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Peter Struck "Der Mindestlohn wird kommen"

Das Thema Mindestlohn stellt die Koalition auf eine harte Belastungsprobe: SPD-Fraktionschef Peter Struck bezweifelt, dass die Union ihren Widerstand aufgeben wird. Im stern-Interview erklärt er, warum der Mindestlohn trotzdem unvermeidbar ist.

Das Thema Mindestlohn werde die Union verfolgen, bis sie ihm zum Opfer fällt, haben Sie gesagt. Wann ist das so weit?

Spätestens nach 2009. Ich erwarte nicht, dass die Union bereit ist, ihren fundamentalistischen Widerstand aufzugeben. Das heißt, wir werden bei den zehn Branchen, die jetzt anstehen, jedes Mal die gleiche Debatte haben wie zuletzt bei den Briefdienstleistern. Das wird sich hinziehen, das ganze Jahr hindurch. Die Union lehnt einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn ab. Also wird das Thema für die Bundestagswahl sein.

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Was machen Sie denn, wenn die Union auch zu weiteren Branchenmindestlöhnen einfach sagt: Gibt's nicht.

Dann haben wir einen schweren politischen Konflikt. Denn vereinbart ist, dass unter bestimmten Bedingungen weitere Branchen in das Entsendegesetz aufgenommen werden können. Wenn der Tarifvertrag für mindestens 50 Prozent der Beschäftigten gilt und Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Branche den Antrag stellen. Es gibt überhaupt keinen Grund, sich einem solchen Antrag zu verweigern.

Klingt nach Häuserkampf und Dauerstreit. Das gibt doch wieder ein schönes Bild der großen Koalition.

Ja, aber daran hat die SPD nun keine Schuld. Wir haben lange verhandelt über einen gesetzlichen Mindestlohn. Da war die Antwort: Nein. Ich glaube, dass die Union das heute bereut, aber sie kommt aus ihrer selbst gestellten Falle nicht mehr raus. Sie ist gefangen in ihren eigenen ideologischen Vorstellungen.

Wie hoch müsste der allgemeine gesetzliche Mindestlohn sein, den die SPD akzeptieren könnte?

7,50 Euro mindestens. Das haben wir auch auf dem Parteitag so beschlossen.

Wenn die Union käme und sagt, wir haben unsere Bedenken aufgegeben und schlagen 6,50 vor?

Ich glaube nicht, dass das reichen wird. 7,50 Euro sind ja berechnet worden, auch von Franz Müntefering, und bemessen an dem, was ein Hartz-IV-Empfänger bekommt plus Zuschlägen.

Eine Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung schlägt differenzierte Mindestlöhne vor, die regionale Lebenshaltungskosten und die Vorbildung der Beschäftigten berücksichtigt. Wäre das ein denkbarer Kompromiss?

Die Tarifparteien sind natürlich frei, Löhne auszuhandeln. Wir machen ja keine Tarifpolitik, wir sagen nur: 7,50 Euro, drunter darf es nicht sein, alles andere ist eure Sache.

Was ist denn für Sie wichtiger, dass die Koalition hält oder dass der Mindestlohn kommt?

Das ist nicht die Alternative. Der Mindestlohn wird so oder so kommen - wahrscheinlich aber eben erst nach der Bundestagswahl.

Weil die SPD die absolute Mehrheit holt?

Weil die SPD das auch in Koalitionsverhandlungen mit anderen Partnern durchsetzen kann.

Wie hoch ist eigentlich der politische Mindestlohn, den sich die SPD für ihr Engagement bei dem Thema erwartet?

Die Menschen erkennen, dass wir uns jetzt intensiver als vielleicht noch vor vier, fünf Jahren um das Thema soziale Gerechtigkeit kümmern. Normalbürger haben den Eindruck, es geht nicht mehr sozial gerecht zu. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auf.

Ein verheerendes Zeugnis für eine Regierungspartei SPD nach neun Jahren.

Das war der Eindruck, der entstanden ist durch die Agenda-Politik, die wir machen mussten, um das Land wettbewerbsfähig zu halten. Die Erfolge sieht man ja, mehr Jobs und mehr Arbeit. Trotzdem haben die Menschen mehr und mehr den Eindruck, dass viele auf der Strecke bleiben, andere sich aber eine goldene Nase verdienen.

Interview: Jan Rosenkranz print

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