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Meinung Hecking-Transfer

Wolfsburg ist eine Lebenslüge der Bundesliga

Klaus Allofs Klaus Allofs
Umstrittenes Geschäftsgebahren: Manager Klaus Allofs und der VfL Wolfsburg wildern mal wieder bei der Konkurrenz
Quelle: dpa
Wenn es um Moral und Seriosität im Fußball geht, zeigen deutsche Klubs gern mit erhobenem Zeigefinger auf andere Länder. Dabei verdeutlicht der Fall Wolfsburg, wie unfair es auch hier zugeht.

Dieser Tage ist mal wieder viel von "Financial Fairplay" die Rede, seit die Uefa den FC Málaga ein Jahr aus dem Europapokal ausgeschlossen hat. Das erfolgte zwar noch auf Grundlage anderer Richtlinien,  wurde aber gerade in der Bundesliga doch als Signal für die Zukunft wahrgenommen. Ein Anfang sei gemacht, den so genannten "Finanzdopern" gehe es an den Kragen.

In populistischer Distanzierung von "englischen" (Manchester City, Chelsea) oder neuerdings "französischen Verhältnissen" (Paris St. Germain) hält sich die deutsche Liga für einen soliden, gerechten Verbund, in dem sich kein Verein unlautere Vorteile verschaffen kann. Es ist ihre große Lebenslüge.

Trainerwechsel während der Saison

Denn in diese wunderschöne Inszenierung krachte zwei Tage vor Weihnachten mal wieder die Realität. Der VfL Wolfsburg hat Trainer Dieter Hecking vom 1. FC Nürnberg verpflichtet. Mitten in der Saison wechselt der Coach des Tabellen-15. zum Tabellen-14., am 27. Spieltag trifft man sich zu einem potentiellen Duell im Abstiegskampf.

Allein das hat schon ein Geschmäckle, deshalb ist in manch anderen Ligen der Wechsel während der Saison für Trainer verboten. Aber das soll hier gar nicht mal der Punkt sein.

Finanzdoping par excellence

Der Punkt ist, dass ein Verein, der VfL Wolfsburg, seine überlegene Finanzkraft dazu nutzt, einem Konkurrenten den Trainer abzuwerben, so wie er schon vor zwei Monaten den Manager Klaus Allofs aus Bremen abgeworben hat. Und dass diese überlegene Finanzkraft nicht durch bessere Arbeit, mehr Fans, tolleren Fußball erworben wurde. Sondern einzig und allein daher rührt, dass der VW-Konzern jedes Jahr viele Millionen Euro in einen Klub pulvert, der von seiner natürlichen Anziehungskraft her wohl maximal in der Zweiten Liga spielen würde.

"Finanzdoping", wie es im Buche steht. Mit dem einzigen Unterschied, dass es sich in diesem Fall nicht um russische Oligarchen oder arabische Geschäftsleute handelt. Sondern um einen großen deutschen Wirtschaftskonzern. Macht es das besser?

Ausnahme von 50+1-Regel

Es hat zumindest eine gewisse geschichtliche Basis, der VfL Wolfsburg wurde im Prinzip als VW-Betriebssportgruppe gegründet. Aus diesem Grund macht die Deutsche Fußball-Liga wie auch im Falle Bayer Leverkusen eine Ausnahme von der "50+1"-Regel, die den Einfluss von Investoren beschränkt.

Aber die Praxis ist ebenso problematisch wie die offensichtliche Umgehung der Regel bei 1899 Hoffenheim. In allen Fällen passiert genau das, was "Financial Fairplay" auf europäischer Ebene künftig verhindern will – dass ein Verein sich um ein Gleichgewicht seiner Einnahmen und Ausgaben nicht scheren muss, weil die Löcher in der Bilanz aus anderen Töpfen gestopft werden.

Stillos bis obszön

Nun kann man mit diesem unfairen Wettbewerbsvorteil halbwegs verantwortungsvoll umgehen wie Bayer Leverkusen, das sich Strukturen und Personal eines Spitzenklubs ohne Unterstützung von Bayer kaum leisten könnte, aber dabei doch Maß hält und eine gewisse Branchenethik walten lässt. Oder man nutzt seine Marktstellung so schamlos aus wie der VfL Wolfsburg.

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Die Konsequenzen seiner eigenen schlechten Arbeit dadurch aufzufangen, dass mitten in der Saison im Revier der besser arbeitenden Konkurrenz gewildert wird, ist in höchstem Maße stillos. Der Hintergrund des Finanzdopings macht dieses Verhalten geradezu obszön.

VW ist systemrelevant

Aber Wolfsburg kann es sich längst leisten, nur die eigenen Gesetze zu befolgen. VW ist für den deutschen Fußball gewissermaßen systemrelevant, der Konzern ist Co-Sponsor bei vielen Bundesligisten (unter anderem Allofs‘ Ex-Klub Werder Bremen) und seine Tochter Audi bei zahllosen weiteren (unter anderem Heckings Ex-Klub 1. FC Nürnberg). Dazu ist VW noch "Partner" des DFB-Pokals.

Und so werden die  Bundesliga-Vertreter weiter gegen die "Scheichs" und die "Oligarchen" wettern. Und geflissentlich übergehen, dass es vor der eigenen Haustür genug zu kehren gäbe, wenn man denn wirklich zu einem guten, fairen Wettbewerb kommen möchte.

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