AfD und "Pegida" turteln wieder miteinander

In Dresden soll es vielleicht etwas Ähnliches wie einen Schulterschluss geben

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Volksfront von rechts?

Willst Du mit mir gehn? Ja, nein, vielleicht … Die Geschichte zwischen AfD und "Pegida" ist eine Geschichte voller Missverständnissen. Und Widersprüchen. So wie am Montag in Dresden. Schreiten beide nun ausgerechnet am 8. Mai Seit’ an Seit’, oder doch nicht? Irgendwie ja, irgendwie auch wieder nicht, so wie in den Jahren zuvor schon. Wie so oft hat das mit den Flügelstreitigkeiten zu tun, bei denen man nie weiß, was Streit oder Inszenierung für die Medien ist. Manche bei der AfD turteln mit "Pegida" und sehen darin den ultimativ-außerparlamentarischen Arm der Bewegungspartei, andere erbrechen.

Wie so oft standen am Anfang Andeutungen. Egbert Ermer, Vorstandsmitglied des AfD-Kreisverbandes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, deutete auf der Pegida-Kundgebung zum 1. Mai in Dresden an, AfD und "Pegida" würden am 8. Mai zeitgleich Veranstaltungen vor der Frauenkirche planen. Ermer versprach einen "vielleicht historischen Tag". "Pegida"-Chef Lutz Bachmann wird zitiert, man habe aus Versehen doppelte Kundgebungen angemeldet, es werde zwei Bühne geben, die Redner sich auf diesen abwechseln. Das ist mal ein netter Karikaturenstreit in Wortgemälden.

Wie nicht selten bei der AfD folgt bei derlei also eine Kakophonie an Stimmen und sich widersprechenden Statements. Medienvertretern stellt sich die Frage, was man wie zitieren könnte, ohne sich angesichts der Widersprüchlichkeiten nicht eine Gegendarstellung einzufangen, wenn selbst Parteivertreter morgens bei Facebook dies posten, und abends im TV-Interview das sagen. Manchmal will beides nicht zueinander passen. Manchmal sind es eben nur strategische Gründe. Halbwegs intern szenentypisch losbrüllen und poltern via Web 2.0 als Botschaft an die Gleichgesinnten, im TV aber den Biedermann spielen. Sind so kleine Mimen.

"Euch Patrioten aus Sachsen gebührt das große Verdienst"

Dabei ist Beobachtern klar: das, was die NPD vor vielen Jahren einmal als "Volksfront von rechts" plante, also die Herstellung einer Bewegungspartei unter dem Dach der NPD, in der enttäusche "Republikaner", noch aufzusaugende DVU-Mitglieder und militante Neonazis zusammen finden, setzt die AfD heute um, wenn auch nicht so extrem und mit teils anderen, weniger radikalen Protagonisten und Ex-Parteien. Bei der Rede, die der völkisch-nationalistische AfD-Prediger Björn Höcke Anfang des Jahres in Dresden bei seiner Parteijugend hielt und dabei die Stimmung einem überdachten "Pegida"-Aufmarsch glich, sagte er nicht nur etwas über Gedenkkultur. Höcke schwärmte auch überschwänglich von "Pegida".

Weil wir Patrioten dasselbe Leiden in den Knochen haben und weil wir derselben Sache dienen, möchte ich es hier nochmal in aller Öffentlichkeit und aller Deutlichkeit aussprechen: Ich persönlich, liebe Freunde, ich persönlich bin stolz auf das, was ihr in Dresden erreicht habt. Ihr Sachsen, ihr Dresdner, seid für uns Thüringer und für uns Erfurter das große, unerreichte Vorbild! Euch Dresdnern, euch Patrioten aus Sachsen gebührt das große Verdienst […]. Es ist ein historisches Verdienst, den ersten Schritt getan zu haben. Den ersten Schritt, der notwendig war, der der Lage geschuldet war, in einer Bewegung, die eine inhaltliche Fundamentalopposition darstellt.

Björn Höcke

Was gab es nicht alles? Unvereinbarkeitsbeschlüsse der AfD, die ihren Mitgliedern untersagten, allzu öffentlich mit "Pegida" abzuhängen oder gar dort auf deren Bühnen als Redner herumzuturnen. Unterdessen irrelevant. Mal hieß es auf die Frage, ob man miteinander gehen wolle, vielleicht (AfD und Pegida wollen sich weiter aufeinander zu bewegen). Ein anderes Mal spaltete die AfD über Umwege die "Pegida"-Bewegung (Pegida-Vorstandsmitglieder treten zurück). Irgendwie hörte der Streit aber nie auf, wie oder warum oder warum nicht … (AfD streitet über Umgang mit ihren Fundamentalisten).

Teile der AfD gehen immer weiter und äußern, so wie Ermer, gewisse Sympathien für die rechtsextreme "Identitäre Bewegung", obschon bekannt ist, dass wegen einer solchen Sympathie der bayerischen AfD-Chef vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Als Bachmann am 1. Mai die AfD-Kundgebung in Erfurt besuchte, soll Höcke ihn am Rande herzlich begrüßt haben. Der Berliner "Tagesspiegel" zitiert einen Sprecher des AfD-Landesverbandes Sachsen, wonach für etwaige Planungen zum 8. Mai nicht der Landesvorstand verantwortlich zeichne. Willst Du mit mir gehn? Ja, nein, vielleicht … Hauptsache aber irgendetwas mit Medienreichweite.