Gelsenkirchen. . Kinder und Jugendlicher lernen im Fritz-Steinhoff-Haus, wie sie sich am besten gegen Angriffe wehren können. Manchmal hilft auch lautes Schreien.

Der Nachmittag im Fritz-Steinhoff-Haus neigt sich dem Ende, als die Kinder noch eine ganz besondere Überraschung erwartet: Jeder von ihnen darf mit der bloßen Hand (oder wahlweise mit dem Fuß) ein Holzbrett zerschlagen. Wie das geht? Ganz einfach – mit voller Konzentration und viel Kraft.

Bruchtest mit Holz aus dem Baumarkt

„Das sind richtige Bretter aus dem Baumarkt, ich habe sie vorher nicht angesägt, aber ihr schafft das trotzdem!“, animiert Linda Ludewigs, die gemeinsam mit Paul Erzkamp den Selbstverteidigungskurs für Kinder und Jugendliche leitet, die jungen Teilnehmer. Schließlich traut sich die achtjährige Emily, und siehe da: Das dicke Brett zerbricht direkt beim ersten Versuch in zwei Teile. Freudestrahlend nimmt Emily die beiden Stücke und setzt sich wieder auf ihren Platz, während die übrigen Kinder im Sitzkreis applaudieren. Ludewigs erklärt das Prinzip: „Wichtig ist, das man konzentriert bleibt und den Fokus nicht verliert. Viele bremsen kurz vor dem Brett ab, aus Angst vor dem Aufprall.“

Schon ein selbstbewusstes Auftreten hilft

Das Zerschlagen der Bretter war nur einer von vielen Höhepunkten eines programmreichen Tages: Von 10 bis 16 Uhr hatten die insgesamt zehn teilnehmenden Kinder die Möglichkeit, sich spielerisch in Selbstverteidigungstechniken für den Notfall zu üben, aber auch zu lernen, diesen direkt zu vermeiden. „Wir zeigen den Kindern, dass Gewalt nur im äußersten Notfall angewendet werden soll. Oftmals hilft schon ein lautes „Nein“, um seinem Gegenüber die Grenze aufzuzeigen“, meint Paul Erzkamp, Landesvorsitzender der Falken, der selbst Karate mit Fokus auf Selbstverteidigung praktiziert. Seine Kollegin Ludewigs hat vor einem Jahr die Ausbildung zur Wendo-Trainerin abgeschlossen, einer Selbstverteidigung speziell für Frauen und Mädchen.

Grenzen bewusst machen

Ein weiteres Ziel ist, dass die Kinder sich ihrer eigenen Grenzen bewusst werden. Bei den Mädchen ist es zum Beispiel häufig so, dass diese ihre eigenen Fähigkeiten unterschätzen, während die Jungen häufig übereifrig sind und ihre Kraft falsch einschätzen. „Deshalb machen wir auch Bewegungsspiele, um ein besseres Körpergefühl zu vermitteln“, erklärt Ludewigs.

Ansonsten durften die Kinder auf Sportmatratzen trainieren, gegen Pratzen treten und sich, wenn sie denn mal erschöpft waren, in einer Pausenecke ausruhen. Zur Mittagszeit wurde dann noch Pizza bestellt, um den Tag perfekt zu machen. Für die kleine Emily, die gemeinsam mit ihren Brüdern Paul (7) und Luca (6) mitmachte, war die beste Disziplin jedoch klar: „Das Treten gegen die Pratze hat am meisten Spaß gemacht – da kann man so richtig Dampf ablassen“, erklärt sie grinsend.

Jeden Montag gibt es Selbstverteidigung für Mädchen

Jeden Montagvon 18.30 bis 20 Uhr bietet Linda Ludewigs einen Selbstverteidigungskurs für Mädchen (Greitenstieg 4) an. Der „Tagesworkshop“ soll 2017 noch öfter angeboten werden.

Die teilnehmenden Kinder erhielten noch ein Geschenk: Jeder bekam Bandagen, die für Kampfsportarten verwendet werden und mit denen das Handgelenk stabilisiert wird.