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Landwirtschaft und Umwelt

Windräder haben Mitschuld am Insektensterben

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Dr. Olaf Zinke, agrarheute
am Freitag, 15.03.2019 - 14:05 (7 Kommentare)

Die Ursachen für das Insektensterben sind offenbar viel komplexer als von vielen Verbrauchern und Umweltverbänden angenommen.

Das zeigt zumindest eine aktuelle Studie des Instituts für Deutsche Luft- und Raumfahrtforschung (DLR). Dort kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass für einen erheblichen Teil der Dezimierung der Population von Fluginsekten seit 1990 der massive Ausbau von Windparks verantwortlich ist.

Dabei dezimieren die Windparks nicht nur die Fluginsekten, sondern durch den Insektenschlag auf den Rotorblättern kann sich auch der Wirkungsgrad der Anlagen um bis zu 50 Prozent verschlechtern. Fazit der DLR-Studie ist deshalb, dass die Analyse der Windenergie seit 1990 „trotz bestehender Unsicherheiten eine Entwicklung zeigt, die besorgniserregend ist.“

In der jüngsten Vergangenheit haben zahlreiche Umwelt- und Bürgerinitiativen fast ausschließlich die moderne „industrielle“ Landwirtschaft für das Insektensterben bzw. den Rückgang der Insektenpopulation verantwortlich gemacht. Dieser Ansatz muss vor dem Hintergrund der aktuellen Erkenntnisse der DLR-Studie zumindest überdacht werden.

Hohe Insektenverluste durch Windparks

Windpark

Bislang ging man davon aus, dass Windparks und Insekten sich nicht in die Quere kommen. Wie die Studie der Wissenschaftler des Deutschen Luft- und Raumfahrzentrums jedoch zeigt, besteht ein Zusammenhang zwischen der Abnahme von Fluginsekten und der Zunahme von Windparks. 

Die Annahme, Fluginsekten bewegten sich fast ausschließlich außerhalb des Bereichs der meisten Windrotoren, ist nach den Erkenntnissen der Forscher ebenso wenig zutreffend wie die Vermutung, dass Insekten nicht bei hohen Windgeschwindigkeiten fliegen. 

Zudem sind Effizienzverluste von Windkraftanlagen von bis zu 50 Prozent eine direkte Folge verschmutzter Rotorblätter durch die Überreste von Fluginsekten. Ursache ist offenbar, dass ausgewachsene und flugfähige Insekten kurz vor der Eiablage in großen Schwärmen hohe und schnelle Luftströmungen aufsuchen. Die Insekten tun dies, um sich vom Wind zu oftmals weit entfernten Brutplätzen tragen zu lassen.

Die Flugwege die die Insekten dabei nutzen, werden seit etwa 30 Jahren in zunehmendem Umfang von großen Windkraftanlagen gesäumt. Deren Rotorblätter durchschneiden die Luft mit hohen Spitzengeschwindigkeiten von mehreren hundert Stundenkilometern.

Eine Modellanalyse beziffert die derzeit in Deutschland potenziell gefährdeten Insektenmengen auf etwa 24.000 t pro Jahr. Beim Durchqueren der Rotoren entstehenden Verluste mit mindestens 1.200 t pro Jahr bzw. von 5 bis 6 Mrd. Insekten pro Tag - während der warmen Jahreszeit.

Schnelle Maßnahmen sind nötig

Windräder auf Ackerfläche

Letztlich kommen die Autoren der Studie zu dem Ergebnis, dass die Annahmen, die vor 30 Jahren zu einem Verzicht auf einen Verträglichkeitsnachweis von Windkraftanlagen und Fluginsekten geführt haben, falsch sind. Offenbar fliegen Insekten aller Art sowohl bei niedrigen als auch bei hohen Windgeschwindigkeiten in der Höhe moderner Windrotoren und werden dabei verletzt. Die Modellrechnung unter der Annahme gleichbleibender Insektendichte besagt zudem, dass der heute in Deutschland installierte Windpark noch deutlich mehr Insekten töten würde, wenn diese überhaupt vorhanden wären.

Diese Entwicklung finden die Wissenschaftler besorgniserregend, weil sie einer möglichen Erholung der Insektenpopulation direkt entgegenwirkt. Sie verweisen ausdrücklich darauf, dass sich die Verluste kurz vor der Eiablage der Insekten verstärkt auf die nachfolgende Generation auswirken. Die geschätzten Verluste werden damit nicht nur dem jährlichen Reproduktionsprozess der Insektenpopulation, sondern auch der gesamten nachfolgenden Nahrungskette entzogen.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass der anhaltende Verzicht auf einen Verträglichkeitsnachweis von Windkraftanlagen gegenüber Fluginsekten nach mehr als 30 Jahren Ausbau der Windenergie sicherlich keine gesellschaftlich akzeptable Option ist. Zwar verweisen die Forscher auch darauf, dass der Rückgang der Fluginsekten seit den 1990er Jahren sicherlich verschiedene Ursachen hat. Dennoch sind sie überzeugt, dass ein Beitrag zur Minderung der Verluste von Seiten der Windenergienutzung auf jeden Fall wünschenswert ist. Insbesondere da ein sehr hohes Vermeidungspotential besteht. 

Modellanalyse liefert Hinweise auf Verluste von Fluginsekten in Windparks

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