Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt, drängt Israel ausgerechnet die Türkei und Zypern, eine wichtige Zukunftsentscheidung zu treffen: Wollen sie sich gemeinsam an der Erschließung von israelischen Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer beteiligen? Oder ziehen sie es vor, ihren seit Jahrzehnten festgefahrenen Disput über das geteilte Zypern auch hier einer möglichen Kooperation im Wege stehen zu lassen?
Israel lässt keinen Zweifel daran, dass es zukünftig am liebsten beide Länder über Exportleitungen mit Erdgas versorgen würde. Und Israels Verhandlungsposition ist gut, eine wirtschaftliche Kooperation hätte für die Türkei wie auch Zypern Vorteile. Die israelischen Gasfunde sind vielversprechend. Wie ergiebig dagegen die Funde vor Zypern sein werden und ob auch sie größere Gasexporte erlauben, ist noch ungewiss.
Es zeigt sich immer klarer, worauf Israel zielt. Bereits im Januar bezeichnete ein israelischer Spitzenbürokrat die Türkei als naheliegenden Hauptabsatzmarkt für das israelische Gas. Im Juni dann legte sich die Regierung auf zukünftige Exporte fest und schlug vor, mit dem Gas eine außerisraelische Verflüssigungsanlage für Erdgas (LNG) zu versorgen. Infrage kommt hierfür im Grunde nur Zypern.
Israels Plan könnte Spannungen zwischen Türkei und Zypern abbauen
Israels Energie-Gesandter Michael Lotem war es schließlich, der die Puzzleteile vergangene Woche zusammenfügte. Eine Energieanlage in Zypern, mit der sich die israelischen Gasexporte verflüssigen ließen, sei die am wenigsten komplizierte Option, die man derzeit habe, sagte er im Rahmen einer Konferenz in Paphos auf Zypern. Und damit befeuerte er die Hoffnungen all jener Zyprer, die sich eine solche Großanlage wünschen, die zu einem Knotenpunkt für die Energieversorgung der Region werden könnte. Aber, so fügte Lotem hinzu, man wolle nicht allein auf ein Pferd setzen. Man werde sich auch nach weiteren Exportzielen umschauen.
Ein solches weiteres Ziel, so ist von israelischen Beamten und türkischen Firmenvertretern zu hören, sei die Türkei, deren Küste türkische Firmen gerne über Leitungen mit den Erdgasvorkommen im Leviathan-Feld vor Israels Küste verbinden möchten. Von hier aus könnte das Gas dann entweder ins türkische Netz fließen oder über andere Leitungen nach Europa verlegen werden.
Aber natürlich hat die Sache einen Haken. Die Gasleitung in Richtung Türkei müsste durch die international anerkannte, sogenannte Ausschließliche Wirtschaftszone (EEZ) Zyperns führen. Mit Blick auf das UN-Seerecht ist zwar für den Verlauf einer Leitung durch die Zone keine formelle Genehmigung erforderlich. In der Praxis jedoch wäre der Leitungsbau ohne eine solche Genehmigung nicht denkbar.
Der israelische Plan könnte dazu beitragen, die Spannungen zwischen der Türkei und Zypern abzubauen. Beiden Seiten ist es in den letzten Jahren nicht gelungen, sich über vertrauensbildende Maßnahmen einander anzunähern. Zypern ist bereits seit 1964 politisch und seit 1974 militärisch geteilt.