WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Regionales
  3. Hamburg
  4. Hamburg: Kraftwerk Moorburg soll „schnellstmöglich“ abgerissen werden

Hamburg Trotz Energiekrise

Kraftwerk Moorburg soll laut Hamburger Senat „schnellstmöglich“ abgerissen werden

ARCHIV - 07.07.2021, Hamburg: Blick auf das stillgelegte Kohlekraftwerk Moorburg an der Süderelbe. Auch nach dem russischen Gas-Lieferstopp zieht der Hamburger Senat eine Wiederinbetriebnahme der Anlage nicht in Erwägung. (zu dpa «Senat: Kraftwerk Moorburg soll "schnellstmöglich" abgerissen werden») Foto: Georg Wendt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ ARCHIV - 07.07.2021, Hamburg: Blick auf das stillgelegte Kohlekraftwerk Moorburg an der Süderelbe. Auch nach dem russischen Gas-Lieferstopp zieht der Hamburger Senat eine Wiederinbetriebnahme der Anlage nicht in Erwägung. (zu dpa «Senat: Kraftwerk Moorburg soll "schnellstmöglich" abgerissen werden») Foto: Georg Wendt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Das Kohlekraftwerk Moorburg an der Süderelbe ist eine moderne Anlage, aber Strom wird hier nicht mehr produziert
Quelle: dpa
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.
Kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine zögert der Energiekonzern Vattenfall, das moderne Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg wie geplant weiter stillzulegen. Inzwischen hat sich die Energiekrise zugespitzt – doch die Umweltbehörde greift nicht ein.

Es ist das Thema, das dem Hamburger Senat im Winter größte Probleme bereiten könnte – sollte es vielleicht sogar zu Blackouts kommen oder die vorhandene Energiemenge ein Stopp der Hafenindustrie bedeuten, würden sich die Blicke noch schärfer gen Kraftwerk Moorburg richten: Warum hat der Senat nicht frühzeitig die Weichen in Richtung Wiederinbetriebnahme gestellt?

Lesen Sie auch

Aber auch nach dem russischen Lieferstopp für Erdgas ist eine Wiederinbetriebnahme des stillgelegten Kohlekraftwerks Moorburg derzeit kein Thema für den Hamburger rot-grünen Senat. „Der Rückbau mit Abbruch von Bauwerken soll schnellstmöglich im Anschluss an die der Überwachungsbehörde angezeigten Stilllegungsarbeiten stattfinden können“, teilte der Senat auf eine Anfrage des AfD-Bürgerschaftsabgeordneten Dirk Nockemann mit. Für die Überwachung des Rückbaus ist die von Senator Jens Kerstan (Grüne) geführte Umweltbehörde zuständig. Auf Nockemanns Fragen, was für eine Wiederinbetriebnahme zu unternehmen wäre, wie schnell sie vonstatten gehen könnte und was sie kosten würde, ging der Senat nicht ein. Damit habe man sich nicht befasst, hieß es.

Vorbereitungen für den Rückbau des Kohlekraftwerks Hamburg-Moorburg. Geplant ist die Entwicklung zu einem „Green Energy Hub“ Leeres Kohlekreislager.
Ein Blick in das Kohlekreislager Moorburg, hier ist nichts mehr los
Quelle: Bertold Fabricius

Der Senat stellte zugleich klar, dass der Rückbau zu keinem Zeitpunkt wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unterbrochen worden sei: „Es wurden seitens des Betreibers des Heizkraftwerks Moorburg lediglich einige systemkritische Entscheidungen für die Vorbereitungen zum Rückbau im Februar 2022 für zwei Wochen zurückgestellt.“

Die CDU-Opposition in der Bürgerschaft kritisiert diese Haltung weiterhin scharf. Fraktionschef Dennis Thering sagt dazu zu WELT: „Hätte Rot-Grün sich früher in der Sache ehrlich gemacht, dann wäre noch etwas möglich gewesen. Aber der Bürgermeister geht die Dinge nie proaktiv an, sondern wartet lieber ab. Aus reiner Ideologie wird auf die dringend benötigte Energie eines der sauberstes und effektivsten Kohlekraftwerke Europas verzichtet.“

Lesen Sie auch

Der Vattenfall-Konzern hatte Ende Februar erklärt, die Maßnahmen zur Vorbereitung des Rückbaus würden bis Mitte März ausgesetzt werden, „um die Situation zu bewerten und Optionen für ein Szenario offen zu halten, in dem die Gaslieferungen aus Russland nach Deutschland möglicherweise eingestellt werden“. Seit Anfang September liefert Russland kein Gas mehr durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. Auch über die Transgas-Leitung über die Ukraine und die Slowakei kamen laut Bundesnetzagentur zuletzt nur noch geringe oder gar keine Mengen in Deutschland an.

Moorburg war eines der modernsten und effizientesten Steinkohlekraftwerke in Deutschland und konnte mit seinen zwei Blöcken mit jeweils 827 Megawatt Leistung elf Terawattstunden Strom im Jahr erzeugen. Das entspricht fast dem gesamten Strombedarf der Hansestadt. Der Bau hatte drei Milliarden Euro gekostet, die Anlage war aber nur sechseinhalb Jahre nach Inbetriebnahme im vergangenen Jahr stillgelegt worden.

Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) hatte im Juli eine Wiederinbetriebnahme für denkbar gehalten. „Spätestens, wenn wir feststellen, dass russisches Erdgas längerfristig nicht mehr fließt, würde ich auch nach Moorburg schauen“, sagte er der WELT AM SONNTAG. Jetzt erklärte seine Sprecherin Susanne Meinecke: „Die Lage ist so, dass es offensichtlich nicht mehr möglich ist, die Anlage anzufahren.“

Greenpeace befürwortet vorübergehende Kohleverstromung

Die Hamburger Wohnungswirtschaft hatte den Senat im Juni aufgefordert, ein Wiederanfahren des Kraftwerks zu prüfen. Die Umweltorganisation Greenpeace befürwortet die Wiederinbetriebnahme von Steinkohlekraftwerken. „Um sich aus der politisch verschuldeten Abhängigkeit von Putins Gaslieferungen zu befreien, müssen Steinkohlekraftwerke kurzzeitig in die Bresche springen“, erklärte der Klima- und Energieexperte bei Greenpeace, Karsten Smid, Ende August.

Die Stilllegung von Moorburg sei schon vor dem Ukraine-Krieg eine energiepolitische Fehlentscheidung gewesen, sagte Nockemann. „Dass mit dem Beginn des Ukrainekriegs die Entscheidung nicht revidiert wurde, war vor dem Hintergrund der absehbaren Energieknappheit schlicht verantwortungslos.“ Sollte es zu einem Blackout kommen, trüge dafür nicht nur die Bundesnetzagentur, sondern auch der Senat die Verantwortung, meinte der AfD-Abgeordnete.

jlau

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema