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„Für viele ein Affront“: Verkehrsminister schießt erneut gegen Mercedes-Luxusstrategie – fährt aber selbst EQS

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Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann hat erneut die Luxusstrategie von Mercedes-Benz kritisiert. Ihm gehe es aber nicht um „Mercedes-Bashing“, erklärte der Politiker.

Stuttgart - Seit Mercedes-Benz im Mai 2022 die erweiterte Luxusstrategie vorgestellt hat, gibt es Kritik an der Ausrichtung des Weltunternehmens aus Stuttgart. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte die Strategie bereits kurz nach der Bekanntgabe erstmals bemängelt. Auf die Kritik angesprochen hatte Mercedes-Strategiechefin Carolin Strauß im BW24-Interview erwidert, dass die Strategie großes Potenzial biete. „Wir wollen und werden weiter wachsen – aber fokussieren uns auf profitables Wachstum“, erklärte sie. „Insofern machen wir unser Geschäft resilienter und sichern so beispielsweise auch Arbeitsplätze in Deutschland.“

Winfried Hermann sieht das jedoch offenbar anders und legte Ende des vergangenen Jahres nach. Mercedes würde „nur noch Autos für Scheichs und die Reichen“ produzieren, kritisierte der Verkehrsminister. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (faz) wiederholte der Grünen-Politiker seine Kritik am großen Autokonzern, betonte aber auch, dass es ihm nicht um „Mercedes-Bashing“, sondern um einen offenen Dialog gehe. Zudem fährt der Minister, wie auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann, einen Mercedes-EQS als Dienstwagen.

Mercedes-Luxusstrategie trifft bei Verkehrsminister weiter auf Unverständnis – „für viele ein Affront“

Mercedes-Benz will sich konkret noch stärker auf den Luxus konzentrieren und das Einstiegssegment ausdünnen. Stattdessen soll das Hauptaugenmerk künftig auf den hochpreisigen Modellen der Kernmarke und der Marken Mercedes-AMG, Mercedes-Maybach sowie der E-Auto-Marke Mercedes-EQ liegen. Daraus, dass der Einstieg in die Weltmarke mit dem Stern dadurch deutlich teurer wird, machte Mercedes-Chef Ola Källenius im Mai des vergangenen Jahres kein Geheimnis. „Wenn man verbal so auf Luxus setzt, ist das für viele Durchschnittsbürger ein Affront“, sagte Winfried Hermann im Gespräch mit der faz. „Früher hatte Daimler auch Kleinwagen wie den Smart im Angebot. Heute brauchen sie diese nicht mehr, um die CO2-Flottengrenzwerte einzuhalten.“

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) gestikuliert (links). Ein Mercedes-AMG EQS 43 4 Matic (rechts).
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat erneut die Luxusstrategie von Mercedes-Benz kritisiert. Er betonte aber, dass es ihm nicht um ein „Bashing“ des Konzerns gehe. © Horst Rudel/Imago/Pressebild Mercedes-Benz (Fotomontage: BW24)

Die Marke Smart gehört zwar noch immer zum Mercedes-Konzern, spielt bei der Luxusstrategie der Schwaben aber keine Rolle. Zudem setzt die Mercedes-Tochter statt auf Kleinwagen inzwischen auf elektrische SUV wie den Smart #1, der ausschließlich in China produziert wird. „Das ist die völlige Verkehrung des einstigen Ansatzes“, sagte der Verkehrsminister. Smart hatte jedoch erklärt, dass sich die kultigen Kleinwagen der Marke schlichtweg nicht mehr ausgezahlt hätten. „Das höre ich immer wieder, es überzeugt mich aber nicht“, so Hermann. Insgesamt sieht der Politiker das Problem, dass die deutschen Autobauer keine günstigen E-Autos mehr anbieten.

Winfried Hermann: „Mir geht es nicht um Mercedes-Bashing, mir geht es um den offenen Dialog“

Gerade im Zuge der Mobilitätswende ist das Thema Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren massiv in den Vordergrund gerückt. „Ich erwarte von deutschen Herstellern, dass sie nicht nur kurzfristig betriebswirtschaftlich rechnen, sondern auch ökologisch und nachhaltig denken“, machte Winfried Hermann gegenüber der faz deutlich. Damit ein Auto angesichts der Klimakrise eine Zukunft habe, müsse es ressourcenleicht und energiesparsam sein. „Ich fahre schon lange als Dienstwagen E-Fahrzeuge, derzeit einen Mercedes EQS.“ Mit der großen elektrischen Limousine ist der Politiker in Sachen Effizienz, Fahrqualität und Reichweite auch durchaus zufrieden.

Dass es sich bei dem EQS um ein Luxusauto handelt, das unter 100.000 Euro nicht zu haben ist, sieht Winfried Hermann bei seiner Kritik an der Luxusstrategie offenbar nicht. „Mir geht es nicht um Mercedes-Bashing, mir geht es um den offenen Dialog“, betont der Grünen-Politiker aber. Insgesamt würden die deutschen Hersteller zu sehr auf Premium setzen, was man durchaus kritisch sehen könne. Dabei traut der Verkehrsminister den heimischen Unternehmen einiges zu. „Die Autoindustrie in Baden-Württemberg kann extrem viel“, sagte er. „Sie könnte auch Autos bauen, die nicht nur schnell und groß, sondern stadtverträglich und nachhaltig sind.“

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