Eins war die Corona-Warn-App noch nie: günstig. Nun steigen die Kosten weiter an. Auf Anfrage von WELT AM SONNTAG teilte das zuständige Bundesgesundheitsministerium mit, dass die 50 Millionen Euro, die für 2022 prognostiziert worden waren, nicht ausreichen. Für „den Betrieb und die Weiterentwicklung“ der App fallen in diesem Jahr stattdessen „voraussichtlich Kosten in Höhe von 73 Millionen Euro“ an, so ein Sprecher.
Aufgrund der „nach wie vor dynamischen Pandemielage und des möglichen Anstiegs der Fallzahlen in den Wintermonaten“ habe man beschlossen, die App weiter zu betreiben, so das Gesundheitsministerium weiter. Die „dafür maßgeblichen Verträge“ werden nach Angaben des Ministeriums bis zum 31. Mai 2023 verlängert. Im Haushaltsjahr 2023 würden für die Fortführung der Corona-Warn-App Mittel in Höhe von circa 23 Millionen Euro benötigt, so der Sprecher.
Die App wurde im Juni 2020 eingeführt, vor allem um Infektionsketten besser nachverfolgen und schneller unterbrechen zu können. Schon bis Jahresbeginn hatte die App mehr als 130 Millionen Euro gekostet. Zusammen mit den Ausgaben für 2022 belaufen sich die Gesamtkosten für das technische Hilfsmittel damit nun auf rund 220 Millionen Euro.
Dass es auch günstiger geht, zeigen andere Länder, die Nachverfolgungs-Apps nach demselben Prinzip wie dem deutschen entwickelt haben. Finnland liegt für seine App „Koronavilkku“, die im Sommer dieses Jahres eingestellt wurde, bei „knapp unter sechs Millionen Euro“. Das teilte das zuständige Finnische Institut für Gesundheit und Wohlfahrt auf Anfrage mit. Das sind nicht einmal drei Prozent der deutschen Kosten.
Auch in den Niederlanden ging es deutlich günstiger: Die „CoronaMelder“-App beanspruchte fünf Millionen Euro Entwicklungskosten, ihr Betrieb kostete bis Ende 2021 weitere 9,7 Millionen Euro.
Mit rund 47,8 Millionen Downloads steht Deutschland im internationalen Vergleich zwar sehr gut da. Allerdings gibt es keine Zahlen dazu, wie viele Leute die App auch tatsächlich kontinuierlich für die Kontaktnachverfolgung nutzen.
Für Gesine Lötzsch, stellvertretende Vorsitzende und haushaltspolitische Sprecherin der Linksfraktion, ist die App „ein Fass ohne Boden“. Ihre Erfahrungen damit seien „nicht sonderlich positiv“. „Das Geld wäre sicherlich zur Unterstützung überlasteter Gesundheitsämter besser aufgehoben.“
Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, betont hingegen, die App sei weiterhin ein zentraler Baustein der Pandemiebekämpfung. Vom Ministerium wünsche er sich aber „größtmögliche Transparenz über die bisherigen und in Zukunft weiter anfallenden Kosten“. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der „nicht unerheblichen Kosten“ gelte es zudem „nun sehr genau zu überlegen“, wie sie „auch in Zukunft einen sinnvollen Beitrag“ leisten könne. Die Zivilgesellschaft, die „ihr Know-How eingebracht“ habe, sollte daran beteiligt werden.