Er verbot die Maskenpflicht an zwei Schulen: Corona-Richter zu zwei Jahren Haft verurteilt

Christian Dettmar (60) bleibt aber auf Bewährung auf freiem Fuß

Der Weimarer Amtsrichter Christian Klaus Siegfried Dettmar

Der Weimarer Amtsrichter Christian Klaus Siegfried Dettmar

Foto: Bild13/Christian Fischer

Erfurt/Weimar – Gegner der Corona-Maßnahmen haben vor dem Landgericht in Erfurt Plakate aufgehängt, feiern „unseren Richter“. Mit „unseren Richter“ meinen sie den Weimarer Familienrichter Christian Klaus Siegfried Dettmar (60), der mit seinem Verbot der Maskenpflicht an zwei Schulen für Aufsehen sorgte und am Mittwoch dafür verurteilt wurde.

Wegen Rechtsbeugung kassierte der Jurist zwei Jahre Knast – ausgesetzt zur Bewährung! Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre ohne Bewährung gefordert, die Verteidigung Freispruch. Als Dettmar das Gericht wieder verließ, verabschiedeten ihn die rund 70 angereisten Anhänger u.a. mit weißen Rosen, Umarmungen, Applaus und "Freiheit"-Rufen. Mit dabei: die Thüringer Landtagsabgeordnete Ute Bergner(65, fraktionslos).

Unterstützer des Richters und Gegner der Corona-Maßnahmen hängten Plakate am Landgericht auf

Unterstützer des Richters und Gegner der Corona-Maßnahmen hängten Plakate am Landgericht auf

Foto: BILD/Jan Schumann

Rückblick: Dettmars Corona-Urteil schlug im April 2021 wie eine Bombe ein. Nach der Klage von Doreen B. aus Weimar, deren Kinder (8, 14) angeblich unter Kopfschmerzen, Übel- und Schlaflosigkeit gelitten hatten, verbot der Amtsrichter der staatlichen Pestalozzi-Grundschule und der staatlichen Pestalozzi-Regelschule in Weimar, ihre Schüler zur Masken-, Abstands- und Schnelltestpflicht zu zwingen.

In der einstündigen Urteils-Begründung sagte der Richter, dass Dettmar dieses Urteil bereits beabsichtigt habe, bevor die Ergebnisse der Gutachter vorlagen. Zudem habe er bewusst Gutachter herangezogen, die allesamt als Kritiker der Coronamaßnahmen galten.

Der Prozess im Landgericht Erfurt dauerte mehrere Monate

Der Prozess im Landgericht Erfurt dauerte mehrere Monate

Foto: Bild13/Christian Fischer

Das Verfahren am Amtsgericht Weimar habe er voreingenommen, aktiv und mit dem Ziel der Öffentlichkeitswirkung generiert, so der Richter weiter. Von einer höheren Strafe (maximal fünf Jahre) sei nur abzusehen, da Dettmar dies in einer Zeit getan habe, in der die Corona-Maßnahmen die Gesellschaft massiv gespalten haben. Der Richter zu Dettmar: “Der gute Zweck, Kinder zu schützen, den sie vielleicht im Hinterkopf hatten, rechtfertigt nicht die Art und Weise.“

Mutmaßliche Querdenker brachten zur Urteilsverkündung weiße Rosen mit in den Gerichtssaal.

Mutmaßliche Querdenker brachten zur Urteilsverkündung weiße Rosen mit in den Gerichtssaal.

Foto: BILD/Jan Schumann

Beim Prozessbeginn hatte Dettmar die Vorwürfe als unbegründete Behauptungen zurückgewiesen: „Ich weiß bis heute nicht, warum ich hier sitze. Ich habe selbst drei erwachsene Kinder. Der Alltag der Schulkinder hat mich damals umgetrieben. Ich sah Gefahr in Verzug. Die von mir herangezogenen Gutachten stammen von erfahrenen Universitäts-Professoren.“

Der Weimarer Amtsrichter Christian Klaus Siegfried Dettmar (60, Mitte) strahlte zum Prozessauftakt siegesgewiss mit Star-Anwalt Gerhard Strate (73, rechts)

Der Weimarer Amtsrichter Christian Klaus Siegfried Dettmar (60, Mitte) strahlte zum Prozessauftakt siegesgewiss mit Star-Anwalt Gerhard Strate (73, rechts)

Foto: Bild13/Christian Fischer

Pikant: Damals liefen mindestens zehn vergleichbare Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung– alle bei Richter Dettmar. Der Jurist soll, so der Vorwurf, mithilfe einer Rechtsanwältin und über den Chatdienst Telegram gezielt maßnahmenkritische Eltern gesucht haben, deren Kinder-Nachnamen mit den Buchstaben beginnen, für die er laut Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts Weimar automatisch zuständig war.

Am 8. April 2021 erließ Dettmar eine einstweilige Anordnung von 178 Seiten, die umfänglich aus Papieren von Kritikern der Corona-Maßnahmen zitiert. Dettmar kam zu dem Schluss, dass ein verordnetes Maskentragen das Kindeswohl gefährde. Schüler und Eltern sollten sich deshalb über die Verordnung des Landes hinwegsetzen.

Gegenüber BILD sagte Dettmar damals: „Ich habe erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Masken. Wer sie freiwillig in der Schule tragen möchte, kann das tun, aber wir müssen Eltern nicht bevormunden.“ Zum Urteil wollte sich Dettmar nicht äußern. Seine Anwälte teilten mit, dass sie nicht glauben, dass das Urteil Bestand haben könne und einen Revisionsantrag prüfen.

Vertreten wurde Dettmar u.a. von Star-Anwalt Gerhard Strate (73), der 2001 einen Freispruch für den damaligen Amtsrichter und späteren Hamburger Innensenator Ronald Schill („Richter Gnadenlos“) erzielt hatte, der ebenfalls wegen Rechtsbeugung angeklagt worden war. 

Das Thüringer Oberlandesgericht kassierte Dettmars Entscheidung später mit der Begründung, dass nicht das Familien-, sondern das Verwaltungsgericht zuständig sei. Gegen Dettmar wurde ein Disziplinarverfahren beim Richterdienstgericht eingeleitet. Ergebnis: Im vergangenen Januar wurde er vorläufig suspendiert. Nun steht Dettmar laut Richter vor seiner Entlassung.

Razzia im Büro des Amtsrichters

Zwei Wochen nach dem Skandal-Urteil war es zur Razzia in seinem Dienstbüro und in Dettmars Wohnung gekommen. Die Polizei beschlagnahmte Dettmars Handy und seinen Laptop, durchsuchte sogar ein Auto. Laut Richter gehe aus vielen sichergestellten Nachrichten und Emails hervor, dass Dettmar sich von anderen Motiven als Recht und Gesetz leiten ließ.

Dettmar war nicht der einzige als Querdenker geltende Richter in Thüringen. Bereits im Januar 2021 erklärte sein Weimarer Amtsgericht-Kollege Matthias Guericke das Kontaktverbot der Thüringer Corona-Verordnung für verfassungswidrig, obwohl es in dem speziellen Fall nur um 200 Euro Bußgeld wegen einer illegalen Hinterhof-Geburtstagsparty gehen sollte.

Auch der Meininger Amtsrichter Volker Kuba machte mit verqueren Corona-Thesen auf sich aufmerksam, verbot Masken in seinem Gerichtssaal. In einem fünfseitigen Beschluss schrieb er, dass die dem Verhül­lungsverbot im Gerichtsverfassungs­gesetz widersprechen würden.

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