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Schwimmender Wohnwagen: Zu Lande, zu Wasser und am Hänger

Foto: Malte Spindler

Schwimmender Wohnwagen Carawahnsinn

Ist der Sealander ein Wohnwagen fürs Wasser oder ein Hausboot fürs Land? Wie dem auch sei - mit diesem verrückten Anhänger hat ein Kieler Industriedesigner das ultimative Reisemobil erfunden. Jetzt baut er es in Serie.

Langsam rollt das Auto mit dem kleinen Wohnwagen am Haken rückwärts den Hang hinab Richtung Plöner See. Und dann ist es passiert: Der Wohnwagen steht mit dem Heck im Wasser. Die umstehenden Camper sind fassungslos. Zumal der Fahrer gar nicht daran denkt, den Vorwärtsgang einzulegen und die Fuhre wieder ins Trockene zu ziehen. Sondern aussteigt, den Anhänger löst und ihn mit einem finalen Stoß in die Fluten schubst.

Daniel Straub grinst. "Einige hier kennen mich schon. Aber es gibt immer wieder Leute, die staunen, wenn ich meinen Wohnwagen in den See schiebe", sagt der 33jährige. Straub ist Industriedesigner und Erfinder des Sealander: eines schwimmenden Wohnwagens, den er soeben zu Wasser gelassen hat.

Das gut vier Meter lange Gefährt ist kaum von einem herkömmlichen Caravan zu unterscheiden - bis auf die Tatsache, dass es jetzt im Plöner See dümpelt und nicht auf der Wiese am Ufer steht. Einzig die bei Wohnwagen übliche seitliche Eingangstür ist nirgends auszumachen. Stattdessen klappt man die Vorderseite wie eine große Luke auf, um in den Caravan zu kommen.

Der Sealander ist eine Art mobile Insel

Der Sealander ist eine Art mobile Insel

Foto: Malte Spindler

Die Idee, einen maritimen Wohnwagen zu entwickeln, hatte Straub schon während seines Studiums. "Der Einfall entstand aus meiner Leidenschaft für Camping, für Boote und überhaupt für alles, was es an mobilen Unterkünften gibt. Ich wollte einfach flexibler und mobiler sein", erklärt Straub. Nach etlichen Entwürfen entstand in Zusammenarbeit mit Firmen aus dem Fahrzeug-, Karosserie- und Schiffsbau schließlich im Jahr 2011 der erste Prototyp, ein Jahr später eine Kleinserie für ausgewählte Kunden.

Jetzt, nach einer abermaligen Entwicklungsphase, ist der Sealander serienreif und die Produktion startklar. Die größte Herausforderung war es, den technischen Ansprüchen von Wohnwagen und Boot gleichzeitig gerecht zu werden. Beispielsweise muss die Verklebung der Scheiben so dicht sein, dass Meersalz nicht eindringen kann, aber gleichzeitig genug Spielraum bieten, damit Vibrationen während der Fahrt gedämpft werden können. Zeitraubend waren auch die doppelten Test- und Zulassungsverfahren für den Sealander. Jetzt endlich hat das Fahrzeug alle erforderlichen Prüfsiegel und Genehmigungen.

Im Wohnwagen sitzt man wie auf dem Sonnendeck

Im Innenraum finden vier Personen auf zwei gegenüberliegenden Sitzbänken Platz. Es gibt einen kleinen Tisch, einen Küchenbereich, eine Campingtoilette und Schränke. Bei Bedarf verwandeln sich die beiden Bänke zu einer 200 mal 156 Zentimeter großen Liegefläche - alles wie bei einem normalen Wohnwagen. Ungewöhnlich ist neben dem Einstieg an der Frontseite auch die Konstruktion der Heckpartie. Dort nämlich lässt sich das Dach bis über die Mitte des Caravans aufrollen. Der Wohnwagen kann also nicht nur schwimmen, er taugt auch als Cabrio.

Spartanisch aber funktional - das Innere des Sealanders

Spartanisch aber funktional - das Innere des Sealanders

Foto: Malte Spindler

Soll es aufs Wasser gehen, wird am Heck ein kleiner Elektrobootsmotor befestigt. Zwei Handgriffe, dann ist der Außenborder verschraubt und der Sealander kann in See stechen. Einen Bootsführerschein braucht der Kapitän der schwimmenden Einraumwohnung nicht - sofern die Leistung des Motors nicht höher liegt als 15 PS (11,1 kW). Im Paket mit dem Sealander bietet Straub zwei Motorvarianten an - eine mit drei, die andere mit knapp sechs PS. "Das reicht vollends aus", sagt Straub. Der kleinere Motor mit einer Batteriekapazität von 0,5 Kilowattstunden ist für Tagesausflüge gedacht, der größere mit 2,6 Kilowattstunden hat genug Energie für einen Wochenendtrip.

Aufs Wasser geht es beim Termin mit Straub aber leider doch nicht. Starke Windböen verhindern eine Testfahrt, denn hochseetauglich ist der kompakte Schwimm-Caravan nicht. Bis Windstärke fünf und einem Wellengang von 0,3 Metern lässt sich der Sealander sicher durch küstennahe Gewässer steuern. Heute zeigt das Wetterradar Windstärke sieben und ablandigen Wind an, der die Mini-Jacht raus auf den See treiben würde. "Da müssen wir leider an Land bleiben", sagt Straub enttäuscht. Dass der Sealander aber wirklich see- und straßentauglich ist, hat er bereits beim Zulassungsverfahren von Tüv und Dekra unter Beweis stellen müssen.

Backstagebereich für Bands

Hergestellt wird der Sealander von einem mittelständischen Bootsbaubetrieb in Lübesse in der Nähe von Schwerin. Etwa vier Exemplare pro Monat können dort gebaut werden. Einige Bestellungen lägen schon vor, berichtet Straub, außerdem gebe es "Hunderte Anfragen". Die Bauteile für den Sealander kommen zu fast 100 Prozent aus Deutschland. Dafür hat der Amphibien-Wohnwagen "Made in Germany" seinen Preis: 17.990 Euro kostet die Basisvariante. Der kleinere Motor kostet 1849 Euro extra, der größere inklusive separatem Lithium-Ionen-Akku samt Ladegerät 5847 Euro.

Wer dann noch ein Kochmodul mit einem Spirituskocher, ein Spülbecken mit Wasserhahn oder ein Audiopaket ordert, landet jenseits der 20.000-Euro-Marke. Das ist eine Menge Geld, doch würde man Wohnwagen und Boot separat kaufen, wäre das wohl noch teurer.

Der Preis des Sealanders lässt sich noch weiter in die Höhe treiben: Außenfarbe, Interieur- oder Polsterfarben sind frei wählbar und auch beim Innenausbau ist Luft nach oben. "Ein gewerblicher Kunde ließ sich zwei 180-Liter-Kompressor-Kühlboxen einbauen und benutzt den Sealander jetzt als schwimmenden Backstageraum für Bands bei Konzerten", berichtet Straub, der bereits weitere Modellvarianten plant. Die sollen vor allem größer und geräumiger werden - quasi eine Verbindung von Minisuite und Motorjacht.