes kariertes Tuch, Brettchengewebe Gruppe 1:
z. B. TC 37, 135, 823 (Abb. 29)
Maße: keine Angabe.
Webtechnik: Vierlochbrettchen, Zweilochtechnik, aufhebender Drehrhythmus mit köperbindiger Gewebestruktur.
Webdetails: Fädelung: je 1 Kettfaden in pflanzlichem bzw.
in tierischem Material eingezogen.
140
Musterungsart und Motiv: Rautenmuster, in versetzter
Folge wiederholt. Innen wird die Raute von Kettfäden in
pflanzlichem Material gebildet, außerhalb von Kettfäden
aus tierischem Material begrenzt.
Begrenzung der Musterstruktur durch schnurbindige Kettstränge, in abwechselnder Folge S- und Z-Drehung, meist
2 der 4 Kettfäden pflanzlich bzw. tierisch.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Abb. 31
Hochdorf: Brettchengewebe vom Kessel, Kesseltuch 1. – (Nach Banck-Burgess 1999).
Fadenmaterial in Kette: 0,4-0,5 mm S-Zwirn, pflanzliches
und tierisches Material; Dichte: ca. 40 Fäden/cm.
Fadenmaterial in Schuss: Dichte: 18-20 Fäden/cm.
Angewoben.
Lit.: Banck-Burgess 1999, 104 ff. Taf. 14, 1-5.
Großes kariertes Tuch, Brettchengewebe Gruppe 2:
z. B. TC 154, TC 219 (Abb. 30)
Maße: B. mind. 1,3 cm.
Webtechnik: mind. 12 Vierlochbrettchen, »Köperbindung« und flottierende Musterfäden.
Webdetails: Fädelung: Kette aus tierischen Fasern für
köperbindiges Grundgewebe, Kettfäden aus hellen
pflanzlichen Fasern für die Einzelmotive der 0,5 cm breiten
Musterzone, Eintrag eines zusätzlichen Musterfadens in
Technik »fliegender Faden«.
Musterungsart und Motiv: Musterzone aus gereihten
Einzelmotiven, die in ein köperbindiges Grundgewebe mit
Ripscharakter 78 eingebunden sind. Einzelmotive bestehen
in Folge aus 1 Hakenkreuz, 1 Winkelhaken und vermutlich
einem weiteren Hakenkreuz. Musterzone einseitig von
mind. 3 Kettsträngen in Vierlochbrettchen begrenzt (Z-, SZ-Drehung). Die Vierlochbrettchen dabei mit je 2 hellen
pflanzlichen und 2 tierischen Fäden bezogen. An diese
Kettstränge weitere Gewebestruktur mit köperbindiger
Grundstruktur anschließend.
78
Dazu in Flächen der köperbindigen Gewebestruktur eingearbeitete Musterfäden in Kettenstofftechnik aus pflanzlichem Material. Sie flottieren gleichzeitig über mehrere
Schuss- und Kettfäden. Gereihte oder eingestreute Einzelmotive, Hakenkreuze und lineare Muster.
Fadenmaterial in Kette: S-Zwirn, Farbstoffanalysen an Fragment TC 219: Kermes vermilio (rot) und Indigotin (blau).
Fadenmaterial in Schuss: S-Zwirn.
Angewoben.
Lit.: Banck-Burgess 1999, 71 f. Taf. 15, 1-2.
Brettchengewebe vom Kessel
Verwendungszweck /Kontext: Beim Kessel konnten 3 Bänder in Brettchenweberei erkannt werden. Diese gehörten
zu 3 unterschiedlichen Köpergeweben: Kesseltuch 1 war
ein feiner, blau gefärbter Diamantkaroköper, Kesseltuch 2
ein karierter Köper mit Farb- und Spinnrichtungsmuster,
Kesseltuch 3 ein sehr feiner Gleichgratköper mit gestreifter Spinnrichtungsmusterung.
Band vom Kesseltuch 1: Objekt 1.42 und 1.45
(Abb. 31)
Maße: B. mind. 6 cm.
Webtechnik: gesamt 115 Vierlochbrettchen, Dreilochtechnik, aufhebender Drehrhythmus in Köperbindung sowie Schnurbindung.
Vgl. Brettchengewebestruktur bei Hansen 1990, 23. 47. 65: »double-faced weave: double face 3/1 twill with repp structure«.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
141
durch je 1 Kettschnur; Außenkante mind. 20 einfache
Kettstränge, alternierend S- und Z-Drehung
Breite Musterzonen horizontal unterteilt, in gleichmäßiger
Abfolge geometrische Motive: Zickzacklinien und Rauten,
die Hakenkreuze einschließen. Beide breite Musterzonen
so angeordnet, dass die Einzelmotive in versetzter Folge
erscheinen.
Schmale äußere Musterzonen mit geometrischen Winkelhaken, schmale innere Zone gefüllt mit Diagonalstrukturen.
Fadenmaterial in Kette: 0,3 mm S-Zwirn, Wolle; Dichte: 60
Fäden/cm (20 Kettstränge/cm).
Fadenmaterial in Schuss: 0,3 mm S-Zwirn, Wolle; Dichte:
20 Fäden/cm.
Angenäht an blauen Diamantköper.
Lit.: Banck-Burgess 1999, 72. 116 Taf. 25-27. – Rekonstruktion L. Ræder Knudsen, in: ebenda 80-82.
Abb. 32 Hochdorf: Brettchengewebe vom Kessel, Kesseltuch 2. –
(Nach einem Aquarell von H. J. Hundt, aus Banck-Burgess 1999).
Webdetails: Fädelung: bei Musterzonen 3 Löcher bezogen
(2 blaue und 1 roter Faden), Musterzonen in »3/1 double
faced broken twill«, bei Schnurbindung 4 Löcher einfarbig bezogen.
Musterungsart und Motiv: 5 parallele Musterzonen, im
Wechsel 0,5 und 1,2 cm breit.
Webkante bei Diamantköper aus 2 einfachen Kettsträngen (Z- und S-Drehung), Trennung zwischen Musterzonen
142
Band vom Kesseltuch 2: TK 7C (Abb. 32)
Maße: B. mind. 6 cm.
Webtechnik: Aufbau und Muster Übereinstimmung mit
Kesselband 1: Vierlochbrettchen, Dreilochtechnik, aufhebender Drehrhythmus in Köperbindung sowie Schnurbindung.
Webdetails: bei Musterzonen 3 Löcher bezogen, 2 Fäden
aus tierischen Fasern (einer blau) und 1 heller Faden aus
pflanzlichen Fasern (dominiert bei Musterung), Musterzonen in »3/1 double faced broken twill«; bei Schnurbindung 4 Löcher einfarbig bezogen.
Musterungsart und Motiv: längs gerichtete Musterzonen,
in Folge 0,4 und 0,7 cm breit, 2 breitere Musterzonen seitlich und mittig von 3 schmalen begrenzt.
Breite Musterzonen mit abwechselnd 2 Motiven, ein komplexes geometrisches Motiv und die ein Hakenkreuz
umschließende Raute.
Schmale Musterzonen mit dreieckigen Motiven in versetzter Folge am Zonenrand, diese durch schräg gestellte
Musterzonen begrenzt.
Einzelne Musterzonen von 5 einfachen Kettsträngen getrennt (alternierend S- bzw. Z-Drehung), 2 äußere Kettstränge mit blauen Kettfäden.
Fadenmaterial in Kette: 0,2-0,4 mm S-Zwirn, in Musterzone tierische und pflanzliche Fasern; Dichte: 60 Fäden/
cm (20 Kettstränge/cm).
Fadenmaterial in Schuss: S-Zwirn, tierische Fasern; Dichte:
20 Fäden/cm.
Angenäht an einen blau-rot karierten Gleichgratköper 2:
2 mit Spinnrichtungsmusterung.
Lit.: Banck-Burgess 1999, 72 ff. 116 f. Taf. 28-29. – Aquarellrekonstruktion von Hundt 1985.
Band vom Kesseltuch 3: Objekt 44 (Abb. 33)
Maße: B. mind. 3 cm.
Webtechnik: gesamt 66 Vierlochbrettchen, Zweilochtechnik, aufhebender Drehrhythmus in Köperbindung.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Abb. 33
Hochdorf: Brettchengewebe vom Kessel, Kesseltuch 3. – (Nach Banck-Burgess 1999).
Webdetails: Fädelung: Randzone 4 Kettfäden pro Brettchen, Musterzone nur 2 Löcher pro Brettchen bezogen (je
1 Faden aus tierischem und pflanzlichem Material); am
Original keine Seitenkanten erhalten.
Musterungsart und Motiv: versetzte Hakenkreuzmusterung, mind. 3 parallele Musterzonen, jeweils in 1-cmQuadrate unterteilt. In jedem Quadrat befindet sich eine
Raute, die ein Hakenkreuz einschließt. Die verschiedenen
Kettfäden dominieren so an der Gewebeoberfläche, dass
die Musterteile der benachbarten Quadrate jeweils unterschiedlich betont sind.
Fadenmaterial in Kette: 0,3-0,4 mm, blaue Wolle und heller Pflanzenfaden; Dichte: 38-40 Fäden/cm.
Fadenmaterial in Schuss: Wolle; Dichte: 24 Fäden/cm.
separat oder angewoben: fraglich.
Lit.: Banck-Burgess 1999, 75 ff. 117. 183 Abb. 43. 46;
Webanleitung 2, Taf. 24, 2-4.
Brettchengewebe vom Wagen: Objekt 2 (Abb. 34)
Maße: B. mind. 1,3 cm.
Webtechnik: Vierlochbrettchen, Dreilochtechnik, aufhebender Drehrhythmus in Köperbindung.
Webdetails: Fädelung: Vierlochbrettchen, bezogen mit 2
Fäden aus tierischen Fasern und 1 Faden aus pflanzlichen
Fasern (dominiert bei Musterung), 1 Loch frei.
Abb. 34 Hochdorf: Brettchengewebe vom Wagen. – (Nach
Banck-Burgess 1999).
Musterungsart und Motiv: Rautenmusterung, kleine
Rosetten (0,3 × 0,3 cm) sind zu einer Raute angeordnet,
Gesamtgröße der fragmentarischen Raute 1,4 × 1,4 cm.
Im Inneren der Raute rötlichbraune Fäden erkennbar, im
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
143
Abb. 35
1999).
Hochdorf: Brettchengewebe 1 vom Wandbehang. – (Nach Banck-Burgess
Umfeld der einzelnen Rosetten dunkelbraune Fäden.
Innenfläche der Raute und Randpartien im Original nicht
erhalten.
Fadenmaterial in Kette: 0,4-0,5 mm S-Zwirn, pflanzlich,
und 0,3-0,7 mm S-Zwirn, Wolle, 2 verschiedene Brauntöne erkennbar.
Fadenmaterial in Schuss: 0,3-0,4 mm S-Zwirn, Wolle;
Dichte: 16 Fäden/cm.
separat oder angewoben: fraglich.
Verwendungszweck / Kontext: Fund auf dem Wagen.
Lit.: Banck-Burgess 1999, 75. 191 Abb. 47 Taf. 30, 2.
Brettchengewebe vom Wandbehang
Verwendungszweck / Kontext: Die Wände der Grabkammer waren mit einem Wandbehang geschmückt, die mit
Eisenhaken an der Wand befestigt waren. An die Köpergewebe des Wandbehanges waren in alternierender Folge 2 Bänder in Brettchenweberei angenäht.
144
Abb. 36 Hochdorf: Brettchengewebe
2 vom Wandbehang. – (Nach Banck-Burgess 1999).
Brettchengewebe 1 vom Wandbehang: Nr. 39,
Wandhaken 41 und 203 (Abb. 35)
Maße: B. ca. 3 cm.
Webtechnik: gesamt 40 Vierlochbrettchen, Zweilochtechnik, aufhebender Drehrhythmus in Köperbindung.
Webdetails: Fädelung: Randzone 4 Kettfäden pro Brettchen, Musterzone nur 2 Löcher pro Brettchen befüllt (je 1
Faden aus tierischem und pflanzlichem Material). Bei
Randzone zweimal 4 Brettchen in Schnurbindung, je äußere 2 Brettchen tierische Fasern, je innere 2 Brettchen
pflanzliche Garne.
Musterungsart und Motiv: Zinnenmäanderrauten, Motiv
fortlaufend wiederholt, je durch eine Zickzacklinie getrennt. In alternierender Folge unterschiedliche farbliche
Betonung der Musterteile, je nachdem welcher der 2
Kettfäden an Gewebeoberfläche dominiert. Randlich je 4
Brettchen in Schnurbindung, abwechselnd S- und Z-Drehung.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Abb. 37 Hohmichele: Grab I, Nr. 11. –
(Nach Banck-Burgess 1999).
Fadenmaterial in Kette: 0,5 mm S-Zwirn, alternierend tierische und pflanzliche Fasern, geringe Reste von Gelbfärbung nachgewiesen (Tannine); Dichte: 40 Fäden/cm.
Fadenmaterial in Schuss: keine Angabe.
Separat gefertigt; mit grober Naht angenäht an Köperstoff, an Brettchenband zusätzlich ein einfaches Brettchengewebe mit Fransenrand (B. ohne Fransen 0,6 cm)
angenäht.
Lit.: Banck-Burgess 1999, 75 ff. 168. 193; Webanleitung
1, Abb. 42. 45 Taf. 32, 2-4.
Brettchengewebe 2 vom Wandbehang:
Wandhaken 385 (Abb. 36)
Maße: B. ca. 3 cm.
Webtechnik: Vierlochbrettchen, Zweilochtechnik, Drehrichtungsmuster mit Struktureffekt und Schnurbindung.
Musterungsart und Motiv: Gewebe mit Flechtbandmusterung, teils 2 parallele Musterzonen erhalten, Begrenzung der Musterzonen durch 2 einfache Kettstränge (Sund Z-Drehung), jede Musterzone (B. je 0,6 cm) besteht
aus 2 gegenläufigen, sich verzahnenden Dreiecksreihen.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
145
2.3 »Hohmichele«, Gem. Altheim-Heiligkreuztal,
Lkr. Biberach, Baden-Württemberg
Aufbewahrung: Landesmuseum Württemberg Stuttgart.
Kontext und Konservierungsart: Grabfund, Mineralisierung, Gewebe aus den Grabhügeln I (Kammergrab mit
vierrädrigem Wagen) und VI (Holzkammergrab mit Doppelbestattung von Mann und Frau).
Datierung: Ha D1 bis 1. Hälfte Ha D2.
Grab I, Nr. 11 (Abb. 37)
Feines hellbraunes Köpergewebe in Wolle mit angenähter
Brettchenborte, diese in Breite nicht vollständig erhalten.
Die Brettchenweberei stößt in der Naht mit seiner Webkante an eine schmale Umfalzung des Köpergewebes,
Naht mit doppelt genommenem, schwarzem S-Zwirn.
Brettchengewebe Farbstoffanalyse P. Walton Rogers: »no
dye detected«; Neuanalyse Banck-Burgess 79.
Webtechnik: mind. 19 Vierlochbrettchen, Drehrichtungsmuster in aufhebendem Drehrhythmus.
Webdetails: Fädelung: wahrscheinlich ehemals mehrfarbig.
4 Kettfäden verzwirnt zu einer Schnur, entsprechend der
Musterung sind die Schnüre abschnittsweise S- und Zgedreht, blockweise Drehung verschiedener Brettchen in
größeren Rapporten.
Musterungsart und Motiv: geometrisches Muster, wohl
einst Farbmuster nach der Struktur des Gewebes.
Fadenmaterial in Kette: 0,4-0,6 mm S-Zwirn, Wolle; Dichte: 44 Fäden/cm (11 Kettstränge/cm).
Fadenmaterial in Schuss: 0,6-0,8 mm Z-Garn, Wolle; Dichte: 8-10 Fäden/cm.
Separat gefertigt und angenäht.
Verwendungszweck / Kontext: stark beraubtes Grab, Geschlecht unklar. Gewebe aus Holzkammer und südlicher
Schmalseite. Nach Hundt Reste eines Kleidungsstückes
aus Köperstoff mit angenähter Brettchen-Schmuckborte.
Laut Banck-Burgess weist das Gewebe Spuren auf, dass es
bereits vor der Grablege in Gebrauch war: Naht stark verzogen, verfilzte und ausgedünnte Gewebestellen.
Lit.: Hundt 1962, 201 f. Abb. 3-4 Taf. 28, 1a. – Neuaufnahme durch Banck-Burgess 1999, 202 Abb. 39.
Abb. 38
Hohmichele: Grab VI, Nr. 5. – (Nach Hundt 1962).
Fadenmaterial in Kette: 0,4 mm S-Zwirn.
Fadenmaterial in Schuss: 0,5 mm S-Zwirn; Dichte: 13-14
Fäden/cm.
Separat gefertigt.
Lit.: Banck-Burgess 1999, 75. 194 Abb. 44.
79
Grab VI, Nr. 5 (Abb. 38)
2 Fragmente eines braunen gemusterten Wollrips (Nr. 5
und 6) mit Anfangskante in Brettchenweberei.
Maße: B. des Brettchengewebes 0,4-0,5 cm.
Webtechnik: 6 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: einfarbig (jetzt braun), alle Fäden
eines Brettchens zu einer Schnur verdreht, gegenständige
Anordnung: Außenkante/2 S-, 1 Z-, 1 S-, 1 Z-, 1 S-Drehung.
Nach Erstpublikation von Hundt 1962 als Schnurbindung mit Ton-in-Ton-Streifenstruktur, mind. 14 Brettchen, gegenständige Anordnung: Webkante/2 S-, 2 Z-, 3 S-, 3 Z-, 3 S-, 1 Z-Drehung/Zerstörungskante.
146
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Musterungsart und Motiv: Ton-in-Ton-Längsstreifenstruktur.
Fadenmaterial in Kette: 0,5 mm S-Zwirn, Wolle; Dichte: 24
Fäden auf 0,5 cm (6 Kettstränge auf 0,5 cm).
Fadenmaterial in Schuss: 0,3 mm S-Zwirn, schwarze Wolle.
Angewoben als Gewebeanfangskante, nach Hundt: Am
Übergang zum Ripsgewebe wurden die Schussfäden des
Brettchengewebes je 2 und 2 zusammengefasst als Kettfäden für den Rips, wo sie unverdreht nebeneinanderliegen.
Verwendungszweck / Kontext: Gewebe an Innenseite des
linken Oberschenkels der Frau. Nach Hundt Reste eines
kittelartigen Obergewandes mit Brettchenwebkante als
Abschluss.
Lit.: Hundt 1962, 204 Taf. 33 Abb. 5. – Banck-Burgess
1999, 203 f. Abb. 22-23. 33.
Grab VI, Nr. 8
Fragment eines braunen Brettchengewebes aus Wolle –
vom Brettchengewebe sind in ungestörter Folge 7 Kettfadenstränge erhalten, danach folgt eine Lücke, die in
ihrer Breite etwa 3 Kettfädensträngen entspricht, danach
folgen weitere 4 Kettfäden bis zur Zerstörungskante des
Fragments.
Brettchengewebe Farbstoffanalyse P. Walton Rogers: »no
dye detected«.
Webtechnik: mind. 11 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: einfarbig (jetzt braun), alle Fäden
zu einer Schnur verdreht, gegenständige Anordnung: Zerstörungskante/2 Z-, 2 S-, 3 Z-Drehung – Lücke – 4 ZDrehung, Zerstörungskante.
Musterungsart und Motiv: Ton-in-Ton-Längsstreifenstruktur.
Fadenmaterial in Kette: 0,4 mm S-Zwirn, Wolle.
Fadenmaterial in Schuss: 0,4 mm Z-Garn, Wolle, schwach
gedreht; Dichte: 10 Fäden/cm.
Evtl. Anfangskante (nach Hundt lange, über die erhaltene
Kette hinausragende Schussfäden feststellbar).
Verwendungszweck / Kontext: Gewebe in Knöchelregion
der Frau. Hundt interpretiert das breite Brettchenband als
Abschlusssaum eines Rockes in Knöchelhöhe.
Lit.: Hundt 1962, 208 Abb. 7 Taf. 34, 3. – Banck-Burgess
1999, 203.
2.4 Udenheim, Lkr. Alzey-Worms, Rheinland-Pfalz
Aufbewahrung: Landesmuseum Mainz.
Kontext und Konservierungsart: Grabfund, Mineralisierung.
Datierung: Lt C/D.
Inv.-Nr. 97/1bv B
Eisenfragment mit Textilresten.
Maße: B. 2,2 cm, erh. L. 4 cm.
Webtechnik: Brettchenweberei in Schnurbindung (oder
Rips?).
Musterungsart und Motiv: Schnurstruktur.
Fadenmaterial in Kette: S-Zwirn; Dichte: 19 Fäden/cm.
Fadenmaterial in Schuss: S-Zwirn; Dichte: 9 Fäden/cm.
Lit.: unpubl. Liste von Fundaufnahmen 1987 durch L. Bender Jørgensen.
3. Frankreich
3.1 Apremont, dép. Haute-Saône
Aufbewahrung: Musée des Antiqués Nationales in St.
Germain-en-Laye.
Kontext und Konservierungsart: Grabhügel, Wagengrab,
Mineralisierung.
Datierung: Ha D1-Ha D2.
Inv.-Nr. 25876 TT5 (Abb. 39)
Brettchengewebe an einem Metallobjekt.
Maße: auswertbare Gewebestruktur auf einer Fläche von
1,5 × 1,5 cm.
Webtechnik: mind. 25 Vierlochbrettchen, Schnurbindung
und aufhebender Drehrhythmus in Köperbindung.
Webdetails: Rand 3 Brettchen Schnurbindung, 1 Z-, 1 S-,
1 Z-Drehung (Webkante?), dann Musterfläche. Brettchen
nach Motivvorgabe vor- und zurückgedreht mit charakteristischer Gratbildung eines 3/1 Köpers.
Musterungsart und Motiv: keine Farbe erhalten. Nach
Banck-Burgess sind 3 Diagonalstrukturen zu einer rautenähnlichen Form angeordnet, die innen gemustert ist.
Fadenmaterial in Kette: 0,3-0,4 mm S-Zwirn; Dichte: ca.
80 Fäden/cm (ca. 20 Kettstränge/cm).
Fadenmaterial in Schuss: 0,6-0,7 mm S-Zwirn (nur leicht
verzwirnt); Dichte: 15 Fäden/cm.
separat oder angewoben: fraglich.
Lit.: Brettchengewebe von Masurel 1992, 66 genannt,
aber nicht näher beschrieben; Brettchengewebe analysiert
in Banck-Burgess 1999, 212 Abb. 40-41.
3.2 Mardié, »Reuilly«, dép. Loiret
Kontext und Konservierungsart: Grabhügel mit Brandbestattung, Mineralisierung.
Datierung: Hallstattzeit.
Verschiedene Textilreste in einer Bronzesitula, köperbindiges Gewebe und Brettchengewebe.
Nur Erwähnung, keine weiteren Angaben.
Lit.: erwähnt als Brettchengewebe von Banck-Burgess
1999, 214.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
147
Abb. 39
Apremont: Inv. Nr. 25876 TT5. – (Nach Banck-Burgess 1999).
4. Italien: Mittel- und Norditalien
4.1 Sasso di Furbara, prov. Roma, Region Lazio
Aufbewahrung: Museo nazionale preistorico ethnografico
Luigi Pigorini in Rom.
Kontext und Konservierungsart: beigesetztes Boot, im
Inneren Gewebereste gefunden.
Datierung: Villanova-Kultur, 8. Jh. v. Chr.
Textilien Gruppe 7 (Abb. 40)
Feines spinnrichtungsgemustertes Gewebe mit Brettchengewebe.
Maße: B. 2 cm.
Webtechnik: dreieckige Dreilochbrettchen, Schnurbindung
und Musterungstechnik, die nach Masurel mit Jaquartweberei verwandt ist.
Musterungsart und Motiv: Band mit 5 verschiedenen
Musterzonen in Längsrichtung, begrenzt von 6-9 einfachen Brettchenschnüren, diese meist in Z-Drehung (bis
auf eine Ausnahme), 2 äußere Brettchenschnüre rot, innenliegende braun.
Muster durch Kett- und Schussfäden gebildet, bei Musterzone 1 flottieren 4 Kettfäden versetzt über 4 oder 5 Einträge. Musterzone 2, gefertigt mit 8 Kettsträngen abwechselnd brauner und roter Fäden, bildet ein serpentinenartiges Motiv an der Oberfläche. Musterzone 3 aus 6 Kett-
148
strängen, ineinandergeschachtelte Dreiecke, geht in einfacheres Motiv über. Musterzone 4 mit 18 Kettsträngen, Motiv »chevron tronqués«. Musterzone 5 wie Musterzone 3.
Fadenmaterial in Kette: sehr fein, S-Zwirn.
Fadenmaterial in Schuss: keine Angabe.
Webkante, an Fischgratköper angewoben.
Lit.: Mamez / Masurel 1992. – Banck-Burgess 1999, Kat. S.
231.
4.2 Verucchio, prov. Rimini, Region Emilia Romana
Aufbewahrung: Museo Civico Archeologico in Verucchio.
Kontext und Konservierungsart: Grabfund, organisch erhalten.
Restaurierung in der Fachhochschule Köln.
Datierung: Villanova-Kultur, ca. 700 v. Chr.
Grab 89/Tomba del Trono: Mantel 1, 2 und Gewand 3
Borte von Mantel 1: Inv. 13541 /Inv. FH Köln:
TL.95.003.001 (Abb. 41-43)
Brettchengewebe an der gerundeten Kante des halbkreisförmigen Mantels (L. 2,57 m, max. B. 82 cm); Grundgewebe Mantel: feiner Wollköper, rötliche Farbe, Borte purpurfarben oder blau.
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Abb. 40 Sasso di Furbara: Textilien
Gruppe 7. – (Nach Mamez / Masurel 1992).
Abb. 41
Verucchio: Mantel 1. –
(Nach Stauffer 2002).
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
149
Abb. 42 Verucchio: Mantel 1, Detail Brettchenbortenstruktur.
– (Nach Stauffer 2002).
Abb. 43 Verucchio: Mantel 1, Brettchenweberei bei Rundung. – (Nach Ræder Knudsen 2002).
150
Farbstoffanalyse I. Vanden Berghe: Gewand: Ellagsäure,
Borte: Indigotin und Tannine.
Maße: B. 2,4 cm.
Webtechnik: 36 Vierlochbrettchen, Drehrichtungsmuster
mit Struktureffekt und Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: 2 Brettchen beim Grundgewebe in Sund Z-Drehung, dann 17 Brettchen; Musterzone: Dreieckmuster durch sukzessive Drehrichtungsänderung einzelner
aufeinanderfolgender Brettchen. An der Stelle der Drehrichtungsänderung ist der Schuss kurz zu erkennen, was die
Dreiecke noch plastischer sichtbar macht. Dann bis zur
Kante 17 Brettchen in Schnurbindung: gegenständige Anordnung: je Gruppen von 3 Brettchen in S- und Z-Drehung.
Umkehrstellen in Schnurbindungszonen.
Musterungsart und Motiv: purpurfarben oder blau, Strukturmuster Dreiecke, randlich schnurbindige Struktur.
Fadenmaterial in Kette: S- und Z-Zwirn (dünner als Grundgewebe), schwarze Wolle; Dichte: ca. 60 Fäden/cm (15
Kettfadenstränge/cm).
Fadenmaterial in Schuss: S-Garn, blaue Wolle; Dichte: 14
Schüsse/cm.
Angewoben nach Fertigstellung des Grundgewebes. Fransen von Kette und Schuss des Hauptgewebes als Schuss
für Borte: Die Anzahl der Schussfäden pro Fach (mind. 2)
variiert stark, weil im Grundgewebe die Fadenzahlen für
Kette (22-26 Fäden/cm) und Schuss (12-14 Fäden/cm) sehr
unterschiedlich sind. Zudem wurde die gerundete Führung
des Gewebes an der Kante des Mantels entlang mit verschiedenen Schussfäden der Brettchenweberei ausgeglichen.
Verwendungszweck / Kontext: Borte am Mantel »tebenna«.
Lit.: Ræder Knudsen 2002, 222. – Mantel: Stauffer 2002,
196-200. 216.
Borte von Mantel 2: Inv. 13529 /Inv. FH Köln:
TL.95.003.002 (Abb. 44)
Brettchengewebe an der gerundeten und geraden Kante
des halbkreisförmigen Mantels (L. 2,59 m, max. B. 72 cm);
Grundgewebe Mantel: feiner Wollköper, rötliche Farbe.
Farbstoffanalyse I. Vanden Berghe: Gewand und Borte:
Indigotin von Waid und Purpurin.
Maße: B. 2,3-2,8 cm.
Webtechnik: 35 Vierlochbrettchen, Drehrichtungsmuster
mit Struktureffekt und Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: 1 Brettchen Schnurbindung, dickere
Kettfäden (evtl. andere Farbe?), dann 34 Brettchen dünnere Kettfäden: 17 Brettchen als Musterzone mit Dreiecken
(wie bei Mantel 1 durch sukzessive Drehrichtungsänderung), 17 Brettchen schnurbindige Zone, keine Umkehrstellen, keine Änderung in der Drehrichtung.
Musterungsart und Motiv: Strukturmuster (einfarbig?),
Dreiecke wie bei Mantel 1, daneben breite schnurbindige
Längsstruktur.
Fadenmaterial in Kette: S- und Z-Zwirn, purpurfarbene
Wolle; Dichte: 52-60 Fäden/cm (13-15 Kettstränge/cm).
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Abb. 44
Verucchio: Mantel 2. – (Nach Stauffer 2002).
Abb. 45
Verucchio: Gewand 3. – (Nach Stauffer 2002).
Fadenmaterial in Schuss: S- und Z-Garn von Hauptgewebe, rötliche Wolle; Dichte: ca. 19 Schüsse/cm.
Angewoben (wie bei Mantel 1).
Verwendungszweck / Kontext: Borte am Mantel »tebenna«.
Lit.: Ræder Knudsen 2002, 224. – Mantel: Stauffer 2002,
200-203. 216.
Borte von Gewand 3: Inv. 13530 /Inv. FH Köln:
TL.95.003.015 (Abb. 45)
Mehrere Fragmente eines Gewandes mit gerundeten
Kanten mit Brettchenwebborte (gerundet um ganzes Gewand herumgehend). Form des Gewandes »gezipfeltoval«, gerundete Kanten. Grundgewebe Gewand: feiner
Wollköper 2:2, rötliche Farbe.
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
151
Farbstoffanalyse I. Vanden Berghe: Gewand und Borte:
Indigotin, Purpurin, Ellagsäure.
Maße: B. 0,8-1 cm.
Webtechnik: 13 Vierlochbrettchen, Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: gegenständige Anordnung, je abwechselnd 1 S-, 1 Z-Drehung, keine Umkehrstellen. Für
Kettstränge in S-Drehung Brettchen mit Z-Garnen verwendet, für Z-Drehung Brettchen mit S-Garnen.
Musterungsart und Motiv: Ton-in-Ton-Längsstreifenstruktur.
Fadenmaterial in Kette: S- und Z-Garn, purpurfarbene
Wolle; Dichte: 48 Fäden/cm (12 Kettstränge/cm).
Fadenmaterial in Schuss: S- und Z-Garn, rötliche Wolle
(Fäden von Hauptgewebe); Dichte: 18 Fäden/cm.
Angewoben (wie bei Mantel 1).
Verwendungszweck / Kontext: Borte an Gewandsaum.
Lit.: Ræder Knudsen 2002, 225. – Mantel: Stauffer 2002,
203-207. 216 f.
Verucchio Grab B/1971, Objekt A
Obergewand »Tunika« mit gerundeten unteren Kanten
und offenen Seitenkanten. Brettchengewebe an 3 oder 4
Kanten sowie an der Halsöffnung, nicht überall in voller
Breite erhalten.
Maße: keine Angabe.
Webtechnik: 17 Brettchen (bei Halsöffnung), 13 Brettchen
(an Außenkante), Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: gegenständige Anordnung, je abwechselnd Kettfadenstränge in 1 S-, 1 Z-Drehung, keine
Umkehrstelle.
Musterungsart und Motiv: Streifen, Ton-in-Ton-Längsstreifenstruktur, einfarbig(?).
Fadenmaterial in Kette: S- und Z-Garn, Wolle.
Fadenmaterial in Schuss: Fäden des Grundgewebes, 2
Fäden pro Fach.
Angewoben, Fäden gehen wieder zurück in das Fach (wie
auch bei den anderen Gewändern von Verucchio).
Verwendungszweck / Kontext: Außenkante und Verstärkung der Halsöffnung von Obergewand Objekt A.
Lit.: L. Ræder Knudsen, unpubl.
Verucchio Grab B/1971, Objekt B
Obergewand wie Objekt A, schlechter erhalten, mit Brettchenweberei (schmäler an Halsöffnung, breiter an unterer
Kante).
Maße: B. 1-3 cm.
Webtechnik: mind. 7 Brettchen (an Halsöffnung vollständige Breite), Schnurbindung.
Webdetails: Fädelung: einfarbig, gegenständige Anordnung S- und Z-Drehung (an Halsöffnung), breite Brettchenweberei an unterer Kante hatte evtl. ein Muster.
Musterungsart und Motiv: an Halsöffnung Ton-in-TonLängsstreifenstruktur; an unterer Kante evtl. Muster.
Fadenmaterial in Kette: keine Angabe.
Fadenmaterial in Schuss: keine Angabe.
Angewoben (wie bei Mantel 1).
Verwendungszweck / Kontext: Gewand mit breiter Brettchenwebkante an den gerundeten unteren Kanten,
schmälere Brettchenborten an der Halsöffnung, an geraden Seitenkanten keine Brettchenborten nachgewiesen.
Lit.: L. Ræder Knudsen, unpubl.
Abb. 46 Magdalenska Gora:
Tumulus V, Grab 23. –
(Nach Brandford 1978).
152
K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
5. Schweiz
5.1 Matran, Kt. Fribourg
Aufbewahrung: Archäologie des Kantons Fribourg.
Kontext und Konservierungsart: Hügelgrab mit minerali-
siertem Brettchengewebe.
Datierung: Ha C.
Brettchengewebe als Umwicklung eines Schwertes.
Lit.: Mauvilly u. a. im Druck (frdl. Hinweis A. Rast-Eicher).
6. Slowenien
6.1 Magdalenska Gora, reg. Spodnja Štajerska
Aufbewahrung: Peabody Museum of Archaeology and
Ethnology (Mecklenburg-Collection), Cambridge / Mass.
Kontext und Konservierungsart: Grabhügel mit Brandbestattung, Mineralisierung.
Datierung: Übergang Bronzezeit / Hallstattzeit.
Tumulus V, Grab 23 (Abb. 46)
Brandford beschreibt bei den Fragmenten 2, 3 und 5 Gewebestrukturen, die beim »Fingerweben« entstehen können (Verzwirnung der Kettfäden).
Nach der Zeichnung kann es sich laut Banck-Burgess auch
um ein Brettchengewebe handeln, bei dem die Kettfäden
zu Schnüren verzwirnt sind. Ungewöhnlich ist der Verlauf
des Schusseintrages, der bei den Fragmenten 2 und 3 als
Doppelfaden geführt wird, wobei das Fadenpaar bei jeder
zweiten Kettschnur getrennt wird und mit den Einzelfäden
der getrennten Fadenpaare der benachbarten Schussfäden
wiederum ein Fadenpaar bildet.
Nur Erwähnung, keine weiteren Angaben.
Lit.: Brandford 1978. – Banck-Burgess 1999, 222.
K. G.
LITERATUR
Abels 1992: B.-U. Abels, Eine Tonschnabelkanne von der Ehrenbürg in Oberfranken. Arch. Korrbl. 22, 1992, 79-92.
Collingwood 1982: P. Collingwood, The Techniques of Tablet
Weaving (London 1982).
Baitinger 2002: H. Baitinger (Hrsg.), Das Rätsel der Kelten vom
Glauberg: Glaube – Mythos – Wirklichkeit [Ausstellungskat.
Frankfurt a. M.] (Stuttgart 2002).
Cordie-Hackenberg 1993: R. Cordie-Hackenberg, Das eisenzeitliche Hügelgräberfeld von Bescheid, Kreis Trier-Saarburg. Trierer
Zeitschr. Beih. 17 (Trier 1993).
Banck-Burgess 1999: J. Banck-Burgess, Hochdorf IV: Die Textilfunde aus dem späthallstattzeitlichen Fürstengrab von Eberdingen-Hochdorf (Kreis Ludwigsburg) und weitere Grabtextilien aus
hallstatt- und latènezeitlichen Kulturgruppen. Forsch. u. Ber. Voru. Frühgesch. Baden-Württemberg 70 (Stuttgart 1999).
Dobiat 1982: C. Dobiat, Menschendarstellungen auf ostalpiner
Hallstattkeramik. Eine Bestandsaufnahme. Acta Arch. Acad.
Scien. Hungaricae 34, 1982, 279-322.
Barth 2009: F. E. Barth, Ergänzende Bemerkungen zum frühlatènezeitlichen Grab 994 von Hallstatt. Arch. Korrbl. 39, 2009, 527538.
Belanová-Štolcová / Grömer 2010: T. Belanová-Štolcová / K. Grömer, Weights, Spindles and Textiles – Textile Production in Central Europe from Bronze Age to Iron Age. In: E. Andersson
Strand / M. Gleba / U. Mannering / C. Munkholt / M. Ringgaard
(Hrsg.), North European Symposium for Archaeological Textiles
10. Ancient Textiles Ser. 5 (Oxford 2010) 9-20.
Bender Jørgensen 1992: L. Bender Jørgensen, North European Textiles until AD 1000 (Aarhus 1992).
Brandford 1978: J. Brandford, The Textiles. In: H. Hencken, The Iron
Age Cemetery of Magdalenska gora in Slovenia. Mecklenburg
Coll. 2 = Am. School Prehist. Research Bull. 32 (Cambridge,
Mass. 1978) 301-310.
Dušek / Dušek 1995: M. Dušek / S. Dušek, Smolenice-Molpír. Befestigter Fürstensitz der Hallstattzeit 2. Mat. Arch. Slovaca 13 (Nitra
1995).
Echt 1999: R. Echt, Das Fürstinnengrab von Reinheim. Studien zur
Kulturgeschichte der Früh-La-Tène-Zeit. Saarbrücker Beitr. Altkde. 69 (Bonn 1999).
Egg / Hauschild / Schönfelder 2006: M. Egg / M. Hauschild / M.
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ZUSAMMENFASSUNG / ABSTRACT / RÉSUMÉ
Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg. Neue Erkenntnisse zur
Brettchenwebtechnik in der Eisenzeit in Mitteleuropa
In der Brettchenweberei ist während der Eisenzeit eine auffallende Vielfalt an Web- und Musterungstechniken zu bemerken, die weit über die einfachen Grunddrehdynamiken hinausgehen und von großer
Kreativität und Wissen im Umgang mit dem Material durch die Handwerker zeugen.
Im Jahr 2009 kam in einer mittellatènezeitlich abgelagerten Abraumschicht im Salzbergwerk Dürrnberg
(Hallein, Österreich) ein Textilfund mit herausragender Brettchenborte zum Vorschein; die Motivanalyse lässt
eine Einordnung des Objektes in die späte Frühlatènezeit (erste Hälfte 3. Jahrhundert v. Chr.) zu. Es ist später, vielleicht in sekundärer Verwendung, weiter genutzt worden und so in den »Salzberg« gelangt.
Die meisten Brettchengewebe vom Dürrnberg sind als dünne Bänder in einfacher Schnurbindung gefertigt,
zudem direkt angewoben als Seitenkanten. Das Prunkgewebe der »Ärmelborte« sticht in diesem Komplex
hervor – sowohl hinsichtlich seiner Webtechnik als auch hinsichtlich seiner Anbringung an einem gerafften
Ärmel. Es wurde mit Dreilochbrettchen gewebt, wobei man in ausgefeilter Musterungsweise verschiedenfarbige Hintergründe zum hellen Mäandermotiv gestaltete.
A torn off arm from the salt-mine of the Dürrnberg. New knowledge on tablet weaving
in the Iron Age in Central Europe
In the tablet weaving of the Iron Age one can observe a considerable range of weaving and pattern techniques which go way beyond the simple basic dynamics of turning and which bear witness to the extensive creativity and skill of the makers in using the material.
In 2009 a textile find with a wonderful tablet border was recovered from a spoil layer deposited in the
Middle La Tène period in the salt-mine of the Dürrnberg (Hallein, Austria). The analysis of the motif allows
a dating of the object to the late Early La Tène period (first half 3rd c. BC). Later, perhaps in secondary use,
it was utilized again and thereby brought into the salt-mine.
The majority of tablet textiles from the Dürrnberg were made as thin bands in simple warp twine, moreover directly woven in as edges. The opulent weave of the arm’s edging in this complex stands out, not
only in the technique of its weave, but also in the fixing on a gathered arm. It was made using tablets with
three holes, whereby backgrounds of different colours were fashioned to light meandering motives using
intricate patterning.
Translation: C. Bridger
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K. Grömer · Th. Stöllner · Ein abgerissener Ärmel aus dem Salzbergwerk Dürrnberg
Une manche arrachée provenant de la mine de sel de Dürrnberg. Nouveaux acquis sur la technique du tissage aux plaquettes de l’âge du Fer en Europe centrale
Le tissage aux plaquettes, à l’âge du Fer, offre une grande variété de techniques de tissage et de décor, qui
dépassent largement les simples rotations de base et qui témoignent d’une grande créativité et de beaucoup de savoir de la part des artisans.
En 2009, on a découvert un remarquable galon tissé aux plaquettes dans une couche de déblais de la mine
de Dürrnberg (Hallein, Autriche) accumulée à La Tène moyenne. L’analyse des motifs permet d’attribuer ce
tissu à la fin de La Tène ancienne (première moitié du 3e s. av. J.-C.). Il a peut-être été réutilisé plus tard et
abandonné ainsi dans la »montagne de sel«.
La plupart des tissus réalisés avec des plaquettes correspondent à de fins rubans à enfilage simple, rattachés directement en guise de lisières. Le tissu très riche du »galon de la manche« se détache du reste de
cet ensemble, tant par la technique de tissage utilisée que par sa fixation sur une manche froncée. Il a été
exécuté avec des plaquettes à trois trous permettant ainsi, par un art décoratif élaboré, de créer des fonds
de différentes couleurs pour le motif clair en méandres.
Traduction: Y. Gautier
Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 56 · 2009
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