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Frauen in der Wissenschaft Studie entlarvt Vorurteile von Primatenforschern

Unter Primatenforschern bilden die Frauen die Mehrheit, in diesem Wissenschaftszweig gibt's keine Geschlechter-Vorurteile - könnte man denken. Eine Studie aber offenbart versteckte Vorbehalte: Laden Männer die Redner zu wichtigen Konferenzen ein, bleiben Frauen oft außen vor.
Jane Goodall (Archivbild): Forschungsgebiet mit vielen renommierten Frauen

Jane Goodall (Archivbild): Forschungsgebiet mit vielen renommierten Frauen

Foto: RICK RYCROFT/ ASSOCIATED PRESS

Es gibt einige wissenschaftliche Fächer, in denen Männer die klare Mehrheit unter den Forschenden bilden und erst recht unter den Professoren. Ob das daran liegt, dass die Frauen nicht in der Lage oder nicht Willens sind, sich dort durchzusetzen, oder ob mangelnde Anerkennung ihrer Leistung durch männliche Kollegen das Problem ist - das lässt sich oft nicht klären, schreibt ein Forscherteam aus den USA im Fachmagazin "PLoS One" .

Um die Gründe zu überprüfen, sammelten Lynne Isbell, Truman Young und Alexander Harcourt von der University of California Davis Daten zur Einstellung männlicher Kollegen den Frauen gegenüber. Als Grundlage diente ihnen das Geschlechterverhältnis von Referenten auf Kongressen in der Primatenforschung. In dem Zweig sind seit Jahren mehr Frauen als Männer tätig. Mit so prominenten Forscherinnen wie Jane Goodall, Birute Galdikas und der 1985 ermordeten Dian Fossey  gilt das Fachgebiet eigentlich als weitgehend frei von geschlechtsspezifischen Fallstricken. Beispielsweise stellten Frauen sechs der elf Präsidenten der American Society of Primatologists seit 1992.

Konferenzdaten ausgewertet

Die Forscher analysierten die Daten der Jahrestreffen der American Association of Physical Anthropologists von 1992 bis 2012. Die Veranstalter laden renommierte Forscher ein, längere Vorträge zu halten - das gilt als besonders prestigeträchtig. Außerdem ist es möglich, seine Forschung in einem kürzeren Vortrag oder mit einem Poster vorzustellen, wobei letztere nach Angaben der Studienautoren weniger angesehen sind als Kurzvorträge.

Lynne Isbell war auf der Konferenz im April aufgefallen, wie wenige lange Vorträge von Forscherinnen gehalten worden. "Ich habe mich gefragt, ob das ein Zufall war oder etwas, das bislang nicht bemerkt wurde", sagt sie.

Isbell und Kollegen werteten daraufhin den Anteil von Männern und Frauen bei den verschiedenen Präsentationsformen aus. Dies setzten sie in Bezug dazu, ob das jeweilige Jahrestreffen von Männern und Frauen, nur von Frauen oder nur von Männern organisiert worden war. Sie zählten nur die Vorträge, die sich direkt mit der Primatenforschung beschäftigten. Einige dazu gehörende Forschungsbereiche wie etwa Anatomie klammerten sie bei ihrer Analyse aus, weil in diesen traditionell mehr Männer als Frauen vertreten sind.

Das Ergebnis:

  • Hatten Männer und Frauen die Konferenz organisiert, hielten Forscherinnen 58 Prozent der langen Vorträge (31 von 53).
  • Hatten nur Frauen die Konferenz organisiert, waren die Forscherinnen in 64 Prozent der Fälle die Vortragenden (63 von 99 - auch hier sind nur die langen Vorträge gemeint).
  • Hatten nur Männer die Konferenz organisiert, hielten Forscherinnen nur 29 Prozent der langen Vorträge (34 von 118).
  • Bei den weniger angesehenen kürzeren Vorträgen sowie bei Poster-Präsentationen waren Frauen mit 65 Prozent in der Mehrheit (1013 von 1549) - was widerspiegelt, dass Frauen in diesem Fachgebiet auch die Mehrheit bilden.

Bewusstsein für die verzerrte Auswahl wecken

Anschließend untersuchten sie nach dem gleichen Muster die Jahrestreffen der American Society of Primatologists von 2000 bis 2011. Dort finden sich, wie sie schreiben, Wissenschaftler aus mehr akademischen Zweigen als im Anthropologen-Verband. Hier ergab sich ein ähnliches Muster. Frauen bilden mit 58 Prozent die Mehrheit der Verbandsmitglieder. Hatten Frauen die Konferenz organisiert, hielten Wissenschaftlerinnen 58 Prozent der Vorträge (104 von 179). Bei einem männlichen Organisationskomitee waren sie zu 39 Prozent vertreten (31 von 80).

Mit strukturellen Unterschieden lässt sich diese Diskrepanz nicht erklären, schreiben die Forscher. Gäbe es einfach nicht genug renommierte Primatenforscherinnen, müssten Männer auf allen Konferenzen die Mehrheit der wichtigen Vorträge halten - was nicht der Fall ist.

Warum Männer lieber männliche Forscher einladen, darüber können die Studienautoren nur mutmaßen. "Es ist ein kulturelles Phänomen, dass wir Männer eher als kompetent und Frauen eher als sympathisch ansehen", sagt Lynne Isbell. "Ich glaube nicht, dass Menschen bewusst ist, dass sie das tun." Sie hofft, dass das Bewusstsein für diese Tendenz Verantwortlichen hilft, in Zukunft ausgewogene Entscheidungen zu treffen.