1. Nachrichten
  2. FOCUS Magazin
  3. Harald Schmidt
  4. HIER SCHREIBT HARALD SCHMIDT: Epidemien

FOCUS Magazin | Nr. 30 (2009)
HIER SCHREIBT HARALD SCHMIDT: Epidemien
  • E-Mail
  • Teilen
  • Mehr
  • Twitter
  • Drucken
  • Fehler melden
    Sie haben einen Fehler gefunden?
    Bitte markieren Sie die entsprechenden Wörter im Text. Mit nur zwei Klicks melden Sie den Fehler der Redaktion.
    In der Pflanze steckt keine Gentechnik
    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
Freitag, 15.11.2013, 14:31

Sind die Deutschen bald ausgerottet? Neueste Informationen versprechen uns zwei Epidemien der XXL-Klasse: Schweinegrippe und Fettsucht!

Letztere von führenden Experten bereits als „Pandemie mit psychosozialen Wurzeln“ eingestuft. Klingt kompliziert, bedeutet aber im Klartext, dass sich die Dicken in Sachen psycho und sozial schwertun. Klar, sonst würden sie ja nicht so reinschaufeln. Vor allem Spanier und Engländer sind in diesem Sommer geschockt, wenn sie auf ihren fetten Nachwuchs schauen. Auch dies keine Überraschung.

Jeder musste schon erleben, wie Mom und Dad ihren Kindern Eis und Pizza an den Hotelpool bringen. Spaniens Familien hingegen dürfen ohne die Oma gar nicht an den Strand. Und die stopft den kleinen Rauls und Penelopes für jedes abgelegte Kleidungsstück eine halbe Tafel Schokolade in den Mund. Aber wer sind wir, uns darüber zu erheben?



Die Wurzeln werden also – man hätte es ahnen können – bereits in der Kindheit gelegt. Wer fremde Kinder vom Geburtstag nach Hause bringt, bricht sich nicht selten die Fingernägel ab, wenn er die kleinen Moppelchen angurten will. Egal, ob Plakate oder Chat-Room, nichts wird unversucht gelassen, um der Bevölkerung das Abnehmen schmackhaft zu machen. Problem: An die Dicken kommt man nicht ran. Denn die sind rundum zufrieden („Ein Röllecken hat mir meine Frau erlaubt!“) und denken gar nicht daran, zum Arzt zu gehen. Wer soll in Flip-Flops auch merken, dass er sich die Schuhe nicht mehr zubinden kann?

Zudem strotzen die meisten Dicken nur so vor Lebensfreude. Eis in der Hand und Hemd aus der Hose – ich tropfe, also bin ich. Fast jeder kennt im Bekanntenkreis einen Dicken, der es beim Tanzen nur so krachen lässt. Beweglich, dynamisch, mit durchweg harmonischen Bewegungen. Bei den meisten Idealgewichtlern will man dagegen gar nicht hinschauen, wenn sie mit ihren Skeletten klappern.


Dicksein macht also Spaß und ist für alle da, während Killer Nr. 2, die Schweinegrippe mit ihren H3N2 und H1N1, für den Laien eher nach Schiffe versenken klingt. Obwohl die Bundesregierung für ihr Volk tonnenweise Impfmaterial hortet, weiß keiner, ob der nächste vorbildliche Schneuzer in die Armbeuge nicht der letzte ist.

Auch die Moderatorin im Frühstücksfernsehen der BBC wollte vom zuständigen Regierungsmitglied fast hysterisch die genaue Zahl der bevorstehenden Toten wissen.

Wird in Europa mal ein Schweinegrippetoter gemeldet, stellt sich meist nach wenigen Tagen heraus, dass der zwar kurz vor seinem Ende noch hatschi! gemacht hat, ansonsten aber ganz klassisch am Herzinfarkt verschied. Lassen wir uns also nicht verunsichern: Trotz aller Horrorszenarien steigt die Lebenserwartung seit Jahrzehnten kontinuierlich an. Deshalb: Hatschi! und Mahlzeit!
Sie waren einige Zeit inaktiv, Ihr zuletzt gelesener Artikel wurde hier für Sie gemerkt.
Zurück zum Artikel Zur Startseite
Lesen Sie auch