Ermittlungen der US-Justiz legen interessante Details des Kreditderivatemarkts offen

by Dirk Elsner on 16. Juli 2009

Der Markt für Kreditderivate gilt bekanntlich als das Auge des Finanzkrisentornados. Auf diesem Markt wurden Kredite in neue Pakete verpackt und mit Credit Default Swaps der Ausfall von Schuldnern versichert. Lehman Brothers ist an diesen Instrumenten kaputt gegangen und beinahe hätte der Versicherungsriese AIG der Finanzwelt den Rest gegeben, weil sogenannte Kreditereignisse immer stärkere Zahlungsverpflichtungen von AIG ausgelöst hatten.

Nun legen Ermittlungen, bei denen es um die Transparenz der Preisfestsetzung und möglicherweise unfaire Praktiken geht, Teile der für Außenstehende undurchsichtigen Marktanatomie offen. Dazu war in der FTD zu lesen:

“Nach Informationen von Marktteilnehmern geht das Ministerium der Frage nach, ob bestimmte Banken einen unfairen Informationsvorsprung gegenüber anderen Investoren haben. Der Dienstleister Markit, der die weltweit anerkannten Itraxx-Indexserie berechnet und Preise zu Kreditderivaten veröffentlicht, gehört großen Finanzinstituten. Zu den Eignern zählen Goldman Sachs, JP Morgan Chase und Morgan Stanley. Das US-Justizministerium will wissen, ob die Wall-Street-Häuser dadurch einen Vorteil haben und fordert von den Instituten Auskunft über ihre Handelsgeschäfte. Gegründet wurde Markit 2001 von zwei ehemaligen Mitarbeitern der kanadischen Toronto-Dominion-Bank.”

Die FAZ weiß ergänzend:

“Die Kartellbehörde hat Presseberichten zufolge auch Informationen von Banken angefordert, die zu den Anteilseignern Markits gehören. Auf der Liste der Eigner stehen die größten Akteure auf dem Markt für Kreditderivate. Dazu gehören Banken wie JP Morgan Chase, Goldman Sachs, die Citigroup oder Credit Suisse. Auch die Deutsche Bank ist an Markit beteiligt. Derivate sind von herkömmlichen Wertpapieren abgeleitete Finanzinstrumente wie Terminkontrakte oder Optionen. Zu Kreditderivaten gehören unter anderem Ausfallversicherungen für Anleihen von Unternehmen oder Staaten, sogenannte Credit Default Swaps (CDS). Dieser außerbörsliche Markt war in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Die mangelnde Regulierung in diesem Markt gilt als ein Element, das zur Eskalation der Finanzkrise im vergangenen Jahr geführt hat. So war der große amerikanische Versicherungskonzern American International Group nach hohen Verlusten mit CDS-Kontrakten fast kollabiert und nur dank riesiger Staatshilfen stabilisiert worden.

Die Dominanz der Markit Group und ihrer Besitzer auf dem CDS-Markt ist Konkurrenten schon seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge. Sie beschweren sich, dass Markit Zugang zu wichtigen Preisinformationen hat, die dem Dienstleister von Banken zur Verfügung gestellt wird. Deswegen könnten keine Konkurrenzprodukte entstehen, heißt es. In einer E-Mail an etwa hundert Marktteilnehmer hatte Samuel Cole, ein hochrangiger Manager beim Hedge-Fonds Blue Mountain Capital vor ein paar Wochen die „oligopolartige Dominanz“ der großen Handelshäuser auf den Kreditmärkten beklagt. Tim Backshall, Marktstratege bei der Analysegesellschaft Credit Derivative Research hält es für problematisch, wenn Handelshäuser, die als Marktmacher für die Liquidität des Marktes sorgen, auch die Informationsdienste für die Preise verantworten.”

Nach Informationen der sich auf Bloomberg berufenden NZZ wird darüber spekuliert, dass die großen Market-Maker die ihnen zuerst vorliegenden Preise zum eigenen Vorteil genutzt haben, bevor sie der breiten Öffentlichkeit zugänglich waren. Der Vorwurf wäre umso gravierender, da Markit auch den Besitzer der für den Markt so wichtigen Indizes Itraxx und CDX aufgekauft hat und dadurch auch zum Eigentümer just jener Indizes geworden ist, die für die Bewertung von Derivate-Positionen rund um den Globus herangezogen werden.

Siehe auch

NYT: Derivatives Are Focus of Antitrust Investigators

HB: Credit Default Swaps Justiz nimmt Kreditderivate ins Visier

NYT: U.S. Said to Investigate Credit Default Swap Market

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