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Erneuerbare Energien
Batterien statt Kohlekraftwerke

Trotz Energiewende läuft ein Teil der konventionellen Kraftwerke weiter, um Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Doch besonders Kohlekraftwerke sind denkbar schlecht dafür geeignet: Sie sind ineffizient, müssen dauernd laufen und können keinen Strom zurückspeichern. Nachteile, die Batterien nicht hätten.

Von Sönke Gäthke | 26.03.2014
    "Wenn man ein Gigawatt Batterieleistung in das deutsche Netz bauen würde, könnte man, Größenordnung, zehn Gigawatt der installierten Must-Run-Kapazitäten zurückfahren",
    sagt Clemens Triebel, einer der Gründer und Mitinhaber des Berliner Unternehmens Younicos. Das hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, Must-Run-Kraftwerke aus dem Stromnetz entfernen zu können.
    "Also Must-Run heißt, alle Kraftwerke, die eben Netzstützen sind, können nicht beliebig weit runter geregelt werden."
    Rund um die Uhr im Einsatz
    Diese Kraftwerke nutzen Stromnetzbetreiber, um in ihren Netzen schnelle Änderungen zwischen Stromverbrauch und Erzeugung ebenso schnell ausbalancieren zu können. Tun sie das nicht, drohen Stromausfälle - die Kraftwerke müssen daher rund um die Uhr laufen. Triebel:
    "Und jetzt haben wir das Problem in Deutschland, dass wir etwa 30, 28 Gigawatt Must-Run Kapazitäten vorhalten."
    Die - und das ist das zweite Problem - obendrein recht unflexibel in ihrer Leistungssteuerung sind: Die Kraftwerke sind zumeist Kohlekraftwerke, die technisch nur zwischen einer Leistung von 100 bis circa 60 Prozent geregelt werden können. Fällt die Leistung darunter, können die Techniker bei Braunkohlekraftwerken zum Beispiel nicht garantieren, dass das Feuer im Kessel gleichmäßig brennt. Die Folge:
    "Wenn man jetzt den Erneuerbaren-Ausbau weiter fortsetzt wie in den Plänen in der EU - 20/20/20 Prozent in Europa -, dann kommt man an einen Punkt, wo die Must-Run-Kapazität mitläuft, ohne Energie zu erzeugen."
    Damit entstünde ein erheblicher volkswirtschaftlicher Schaden. Denkbar sind daher zwei Entwicklungen: Entweder die Verantwortung für die Stabilisierung der Netze bleibt bei den konventionellen Kraftwerken. Dann lässt sich ein Stromnetz - das zeigen Berechnungen für Inselnetze - stabilhalten bei einer Aufteilung der installierten Leistung von etwa 60 zu 40: 60 Prozent der benötigten Leistung können von Wind und Sonne stammen, 40 kommen aus den konventionellen Kraftwerken. Der Anteil der Erneuerbaren am tatsächlich erzeugten Strom liegt dann jedoch deutlich niedriger, erklärt Clemens Triebel:
    "Energetisch kommt man dabei nur knapp über 30 Prozent Erneuerbare. Wenn man 60-zu-40-Leistung einstellt - der Wind ist ja nicht immer da -, dann kommt man auf 32 Prozent irgendwie Erneuerbare."
    Speichern, statt ständig neu zu produzieren
    Oder die Verantwortung für die Stabilisierung der Netze wird auf eine neue Technik übertragen. Und da kommen die Batterien ins Spiel. Mit ihnen könnten die Must-Run-Kraftwerke aus dem Netz gedrängt werden, ist Clemens Triebel überzeugt. Und zwar im Verhältnis eins zu zehn: Ein Gigawatt Batterie würde zehn Gigawatt Kraftwerksleistung ersetzen können:
    "Das liegt aber eben daran, dass eine Batterie 100 Prozent plus minus fahren kann."
    Eine Batterie ist viel flexibler als ein Kraftwerk; sie kann eben auch Leistung aufsaugen, wenn der Verbrauch sinkt und zuviel Strom erzeugt wird. Dass sich eine schnelle Netzregelung in Sekundenbruchteilen mit Batterien realisieren und sich damit auch noch Geld verdienen lässt, will sein Unternehmen gemeinsam mit dem Mecklenburger Energieversorger WEMAG noch in diesem Jahr demonstrieren: Derzeit errichten beide in Schwerin ein Batteriekraftwerk mit einer Leistung von fünf Megawatt, dessen Lithium-Ionen-Zellen dank einer ausgeklügelten Steuerung rund 20 Jahre halten sollen.