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Zivilverteidigungskonzept: Experten: Flächendeckender Stromausfall wäre nationale Katastrophe mit vielen Toten
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Was passiert, wenn infolge eines Terrorangriffs, einer Extremwetterlage oder menschlichen Versagens in einem größeren Gebiet in Deutschland für längere Zeit der Strom ausfällt? Experten haben das für den Bundestag untersucht.

Ihr Ergebnis ist erschreckend: Die Folgen kämen einer nationalen Katastrophe gleich, heißt es in einem Bericht für den Bundestag. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft seien auf einen solchen Fall nicht vorbereitet, das notwendige Bewusstsein für die Gefahr bestehe in Deutschland nicht.

Der Bericht liest sich wie die Vorlage für einen Katastrophen-Thriller aus Hollywood. Doch er zeigt die realistische Gefahr auf, was passiert, wenn es zum großen Blackout kommt. Die Forscher des „Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag“ (TAB) gehen von einem Szenario aus, nach dem in mehreren Bundesländern über einen Zeitraum von zwei Wochen der Strom ausfallen würde. Die ersten Folgen würden sich schon unmittelbar danach zeigen.

Nach zwei Wochen würde es viele Tote und Verletzte geben, Krankheiten hätten sich ausgebreitet, die öffentliche Ordnung, die Kommunikation, der Verkehr, der Transport, die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung, die Energieversorgung und das Gesundheitswesen wären weitgehend oder vollständig zusammengebrochen. In einem hochentwickelten, hochtechnologisierten, eng verflochtenen Land wie Deutschland wäre ein „Kollaps der gesamten Gesellschaft ... kaum zu verhindern“, heißt es in dem Bericht.

Mögliche Ursachen für einen Mega-Blackout: Terrorangriffe, Epidemien, extreme Unwetter

Die TAB-Experten gehen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses wächst. „Als Ursache für einen langandauernden und regional übergreifenden Stromausfall kommen unter anderem technisches und menschliches Versagen, kriminelle oder terroristische Aktionen, Epidemien, Pandemien oder Extremwetterereignisse infrage.“ Die Gefahr solcher Vorkommnisse wachse, „weil die Gefahr terroristischer Angriffe und klimabedingter Extremwetterereignisse als Ursachen eines Netzzusammenbruches zunehmen werden“, heißt es ausdrücklich.

Im Video: Regierung empfiehlt Hamsterkäufe: Das brauchen Sie, um zehn Tage zu überleben 

1. Informationstechnik und Telekommunikation: Die Folgen wären dramatisch

Mobilfunkmast
dpa/Matthias Balk Ein Funkturm für die Übertragung von Signalen auf mobile Geräte

Bei den Festnetzgeräten fielen sofort die digitalen Endgeräte und die Anschlüsse der Teilnehmer aus, danach die Ortsvermittlungsstellen – Telefonieren über das Festnetz wäre also praktisch sofort nicht mehr möglich. Smartphones würden zwar einige Tage durchhalten, wenn sie aufgeladen waren und stromsparend benutzt würden.

Das würde den Besitzern aber nichts nutzen, denn die Basisstationen, die die Einwahl in die Netze ermöglichen, wären binnen weniger Minuten völlig überlastet und fielen zudem nach kurzer Zeit aus. Sie haben zwar eine Notstromversorgung, diese funktioniert aber nur sehr kurzfristig. Fernsehgeräte und Internet funktionieren ebenfalls ohne Strom nicht.

So müssten die Behörden auf das gute alte Radio zurückgreifen, wenn sie sich an die Bevölkerung richten wollten. Auch das klappt allerdings nur, wenn die Geräte mit Batterie oder Akkus betrieben sind. Die Aussicht der Experten ist nicht gut: „Eine nachhaltige Absicherung der Kommunikationsnetze“, um über Wochen die Kommunikation gewährleisten zu können, „dürfte zurzeit wirtschaftlich und technisch nicht zu realisieren sein“.

2. Transport und Verkehr: Chaotische Zustände

Schönster Bahnhof - Steinheim
dpa/Ina Fassbender Eine S-Bahn hält an einem Bahnhof

Die Folgen eines Stromausfalls träten im Transportbereich und beim Verkehr abrupt auf und seien massiv, so der Bericht. Es kommt vor allem in Großstädten zu zahlreichen Unfällen, weil beispielsweise die Ampeln vollständig ausfallen. Die Folge: chaotische Zustände. Züge, S-Bahnen, Straßenbahnen und U-Bahnen blieben liegen, Menschen könnten darin eingeschlossen sein.

Tankstellen müssten ihren Betrieb einstellen, so dass nicht nur die Privatwagen irgendwann stehen blieben, sondern auch die Treibstoffreserven für Kranken- und Feuerwehrwagen aufgebraucht wären.

3. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung: Katastrophe für die Bevölkerung droht

Leitungswasser läuft aus einem Wasserhahn ins Glas
dpa/L. Schulze Eine gute Wasserversorgung ist für die Bundesbürger eine Selbstverständlichkeit

Sowohl für die Wasserversorgung der Bevölkerung als auch für Entsorgung von Abwasser wird Strom benötigt. Essen kochen, Körperpflege, Wäsche waschen – alles würde unmöglich. Die Toilettenspülungen funktionierten nicht mehr, die Toiletten würden verstopft. Die Folgen: Prekäre hygienische Zustände, die unweigerlich Krankheiten nach sich ziehen würden. Außerdem: Während die Gefahr von Bränden steigt, schwinden die Möglichkeiten der Brandbekämpfung.

4. Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln: Schnell drohen ernsthafte Engpässe

Supermarkt
dpa/Oliver Berg/Illustration Die Regierung rät zu einer privaten Lebensmittelversorgung für zehn Tage

Durch den Stromausfall wird das Kühlen verderblicher Lebensmittel ebenso unmöglich, wie die Verteilung von Nahrung und Getränken durch die Behörden zumindest erheblich erschwert würde. Schon bald könnte das Überleben zahlreicher Menschen davon abhängen, dass Lebensmittel zu ihnen gebracht werden, so der Bericht. „Trotz größter Anstrengungen kann aber mit hoher Wahrscheinlichkeit die flächendeckende und bedarfsgerechte Verteilung der Lebensmittellieferungen nur ungenügend gewährleistet werden“, heißt es im Bericht.

Wenn aber vielen Menschen Hunger droht, werden sie versuchen, selbst Lebensmittel zu organisieren – mit schlimmen Folgen für die öffentliche Ordnung. Auch die Versorgung in der Massentierhaltung werde unmöglich. Unter den Bedingungen eines totalen Stromausfalls würden diese Tiere schon die ersten Stunden nicht überleben.

5. Gesundheitswesen: Ein Zusammenbruch der medizinischen Versorgung ist wahrscheinlich

Arbeiten in einem Krankenhaus
dpa/Philipp Schulze Blick in einen Klinikgang

Auch das Gesundheitswesen könne den Folgen eines Stromausfalls nur kurz widerstehen. Innerhalb einer Woche verschärfe sich die Situation derart, dass selbst bei einem massiven Einsatz regionaler Hilfskapazitäten vom weitgehenden Zusammenbrechen der medizinischen Versorgung auszugehen sei. Das gleiche gelte für die pharmazeutische Versorgung. Schon nach 24 Stunden wäre die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens „erheblich beeinträchtigt“, schreiben die Wissenschaftler.

Krankenhäuser könnten einen eingeschränkten Betrieb eine Weile aufrechterhalten, Dialysezentren, Alten- und Pflegeheime aber müssten teilweise geräumt werden oder Funktionsbereiche schließen. Das gleiche gelten für Arztpraxen und Apotheken. Arzneimittel würden schon im Verlauf der ersten Woche zunehmend knapper.

„Dramatisch wirken sich die Engpässe bei Insulin, Blutprodukten und Dialyseflüssigkeiten aus“, so der Bericht. Seine Schlussfolgerung: „Spätestens am Ende der ersten Woche wäre eine Katastrophe zu erwarten, das heißt, die gesundheitliche Schädigung beziehungsweise der Tod sehr vieler Menschen ...  sowie eine nicht mehr zu bewältigende Problemlage“. Hilfe müsste in diesem Fall unbedingt von außen kommen.

Viele Vorschläge zur Milderung der katastrophalen Zustände

Der Bericht wurde 2011, also vor fünf Jahren, fertiggestellt. Er macht viele Vorschläge, um die Folgen eines solchen Stromausfalls abzumildern, die zweifellos auch für das neue Konzept der Bundesregierung zum Zivilschutz, das heute vom Kabinett verabschiedet werden soll, Pate gestanden haben. Er macht aber auch klar: Eine Katastrophe mit den schlimmsten Folgen wäre kaum zu vermeiden.

Und er warnt, das Beispiel Stromausfall solle auf der Agenda der Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft hohe Priorität haben – „auch um die Sensibilität für diese Thematik in Wirtschaft und Bevölkerung zu erhöhen“. Obwohl der vollständige Bericht nach einiger Suche im Internet zu finden ist, hat die Politik nach seinem Erscheinen nichts getan, um die Sensibilität der Bevölkerung zu erhöhen, so wie die Wissenschaftler es fordern.

Tipp: Innenminister Thomas de Maizière (CDU) stellt das umstrittene Konzept zur Zivilverteidigung an diesem Mittwochnachmittag gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Christoph Unger, in einem Berliner Wasserwerk öffentlich vor. Lesen Sie alle Informationen im Live-Ticker zur Pressekonferenz ab 14 Uhr.

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