Gastautor / 10.11.2013 / 11:26 / 12 / Seite ausdrucken

Mitbürger könnten sich „unangenehm berührt fühlen”

Stefan Klinkigt

OFFENER BRIEF

An die
Volkshochschule Berlin Marzahn-Hellersdorf

Herrn Gotthard Hänisch, stellvertretender Leiter

Sehr geehrter Herr Hänisch,

wie in der heutigen Ausgabe der Berliner Zeitung zu lesen war, wurden aus einer Ausstellung der Künstlerin Susanne Schüffel in Ihrem Hause mehrere Arbeiten zwangsentfernt – mit der hanebüchenen Begründung, durch die Abbildung nackter Menschen könnten sich muslimische Mitbürger „unangenehm berührt fühlen”. Sonst haben Sie keine Probleme? Schlimm genug ist es zudem, dass die Künstlerin damit noch in einen peinlichen Erklärungsnotstand versetzt wurde, „es gehe ihr nicht um Provokation, sondern um die Schönheit der Frau”.

Zu erleben, wie nach so finsteren deutschen Kapiteln wie dem Dritten Reich und der DDR erneut in Deutschland Kunst zensiert und damit aus dem öffentlichen Raum verbannt wird – diesmal in vorauseilender, schamvoller Unterwürfigkeit, kann bei freiheitsliebenden und demokratiebewussten Künstlern wie mir nur Wut und Empörung hervorrufen.

Ich selbst habe vor 28 Jahren ohnmächtig zur Kenntnis nehmen müssen, dass meine Arbeiten auf Anordnung der DDR-Staatssicherheit aus einer laufenden Ausstellung in Ostberlin entfernt wurden. Wenn auch die Beweggründe Ihrer Zensurmaßnahme heute anders motiviert sind, darf dennoch die Rücksichtnahme gegenüber Religionen und anderen Kulturen keinesfalls zu einer Aushöhlung grundgesetzlich garantierter Freiheitsrechte führen, denn diese wurden hart erkämpft und sind kein Gottesgeschenk.

Mit Ihrer absurden Zensurmaßnahme leisten Sie außerdem jenen Kräften Vorschub, die auf dem Wege einer Re-Klerikalisierung des öffentlichen Lebens händereibend damit fortfahren werden, religiöse Befindlichkeiten über freiheitliche Grundrechte zu stülpen. Der bereits begonnenen Unterwanderung der Freiheit von Kultur und Kunst in unserer Gesellschaft ist daher schleunigst weiterer Nährboden zu entziehen.

Die Kunstfreiheit ist nicht verhandelbar!

MfG
Stefan Klinkigt
Maler / Zeichner / Bildhauer (BBK Köln)

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Leserpost

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Stefan Klinkigt / 12.11.2013

Mit einer derartigen Chuzpe habe ich dann aber doch nicht gerechnet: Das Facebook-Profil der VHS Berlin Marzahn-Hellersdorf wurde mittlerweile gesäubert (bitte den u.g. Link anklicken). Mein Offener Brief, im oberen Screenshot noch erkennbar, wurde von der Pinnwand des Profils entfernt. So löst die VHS Marzahn-Hellersdorf unliebsame Probleme… zack… und glaubt offenbar, damit sei der Dreck weg vom Stiefel.

Thomas Wust / 12.11.2013

Bravo Herr Klinkigt! Einen ähnlichen Brief musste ich kürzlich an die VHS Esslingen schreiben. Der Hintergrund war eine einwöchige Ausstellung im Foyer der VHS zum Thema “Geschichte und Kultur des Islam”. Es wurde unter dem Stichwort “Toleranz und Vielfalt” der gesellschaftliche Zugewinn durch den Islam gepriesen. Der VHS habe ich zu bedenken gegeben, dass zu uns etliche Menschen aus islamischen Ländern kommen, wie z.B. Iran, Irak, Pakistan, Afghanistan, Syrien, Ägypten, etc. die aus ihrem Heimatland fliehen mussten, nachdem radikal islamische Kräfte ihnen nach dem Leben trachteten, weil sie zu einer nichtmuslimischen Minderheit in ihrem Land gehören. Hier werden sie nun mit dem zwangskonfrontiert, dem sie entflohen sind. Und sie können es sich nicht heraussuchen, da ein Integrationskurs Pflicht ist. Ich finde das sehr wenig sensibel und staune immer wieder, wie wenig informiert Menschen sind, die sich um Bildung kümmern. Thomas Wust, Plochingen

Annegret Soltau / 11.11.2013

WANN HÖRT DAS ENDLICH MAL AUF! Zur Erinnerung, auch im HR wurden meine Bilder einmal komplett verhüllt: http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/verhuellungszwang_beim_hessischen_rundfunk/

Christoph Ertel / 11.11.2013

Wer bietet eigentlich diesem schleichenden Faschismus in Deutschland Einhalt, der unter dem Deckmantel der Religion auch bei uns seine Gleichschaltung-und Zensurpolitik durchsetzen möchte. Bei uns wird keiner hellhörig, wenn sein Antisemitismus offen auf Berliner Strassen skandiert wird. Keiner wird wach, wenn sich das muslimische “Mädel” wie früher die anständige Volksgenossin verhalten muss. Mit Bücherverbrennungen hat man auch schon angefangen. Wer horcht auf, wenn er die vielen bösen alten Männer und die sogenannte zornige Jugend sich äußern hört. Eine solche Konstellation hat auch in der Vergangenheit zur Kristallnacht geführt. Man erlebt ja solche Ausbrüche in den muslimischen Ländern um uns herum. Viele sich unserer plötzlich sich so gläubig gebenden Mitbürger halten sehr bedeckt. Mit schweigenden Mehrheiten hat man in der Geschichte nicht die besten Erfahrungen machen können, denn schließlich haben Minderheiten die Mehrheiten zum Schweigen gebracht.

Rolf Krahmer / 11.11.2013

Noch ein “Beispiel”, besser Fall: In Baden-Württemberg wurde zum Schuljahresbeginn in zwei Grundschulen den Kindern verboten, sich mit “Grüß Gott” zu begrüßen - aus Rücksicht auf die die islamischen Mitschüler.

Günter Nehmann / 11.11.2013

Alle Befindlichkeiten, mit einem nicht zu verstehenden Beigeschmack einiger Politiker, zu versehen und dann Kultur zu zensieren, ist der Anfang einer gnadenloser Diktatur

Michael Wächter / 10.11.2013

Ich bin zutiefst irritiert wg. dieser Sache…. Als Besucher eines anderen Landes bin ich es gewohnt und empfinde es als selbstverständlich mich den dortigen Gepflogenheiten anzupassen. Keine kurzen Hosen im Vatikan usw. Was ist so schwer daran bestimmte Dinge zu akzeptieren? Ich habe und hatte schon während meiner Schulzeit muslimische Freunde, keiner von denen (und auch Ihre Familien) hatte damit je ein Problem. Das Problem ist mittlerweile unsere “political Correctness”! Ich achte und schätze ALLE Menschen unseres Planeten, aber irgendwann sollte man sich klar darüber werden ob man alles gleichschalten will und “muß”, oder ob ein Miteinander nicht auch auch den Wegen möglich ist wie ich sie noch gelernt und gelebt habe. Das “Gutmenschentum” unserer Republik - namentlich vertreten durch durch Grünen - widert mich mittlerweile nur noch an. Ich habe fertig

Alma Ruth / 10.11.2013

Ja, D hat eine sehr schlimme Vergangenheit, die zu tragen ist schwer. Man ist sehr vorsichtig, möchte nichts falsch machen. Das verstehe ich und akzeptiere es auch. So reagieren und verhalten sich Kulturmenschen Aber muß man deshalb verrückt werden? So unterwürfig? Das eigene kulturelle Erbe, die heutige eigene Kultur dermaßen verleugnend? Ich bin kein Deutscher. Auch kein Christ Aber ich lese viele der deutschen Printmedien. Und gewinne immer mehr den Eindruck, die Deutschen sind in nicht weniger Hinsicht total “verrückt” geworden. Damit tut man aber weder sich selbst noch den Immigranten gut. Im Gegenteil! lg Alma Ruth

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