AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland hat einen Schlussstrich unter die Nazi-Vergangenheit und eine Neubewertung der Taten deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg gefordert. In einer bislang wenig beachteten Rede vor Anhängern sagte Gauland Anfang September bei einem „Kyffhäuser-Treffen“ der AfD in Thüringen, kein anderes Volk habe „so deutlich mit einer falschen Vergangenheit aufgeräumt wie das deutsche“.
Mit Blick auf die NS-Zeit von 1933 bis 1945 fügte Gauland hinzu: „Man muss uns diese zwölf Jahre nicht mehr vorhalten. Sie betreffen unsere Identität heute nicht mehr. Und das sprechen wir auch aus. Deshalb haben wir auch das Recht, uns nicht nur unser Land, sondern auch unsere Vergangenheit zurückzuholen.“
Gauland forderte in der Rede außerdem eine Neubewertung der Taten deutscher Soldaten in beiden Weltkriegen. Wenn Franzosen und Briten stolz auf ihren Kaiser oder den Kriegspremier Winston Churchill seien, „haben wir das Recht, stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“, sagte der AfD-Vize.
Über die Äußerungen hatte zuerst das Internetportal „Buzzfeed“ berichtet. Ein Video des Auftritts in Thüringen wurde auf YouTube eingestellt. Nach Gaulands Weltkriegs-Äußerungen sind darin lauter Applaus und „Bravo“-Rufe der AfD-Anhänger zu hören.
Auch Höcke und Meuthen bei „Kyffhäuser-Treffen“
Am Kyffhäuser-Denkmal hatten sich am 2. September die Anhänger der völkisch-nationalen AfD-Strömung „Flügel“ um den Thüringer Partei- und Fraktionschef Björn Höcke zum bereits dritten Mal getroffen. Am diesjährigen Treffen nahmen neben Höcke und Gauland auch Parteichef Jörg Meuthen sowie AfD-Bundesvorstandsmitglied André Poggenburg aus Sachsen-Anhalt teil.
Ebenfalls anwesend war Andreas Kalbitz, Landesvorsitzender der AfD in Brandenburg und in dieser Funktion der Nachfolger von Gauland.
Kalbitz sagte in seiner Rede beim Kyffhäuser-Treffen über die Mitglieder der 68er-Bewegung: „Wir werden auf ihren Gräbern tanzen.“ Weiter sagte er: „Die AfD ist die letzte evolutionäre Chance für dieses Land. Danach kommt nur noch ‚Helm auf’. Und das möchte ich nicht.“
Gauland gilt als Exponent des nationalkonservativen Flügels
Der AfD wird von Kritikern seit Längerem eine mangelnde Abgrenzung zu rechtsextremistischen Gruppierungen vorgeworfen. Gauland gilt als Exponent des nationalkonservativen Flügels der Partei.
Auch der umstrittene Thüringer Landesvorsitzende Höcke hatte im Januar mit einer Rede zur deutschen Geschichte für Empörung gesorgt. Darin forderte er eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ und nannte das Holocaust-Mahnmal in Berlin „ein Denkmal der Schande“. Gegen ihn läuft deswegen derzeit ein Parteiausschlussverfahren. Gauland bezeichnete Höcke Ende August gegenüber der „Bild“-Zeitung als „Seele der AfD“.
Der Zweite Weltkrieg hatte am 1. September 1939 mit dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen begonnen und endete in Europa am 8. Mai 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Die Zahl der Kriegsopfer wird von Historikern auf weltweit 60 bis 70 Millionen geschätzt.