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RBB-Affäre Rundfunkrat beschließt sofortige Abberufung Schlesingers

Nach wochenlangen Vorwürfen und Ermittlungen um mögliche Vetternwirtschaft hat das RBB-Aufsichtsgremium nach SPIEGEL-Informationen die Abberufung der scheidenden Intendantin Patricia Schlesinger beschlossen.
Patricia Schlesinger: Ex-Intendantin

Patricia Schlesinger: Ex-Intendantin

Foto: Hendrik Schmidt / dpa

Der Rundfunkrat des RBB hat die sofortige Abberufung seiner umstrittenen Intendantin Patricia Schlesinger beschlossen. Das erfuhr der SPIEGEL aus dem Aufsichtsgremium. 22 Mitglieder hatten für die Abberufung gestimmt, es gab eine Enthaltung.

In der Sitzung am Montagnachmittag ging es unter anderem um die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, eine mögliche Abfindung und die Rentenbezüge der scheidenden Führungskraft. Derartige Details dürften den Verwaltungsrat in den kommenden Wochen weiter beschäftigen, unter den Rundfunkräten gab es am Montag keine Klarheit darüber, welche Form der Kündigung schlussendlich durchgesetzt wird.

Gegen Schlesinger wurden in den vergangenen Wochen zahlreiche Vorwürfe wegen Vetternwirtschaft laut, die sie zurückweist. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt, es gibt zudem eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei. Ergebnisse liegen noch nicht vor.

Ex-Intendantin bat um Entschuldigung

Schlesinger hatte sich zuvor in einer längeren Stellungnahme zu einigen der Vorfälle geäußert und sich bei der Belegschaft und dem Gremium entschuldigt. »Ich habe manches übersehen, auch und gerade den Unmut der Mitarbeitenden. Das tut mir unendlich leid – professionell wie menschlich«, heißt es in einem Redemanuskript, aus dem die »Süddeutsche Zeitung« zitiert . Schlesinger nahm persönlich an der Sitzung teil.

Die kritisierten Kosten für den Umbau der Chefetage – rund 1,4 Millionen Euro – erklärt sie offenbar mit einer »überfälligen Schadstoff- und Brandschutzsanierung«. Die Kosten seien nur zur Hälfte für die Renovierung der Intendanz, zur anderen Hälfte für den Umbau des Justiziariats verwendet worden. Ein bestellter Massagesessel sei »für alle nutzbar« gewesen.

Vor und während der Sitzung demonstrierten indes zahlreiche freie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor der RBB-Zentrale in Berlin. Auf Plakaten forderten sie eine Rückgabe der Bezüge, ein »Stopp dem Filz« und mehr Geld fürs Programm.

Mitarbeitende protestieren vor der RBB-Zentrale

Mitarbeitende protestieren vor der RBB-Zentrale

Foto: Monika Skolimowska / dpa

Vorwürfe und externe Untersuchung

Im Zentrum steht neben der 61-Jährigen der ebenfalls zurückgetretene Vorsitzende des RBB-Verwaltungsrats Wolf-Dieter Wolf. Auch er wies Vorwürfe zurück. So geht es um fragwürdige Aufträge für Schlesingers Ehemann und Ex-SPIEGEL-Journalist Gerhard Spörl durch die Messe Berlin, wo Wolf bis vor Kurzem Chef des Aufsichtsrats war.

Hinzu kommen bei dem Fall Details wie umstrittene Beraterverträge für ein RBB-Bauprojekt, ein teurer Dienstwagen für Schlesinger, Essen mit Gästen in ihrer Privatwohnung auf RBB-Kosten mit angeblich nachträglich bearbeiteten Abrechnungen, eine kräftige Gehaltserhöhung auf 303.000 Euro plus Boni, die der Sender bislang unter Verschluss hält. Auch ein London-Trip Schlesingers wurde zuletzt kritisiert.

Ursprünglich hatte das Wirtschaftsmagazin »Business Insider« den Skandal ins Rollen gebracht.

rai/mik