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Wegen Überwachungsaffäre Steinbrück wirft Merkel Bruch des Amtseides vor

In der Geheimdienstaffäre um das Abhörprogramm Prism erhebt SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück schwere Vorwürfe gegen Bundeskanzlerin Merkel. Er beschuldigt sie der Pflichtverletzung.

In der Affäre um die Überwachung der Internet- und Telefonkommunikation durch den US-Geheimdienst attackiert der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück die Bundeskanzlerin. Er wirft Angela Merkel in diesem Zusammenhang Pflichtverletzung vor. "Der BND hat wissen können und wissen müssen, dass Grundrechte in Deutschland verletzt wurden. Der Geheimdienst wird vom Kanzleramt koordiniert. Wer hinter dem Steuer sitzt, trägt die Verantwortung - und zwar egal, ob er wach oder eingepennt ist", sagte Steinbrück der "Bild am Sonntag".

"Frau Merkel hat als Kanzlerin den Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden. Jetzt kommt heraus, dass Grundrechte der deutschen Bürger massiv verletzt wurden. Also: Schaden vom Volke abzuwenden - das stelle ich mir anders vor", sagte Steinbrück der Zeitung. Jeden Monat habe der US-Geheimdienst 500 Millionen persönliche Verbindungsdaten aus Deutschland abgegriffen. Damit könne er Bewegungsprofile erstellen und private Beziehungen, Verhaltensmuster, Konsumneigungen und soziale Netzwerke erkennen.

Steinbrück forderte eine Untersuchung der Anfang Juni durch Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden ausgelösten Affäre durch den Bundestag. Das Parlament müsse untersuchen, wie weit es "Pflichtversäumnisse oder sogar Grundgesetzverletzungen aus dem Kanzleramt" gegeben habe, sagte der SPD-Spitzenkandidat der Zeitung. Unter Merkel und ihrem Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla sei "ein riesiger Schaden fürs deutsche Volk entstanden".

Steinbrück plant Aufholjagd

In der verbleibenden Zeit bis zur Bundestagswahl will Steinbrück mit seiner Partei eine Aufholjagd in den Umfragen hinlegen, wie das zuletzt dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder gelungen ist. "Ich werde den gleichen Einsatz zeigen, den Schröder seinerzeit in den letzten Wochen vor der Wahl gebracht hat. Auch er war in Umfragen und in den Medien schon abgeschrieben, und dann kam alles anders. Ich glaube, das erleben wir gerade wieder", sagte Steinbrück.

Der SPD-Kandidat lässt sich von Schröder im Wahlkampf beraten: "Wir haben in dieser Woche telefoniert und uns verabredet. Er wird mich unterstützen, wo er kann, und ich bin ihm dafür dankbar." Um die Bundestagswahl zu gewinnen, will Steinbrück rund fünf Millionen frühere SPD-Wähler zurückgewinnen. "Da draußen sind zehn Millionen Wähler, die die SPD seit 1998 verloren hat. Wahlforscher sagen uns, dass der überwiegende Teil nicht zu anderen Parteien gewechselt ist, sondern im Wartesaal sitzt. Vier bis fünf Millionen dieser potenziellen SPD-Wähler müssen wir abholen."

Dem stern-RTL-Wahltrend zufolge liegen Regierung und Opposition zweieinhalb Monate vor der Bundestagswahl in der Gunst der Wähler gleichauf. Danach erreicht die Union 41 Prozent, die FDP erhält unverändert 5 Prozent, so dass die Koalitionsparteien zusammen auf 46 Prozent kommen. Ebenfalls 46 Prozent ergeben sich für die drei im Parlament vertretenen Oppositionsparteien: Der SPD wollen 22 Prozent der Wähler ihre Stimme geben. Die Grünen stehen bei 15 Prozent steigern. Die Linke verharrt bei 9 Prozent. Auf "sonstige Parteien" entfallen 8 Prozent.

brü/DPA/AFP DPA

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