Es war ein Kampf um Leben und Tod: Vor mehr als 15 Jahren verwandelten sich die üppigen Korallenriffe der Seychellen binnen kürzester Zeit zu eher trostlosen Seegraswiesen. Kaum jemand räumte ihnen große Überlebenschancen ein. Bis einige von ihnen plötzlich wieder aufblühten, zur Freude nicht nur von Bewohnern des Inselstaats sondern auch von Forschern. Die Riffe hatten eine Nahtoderfahrung erlebt. Was holte sie zurück?
Fünf Faktoren sind es, die den Unterschied ausmachen, ob sich Korallen zurückkämpfen können oder nicht. Ein internationales Forscherteam hat sie nun in tropischen Gewässern identifiziert (Graham et al., 2015). Die Zukunft bedrohter Korallenriffe ist nun ein Stück gewisser.
Korallen sind lebende Organismen. Sie gehören zu den Nesseltieren und fühlen sich in einer Wohngemeinschaft mit Algen auf einer Kalkschicht, die von Jahr zu Jahr wächst, am wohlsten. Mit den Jahren entstehen riesige Gärten voll zierlicher Steinkorallen, schillernd-bunter Fächerkorallen, nebst Fischen, Seesternen, Muscheln und vielen anderen Lebewesen – einzigartige, artenreiche Ökosysteme. Sie gelten als Ursprung eines Viertels der marinen Artenvielfalt, sichern Nahrung und Unterhalt von Millionen Menschen in den Tropen – und brauchen dieser Tage besonderen Schutz.
Der Tod hat einen Namen: Korallenbleiche
Zumindest ist das die Annahme. Denn Überfischung, Umweltverschmutzung und der Klimawandel greifen die sensiblen Strukturen auf den Meeresböden weltweit an. Vor allem die Erderwärmung sei eine Gefahr für die Vielfalt der Meere, da weit weniger kontrollierbar. Sie bringe den Riffen auf Dauer den Tod, die gefürchtete Korallenbleiche.
Die tritt beispielsweise auf, wenn die Temperaturen in tropischen Gewässern zeitweise zu hoch sind. Die Algen sind dann keine freundlichen Mitbewohner mehr, sondern beginnen giftige Moleküle zu produzieren. Die Folge: Die Koralle quartiert sie aus, die Gemeinschaft zerbricht. Den Nesseltieren fehlt dann jedoch Nahrung, sie produzieren keinen Kalk mehr und verlieren ihre Farbe; sie bleichen aus.
Das Phänomen haben Forscher erstmals in den siebziger Jahren beobachtet. Seitdem wieder und wieder und weit verbreitet rund um den Globus. Ein untrügliches Zeichen also für das Ende der Korallen?
Auf den Seychellen schlug die Bleiche 1998 in beispiellosem Ausmaß zu. 90 Prozent der Korallenriffe des Inselstaates galten als verloren. Forscher haben nun Daten aus der Zeit vor und nach der Bleiche bis heute analysiert. Sie zeigen: 12 von 21 Riffen haben sich wieder erholt, mehr als die Hälfte also.
"Korallen sind faszinierend", sagt der Erstautor der Studie, Nicholas Graham. "Sie sind so verletzlich, aber gleichzeitig so stark, dass sie selbst einen intensiven Schock überleben können." 1994 wurden die ersten Daten erhoben, seit 2005 fährt Graham mit seinem Team zu den Seychellen und sammelt mit Tauchrobotern vor Ort Proben der Riffe.
"Mithilfe der Wassertiefe, der Struktur des Riffs vor der Störung, des Nährstoff-Levels, der
Zahl der grasenden Fische und junger Korallen lässt vorhersagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Riff wieder gesund werden kann", sagt Graham. "Schon die ersten beiden Variablen lassen sie zu 98 Prozent genau
vorhersagen" – das sei bemerkenswert, lassen sie sich doch ohne großen
Aufwand messen, wie der Biologe von der James Cook University in
Australien erklärt. Fünf Faktoren, die über bleiche oder blühende Unterwasserlandschaften entscheiden.