Zum Inhalt springen

Lufthansa-Streik in München Mehr als 15.000 Passagiere sind betroffen

Wieder streiken derzeit die Lufthansa-Piloten, wieder bleiben Flugzeuge am Boden: Der festgefahrene Konflikt ist einer der härtesten Arbeitskämpfe der vergangenen Jahre. Vom aktuellen Ausstand in München sind mehr als 15.000 Passagiere betroffen.
Streik in München: Seit 10 Uhr startete dort kaum eine Lufthansa-Maschine

Streik in München: Seit 10 Uhr startete dort kaum eine Lufthansa-Maschine

Foto: AP/dpa
Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig?

München - Mehr als 140 gestrichene Flüge, Tausende genervte Passagiere und keine Einigung in Sicht: Der Pilotenstreik hat die Lufthansa stärker getroffen als noch am Vortag befürchtet.

Europas größte Fluggesellschaft rechnet wegen des achtstündigen Ausstands im Zuge der vierten Streikwelle mit einem erneuten Millionenschaden. Die Piloten kämpfen um ihre Übergangsrente, die sie im Vorruhestand erhalten.

Von dem Streik waren mehr als 15.000 Passagiere auf Flügen von und nach München betroffen. Laut Lufthansa konnten aber "nahezu alle" auf die Bahn oder andere Flughäfen umgebucht werden. Erst am Morgen wurde klar, dass nicht nur 110, sondern mehr als 140 Flüge ausfallen. Die 15 geplanten Interkontinental-Flüge ab München wurden wie angekündigt von freiwilligen Crews geflogen.

Mehr als 480.000 Passagiere seit April von Streiks betroffen

Seit April hat die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) in vier Streikwellen bei Lufthansa und ihrer Tochter Germanwings rund 4300 Flüge ausfallen lassen und die Reisepläne von mehr als 480.000 Menschen durcheinandergebracht. Dennoch hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr jüngst erklärt: "Die Streiks greifen nicht so wie gedacht."

Lufthansa will in der kommenden Woche ihre rund 5400 betroffenen Piloten direkt über weitere Details des Angebots informieren, das bislang nur mit dem Tarifpartner VC besprochen worden war. Auch die VC werde informiert, hieß es. Die Gewerkschaft bezeichnete den Streiktag als Erfolg.

"Wir hoffen, dass wir damit den Arbeitgeber an den Verhandlungstisch zurückbringen", sagte ein VC-Sprecher. Die von Spohr angekündigten Konkretisierungen des Angebots zur umstrittenen Übergangsrente erwarte man mit Spannung. Hohe Erwartungen habe man aber nicht. Er gehe davon aus, dass die Details zuerst dem VC-Verhandlungsteam vorgestellt werden, sagte der Gewerkschafter. "Wir haben immer Informationskanäle, auf denen wir jederzeit erreichbar sind."

Grundvoraussetzung für eine Einigung sei, dass die künftige Übergangsversorgung bis zum Renteneintritt auch für neu eingestellte Piloten gelte, sagte der Gewerkschafter. Dann könne man über die anderen Details sprechen. Nach dem Lufthansa-Vorschlag müssten die ab 2014 eingestellten Piloten die Mittel für einen frühzeitigen Übergang in die Rente selbst ansparen. Lufthansa will das frühstmögliche individuelle und das durchschnittliche Eintrittsalter für die Piloten auf mindestens 60 beziehungsweise 62 Jahre hochsetzen. Das entspreche dem Standard bei den übrigen europäischen Fluggesellschaften.

Einer der härtesten Arbeitskämpfe der jüngeren Vergangenheit

"Unsere Informationspolitik, Fluggäste frühzeitig zu informieren, hat gegriffen", sagte ein Lufthansa-Sprecher in München. Die wenigsten Fluggäste seien zum Airport angereist, ohne von den Streiks Bescheid zu wissen. Die Lufthansa habe rund 8000 Passagiere per E-Mail oder SMS über Flugausfälle informiert. Bei anderen Airlines war am Mittwoch Alltag.

Auch am Münchner Hauptbahnhof blieb der ganz große Ansturm aus. "Wir hatten vollere Züge, einige Fahrgäste mussten stehen, aber in allen Richtungen hat es ausgereicht. Wir mussten keine Entlastungszüge einsetzen und auch niemanden am Bahnsteig zurücklassen", sagte ein Bahn-Sprecher.

Mit den Flügen vor und nach dem Streik hoffte die Lufthansa, rund die Hälfte ihrer an diesem Tag geplanten Europaflüge abwickeln zu können. Vorsorglich wurden für die Nacht rund 1200 Betten in Hotels angemietet und 350 Schlafplätze im Transitbereich bereitgestellt.

Nach einer Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) gehört der seit 29 Monaten schwelende Tarifkonflikt zu den härtesten Arbeitskämpfen der jüngeren Vergangenheit.

jkö/dpa