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Schlechtes Klima für Kohlendioxid-Zertifikate

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Wenn es um das Treibhausgas Kohlendioxid geht, sehen Klimabewegte und Börsenspekulanten die Welt ausnahmsweise mal durch die gleiche Brille
Quelle: AFP
Das Scheitern des Kopenhagen-Gipfels lässt die Preise für Emissionsrechte dramatisch einbrechen. Aber der Handel mit Klimapapieren bleibt intakt. Experten sehen bei dem niedrigen Preis eine Einstiegschance für wagemutige Anleger. WELT ONLINE stellt eine Auswahl der Papiere vor.

Politische Börsen können nicht nur lange Beine haben, sie können Anlegern damit sogar kräftig gegen’s Knie treten. Das mussten jetzt viele Investoren erfahren, die vor dem Kopenhagener Klimagipfel hoffnungsvoll auf Preissteigerungen bei Emissionsrechten gesetzt hatten. Nach dem De-facto-Scheitern der 190-Nationen-Konferenz erlebten die Notierungen für Kohlenstoffdioxid-Zertifikate am Montag einen Crash.

Die Preise brachen um neun Prozent auf bis zu 12,40 Euro je Tonne ein. So billig waren die Rechte seit Ende März nicht mehr. Vor dem Beginn des Gipfels Anfang Dezember hatten die Kurse innerhalb von zwei Wochen gut zwei Euro auf 15 Euro zugelegt. Diese guten Zeiten für den oder CO 2 -Markt scheinen erst einmal vorbei.

„Die Delegierten sind von Kopenhagen ohne konkrete Beschlüsse zur Emissionsreduzierung nach Hause gefahren“, sagt Meg Brown, Analystin bei der Citigroup in London. Das mache die Kalkulation für Unternehmen und Anleger schwierig. Dieser Schwebezustand belaste den Markt für Verschmutzungsrechte. Auch Deutsche-Bank-Experte Mark C. Lewis ist enttäuscht: Mit den Worten „auf die Verwirrung folgt die Unsicherheit“ kommentiert er die Auswirkungen von „Flopenhagen“. Die Akteure seien davon ausgegangen, dass es zu weiterführenden Regelungen kommen würde.

Doch nun ist es selbst in Europa ungewiss, wie es nach 2012 weitergeht, wenn die aktuelle Phase des Emissionsrechtehandels ausläuft. Der Handel mit CO 2 -Rechten gilt unter Ökonomen als Königsweg für die Reduzierung von klimaschädlichen Treibhausgasen. Statt eine Steuer auf Emissionen zu zahlen, müssen Firmen für jede Tonne Kohlenstoffdioxid Emissionsrechte erwerben. Die Eleganz des Ansatzes besteht darin, den Markt als Steuerungsinstrument zu nutzen. Firmen haben ein betriebswirtschaftliches Interesse daran, Emissionen aus Kostengründen gering zu halten.

Kohlendioxid war auf dem besten Weg, eine eigene Anlage-Klasse zu werden. Je größer das Interesse der Menschheit, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, desto höher müsse der Preis von CO 2 klettern, so die Logik – je ambitionierter die Klimaziele, desto höher: Nur zeigte die viel beschworene Weltgemeinschaft in der dänischen Hauptstadt aus Angst vor den Kosten keine Bereitschaft, konkrete Emissionsbeschränkungen zu beschließen. Die Staaten konnten sich nicht einmal darauf einigen, den Emissionshandel als Lösungsweg zu beschreiten. Als Alternative wird immer noch eine Kohlendioxid-Steuer gehandelt, welche dem Markt für Emissionsrechte vermutlich den Garaus machen würde.

Bei Anlegern lässt der aktuelle Preisverfall die Alarmglocken schrillen. Im Jahr 2007, am Ende der ersten Phase, war es für Anleger sogar zu einem Totalverlust gekommen. Zum Schluss gab es in Europa mehr Verschmutzungsrechte, als von Versorgern, Stahlwerken und anderen Industriekonzernen benötigt wurden: Der Preis fiel innerhalb eines Jahres von mehr als 30 Euro auf 0,27 Euro je Tonne. Damals wurde augenfällig, dass der CO 2 -Markt von der Politik „gemacht“ wird, mit allen Nachteilen, die das mit sich bringt.

Heute ist die Gefahr eines Totalverlusts nach Einschätzung von Experten jedoch wesentlich geringer: „Anders als damals verfallen Ausstoßrechte nicht, sie können über das Ende der aktuellen Phase im Jahr 2012 übertragen werden“, sagt Heiko Siemann, Spezialist für den Emissionshandel bei der UniCredit in München.

Der Rückschlag von Kopenhagen ändert auch nichts daran, dass das europäische Klimapaket in Kraft bleibt. Die EU hat eine 20-prozentige CO 2 -Verminderung bis zum Jahr 2020 beschlossen. Der Emissionsrechtehandel ist das Kernstück der Klimapolitik auf dem Kontinent. „Kopenhagen hat die Spekulanten aus dem Markt geschüttelt. Aber ab 2010 müssen die Energieversorger wieder zukaufen“, sagt Siemann. Außerdem würden dann auch erste Fluggesellschaften Positionen aufbauen, die ab 2013 in den Emissionshandel einbezogen werden. Ende des nächsten Jahres sieht Siemann die Notierungen bei 16 bis 18 Euro je Tonne. Bis 2012 könnte der Preis sogar auf 27 Euro klettern.

Anleger, denen der „politische“ Markt für Emissionsrechte zu heiß ist, halten sich an Aktien von Klimaschonern. Welches Schicksal den CO 2 -Rechten beschieden sein mag – Klimaschutz wird Big Business sein.

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