Eine erschreckend große Zahl von Haushalten in Deutschland bekommt keinen Strom mehr. So wurde fast 345.000 Haushalten laut einem Bericht von „Spiegel Online“ im vergangenen Jahr der Strom gesperrt. Die Maßnahme wurde meist verhängt, weil die Kunden ihre Rechnungen nicht bezahlt hatten.
Das Magazin berief sich am Samstag auf den noch unveröffentlichten Monitoringbericht der Bundesnetzagentur. Demnach gab es 2013 rund 23.000 Sperrungen mehr als im Jahr 2012 und sogar rund 33.000 mehr als 2011.
Zugenommen hat demnach auch die Zahl der Androhungen einer Stromsperre. 2013 gingen demnach fast sieben Millionen Mahnverfahren so weit, dass Stromversorger ankündigten, sie würden bei weiterem Zahlungsverzug den Strom kappen. 2011 gab es demnach rund sechs Millionen solche Drohungen.
Linke-Fraktionsvize Caren Lay verurteilte die hohe Zahl von Stromsperren als „Anschlag auf die Menschenwürde“. Sie warf zugleich der Bundesregierung vor, sie habe jahrelang eine Energiepolitik zugunsten der Konzerne betrieben, während private Verbraucher übermäßig mit Kosten belastet worden seien.
Bei Kranken und Kindern darf Strom nicht abgestellt werden
So sei seit 2008 der Strompreis für die Industrie um 13 bis 15 Prozent gestiegen, für Privathaushalte aber um 38 Prozent. Lay forderte niedrigere Preise unter anderem durch eine Senkung der Stromsteuer.
Stromversorger können die Belieferung von Haushalten mit elektrischer Energie einstellen, wenn Rechnungen trotz Mahnverfahren über längere Zeit nicht bezahlt werden. Allerdings muss die Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zur ausstehenden Summe stehen und darf nicht die Gesundheit zum Beispiel von kranken Menschen oder Kindern gefährden. Daneben kann eine Stromsperre auch mit dem Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften oder Stromdiebstahl durch das Umgehen von Zählern begründet werden.
52 Prozent Steuern und Abgaben auf Strom
Ein Grund für die schwere Situation mancher Verbraucher sind die hohen staatlich verursachten Abgaben und Steuern. Sie machen aktuell 52 Prozent der Stromrechnung aus, die Verbraucher in Deutschland Monat für Monat zu begleichen haben.
Darauf wies im Sommer der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mit einer Strompreisanalyse hin. Untersucht wurden Grundversorgungstarife und weitere gängige Tarifprodukte für Haushaltskunden.
„Ein durchschnittlicher Haushalt mit 3500 Kilowattstunden Verbrauch zahlt rund 85 Euro im Monat für Strom“, heißt es in der Analyse: „Davon entfallen allein knapp 45 Euro auf staatliche Steuern und Abgaben.“
Jeden Monat 18 Euro für Ökostrom-Subventionen
Bei den staatlichen Abgaben ist im vergangenen Jahr insbesondere die Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien (EEG-Umlage) stark gestiegen, heißt es im BDEW-Bericht weiter: „Gut 18 Euro bringt ein durchschnittlicher Haushalt aktuell pro Monat für die Förderung der erneuerbaren Energien auf.“ Im vergangenen Jahr waren es noch 13 Euro.
Damit hat die EEG-Umlage erstmals einen Anteil von mehr als 20 Prozent am Strompreis. Bereits 2013 avancierte die Ökostromförderung zum größten staatlich verursachten Kostenblock, noch vor der Mehrwertsteuer.