Mit Blick auf die kalte Jahreszeit schlagen die europäischen Stromnetzbetreiber Alarm bezüglich der Kohleversorgung in Deutschland und Polen.
Polen stehe gegen Ende des Winters größeren Risiken gegenüber, so die europäische Netzgruppe Entsoe einem am Donnerstag veröffentlichten Ausblick. Die Kohlevorräte dort sollten den ganzen Winter über nicht übermäßig genutzt werden. Polens Nettostromexporte könnten deshalb im Winter begrenzt sein.
Auch Deutschland hat in letzter Zeit mehr Kohle für die Stromerzeugung verbrannt. Wenn nach dem April sämtliche Kernkraftwerke abgeschaltet sind, wird die Bedeutung der Kohleverstromung noch höher. Die Kapazität der Kernkraftwerke nimmt indessen schon vorher ab, da die Brennelemente im Streckbetrieb ihrem Nutzungsende entgegengehen.
Längst hat die Lage auch Folge für private Nutzer, denn auch für sie wird die Braunkohle knapp: Brennstoffhändler in ganz Deutschland berichten mittlerweile von Engpässen (WELT berichtete), Kunden klagen über fehlende Ware und völlig überhöhte Preise - im Internet wird die Tonne Rekord-Briketts mittlerweile zu Spitzenpreisen von 1400 Euro angeboten.
Im Januar und Februar wird es richtig eng
Der letzte aktive Briketthersteller der Europäischen Union (EU) befindet sich in Schwarze Pumpe (Spremberg, Brandenburg). Der Betreiber LEAG räumte auf Nachfrage von WELT bereits Ende November ein, dass die stark steigende Kohle-Nachfrage nun auch zulasten der Privathaushalte geht: Derzeit werde weniger Ware für private Endverbraucher produziert (wörtlich ist von einer „Produktionseinschränkung“ die Rede), weil durch die, so heißt es wörtlich im Statement, „ungeplanten Umstand“ der Wiederinbetriebnahme zweier Blöcke des Kraftwerks Jänschwalde die Braunkohle nun eben „zur Stromerzeugung gebraucht werde“. Eine Erweiterung des Förderumfanges in den Tagebauen sei nicht möglich, da die Kapazitäten „voll ausgelastet“ seien.
Die europäische Netzgruppe Ensoe geht wegen der Kohlemangellage nun davon aus, dass ein zunehmender Anteil der Stromversorgung durch Gaskraftwerke erfolgen muss. „Für die Angemessenheit des europäischen Systems werden beträchtliche Gasmengen benötigt, die etwa ein Drittel des europäischen Arbeitsgasvolumens erreichen könnten”, so die Netzbetreiber.
Die stärkste Belastung dürfte das europäische Netz aus Sicht der Betreiber im Januar und Februar erfahren. In Frankreich und Irland könnte es indessen schon vorher Probleme geben, so Entsoe. Die nur langsame Wiederbelebung der Atommeiler in Frankreich, aber auch der Verlust von Kernkraftkapazitäten in Schweden und Finnland, stellt die Energieversorgung dieser Länder vor Herausforderungen. Frankreich konnte in letzter Zeit einige seiner Reaktoren schrittweise wieder in Betrieb nehmen.
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