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Nach der Wahl Erdogans CSU fordert Ende von EU-Beitrittsgesprächen mit Türkei

"Die Erdogan-Türkei hat in Europa nichts verloren": CSU-Generalsekretär Scheuer hat deutliche Kritik am künftigen türkischen Präsidenten geäußert. Berlin müsse seine Beziehungen zu Ankara genau prüfen.
Neuer türkischer Präsident Erdogan: Heftige Kritik aus der CSU

Neuer türkischer Präsident Erdogan: Heftige Kritik aus der CSU

Foto: UMIT BEKTAS/ REUTERS

Berlin - Nach Recep Tayyip Erdogans Sieg bei der Präsidentschaftswahl in der Türkei will die CSU die EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land endgültig stoppen. "Die Erdogan-Türkei hat in Europa nichts verloren", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". "Der künftige Präsident wird demokratische Werte mit Füßen treten, seine Macht ausbauen, Pressefreiheit einschränken wollen und weiter auf übelste Weise gegen Israel hetzen."

Die CSU habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass die Türkei aus ihrer Sicht nicht in die Europäische Union gehöre, fuhr Scheuer fort. Nun erwarte seine Partei, dass auch "alle anderen zu dieser Einsicht gelangen". "Vielen dämmert es jetzt endlich, wenn man sich nur Erdogans Reden und Taten genau anschaut", sagte Scheuer der Zeitung. Was die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Ankara angehe, werde Deutschland genau beobachten, wie der islamisch-konservative Politiker mit seiner neuen Macht umgeht.

Auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte, ein EU-Beitritt der Türkei werde mit einem Präsidenten Erdogan noch unwahrscheinlicher. In der Oldenburger "Nordwest-Zeitung" betonte Özdemir zugleich: "Dass Europa angesichts der Situation im Irak, in Syrien, zwischen Israel und Palästina an einer stabilen Türkei ein überlebensnotwendiges Interesse hat, steht aber außer Zweifel."

Elmar Brok: Autokratische Machtfülle Erdogans

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), sagte der "Welt", die EU müsse aufpassen, dass Erdogan nicht eine autokratische Machtfülle erlange und der Rechtsstaat in der Türkei weiter in Gefahr gerate. "Eine solche Entwicklung würde den Beitrittsverhandlungen mit der EU endgültig die Grundlage entziehen."

Der Regierungschef hatte die erste Direktwahl eines türkischen Präsidenten am Sonntag im ersten Durchgang gewonnen. Für ihn stimmten fast 52 Prozent der Wähler, sein stärkster Widersacher Ekmeleddin Ihsanoglu kam auf gut 38 Prozent.

Der Wahltriumph ebnet Erdogan nun den Weg zur Transformation der Türkei von einer parlamentarischen Demokratie zu einem Präsidialsystem. In einem solchen System hätte das Staatsoberhaupt nicht länger nur repräsentative Aufgaben, sondern würde maßgeblich die Politik bestimmen. Die Opposition befürchtet dadurch eine Aushöhlung des Prinzips der Gewaltenteilung.

kes/AFP